[29.6.2012] Vor rund einem Jahr haben mehrere Großstädte in Nordrhein-Westfalen vereinbart, die interkommunale Zusammenarbeit zu intensivieren. Mittlerweile wurden zehn Bereiche festgelegt, in denen künftig Kooperationen realisiert werden sollen.
Auf Anregung der Stadt Münster haben mehrere Großstädte in Nordrhein-Westfalen Ende 2010 einen Arbeitskreis für interkommunale Zusammenarbeit gegründet. Dieser sollte prüfen, in welchen Bereichen Kooperationen und Arbeitsteilung mehr Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Qualität für die beteiligten Kommunen versprechen. Mitte März dieses Jahres haben die Städte Aachen, Bielefeld, Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamm, Köln, Mülheim an der Ruhr, Wuppertal und Münster nun gemeinsam mit dem Deutschen Städtetag ihre Zusammenarbeit konkretisiert. Während beim ersten Treffen im November 2010 noch Absichtserklärungen und grundsätzliche Aspekte diskutiert wurden, legten die Oberbürgermeister sich nun auf zehn Kooperationsfelder fest. Bis November 2012 sollen in einem nächsten Schritt die Details der Zusammenarbeit ausgearbeitet werden.
Rahmenbedingungen für interkommunale Projekte verbessern
Darüber hinaus formulierten die beteiligten Städte drei aus ihrer Sicht wesentliche Appelle an den Bund, das Land Nordrhein-Westfalen und sich selbst, um die Rahmenbedingungen für zukünftige interkommunale Projekte zu verbessern. So soll bei allen neuen Aufgaben zunächst stets geprüft werden, ob diese nicht im Zuge einer interkommunalen Kooperation wahrgenommen werden können. Bund und Land sollen die steuer- und vergaberechtlichen Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit verbessern und dafür Sorge tragen, dass Unsicherheiten abgebaut werden. Zudem wollen die beteiligten Städte verstärkt für die Nutzung der elektronischen Identifikationsfunktion des neuen Personalausweises (nPA) werben und die eigenen kommunalen Verwaltungsverfahren darauf ausrichten.
Den bisherigen Ergebnissen sind intensive Abstimmungen und Gespräche vorausgegangen. Zunächst wurden die als erfolgreich eingestuften vorhandenen Kooperationen erfasst und bewertet. Nach weiterer Sichtung einschlägiger Erkenntnisse, unter anderem der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) wurde eine gemeinsame Einschätzung abgefragt. Damit lagen die Grundlagen für erste Richtungsentscheidungen vor. Den beteiligten Städten ist es besonders wichtig, sehr schnell erste konkrete Projekterfolge zu erzielen, damit das gegenseitige Vertrauen gestärkt wird und die Initiative an Fahrt gewinnt. Die Schirmherrschaft für das Projekt hat der Deutsche Städtetag übernommen. Damit einher geht die Öffnung der Initiative für alle nordrhein-westfälischen Mitgliedskommunen.
Mögliche Kooperationsfelder
Ein Arbeitskreis der beteiligten Städte hat mögliche Bereiche für die interkommunale Zusammenarbeit analysiert und bewertet. Insgesamt zehn Kooperationsfelder wurden den Stadtoberhäuptern vorgeschlagen und in die Obhut jeweils einer Kommune zur Federführung übergeben, darunter die Bereiche Geodaten-Management, Personal-Management, Beihilfe, Service-Center/D115, Finanz-Management, Archivierung und Kfz-Zulassungswesen. Beispielhaft sollen hier die drei weiteren Kooperationsfelder Organisationsangelegenheiten/Geschäftsprozessoptimierung, Einkauf/Vergabe/Beschaffung sowie elektronische Antragsverfahren erläutert werden.
Optimierung von Geschäftsprozessen
Viele Städte optimieren derzeit Geschäftsprozesse mit unterschiedlichen Werkzeugen und Zielrichtungen. Dadurch können Ergebnisse und Erfahrungen nur teilweise von anderen Städten übernommen werden. Die Stadt Hamm ist federführend in diesem Kooperationsfeld und sieht die Potenziale der Zusammenarbeit vor allem in einer Vereinheitlichung der eingesetzten Werkzeuge und Methoden, der Vereinbarung über gleiche Bearbeitungs- und Qualitätsstandards für verschiedene Leistungen und Produkte, der Pflege einer gemeinsamen Prozessbibliothek sowie einer gemeinsamen Durchführung von Organisations- und E-Government-Projekten.
