Kreis Segeberg:
Einer für vieles


[16.4.2024] Ein Online-Service bündelt im Kreis Segeberg mehrere Leistungen für hilfebedürftige Menschen, sodass diese ihre Daten nur einmal eingeben müssen. Dataport hat den Dienst in einem Referenzprojekt mit dem Land im Auftrag des ITV.SH entwickelt.

Einen Kombi-­Antrag für elf verschiedene Leistungen im Bereich der Sozialhilfe hat der Kreis Segeberg entwickelt. Seit Anfang des Jahres können Bürgerinnen und Bürger im Kreis Segeberg Anträge zur Eingliederungs- und Sozialhilfe schnell und unkompliziert gebündelt online stellen, ohne Formulare mehrfach ausfüllen zu müssen. Der Kreis hat dafür einen seit 2023 verfügbaren Online-Dienst erweitert. Ein solcher Kombi-­Antrag für elf verschiedene Leistungen im Bereich der Sozialhilfe ist bislang einmalig in Deutschland. Am Anfang stand eine für den Kreis Segeberg äußerst ungewöhnliche Frage: Kann es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht werden, mit nur einem Antrag mehrere Leistungen der Sozialhilfe zu beantragen, für die in der Kreisverwaltung unterschiedliche Fachdienste zuständig sind? In einem nächsten Schritt begann der Kreis, die Ideen zu sortieren. Das Ergebnis war ein Mantelantrag, der die wichtigsten Leistungen aus drei Fachdiensten und – nach Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes – zwei Rechtsgebieten des Sozialgesetzbuchs (Eingliederungshilfe und Sozialhilfe) vereinen sollte. In intensiven Gesprächen kreisintern, mit dem IT-Dienstleister Dataport und dem IT-Verbund Schleswig-Holstein (ITV.SH) wurde nach und nach deutlich, wie komplex es ist, einen solchen Antrag umzusetzen. Durch Übertragung von Aufgaben an die kreisangehörigen Kommunen sollten auch diese den Online-Dienst anbieten können. Die Anträge mussten deshalb je nach Zuständigkeit auch an kreisangehörige Kommunen geroutet werden.

Projekt-Team Mantelantrag

Wie das umgesetzt werden kann, konnten sich die Beteiligten anfangs nur schwer vorstellen. So wurde das Projekt-Team Mantelantrag gegründet, das an der Digitalisierung dieser bislang einmaligen Antragskombination arbeitete. Allein die Erhebung der Anforderungen und anschließende Entwicklung des Diensts waren sehr komplex. Die Logik dahinter forderte, dass nicht nur Papieranträge digitalisiert werden, sondern die Leistungen in der Kombination betrachtet wurden. Der Mehrwert liegt auf der Hand: Hilfsbedürftige Menschen haben häufig Anspruch auf mehrere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch. Die umfangreichen persönlichen Angaben sind in allen Anträgen überwiegend identisch. Bisher mussten für jeden Antrag mehrere Seiten ausgefüllt werden, um Unterstützungsleistungen zu erhalten. Mit dem Online-Dienst „Antrag auf Eingliederungshilfe für Erwachsene und/oder Sozialhilfe SGB IX/XII“ müssen Antragstellende identische Angaben nur noch einmal machen. Die Anträge, die im Kreis Segeberg in der Zuständigkeit des Kreises oder der Gemeinde liegen, werden dabei immer an die richtige Stelle übermittelt, je nachdem, wo der Antragstellende wohnt.

Intensive Zusammenarbeit mit den Gemeinden

Die ersten Antragskombinationen konnten Bürgerinnen und Bürger bereits im Sommer 2023 nutzen, im Januar 2024 kamen weitere hinzu. Der Online-Dienst umfasst nun elf Leistungen, aus denen diejenigen ausgewählt werden können, die für die jeweils individuelle Lage relevant sind. In den Dienst integriert sind die Eingliederungshilfe für Erwachsene, Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfe zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege (ambulant/stationär), Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, Hilfe in anderen Lebenslagen (Hilfe zur Weiterführung des Haushalts, Altenhilfe, Blindenhilfe, Hilfe in sonstigen Lebenslagen, Bestattungskosten).
Bei der Umsetzung des Projekts hat der Kreis die Gemeinden von Anfang an mit ins Boot geholt. Bad Segebergs Bürgermeister Toni Köppen sagt dazu: „Die intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten hat sich gelohnt. Unseren Bürgerinnen und Bürgern wird nun die Antragstellung sehr vereinfacht.“ Thomas Hartstock, Leitender Verwaltungsbeamter im Amt Trave-Land, ergänzt: „Gemeinsam haben wir als Pilotkommune gut, intensiv und erfolgreich mit dem Projekt-Team des Kreises für die verschiedenen Fachanträge im Aufgabenbereich der sozialen Leistungen zusammengearbeitet. Die Antragstellung wird durch diese neuen Möglichkeiten erleichtert.“ „Der Mantelantrag ist eine schöne Kombination, die sowohl nützlich ist für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die Mitarbeitenden in der Verwaltung“, so Philipp Willer, Geschäftsführer des ITV.SH. „So muss Digitalisierung funktionieren – dass alle etwas davon haben.“

