REPORT:
Energie sparen mit Green IT


[26.10.2009] Energieeffiziente IT-Infrastrukturen tragen nicht nur dazu bei, das Klima zu schützen. Mit Green IT können auch die Haushalte der öffentlichen Hand entlastet werden. Das größte Sparpotenzial besteht in Rechenzentren. Aber auch an jedem Arbeitsplatz kann etwas getan werden.

Green IT: Umwelt und Haushalt entlasten. Die Diskussion um den Klimawandel erreicht eine Branche, die man auf den ersten Blick als sauber einstufen würde: die IT-Industrie. Der zweite Blick offenbart Erstaunliches: Die durch den Stromverbrauch der IT-Infrastruktur verursachten Kohlendioxid-Emissionen liegen über denen des Luftverkehrs. Laut einer Studie der Lawrence Berkeley National Laboratories, einer renommierten Forschungseinrichtung des US-Energieministeriums, liegt der weltweite Energieverbrauch durch Rechenzentren bei über 120 Milliarden Kilowattstunden. Die Forscher errechneten, dass die Stromrechnung dafür fast 5,5 Milliarden Euro beträgt.

Drei Kraftwerke produzieren für IT

In Deutschland gehen rund zehn Prozent des verbrauchten Stroms auf das Konto „Produktion und Nutzung“ von IT. Eine Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums kam zu dem Ergebnis, dass die rund 50.000 Rechenzentren in Deutschland die Jahresstromproduktion von drei Kohlekraftwerken benötigen. Kommunale Rechenzentren, so schätzt die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako, verbrauchen etwa 86,7 Millionen Kilowattstunden Energie. Das entspricht dem jährlichen Strombedarf von rund 14.500 Haushalten und der Produktion von 56.000 Tonnen Kohlendioxid. Bis 2013, so eine weitere Studie, wird der Energieverbrauch deutscher Rechenzentren um 50 Prozent ansteigen. Kein Wunder also, dass Green IT zum Schlagwort der Branche avanciert ist.

Green-IT-Förderung des Bundes

Die öffentliche Hand hat erkannt, dass energieeffiziente IT-Infrastrukturen nicht nur dazu beitragen, das Klima zu schützen, sondern auch Einsparpotenziale bergen. Die Bundesregierung hat das Ziel ausgegeben, bis zum Jahr 2013 den durch IT verursachten Energieverbrauch des Bundes um 40 Prozent zu reduzieren. Einer der Schwerpunkte des 500 Millionen Euro umfassenden IT-Investitionsprogramms für die Bundesverwaltung heißt Green IT. 76 Millionen Euro stehen für den Austausch von IT-Systemen durch energieeffizientere Lösungen, die Modernisierung von Kühlungssystemen der Rechenzentren oder auch die Beschaffung von Videotechnik zur Vermeidung von Dienstreisen zur Verfügung. Mit weiteren 24 Millionen Euro wird der Aufbau eines Green-IT-Musterrechenzentrums gefördert.

Energieeffiziente Rechenzentren

Im Rechenzentrum gilt: Wer den gesamten Energieverbrauch reduzieren will, darf sich nicht nur auf einzelne Faktoren konzentrieren. Nach Angaben des Hardware-Herstellers Dell stellen die Server beim IT-Equipment mit 63 Prozent die größten Energieverbraucher. Es folgen Storage-Systeme (22 Prozent) und Kommunikationseinrichtungen (15 Prozent). Innerhalb der Server weisen die Hauptprozessoren (Central Processing Unit, CPU) mit 31 Prozent den größten Energieverbrauch auf. Mit Energiespar-Technologien kann laut Dell der Stromverbrauch der Server um bis zu 42 Prozent gesenkt werden, und das bei einer Leistungssteigerung von bis zu 80 Prozent. Sind die Server entsprechend ausgestattet, lässt sich ihr Stromverbrauch mit administrativen Mitteln weiter senken, etwa bei Prozessoren, Grafik-Chipsets und Speicherkomponenten.

Kühlung verbraucht Energie

Aber: Von dem Strom, der in ein Rechenzentrum eingespeist wird, kommen nur etwa 50 Prozent bei den Servern an. Die andere Hälfte verbrauchen Kühlung, Stromverteilung und die sonstige Infrastruktur. Alleine die Erzeugung und Verteilung der kühlen Luft verbraucht fast genauso viel Energie wie die Server selbst. In einem Beitrag für die November-Ausgabe von Kommune21 beschreibt Bernd Hanstein von der Firma Rittal, wie moderne Klimalösungen dazu beitragen, den Energieverbrauch in Rechenzentren zu senken. Bei der Verteilung von Kaltluft hätten sich flüssigkeitsbasierte Kühllösungen als besonders effizient erwiesen. Diese so genannte Liquid Cooling Packages (LPC) bilden mit dem Server-Schrank eine strömungstechnische Einheit und sorgen dafür, dass kalte Luft dorthin kommt, wo sie benötigt wird.
Neben der Klimatisierung ist die Stromversorgung der zweite Bereich, in dem die Energiebilanz von Rechenzentren deutlich verbessert werden kann. Durch den Einsatz von Geräten für eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) mit einem hohen Wirkungsgrad lassen sich erhebliche Einsparungen erzielen, so der Rittal-Manager. Die Stromersparnis zwischen zwei USVs unterschiedlicher Hersteller mit einer Differenz im Wirkungsgrad von nur zwei Prozent betrage inklusive Kühlung über zehn Jahre rund 40.000 Euro. Weiter verbessern lasse sich die Effizienz durch die Verwendung mehrerer kleiner, modular aufgebauter USVs anstelle weniger großer Geräte.

