Digitalisierung:
E-Government mit Erfolg


[1.11.2017] Eine digitale Strategie entwickeln, systematisch vorgehen, Finanzierung und Personal sichern – so lauten nur einige Handlungsempfehlungen zum Aufbau eines effizienten E-Government-Systems. Vor allem für kleinere Kommunen kann hier die Kooperation sinnvoll sein.

Kommunen, die die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen und E-Government-Systeme einsetzen, entwickeln sich wirtschaftlich überdurchschnittlich. Zu diesem Ergebnis gelangt eine gemeinsame Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC) und der Universität Bonn. Demnach schneiden die zehn digitalsten Städte bei Gewerbeanmeldungen, dem Zuzug von hochqualifizierten Mitarbeitern, bei der Bevölkerungsentwicklung und der Entwicklung der Gewerbesteuer besser ab als die übrigen Kommunen. Insofern schafft die Digitalisierung Wettbewerbsvorteile. Bedenkt man dann noch, dass Deutschland im europäischen Vergleich bei der Anwendung von E-Government-Systemen lediglich Platz 22 erreicht, werden deutlich die Chancen erkennbar, die in der digitalen Transformation liegen. Um diese zu nutzen, müssen Kommunen ihr Vorgehen planen und verstärkt zusammenarbeiten. Dabei können die nachfolgenden Handlungsempfehlungen helfen.

Strategie statt Fehlentwicklung

Kommunen müssen strategisch vorgehen. Auf diese Weise können sie von vornherein Insellösungen vermeiden, die entstehen, wenn nur einzelne Verwaltungsabläufe digitalisiert werden. Die Strategie einer Kommune sollte aufzeigen, wie sie die Aufgaben der Digitalisierung bewältigen, Interdependenzen erkennen, Redundanzen vermeiden und Synergieeffekte nutzen will. Ohne eine Vision, die sowohl strategische als auch operationale Ziele beinhaltet, lassen sich die mittel- oder langfristigen Transformationsprozesse nicht steuern und es kann sogar zu Fehlentwicklungen kommen. Aufgrund der hohen Komplexität, der Querschnittsaufgabe und der Anzahl der Betroffenen sollte die digitale Strategie möglichst offen und breit diskutiert werden. Des Weiteren müssen Meilensteine und Entwicklungslinien erkennbar sein.
E-Government-Systeme werden sich von rein passiven Informationssystemen zu interaktiven Systemen für Lebens- oder Unternehmenslagen entwickeln, die zukünftig auch Komponenten der künstlichen Intelligenz (KI) beinhalten können. E-Government-Systeme entstehen aber nicht zum Nulltarif. Es ist daher wichtig, schon im Vorfeld eine mittelfristige Budgetplanung vorzunehmen und das Gesamtprojekt damit abzusichern. Da die Amortisationsdauer von den Skaleneffekten abhängt und somit je Verwaltungsprozess verschieden ist, sollte der Nutzen nur im Gesamtzusammenhang betrachtet werden.

Digitalisierung ist Chefsache

Digitalisierung sollte zudem Chefsache sein, da sie die gesamte Verwaltung betrifft und zahlreiche Kommunikationswege einer Kommune verändert. Die reine Verlagerung auf eine Verwaltungsstelle wäre daher nicht ausreichend. Es ist also von Vorteil, wenn das Vorhaben beim Stadtoberhaupt angesiedelt ist. Bei größeren Städten können andere Magistratsmitglieder die Aufgabe in enger Koordination übernehmen. Politische Gremien lassen sich durch die Einrichtung eines Ausschusses, Unterausschusses oder runden Tisches einbinden – wobei die höhere Verbindlichkeit und die größere öffentliche Wahrnehmung für einen Ausschuss spricht. Die Schnittstelle zwischen Verwaltungsspitze, politischen Vertretern sowie Führungskräften aus der Verwaltung und den Beteiligungen ist durch ein Digital Board möglich.
Die strategische Weiterentwicklung, die operationale Umsetzung und die damit verbundene Koordination der E-Government-Projekte sollten von einem Chief Digital Officer (CDO) durchgeführt werden. Er koordiniert die Projekte, stellt die Verbindung zwischen der Informations- und Kommunikationsabteilung (IuK) und der jeweiligen Verwaltungseinheit her und unterstützt bei der Optimierung der Verwaltungsabläufe. Deshalb sollte er sowohl über grundlegende Kenntnisse der Verwaltung, als auch der Informationstechnologie verfügen. Der CIO (Chief Information Officer) hat als IuK-Spezialist bei der Entwicklung von E-Government-Systemen dagegen die Aufgabe, die heute primär an eine aufbauorientierte Verwaltung angelehnten IuK-Systeme an eine prozessorientierte Organisationsstruktur anzupassen. Insbesondere bei einer Gesamtbetrachtung des Konzerns Stadt mit seinen Beteiligungen zeigt sich eine Vielfalt von Programmen und Datenbeständen, die sich häufig als Hemmschuh bei der Umsetzung der Digitalisierungsstrategien erweisen.

