Bad Nauheim:
Standortvorteil Glasfaser


[12.10.2016] Mit 100 Megabit pro Sekunde surfen in Bad Nauheim Unternehmen wie Privatleute im Internet. Das macht die Stadt für Wirtschaftsunternehmen besonders attraktiv. Für den Ausbau des Netzes zeichnen die eigenen Stadtwerke verantwortlich.

Glasfaserausbau: Leerrohre werden mitverlegt. Wirft man einen Blick in den Breitband-Atlas der Bundesregierung, ist Bad Nauheim mit seinen 31.000 Einwohnern ein gelber Fleck auf der Landkarte am Rande einer grau-blauen Landschaft. Das heißt: In mehr als 95 Prozent der Haushalte ist in der hessischen Kurstadt Breitband-Internet verfügbar. Das ist zwar häufig in Metropolen, in kleinen Städten dagegen selten. Dahinter stehen die Stadtwerke Bad Nauheim, die neben ihrem Kerngeschäft Energie und Trinkwasser seit dem Jahr 2010 das Glasfasernetz in der Kurstadt sukzessive ausbauen. Damit setzen die Stadtwerke konsequent um, was die Bundesregierung beschlossen hat: Bis 2018 soll überall in Deutschland das schnelle Internet mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) verfügbar sein.
In Bad Nauheim sind bereits heute 100 Mbit/s beim Surfen in Richtung des Kunden möglich (Downstream) und 40 Mbit/s für den Upstream, also auf der Anschlussleitung von Richtung des Kunden aus. Zum Vergleich: Ein herkömmlicher DSL-Anschluss schafft allenfalls beim Herunterladen 16 Mbit/s. Die Stadtwerke haben damit einen der viel beschworenen weißen Flecken geschlossen. Mehr noch: Mit dem Eintritt in den Markt als Telekommunikationsanbieter schufen die Stadtwerke Bad Nauheim ein neues Geschäftsfeld – und haben die Herausforderung angenommen, in einem Gebiet mit geringer Anschlussdichte eine tragfähige und wirtschaftliche Breitband-Versorgung aufzubauen. War das Interesse großer Anbieter an Bad Nauheim gering, so ist heute der Wettbewerb vor allem um Großkunden entbrannt. Hier behaupten sich die Stadtwerke, was die Kundengewinne in diesem Sektor zeigen: Allein im ersten Halbjahr 2016 verzeichnete das Unternehmen ein Plus von 20 Prozent, in den vergangenen fünf Jahren beliefen sich die jährlichen Zuwächse zwischen zehn und 15 Prozent.

Schulterschluss von Stadt und Stadtwerken

Ein schnelles Internet zählt heute bereits zu den elementaren Bestandteilen des Lebens – neben einer sicheren und komfortablen Versorgung mit Energie, Trinkwasser und Telefonie. Damit ist der Glasfaserausbau für Kommunen ein wesentlicher Standortfaktor und entscheidend für die Attraktivität einer Stadt. Auf dem Weg in die Gigabit-Gesellschaft drohen Gebiete sonst abgehängt zu werden. Verfügt eine Kommune über eigene Stadtwerke, die sich neben ihren originären Geschäftsgebieten des Breitband-Ausbaus annehmen, hat sie einerseits Einfluss auf Investitionshöhe und Tempo des Ausbaus. Andererseits entsteht im kommunaleigenen Unternehmen ein neues Geschäftsfeld, das Zukunft hat. Nicht uninteressant in Zeiten, in denen sich mit dem klassischen Energiegeschäft immer weniger verdienen lässt. Für die städtischen Anteilseigner bedeuten erfolgreiche Geschäftsmodelle immer auch wirtschaftlich stabile Unternehmen, die mit ihren Gewinnen, Steuern und Abgaben auch den kommunalen Haushalt stützen.
Im Zuge der Breitband-Strategie für Bad Nauheim arbeiten die Stadtwerke im engen Schulterschluss mit ihrer Eigentümerin. Denn neben einer schnellen Übertragung von Datenmengen spielen auch öffentliche WLAN-Netze und moderne Applikationen zunehmend eine Rolle für die Lebensqualität einer Stadt. So können Bürger und Gäste in Bad Nauheim seit Juli dieses Jahres im Zentrum der Kurstadt eine kostenlose Internet-Verbindung nutzen. Mit vier Routern und einer abgedeckten Fläche von 15.000 Quadratmetern haben die Stadtwerke das Wireless Local Area Network (WLAN) für die Stadt errichtet.