Verlässliche Arbeitsebene, die vertrauen schafft

Die Umsetzung sah wie folgt aus: Im Vorfeld hatte es drei Informationsveranstaltungen mit den kreisangehörigen Kommunen gegeben – coronabedingt fanden diese online statt. Dabei wurde das Projekt vorgestellt und das Ziel skizziert. Klare Botschaft dabei: Alle Kommunen können an dem Dienst teilnehmen, sodass alle Bürger im Kreis Segeberg die Möglichkeit haben, von den Leistungen zu profitieren. Dass noch viel Skepsis vorhanden war, wurde anhand der Fragen deutlich, die nicht gestellt wurden, beispielsweise welche Voraussetzungen es gibt, um den Online-Dienst anzubieten, ob interne Strukturen angepasst werden müssen oder wie die Unterstützung des Kreises aussieht. An der zweiten und dritten Veranstaltung nahmen weniger Vertreter aus den Kommunen teil – und es war klar, dass nur sehr gute Arbeit wird überzeugen können.
Das Projekt-Team traf sich einmal in der Woche. Die Termine waren ab einem bestimmten Zeitpunkt offen für die Kommunen. Diese nahmen bei Bedarf teil und bekamen Unterstützung bei fachlichen und technischen Fragen. Wichtig war den Verantwortlichen, eine verlässliche Arbeitsebene zu schaffen und Vertrauen aufzubauen. Das ist gut gelungen, denn nach und nach kamen immer mehr Kommunen auf das Projekt-Team zu. Auch den Kontakt zu Dataport als IT-Dienstleister und dem ITV.SH haben Kreis und angehörige Kommunen auf- und ausgebaut.

Andere Kreise nutzen den Kombi-Antrag nach

Im zuständigen Fachbereich „Soziales, Arbeit und Gesundheit“ der Segeberger Kreisverwaltung gab es für die Mitglieder des Projekt-Teams ebenfalls ein festgelegtes Zeitfenster, um die fachlichen Grundlagen für den Online-Dienst zu erarbeiten. Dies geschah zusätzlich zum Alltagsgeschäft. „Ziel des Projekt-Teams war es, mit den Kommunen im Kreis diesen Online-Dienst zu entwickeln. Ich freue mich, dass dieses große Ziel erreicht worden ist“, resümiert Landrat Jan Peter Schröder. Die Idee des nutzerfreundlichen Kombi-Antrags hat sich mittlerweile herumgesprochen: Schon in der Entwicklungsphase gab es einen engen Austausch mit weiteren Kreisen. So nutzt der Kreis Schleswig-Flensburg den Online-Service bereits nach, weitere Kreise haben Interesse bekundet. Verfügbar ist der Dienst für alle Kommunen Schleswig-Holsteins über den vom ITV.SH betriebenen OZG-Shop unter https://shop-digitales.schleswig-holstein.de. Und auch die Bürgerinnen und Bürger im rund 285.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Kreis Segeberg sind auf den neuartigen Verwaltungsservice gestoßen: Im ersten Monat nach Freischaltung aller elf Leistungen wurden 55 Anträge online gestellt. In Papierform waren es im selben Zeitraum etwa 40 Anträge.

Kerstin Niemann arbeitet bei Dataport als Produkt-Managerin Online-Dienste; Kerstin Steltzer-Werblow ist im Kreis Segeberg Projektkoordinatorin ­E-Government im Fachbereich Soziales, Arbeit und Gesundheit; Anna Hardt ist Projektleiterin beim IT-Verbund Schleswig-Holstein.

https://www.segeberg.de
https://www.dataport.de
https://itvsh.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe April 2024 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Dokumenten-Management, Dataport, Kreis Segeberg, ITV.SH

Bildquelle: Gerd Altmann/pixabay.com

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