Portale:
Defizite beim Design


[28.1.2015] Vielen städtischen Portalen mangelt es an Nutzerfreundlichkeit – unter anderem, weil grundlegende Designaspekte keine Berücksichtigung finden. Das führt dazu, dass auch E-Government-Angebote nur ungenügend in Anspruch genommen werden.

Stockholm: Vorbild für Nutzerfreundlichkeit im Web. Von den 25 größten Städten in Deutschland haben in den vergangenen vier Jahren elf einen neuen Web-Auftritt erhalten. Lediglich in Bremen, Hamburg, Köln und Nürnberg wurde dabei der stetig zunehmende Anteil an Nutzern berücksichtigt, die via Smartphone auf städtische Dienste und Angebote zugreifen. Die Online-Portale dieser Städte verfügen seitdem über Responsive Webdesign (RWD), passen sich also der Bildschirmgröße der jeweiligen Endgeräte an – eine Entwicklung, die ansonsten gerade in deutschen Kommunen verschlafen wird. Die durch zahlreiche Relaunchs hierzulande erzeugte augenscheinliche Dynamik vermag nicht zu kaschieren: Viele der Bewegungen und Anstrengungen im Bereich der digitalen Medien laufen in hiesigen Stadtverwaltungen in die falsche Richtung. Jüngstes Beispiel einer solchen Fehlentwicklung ist Kaiserslautern, das für sein Mitte September 2014 ins Netz gestellte Stadtportal in der digitalen Szene viel Häme und Spott erntete. „Modern und serviceorientiert“ wollte man sich geben – tatsächlich könnte die Kluft, die in diesem Fall zwischen Anspruch und Wirklichkeit besteht, nicht größer sein.

E-Government anno 2014?

Die Probleme beginnen bei der Namensgebung innerhalb der Hauptnavigation, die Nutzer nun mit wenig sprechenden Navigationspunkten wie „KL.Informativ“ konfrontiert. Sie gehen weiter über starke Defizite im Bereich der Usability und reichen bis hin zur unzureichenden Unterstützung von mobilen Endgeräten. Da weder Responsivität vorhanden ist, noch eine für Tablets separate Oberfläche vorgehalten wird, fehlt eine endgerätspezifische Darstellung, sodass auf Tablets und Smartphones alle Textelemente viel zu klein sind. Die Probleme sind im wahrsten Sinne des Wortes hausgemacht, denn der Relaunch wurde ausschließlich von eigenen Mitarbeitern realisiert. Eine solche Website hinterlässt bei Nutzern einen nachhaltig negativen Eindruck. Sie wenden sich von so einem Umfeld ab und lernen, dass sie über die klassischen Wege via Telefon, Fax oder eben den Gang in die Behörde schneller ans Ziel gelangen. Wenn zwischenzeitlich aufgrund eines Relaunchs Defizite abgestellt werden, geht das schlichtweg an den Bürgern vorbei. „Die größte Barriere für die Nutzung digitaler Angebote ist die Unkenntnis über deren Existenz“, so Alfred Zapp, Vizepräsident der Initiative D21, welche die jährliche Studie eGovernment MONITOR herausgibt. Übertragen auf das Beispiel der Kaiserslautern-Website heißt das: Wer Formulare und Anträge unter kryptischen, pseudo-kreativen Bezeichnungen versteckt, muss sich nicht wundern, dass sie dort keiner findet. Besser macht es beispielsweise die Schweizer Stadt Luzern. Mit der Bezeichnung „Online-Schalter“ wird in dem städtischen Web-Angebot der Zugang zu elektronischen Anträgen und Formularen gekennzeichnet, und zwar unmittelbar auf der Startseite. Auch die Landesverwaltung Liechtensteins verfügt über einen solchen Online-Schalter, der an prominenter Stelle im Internet-Auftritt vorgehalten wird. In der Studie der Initiative D21 wurde festgestellt, dass in Deutschland mit 45 Prozent weniger Nutzer E-Government-Angebote in Anspruch nehmen als etwa in Österreich (72 Prozent), Schweden (71 Prozent) oder der Schweiz (61 Prozent). Einer der Gründe: Die zentralen Dienste von Stadtportalen werden meist gar nicht gefunden. Ebenso entscheidend für den geringen Zuspruch ist der Umstand, dass kommunale Online-Services nicht selten den Eindruck erwecken, als hätte seit der Jahrtausendwende webtechnologisch wie auch gestalterisch keinerlei Veränderung stattgefunden. E-Government anno 2014 heißt in den meisten Fällen: PDF herunterladen, ausfüllen, ausdrucken und per Fax oder Brief an das Rathaus senden. In anderen Ländern ist man weiter. Österreichs Stadtportale sind zwar optisch nicht ansprechender, allerdings können zum Beispiel Bürger der Stadt Wien über 150 Anträge online stellen. Zum Vergleich: In Berlin sind es mit 71 Online-Formularen nicht einmal die Hälfte.