Virtuelle Server

Ein weiteres Schlagwort auf dem Weg zum grünen Rechenzentrum lautet Virtualisierung. Dieter Rehfeld, Geschäftsführer von regio iT aachen und Leiter der Vitako-Facharbeitsgruppe Energieeffiziente Rechenzentren, beschreibt in Kommune21 die Vorteile. Dabei stellt ein einziger Server Hardware-Komponenten wie Prozessoren, Festplatten und Arbeitsspeicher für mehrere virtuelle Server zur Verfügung. Die virtuellen Maschinen verhalten sich wie einzelne Computer und verfügen über unabhängige Software-Konfigurationen. Möglich wird die Virtualisierung, weil einzelne Server im Durchschnitt nur zwischen 10 und 30 Prozent ausgelastet und ihre Festplatten nur zu etwa 40 Prozent gefüllt sind. Wenn es gelingt, zum Beispiel zehn Server durch einen leistungsfähigen Server zu ersetzen und damit höher auszulasten, sinken die Stromkosten drastisch. Hinzu kommt, dass dieser eine Rechner weniger Platz und weniger Kühlung benötigt.

Virtualisierung im Kreis Aachen

Auf die Vorteile der Virtualisierung setzt beispielsweise der Kreis Aachen. Ergebnis: Durch die Virtualisierungsmaßnahmen reduzierte sich der Verwaltungs- und Pflegeaufwand für die 37 Server der Kreisverwaltung deutlich, so Heino Reinartz, Leiter Informationstechnik beim Kreis Aachen. Die IT-Abteilung plant nun, die auf den Rechnern der Mitarbeiter vorhandene Software ebenfalls zentral zu virtualisieren. Dies soll die Wartungsaufwände auf ein Minimum reduzieren und somit Arbeitsressourcen für Support-Anfahrten bei Außenstellen und Telearbeitern einsparen.
Wie der IT-Leiter berichtet, wird im Kreis Aachen derzeit ein Konzept entwickelt für die komplette Client-Virtualisierung. Indem die Clients zentral betrieben und verwaltet werden, könnten vollwertige Desktop-PCs in den Büros der Mitarbeiter überflüssig werden. Statt dessen können Thin Clients eingesetzt werden. Diese preiswerten Geräte sind oft nicht größer als eine Zigarrenkiste und haben wenig eigene Leistungskapazität. Sie sind an den Monitor angeschlossen und verbinden den Arbeitsplatz mit leistungsfähigen Servern im Rechenzentrum. Thin Clients sparen nicht nur Strom, sie sind auch deutlich leiser als normale Arbeitsplatzrechner.

Heidelberger Verpflichtung

Auch die Stadt Heidelberg bemüht sich, die Energieeffizienz der IT-Infrastruktur zu steigern. Astrid Damer vom Amt für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht und Energie berichtet, dass die Stadt sich bereits bei der Beschaffung von Geräten vom Green-IT-Gedanken leiten lässt. Orientierung bieten dabei die Leitfäden „Energieeffiziente Bürogeräte professionell beschaffen“ der Deutschen Energie-Agentur (dena) und „Empfehlungen für die umweltfreundliche Beschaffung von Desktop-PCs“ des Umweltbundesamtes und des Beschaffungsamtes des Bundesministeriums des Innern. Die genaue Analyse, welche Geräte im Büroalltag tatsächlich gebraucht werden, fließt in die Leistungsbeschreibung bei Ausschreibungen ein. Zudem werden Funktionen und Ausstattungen, Energieeffizienzkriterien in allen Betriebszuständen, sicherheitstechnische und ökologische Anforderungen wie beispielsweise Geräuschemissionen, Service, Wartung, Systemintegration und Lieferzeiten bei den Anbietern abgefragt.
Beim Einkauf neuer Bürogeräte berücksichtigt die Stadt Heidelberg dann nicht nur den Anschaffungspreis als Entscheidungskriterium, sondern auch die Lebenszykluskosten. Bei Investitionen in den IT-Bereich wird gezielt energiesparenden Alternativen der Vorzug gegeben. Jede Beschaffung muss auf das spezielle Anforderungsprofil zugeschnitten sein und ein optimales Einsparpotenzial der Ressourcen beinhalten. Denn: Es bestehe neben der ökologischen Verpflichtung eine wirtschaftliche Notwendigkeit ressourceneffiziente Geräte zu kaufen. Astrid Damer: Bei knapper werdenden Haushaltsmitteln ist Green IT kein Selbstzweck. (al)

Mehr zum Thema Green IT lesen Sie in der November-Ausgabe von Kommune21. Hier können Sie die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
Green IT Beratungsbüro des Branchenverbands BITKOM (Deep Link)
IT-Beschaffungsportal für öffentliche Auftraggeber (Deep Link)
Leitfaden „Energieeffiziente Bürogeräte professionell beschaffen“ der Deutschen Energie-Agentur (dena) (Deep Link)

Stichwörter: Green IT, Rechenzentren



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