Positiver Einfluss auf die Wirtschaft

Seit bekannt ist, dass die Stadtwerke Bad Nauheim ein flächendeckendes Glasfasernetz realisieren, häufen sich Anfragen von Unternehmen, die sich in Bad Nauheim ansiedeln wollen. Denn bei der Suche nach einem neuen Unternehmensstandort spielt zunehmend die Qualität und Leistungsfähigkeit der Datenübertragung eine zentrale Rolle. Auch bei Unternehmen, die ihren Geschäftssitz in der Kurstadt haben, entwickelt sich zunehmend der Bedarf nach schneller Kommunikation. Das Glasfasernetz der Stadt trägt dazu bei, dass diese Unternehmen am Standort gehalten werden. Zu den Internet-Geschäftskunden der Stadtwerke Bad Nauheim zählen bereits eine international renommierte Fachklinik für Herz- und Lungentransplantation und die Kooperationszentrale eines großen Baustoffhändler-Netzwerks. Weitere drei Unternehmen haben jüngst ihr Interesse bekundet, nach Bad Nauheim überzusiedeln und Glasfaserkunde der Stadtwerke zu werden. Für sie sind die Übertragungsgeschwindigkeit großer Datenmengen und die Verfügbarkeit des Netzes entscheidend.
Ob Forschungseinrichtung, IT-Dienstleister oder Baustoffhändler – sie alle eint der Bedarf nach glasfaserschneller Kommunikation. Die überzeugenden Argumente der Stadtwerke: Ein symmetrischer Anschluss, der es ermöglicht, mit gleicher Leistung sowohl Daten abzurufen als auch hochzuladen. Dieser verfügt zudem über eine garantierte Bandbreite. Das ist möglich, da die Stadtwerke ihr Netz über eine Point-to-Point-Typologie betreiben: Jeder Teilnehmer hat dabei eine eigene Leitung zur Zentrale. Verbreitet unter den nationalen Wettbewerbern ist dagegen die Gpon-Technologie (Gigabit Passive Optical Network), bei der Kundenanschlüsse zunächst an einer Stelle gebündelt werden, bevor sie zur Zentrale führen. Mit dem Breitband-Netz der Stadtwerke Bad Nauheim ist für die Industrie eine Geschwindigkeit bis zu zehn Gigabit pro Sekunde möglich.
Rund 30 Kilometer Lichtwellenleiter sind im Untergrund Bad Nauheims bereits verlegt, hinzu kommen zehn Kilometer Leerrohre, die im Zuge von Arbeiten an den Energienetzen von den Stadtwerken mitverlegt wurden. Dort können jederzeit Glasfaserleitungen eingeblasen werden. Von neun Points of Presence (PoP) werden die Datenströme in Straßenzüge und Haushalte weiterverteilt. Bisher investierten die Stadtwerke Bad Nauheim rund 3,5 Millionen Euro in das Glasfasernetz, schätzungsweise etwa 30 Millionen Euro wird der Ausbau insgesamt kosten.

Peter Drausnigg ist Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Nauheim GmbH.

http://www.bad-nauheim.de
http://www.stadtwerke-bad-nauheim.de
Dieser Beitrag ist in der Oktober-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt Breitband erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.  (Deep Link)

Stichwörter: Breitband, Glasfaser, Bad Nauheim, Stadtwerke Bad Nauheim

Bildquelle: Stadtwerke Bad Nauheim GmbH

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