[23.6.2017] In einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses Digitale Agenda machten die Sachverständigen den Nachholbedarf Deutschlands bei der Verwaltungsdigitalisierung deutlich. Sie unterbreiteten dabei Vorschläge etwa hinsichtlich des Once-Only-Prinzips, der Transparenz und Datensicherheit.
Deutschland hat im Bereich der digitalen Dienstleistungen und Transparenz der Verwaltung großen Nachholbedarf. Das ist der Tenor von Sachverständigen in einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Digitale Agenda. Wie einem Bericht des Deutschen Bundestags zu entnehmen ist, empfahlen die Sachverständigen in dem Gespräch, Wirtschaft und Zivilgesellschaft stärker einzubeziehen und Experimentierräume zu schaffen. In der Mehrheit sprachen sich die Experten laut dem Deutschen Bundestag außerdem für das Once-Only-Prinzip aus: Einmal hinterlegte Nutzerdaten von Bürgern sollten die Behörden untereinander austauschen und für verschiedene Dienstleistungen verwenden können. „Es ist fünf vor zwölf – oder noch später“, appellierte der Vorsitzende des Nationalen Normenkontrollrats, Johannes Ludewig. Das Onlinezugangsverbesserungsgesetz aus dem Jahr 2016 habe den rechtlichen Rahmen für die Digitalisierung der Verwaltung zwar verbessert. Entscheidend sei nun aber, dass Bund und Länder im IT-Planungsrat vertrauensvoll zusammenarbeiten und ein ausreichendes Budget bereitstellen. Als rückläufig empfindet Ines Mergel von der Universität Konstanz die Verwaltungsmodernisierung in Deutschland mit Blick auf die vergangenen Jahre. Zudem würden nur 19 Prozent der Online-Angebote von den Bürgern genutzt. Anstelle von Gesetzen sollten laut Mergel künftig freiwillige E-Government-Prinzipien den Digitalisierungsprozess leiten, so etwa das Once-Only-Prinzip. Erfolgsversprechend sei außerdem eine Digitalisierungsagentur. Sie könnte außerhalb der bürokratischen Strukturen Ideen entwickeln und diese kurzfristig in die öffentliche Verwaltung einbringen. Dass es erfolgreiche E-Government-Ansätze in Ländern und Kommunen bereits gibt, darauf machte Matthias Kammer, Direktor des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet aufmerksam. Problem: Es sind keine flächendeckenden Ansätze. Politische Entscheidungsträger, die den Prozess steuern und verantworten seien Voraussetzung für das Gelingen der Verwaltungsdigitalisierung. Kammer kritisierte zudem, dass der Staat zu selten die Nutzerperspektive einnimmt. „Es geht um eine politische Frage, nicht um eine technische“, so die Meinung von Walter Palmetshofer von der OpenKnowledge Foundation Deutschland. Der moderne Staat funktioniere als digitale Plattform und zeichne sich durch Transparenz, Anwenderfreundlichkeit sowie Datenschutz aus. Um öffentliche Daten nutzen zu können und eine offene Verwaltungskultur zu etablieren, solle der Gesetzgeber ein einheitliches Transparenzgesetz schaffen. Auch Mario Martini von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer hebt die Bedeutung der Transparenz hervor. Nur durch sie könne in der Datenverwendung das Vertrauen der Bürger gewonnen werden. Beim Once-Only-Prinzip müsse die Datenhoheit bei den Bürgern verbleiben. Und auch zum geplanten Portalverbund von Bund, Ländern und Kommunen äußerte sich Martini: Er müsse von einer stabilen Verwaltungseinheit und Standards gestützt werden.
(ve)
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