MODUL-F:
Lücke schließen


[19.1.2023] In einem Gemeinschaftsprojekt entwickeln die Stadt Hamburg und das BMI eine Plattform, über die Fachverfahren schnell und einfach mit vorprogrammierten Modulen erstellt werden können. Ab 2023 soll MODUL-F in einer ersten Version zur Verfügung stehen.

MODUL-F: Baukasten für Fachverfahren. Jeden Tag stellen Bürgerinnen und Bürger Anträge, die verwaltungsintern bearbeitet werden müssen. Nicht immer gibt es dafür ein digitalisiertes System. Insbesondere bei Prozessen mit überschaubarer Komplexität – wenige Bearbeitungsschritte und involvierte Personen sowie eine geringe Anzahl pro Jahr – ist es für Fachbereiche nicht wirtschaftlich, eine standardisierte Software einzukaufen oder aufwendig und kostenintensiv neu entwickeln zu lassen. Für Anwendungsfälle wie beispielsweise Genehmigungen für das Fällen eines Baumes oder Anträge für Denkmalschutz werden bei der internen Bearbeitung deshalb häufig improvisierte manuelle Lösungen wie Word-Dateien oder Excel-Listen eingesetzt.
MODUL-F, ein Gemeinschaftsprojekt der Freien und Hanse­stadt Hamburg und des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) (wir berichteten), soll diese Lücke schließen. Im Rahmen des Projekts wird eine Plattform entwickelt, über die Fachverfahren schnell und einfach mit vorprogrammierten Modulen erstellt werden können. Ziel ist es, eine durchgängige Digitalisierung von Verwaltungsprozessen zu ermöglichen und alle Behörden in Deutschland davon profitieren zu lassen.

Fachverfahren nach dem Baukastenprinzip entwickeln

MODUL-F ist im Referat „Steuerung Fachverfahren“ der Senatskanzlei Hamburg entstanden. Im Rahmen von Überlegungen zur strategischen Neugestaltung der Fachverfahrenslandschaft wurde die Idee entwickelt, Verwaltungsfachverfahren mithilfe von vorgefertigten Modulen zu erstellen. Das Infrastrukturprojekt läuft seit September 2021 und wird gesteuert vom Amt für IT und Digitalisierung der Senatskanzlei. Das BMI finanziert MODUL-F im Rahmen der OZG-Umsetzung. Dataport ist als Hauptdienstleister an der Entwicklung der Plattform beteiligt.
MODUL-F basiert auf einer Low-Code-Plattform. Dabei handelt es sich um eine Entwicklungsumgebung, für die keine klassischen Programmierkenntnisse notwendig sind. Die Low-Code-Plattform a12 von Anbieter mgm technology bildet die Grundlage und wird für die Zwecke von MODUL-F weiterentwickelt. Damit können bestimmte Funktionen, die in jeder Verwaltung gebraucht werden, als vorprogrammierte Module zur Verfügung gestellt werden. Fachverfahren können auf diese Weise unkompliziert und nach dem Baukastenprinzip entwickelt werden. Dafür braucht es keine professionellen Entwickler, es reicht aus, IT-affine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Behörden entsprechend zu schulen. Sie entwickeln dann das von den Verwaltungsmitarbeitenden benötigte Fachverfahren.

Einfache und schnelle Zusammensetzung

Mit MODUL-F hat Hamburg ein Thema aufgegriffen, das für die gesamte deutsche Verwaltung relevant ist. Denn das Problem, dass in vielen Bereichen der internen Verwaltung der Bedarf für Software-Unterstützung fehlt, besteht bundesweit. Das haben die Projektbeteiligten im Austausch mit Bundesverwaltungen, verschiedenen Bundesländern und Kommunen herausgefunden.
Aus diesem Grund sind die Verwaltungsmitarbeitenden eine wichtige Nutzergruppe, die MODUL-F anspricht. Mit den auf der Plattform erstellten Fachverfahren können sie ihre Arbeit durchgängig digital und nachhaltig erledigen. Diese Vorteile werden besonders dann deutlich, wenn man sich einen klassischen Antragsprozess anschaut: Bisher musste Herr Mustermann die Bescheiderstellung manuell mit verschiedenen Excel-Listen und Word-Vorlagen erledigen – nun bietet ihm das eigens für seinen Prozess erstellte MODUL-F-Fachverfahren ein einheitliches System für eine digitale und effiziente Bearbeitung. Stellt eine Bürgerin online einen Antrag, muss Herr Mustermann diesen nicht mehr händisch übertragen – oder, im schlimmsten Fall, ausdrucken –, sondern kann den Antrag über das Fachverfahren bearbeiten. Und fehlen nach der Prüfung noch Informationen, kann er direkt eine Rückfrage an die Antragstellerin senden. Es entstehen keine Aktenberge. So kann Herr Mustermann seine Anträge effizient und medienbruchfrei bearbeiten, und die Bürgerin erhält eine schnelle und transparente Ausführung ihres Anliegens.
Die zweite Zielgruppe sind die Fachverfahrensentwickelnden. Diese können MODUL-F überall da einsetzen, wo es intern noch Digitalisierungsbedarfe gibt, die schnell und einfach umgesetzt werden sollen. Damit Herr Mustermann genau die digitale Anwendung erhält, die er für seinen Antragsprozess benötigt, baut seine Kollegin, Frau Musterfrau, das gewünschte Fachverfahren. Frau Musterfrau wurde zur MODUL-F Entwicklerin geschult und kann nun eigenständig aus einer zentral bereitgestellten Modulbibliothek heraus ein neues Fachverfahren entwickeln. Die Module dort bilden Funktionalitäten ab, die in Verwaltungsprozessen immer wieder vorkommen. Da die Module vorgefertigt wurden, ist auch die Zusammensetzung schnell und einfach.

