[31.5.2013] Mit ihrer Plattform für das Anliegen-Management hat die Stadt Bonn positive Erfahrungen gemacht. Die Besonderheit: Mit dem Online-Bürgerservice wird sowohl Open Source wie auch Open Government Rechnung getragen.
Seit Ende November 2012 nutzen viele hunderte Bonner eine neue Online-Plattform zum Austausch von Infrastrukturproblemen. Das System ist so simpel wie transparent: Über eine Geolokalisierung kann das Anliegen verortet und einer der bislang acht Dienstleistungskategorien zugeordnet werden. Der Nutzer erhält regelmäßig Rückmeldung zum Bearbeitungsstand, den alle auf der Plattform verfolgen können.
Die Idee hinter der Plattform anliegen.bonn.de ist nicht neu. Immer mehr Städte versuchen, ihren Bürgern eine einfache Möglichkeit zu bieten, Anliegen zu melden. Ein bekanntes Beispiel ist Maerker Brandenburg, das erste deutsche Angebot eines transparenten Anliegen-Managements für Kommunen des Landes. Im Gegensatz zum internationalen Vorläufer FixMyStreet erhalten die Bürger jedoch eine qualifizierte Rückmeldung von der Verwaltung. An dieses Vorbild ist die Bonner Plattform angelehnt. Sie basiert auf der Open Source Software Mark-a-Spot und wurde in Kooperation mit der Firma Zebralog umgesetzt. Im Vergleich zu anderen Angeboten in Deutschland bietet das Bonner Verfahren eine Besonderheit: Über eine mitgelieferte Open-Data-Schnittstelle können alle eingestellten Beiträge mit allen verfügbaren Prozessdaten zum Bearbeitungsstand in anonymisierter Form heruntergeladen werden. Der Einsatz der so genannten Open311-Schnittstelle ist derzeit noch einzigartig in Europa.
Schnittstelle als Basis
Hinter Open311 verbirgt sich im Prinzip eine internationale und technisch-organisatorische Weiterentwicklung des einheitlichen Behördenrufs 115. Auch in den USA können über eine zentrale Telefonnummer (311) in über 100 Städten öffentliche Anliegen gemeldet werden. Der Online-Standard Open311 ist eine Ergänzung dieses Angebots: Über die GeoReport-Schnittstelle können die Daten nicht nur maschinenlesbar zur Verfügung gestellt werden, Kommunen, die auf diesen Standard setzen, können auch so genannte API-Keys vergeben, mit denen eigene sowie fremde qualifizierte Software-Systeme Beiträge einstellen oder bearbeiten können. Die Stadt Bonn hat diese Option bereits in einer mobilen Applikation für iOS- und Android-Geräte ermöglicht: In der von der US-amerikanischen Stadt Bloomington entwickelten GeoReporter-App sind mittlerweile verschiedene Städte, darunter seit März 2013 auch Bonn in den Voreinstellungen abrufbar. Die Bundesstadt folgt mit diesem Ansatz dem allgemeinen Trend der Verwaltungsöffnung. Ein Blick auf die Plattform zeigt, dass das System funktioniert: Von der Freischaltung bis Mitte April 2013 sind rund 700 Beiträge eingegangen.
Paradigmenwechsel für die Verwaltung
Doch was passiert im Hintergrund, welche Folgen hat die Offenheit für die verwaltungsinternen Prozesse? Was nach außen hin so simpel erscheint, bedeutet in der Umsetzung für die Verwaltung einen Paradigmenwechsel. Konzeptionell stehen Anliegenkategorien im Fokus, die innerhalb eines verbindlichen Zeitraums mit einem festen Leistungsversprechen von der Stadtverwaltung erledigt und öffentlich dargestellt werden. Die Anwendung ist so für jegliche Standardanfragen ohne rechtlichen Antragscharakter geeignet. Die notwendigen internen Abläufe wurden dabei eng mit den Fachbereichen abgestimmt und bauen auf vorhandenen Arbeitsstrukturen auf. Nach einer Erstsichtung zur Netiquette erfolgt die abschließende Bearbeitung in den Fachbereichen über die webbasierte Anwendung selbst. Der gesamte Ablauf kann so eigenverantwortlich und abschließend in einer Hand bleiben, aber auch ohne weiteren Aufwand und Postlaufzeiten fachbereichsübergreifend abgewickelt werden. Mark-a-Spot unterstützt die medienbruchfreie Sachbearbeitung. Zusätzliche Informationen wie die genaue Ortsbestimmung sowie optional hochladbare Fotos durch die Nutzer helfen, zeitaufwändige Rückfragen oder Recherchen vor Ort zu vermeiden und den Arbeitsumfang für die Außendienstkräfte von Beginn an einzuschätzen. Insgesamt drei bis sechs Prozent aller eingehenden Hinweise betreffen rechtlich nicht die Stadtverwaltung selbst, sondern Gebäude oder Flächen externer Dritter. Auch diese frühzeitige Information vermeidet unnötigen weiteren Bearbeitungsaufwand.
Eine andere Besonderheit der Anwendung ist der Verzicht auf die Abfrage von persönlichen Nutzerinformationen wie Adress- oder Telefondaten. Maßgeblich aus Sicht der Stadt Bonn sind nicht umfangreiche Kontaktinformationen der Bürger, sondern Inhalt und Qualität des Hinweises. In der Praxis haben sich bislang die Abfrage einer gültigen E-Mail-Adresse und optionaler freiwilliger Namensangabe bei der Beitragseingabe bewährt. Bis dato ist keine missbräuchliche Nutzung des Angebots zu verzeichnen. Die Vorteile im Sinne von Open Government liegen in der raschen Nutzerbenachrichtigung und der anonymisierten Veröffentlichung der Arbeitsschritte und Leistungsergebnisse. Neben der zeitnahen Verbesserung der Umfeld- und Infrastruktursituation erhalten die Bürger erstmals Einblick in die alltäglichen und selbstverständlich wahrgenommenen Leistungen.
Fazit
Die Erfahrungen der Stadt Bonn zeigen: Die Einführung von Open Government ist mit einer Verteilung von 30 zu 70 nicht in erster Linie eine technische, sondern eine organisatorische Herausforderung. Der Aufwand lohnt sich aus Sicht der Verwaltung aber: Zusätzlich zur Verbesserung der Arbeitsabläufe und des Serviceangebots kann eine konstruktive Online-Zusammenarbeit mit den Bürgern festgestellt werden. Deshalb ist für die nahe Zukunft eine Erweiterung des Angebots geplant. So soll neben der GeoReporter-App eine mobile Bürgerservice-App auf HTML5-Basis zur Verfügung gestellt werden. Auch ein Ausbau der Kategorien ist für dieses Jahr vorgesehen. Insgesamt ist die Stadt Bonn mit der Einführung zufrieden und wird den Weg zu Open Government weiter beschreiten.
Nina Schröter ist Projektleiterin bei der Firma Zebralog; Sven Hense ist Projektleiter für den Bereich E-Government bei der Stadt Bonn.
http://anliegen.bonn.de
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