Die Anforderungen erfüllen

E-Government-Systeme sind komplex. Bei ihrer Entwicklung sollte deshalb systematisch vorgegangen werden. Helfen kann dabei die Referenzarchitektur für E-Government-Systeme des Fraunhofer-Instituts FOKUS, mit der sich Entwicklungsabschnitte besser koordinieren lassen. Sie umfasst unter anderem die Zugangstechnologie, das Identitätsmanagement, Basiskomponenten wie E-Payment, Fachanwendungen und fachunabhängige Anwendungen, ein Prozess-Management oder E-Government-Plattformen. Sicherheitsinfrastruktur, Rechenzentrums-Infrastruktur und Breitband-Situation ergänzen diese Themenfelder.
Öffentliche Verwaltungen sind in Deutschland leistungsstarke Organisationen, bei denen die Prinzipien des Bürokratiemodells nach Max Weber tiefe Spuren hinterlassen haben. Dies behindert die digitale Transformation. Weiterhin fehlt eine digitale Kultur, wie sie in anderen Ländern vorzufinden ist. Daher ist der Aufbau eines Personalstamms, der beispielsweise Workflow-Techniken beherrscht und prozessorientiert denkt, ebenfalls ein wichtiger Aspekt.
Sollen E-Government-Systeme effizient und erfolgreich sein, müssen sie vier Anforderungen erfüllen. Dazu zählt ein einfacher und bekannter Zugang zu den Angeboten. Aufgrund der Größe des Online-Angebots sollte außerdem sowohl für die Bürger als auch für die Verwaltung ein Nutzen vorhanden sein. Ferner muss eine Verbindlichkeit, etwa durch Rückmeldungen, erkennbar sein. Das E-Government-System muss zudem zur Zufriedenheit führen. Wenn es den genannten Anforderungen nicht genügt, kann es zu Akzeptanzproblemen bis hin zur Ablehnung kommen, die eine Weiterentwicklung stark beeinträchtigt. Nicht zuletzt heißt es, Skaleneffekte auszuschöpfen. Die Entwicklung von E-Government-Systemen kann nur gelingen, wenn die Anzahl der Online-Dienste so erhöht wird, dass die Bürger das System regelmäßig nutzen. Ab einer gewissen Nutzeranzahl werden sich auch die Investitionen amortisieren.

Interkommunale Zusammenarbeit stärkt

Vor allem kleinere Kommunen haben aufgrund der fehlenden Ressourcen oft kaum die Möglichkeit, E-Government-Systeme einzurichten. Deshalb muss eine verstärkte Koordination und interkommunale Zusammenarbeit stattfinden. Von immenser Bedeutung ist an dieser Stelle auch der Breitband-Ausbau insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Gebieten. Denn: Ohne schnelle Internet-Anbindung kann es kein zukunftsfähiges E-Government geben.

Dr. Ralf-Rainer Piesold ist Fellow an der Frankfurt University of Applied Sciences und lehrt in den Studiengängen Public Management und Public Administration. Er hat federführend an der Entwicklung der Digitalen Offensive 2025 der Stadt Hanau mitgewirkt.

Dieser Beitrag ist in der November-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: IT-Infrastruktur



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