Studie:
Furchtlos in die Doppik


[28.10.2011] Obwohl die Doppik insgesamt immer noch umstritten ist, überwiegt in den Anwender­stimmen das Positive. Eine Untersuchung hat gezeigt: Je mehr Erfahrung Kommunen mit der doppischen Buchführung gesammelt haben, desto besser wird diese bewertet.

Doppelte Buchführung kann positive Entwicklungen anstoßen. Die Einführung des doppischen Rechnungswesens hat bereits viele positive Entwicklungen angestoßen. Bei den meisten Städten und Gemeinden brachte die Umstellung Steuerungserfolge. Ebenso wirkte sich die längerfristige Perspektive bei politisch-strategischen Entscheidungen in vielen Fällen positiv aus. Außerdem ermöglicht das betriebswirtschaftliche Instrumentarium einen Blick auf das Netto-Vermögen. Dieser Indikator hat die Wahrnehmung für ein Handeln im Sinne von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit geschärft. Ein Potenzial, das manche Kommunen noch nicht in letzter Konsequenz erkannt haben, liegt in der Kennzahlensteuerung bezüglich der Effektivität und Effizienz der kommunalen Aufgaben. Doch auch hier gibt es bereits positive Beispiele.

Frust und Euphorie

Dennoch werden diese Vorteile noch nicht von allen Städten und Gemeinden gesehen. Es gibt leider auch Fälle, in denen die Doppik-Einführung hauptsächlich zu Frustration geführt hat. Der Grund dafür liegt zumeist in einer halbherzigen Herangehensweise, die bedingt, dass sich die Protagonisten zwar im doppischen System bewegen, aber kameralistisch verhalten. Damit die Steuerungsvorteile greifen, muss die Doppik jedoch vollständig gelebt werden. Unter den Kommunen, denen der Umstieg noch bevorsteht, herrscht ein sehr heterogenes Meinungsbild über das neue Rechnungslegungssystem vor. Während manche dem Ereignis geradezu euphorisch entgegensehen und Erwartungen hegen, die kaum gerechtfertigt sind, ist bei anderen Skepsis, bisweilen sogar Panik zu beobachten.
Die Ergebnisse einer Befragung, die das Düsseldorfer Marktforschungsinstitut IRES im Auftrag des IT-Dienstleisters DATEV durchgeführt hat, legen nahe, dass diese Diskrepanz unter anderem Folge eines unterschiedlichen Informationsstandes ist. Eine schwache Vorinformation führt demnach meist zu Skepsis. Je intensiver sich eine Kommune hingegen mit der Doppik auseinandergesetzt hat, desto positiver ist die Einschätzung, zu der sie gelangt.

Bayern sind skeptisch

Die der Studie zugrunde liegenden Befragungen fanden in den Jahren 2008 bis 2010 statt. Dabei wurden kommunale Entscheider in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen einzeln interviewt. Rede und Antwort standen Bürgermeister, Kämmerer oder Leiter des Finanzbereichs aus insgesamt 385 Städten und Gemeinden. Gut zwei Drittel dieser Kommunen zählen zwischen 5.000 und 30.000 Einwohner, etwa 20 Prozent sind kleiner und 10 Prozent größer (Obergrenze: 80.000). Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Erwartungen das Bild prägen. Dominieren in Brandenburg bei den Kommunen, denen die Umstellung noch bevorsteht, diejenigen, die dadurch vornehmlich Vorteile erwarten, sind in Bayern klar die Skeptiker in der Mehrheit. Baden-Württemberger urteilen ähnlich ungünstig wie Bayern, wohingegen sich Sachsen und mehr noch Niedersachsen den überaus positiven Erwartungen der Brandenburger annähern.

Wer umsteigt, sieht die Vorteile

In Städten und Gemeinden, die bereits doppisch buchen, fällt die Vorteil-Nachteil-Betrachtung sehr viel gleichförmiger aus. Die meisten Umsteller erkennen die Vorteile der Doppik für sich. Aus ihrer Sicht trifft auf die kaufmännische Buchführung vor allem zu, dass sie zu neuen Erkenntnissen über die finanzielle Situation der Kommune führt, unwirtschaftliche Entscheidungen vermeiden hilft, der politischen Führung bessere Daten an die Hand gibt und es auch gestattet, der Öffentlichkeit mehr Transparenz zu bieten.
Die Gründe für Misstrauen und Ärger decken sich bei beiden Gruppen: Die größten Sorgen im Vorfeld machen zumeist auch die Punkte, die von Umstellern später als die größten Herausforderungen bezeichnet werden. Hier sind insbesondere die hohen und neuartigen Anforderungen an die Mitarbeiter zu nennen. Bei einem Doppik-Projekt besteht großer Schulungsbedarf, innere Widerstände sind zu überwinden und Motivationsanreize zu schaffen. Noch-nicht-Umsteller sehen dies auf sich zukommen und die Umsteller berichten über entsprechende Erfahrungen. Hinzu treten Bewertungs- und Erfassungsprobleme sowie Schwächen mancher Doppik-Software, die jedoch deutlich seltener als Schwierigkeit angeführt werden.

Doppik schafft Transparenz

Neben solchen handfesten Überlegungen erhalten die Umstellungsgegner auch moralische Unterstützung. Schließlich sind Widerstände gegen Neues nicht immer rational begründet, sondern bisweilen auch ideologischer Natur. So hat sich inzwischen ein Skeptikerlager gebildet, das mit wissenschaftlichem Anstrich versucht, die Kameralistik als das bessere System für Kommunen hinzustellen. Als häufiger Einwand wird dabei die Tatsache vorgebracht, dass die Darstellung des Erfolgs in Gewinn oder Verlust die eigentliche Zielsetzung der Doppik ausmache. Die Gewinnmaximierung, so die Kritiker, entspreche aber nicht den Zielen einer Kommune, die ausschließlich dem Gemeinwohl und einem ausgeglichenen Haushalt verpflichtet sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Doppik objektiv betrachtet ein vollkommen zweckneutraler Buchungsstil ist, der keineswegs im Dienste der Gewinnmaximierung stehen muss. Die Doppik schafft vielmehr die nötige Transparenz über die Vermögens- und Schuldensituation sowie den Ressourcenverbrauch und das Ressourcenaufkommen eines Haushaltsjahres. Dies ist die Voraussetzung für die Beurteilung, Steuerung und Kontrolle der Wirtschaftlichkeit bei der Aufgabenerfüllung. Schließlich fällt auch ein ausgeglichener Haushalt nicht vom Himmel. Die Maßgabe der Wirtschaftlichkeit ist aber ohne entsprechende Informationen nur schwer einzuhalten – und genau diese Informationen liefert das doppische Buchführungssystem.
Die Vorteile für die Verwaltungssteuerung sehen verstärkt auch die Praktiker und äußern sich überzeugt, dass sich der Umstellungsaufwand gelohnt hat. Wenn auch der Umgang mit dem kaufmännischen Rechnungswesen für einige gerade zu Anfang nicht immer nur positiv behaftet war, überwiegt in den Anwenderstimmen doch eindeutig der Nutzen.

Dr. Bernd Eckstein ist Leiter Vertrieb DATEVkommunal bei der DATEV eG.


Stichwörter: Finanzwesen, DATEV

Bildquelle: creativ collection Verlag

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