Fokus auf Nachnutzung und Usability

Die Umsetzung von MODUL-F erfolgt in Form zweier Minimum Viable Products (MVP). Im August 2022 wurde mit der Fertigstellung von MVP I der erste Meilenstein erreicht: Eine funktionsfähige Ausführung des Produkts mit ersten Modulen ist fertig (wir berichteten). Mithilfe dieser Grundversion konnten zwei prototypische Fachverfahren auf Landes- und Bundesebene angefertigt und damit gezeigt werden, dass das zugrunde liegende Konzept der Fachverfahrenserstellung funktioniert.
Der nächste Schritt ist die Realisierung von MVP II. Dieser hat das Ziel, die Nachnutzbarkeit zu gewährleisten. Die Infrastruktur von MODUL-F wird zentral entwickelt und betrieben, soll aber allen Verwaltungen zur Nutzung angeboten werden. Länder, Kommunen und Bundesverwaltungen sollen MODUL-F als Kunden beziehen können. Auf der Plattform werden Fachverfahren mitgeliefert, die von allen genutzt werden können, zum Beispiel für Prozesse, die zu Online-Diensten gehören und ähnlich in der Abarbeitung sind. Das Besondere ist, dass alle Kundinnen und Kunden auf der Plattform noch eigene, spezifische Fachverfahren erstellen und sie als EfA-Dienst bereitstellen können. Auf diese Weise soll eine Verwaltungscommunity aufgebaut werden und MODUL-F sich durch die Zusammenarbeit der beteiligten Behörden stetig weiterentwickeln.
Neben der Nachnutzung steht auch die Usability im Fokus. Aufbauend auf MVP I wird die Plattform weiterentwickelt und nutzerfreundlicher gestaltet. Immer im Fokus steht die Barrierefreiheit. Bereits bei der Entwicklung wird versucht, alle relevanten Vorgaben umzusetzen und beispielsweise getestet, ob für Menschen mit Sehbehinderungen alle Komponenten der Anwendung vorlesbar sind und die gewählten Farben und Kontraste die Inhalte für jede und jeden gut sichtbar machen.

Erste Version wird 2023 zur Verfügung stehen

Aktuell planen die Projektbeteiligten, wie es mit MODUL-F weitergehen wird und befinden sich in Gesprächen mit den Auftraggebern. Fest steht, dass MODUL-F ab 2023 in einer ersten Version zur Verfügung gestellt wird, sodass weitere Verwaltungen es als Produkt beziehen können. Der Weg dorthin wird spannend und hält einige Herausforderungen bereit. Die technische, rechtliche und organisatorische Nutzung der Plattform zu ermöglichen und ein Preismodell zu entwickeln, das kleinste Kommunen, Landes- und Bundesverwaltungen einbezieht, ist sehr anspruchsvoll.
Gleich zwei Mal wurde das Projekt beim diesjährigen E-Government-Wettbewerb ausgezeichnet: Mit dem ersten Platz in der Kategorie „Bestes Kooperationsprojekt 2022“ sowie mit dem dritten Platz beim Publikumspreis. Bundesweit stößt MODUL-F auf großes Inte­resse und mit beinahe allen Bundesländern besteht ein regelmäßiger Austausch.

Zehra Öztürk ist Projektleiterin bei der Senatskanzlei Hamburg; Eva Dipobagio ist Projektkoordinatorin bei Dataport.

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar 2023 von Kommune21 im Schwerpunkt Low Code erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: IT-Infrastruktur, Hamburg, BMI, MODUL-F, Low Code

Bildquelle: gabor tinz/EyeEm/stock.adobe.com

       


Quelle: www.kommune21.de