[22.5.2015] Die öffentliche Verwaltung steht unter hohem Veränderungsdruck. Arbeitsabläufe sind komplexer geworden, die Erwartungen der Politik und der Bürger steigen. Was bedeutet das für die notwendigen Kompetenzen von Mitarbeitern heute und in Zukunft?
Mit der fortschreitenden Technisierung der Büroarbeit und der zunehmenden elektronischen Kommunikation zwischen Verwaltung, Bürgern und Unternehmen haben die Arbeitsabläufe in der öffentlichen Verwaltung eine enorme Tempo- und Komplexitätssteigerung erfahren. Traditionelle Dienstwege sind zunehmend schwerer einzuhalten, weil eine Reaktion unmittelbar erwartet wird. Neben die traditionellen Werte der Verwaltung wie Recht- und Ordnungsmäßigkeit in einer hierarchischen Bürokratie und Gleichbehandlung aller Bürger sind Werte wie Wirtschaftlichkeit, Bürgerorientierung und eigenverantwortliche Wahrnehmung der Gestaltungsspielräume durch die Beschäftigten getreten. Die Mitarbeiter wollen Entscheidungen und Zielsetzungen der Behördenleitungen verstehen. Sie erwarten, modern geführt zu werden, also kooperativ statt autoritär. Die Bürger auf der anderen Seite erwarten heute ein hohes Maß an Freundlichkeit, Qualität und Transparenz, und sie wollen, etwa bei Bauvorhaben, an den Entscheidungen von Politik und Verwaltung beteiligt werden. Die Politik wiederum, deren Entscheidungen die Verwaltung umsetzen soll, erwartet eine umfangreiche Berichterstattung mit einer Vielzahl von Steuerungsinformationen.
Bereitschaft zur Veränderung
Eine weitere Entwicklung will berücksichtigt werden: Inzwischen sind organisatorische Veränderungen in der Verwaltung nicht mehr ohne entsprechende IT-Unterstützung denkbar. Jede umfassende Veränderung oder Vereinfachung von Verwaltungsverfahren erfordert die entsprechende Entwicklung eines Software-Verfahrens. Die Verwaltungen entwickeln diese Verfahren nicht mehr selbst, sondern bedienen sich dazu kommunaler IT-Dienstleister. Dennoch muss die Verwaltung definieren können, welche Möglichkeiten die Software abbilden soll, welcher Datenschutzstandard einzuhalten ist und was es kosten darf. Es stellt sich die Frage, was diese Entwicklungen für die Mitarbeiter der Zukunft und für die Führungskräfte bedeuten. Die öffentliche Verwaltung braucht Mitarbeiter, die sich auf die vielfältigen Veränderungen einlassen können und die Kraft haben, diese zu gestalten. Die neuen Kollegen müssen auch Unsicherheit und Ambiguität aushalten können und neben ihrem Fachwissen eine hohe soziale und kommunikative Kompetenz mitbringen. Eine wichtige Eigenschaft sollten sie haben: Sie müssen die Perspektive wechseln können und neben ihrer eigenen Organisationseinheit auch gesellschaftliche Veränderungen, politische Diskussionen, Öffentlichkeit und andere Ressorts wahrnehmen können. Und sie müssen in der Lage sein, abzuschätzen, welche politische Außenwirkung das eigene Handeln hat.
Voraussetzung für den Wandel
Führungskräfte dagegen müssen in besonderem Maße veränderungsbereit und vor allem kreativ sein. Denn sie müssen den Prozess der Veränderung der Verwaltung gemäß des Konsolidierungsdrucks und der Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen steuern. Dazu brauchen sie Gestaltungswillen und einen breiten Überblick über gesellschaftliche Entwicklungen und Trends. Dazu gehören auch die Kompetenzen, Entwicklungen in der Informationstechnik und des Europarechts einschätzen zu können. Die Führungskräfte müssen darüber hinaus Vorbild sein für ihre Mitarbeiter. Als Persönlichkeiten sollten sie integer und souverän und in der Lage sein, transparente Verfahren intern und extern zu gestalten. Dabei müssen sie sich auch hinterfragen lassen können. Sie müssen ein Gefühl für die Gesamtziele der Verwaltungseinheit entwickeln und diese loyal vermitteln, selbst wenn sie einzelne Vorgaben persönlich nicht mittragen sollten. Wie werden Menschen so? Wie und wo erwerben sie sich die benötigten Kompetenzen? In Bremen wird versucht, in die selbst gestalteten Ausbildungsgänge sowie in die entsprechenden Studiengänge der Hochschulen, in deren Konzeption die Bremer Finanzbehörde involviert war, so viele Perspektivenwechsel und unterschiedliche Erfahrungen wie möglich zu integrieren. Praxisanteile und wissenschaftliche Reflexion spielen in den Studiengängen eine große Rolle, in die Ausbildungsgänge sind Projektarbeit und die Bearbeitung gesellschaftlich relevanter Fragestellungen integriert. Mitarbeiter können aus einem breiten Fortbildungsangebot wählen, das Angebote zur fachlichen, methodischen sowie persönlichen Weiterbildung enthält. Einen wachsenden Anteil nimmt die Vermittlung von Methoden der kollegialen Beratung ein. Gezielt unterstützt wird die Bildung verschiedener Gruppen, die sich untereinander in den verschiedenen Phasen der beruflichen Entwicklung beraten und begleiten. Bereits zum zweiten Mal wird ein Mentoringprogramm für junge Frauen auf dem Weg in eine Führungsfunktion angeboten.
Dr. Anke Saebetzki ist Abteilungsleiterin Personal- und Verwaltungsmanagement bei der Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen.
Dieser Beitrag ist in der Mai-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
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Personalwesen
Bildquelle: MEV Verlag/PEAK Agentur für Kommunikation