Benutzerfreundlichkeit setzt auf Design

Die folgenden vorbildlichen Web-Lösungen mögen Entscheidern in städtischen Verwaltungen eine Hilfe sein und sie darin bestärken, das eigene Angebot in Bezug auf dessen zeitgemäße Gestaltung zu hinterfragen. Anhand der Beispiele wird auch deutlich: Nutzerfreundlichkeit hat viel mit Design zu tun. Design ist nichts, das hinterher, wenn Konzeption und Struktur der Website stehen, übergestülpt werden kann. Design setzt früher an und berücksichtigt entscheidende Faktoren wie Usability, Nutzerbedürfnis, Nutzungskontext und -erlebnis und natürlich auch die Gestaltung einer Website. Stockholm, Schweden: Das Stockholmer Stadtportal wird kontinuierlich weiterentwickelt und ist ein Paradebeispiel in Sachen Nutzerfreundlichkeit. Dafür sorgt eine aufs Wesentliche fokussierte Gestaltung, zudem passt sich der Web-Auftritt den Bildschirmgrößen der Endgeräte an. Alle Online-Formulare sind über die Hauptnavigation von jeder Seite aus erreichbar. Ein kluges Schriftkonzept sorgt dafür, dass alle Texte leicht lesbar sind. Alle Links sind in der Farbe Blau gekennzeichnet (berücksichtigt Rot-Grün-Sehschwäche), alle Schaltflächen sind ausreichend groß. Britische Regierung: Das ambitionierte Web-Projekt gov.uk setzt Maßstäbe in vielerlei Hinsicht. Hunderte von Domains wurden eingestampft (Kostenfaktor), tausende überflüssige Unterseiten entfernt, um stattdessen unter einem zentralen Zugang alle wesentlichen Dienste der britischen Regierung zu bündeln. „User-centred design“ nimmt eine maßgebliche Funktion ein. Das Regierungsportal ist einfach, aufgeräumt, intuitiv und dabei optisch ansprechend. Texte sind durchgehend, das heißt, auch auf dem Smartphone gut lesbar. Bilder kommen nur dann zum Einsatz, wenn diese auch eine Information beinhalten. Das Suchfeld ist zentrales Navigationsinstrument. Alberta, Kanada: Vor einigen Wochen launchte die Regierung in Alberta/Kanada eine Beta-Fassung ihres neuen Web-Konzepts. Nutzer können sich so bereits vor dem offiziellen Start einen Einblick von der Online-Anwendung verschaffen. Ganz bewusst werden auf diese Weise Bürger zur Partizipation ermutigt. Wird hingegen in Deutschland eine Regierungswebsite oder ein Stadtportal relauncht, fehlt oftmals selbst die Presseerklärung dazu. Auf beta.alberta.ca spielt die Suchfunktionalität ebenfalls eine entscheidende Rolle. Eine kurze Formel hierzu lautet: Je umfangreicher und komplexer ein digitales Angebot ist, umso wichtiger ist die Suchfunktion und umso prominenter sollte der Zugang hierzu platziert sein. Statt sich also die Köpfe zu zerbrechen, wie sich möglichst viele Hierarchieebenen in Navigationsleisten unterbringen lassen, sollte man sich vielmehr um die Implementierung einer ausgereiften Suchtechnologie kümmern. Die Beispiele zeigen: E-Government funktioniert gut, wenn grundlegende Designaspekte berücksichtigt werden und zwar während der Konzeptionsphase. Wenn Web-Projekte misslingen, dann nicht deshalb, weil Agenturen eine schlechte Gestaltungsarbeit erbracht hätten, sondern weil Experten, wenn überhaupt, erst viel zu spät konsultiert werden.

Achim Schaffrinna ist Diplom-Designer in Hannover und Gründer des Fachblogs www.designtagebuch.de.

Dieser Beitrag ist in der Januar-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
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Stichwörter: Portale, CMS, Initiative D21, Kaiserslautern, Luzern, Stockholm, Alberta

Bildquelle: Detlef Menzel/pixelio.e

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