Synergien ausschöpfen mit Einkaufsgenossenschaft
Für den Bereich Beschaffung ist der Deutsche Städtetag verantwortlich. Bei den meisten Städten wird sowohl der laufende Bedarf der Verwaltung zur Ausstattung der Arbeitsplätze als auch der Spezialbedarf der Dienststellen, Schulen und Kindergärten zentral eingekauft. Bereits seit Jahrzehnten gibt es Einkaufsverbünde einzelner Städte, in denen die Jahresbedarfe zahlreicher Produkte gemeinsam ausgeschrieben und beschafft werden. Der Deutsche Städtetag hat diese Entwicklungen aufgegriffen und eine Einkaufsgenossenschaft (EKV eG) gegründet, der die meisten Städte der Initiative zur interkommunalen Zusammenarbeit bereits beigetreten sind. Kerngeschäft ist es, Beschaffungen im Bereich der Lieferungen und Leistungen (VOL/A) künftig gebündelt auszuschreiben, somit größere nachgefragte Mengen kostengünstiger und preiswerter einzukaufen und Synergieeffekte zu erzielen.
Elektronische Antragsverfahren
Interkommunale Kooperationen bieten sich auch bei elektronischen Antragsverfahren an. Während behördenintern via E-Government seit Jahren erhebliche Prozess- und Effizienzverbesserungen realisiert werden können, geht es bei elektronischen Services für die Verwaltungskunden bisher nur relativ langsam voran. Die Einführung des neuen Personalausweises mit den Möglichkeiten einer freischaltbaren elektronischen Identität (eID) zur Authentisierung sowie die Initiative des Bundes zum E-Government-Gesetz geben Werkzeuge an die Hand, mit denen Kommunen die antragsbasierte Kommunikation mit den Verwaltungskunden über das Internet anbieten und damit ihre Prozesse verschlanken und verbessern können. Eine Angleichung der Antragsverfahren hat für überregional tätige Kunden zudem den Vorteil, dass sie ihre Kommunikationswege zu den Kommunen vereinheitlichen können. Die Bürger wiederum können die Leistungen ihrer Kommunalverwaltung ganzheitlich nutzen und müssen sich nicht bei jeder Anfrage auf neue Verfahren einstellen. Damit ergeben sich zahlreiche Einsparmöglichkeiten für alle an kommunalen Antragsverfahren Beteiligten.
Die Federführung dieses Kooperationsfeldes hat die Stadt Münster übernommen. Dabei kann sie insbesondere auf Erfahrungen aus IT-Kooperationen im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Kommunaler IT-Dienstleister in Nordrhein-Westfalen (AKDN) und den Dachverband KDN zurückgreifen. Deren Mitglieder haben bereits technische Standards definiert, sich vernetzt und die prozessualen Bedingungen der Zusammenarbeit verbessert. IT-Fachverfahren werden interkommunal betrieben, die aufgebaute Kompetenz wird in gemeinsamen Gremien und Fachgruppen miteinander geteilt und vervielfältigt.
Im Austausch bleiben
Als nächster Schritt der Initiative für interkommunale Zusammenarbeit werden Arbeitsgruppen gebildet, die den Auftrag haben, bis November 2012 die Zusammenarbeit zu konzipieren und erste Umsetzungen mit entsprechenden wirtschaftlichen Effekten voranzutreiben. Diese Arbeit wird unter den Rahmenvorgaben Konkretisierung, Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit, Akzeptanz und Projektplanung stehen. Ergänzend zu den vereinbarten Kooperationsfeldern besteht das gemeinsame Interesse darin, einen weitergehenden Erfahrungsaustausch zum Einsatz neuer Steuerungsinstrumente – Stichwort Balanced Scorecard – einzubeziehen. Die Oberbürgermeister der beteiligten Städte sind überzeugt, dass sich die interkommunale Zusammenarbeit und die damit verbundenen Anstrengungen lohnen. Sie sind sich aber auch bewusst, dass die Umsetzung konkreter Kooperationsprojekte an vielen Detailfragen scheitern kann. Vereinbart wurde daher, sich bei strittigen Punkten unmittelbar und unbürokratisch abzustimmen.
Markus Lewe ist Oberbürgermeister der Stadt Münster.
Der Beitrag ist in der Juli-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt Kooperationen erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
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Markus Lewe,
Deutscher Städtetag
Bildquelle: Presseamt der Stadt Münster