Interview:
Gemeinsam voran


[10.2.2015] Wie der Bund die Kommunen bei der Einführung des neuen Personalausweises (nPA) unterstützt, legt Cornelia Rogall-Grothe, Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern und Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, dar.

 Cornelia Rogall-Grothe Frau Staatssekretärin Rogall-Grothe, in zahlreichen Feldtests und Modellprojekten wird an der eID-Funktion des neuen Personalausweises (nPA) gefeilt. Viele Bürger aber lassen sie weiterhin nicht freischalten. Woran liegt das?

Der Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion wird seit vier Jahren ausgegeben. Für eine neue Technologie ist das eine kurze Zeitspanne. Wir haben in dieser Zeit die Erfahrung gemacht, dass die Aktivierung vor allem von drei Faktoren abhängt: von alltagspraktischen Anwendungen, von benutzerfreundlicher Software und von verfügbaren Kartenlesegeräten.

Was unternimmt der Bund, um die Nutzung voranzutreiben?

Der Personalausweis mit eID-Funktion ist heute fest in Regierungsprogrammen und Gesetzen verankert, zum Beispiel im E-Government-Gesetz des Bundes, in der nationalen E-Government-Strategie des IT-Planungsrates, im Regierungsprogramm Digitale Verwaltung 2020 und in der Digitalen Agenda. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir mehr eID-Dienste in der Fläche haben. Dazu haben wir mit der E-Government-Initiative einen Beitrag geleistet, indem wir 52 Behörden bei der Umsetzung von 40 eID-Vorhaben unterstützt haben. Im Dezember 2014 hatten bereits 28 Kooperationsvorhaben den Online-Betrieb ihrer eID-Anwendungen aufgenommen. Außerdem haben wir am 1. November 2014 eine neue Software für die eID-Funktion bereitgestellt. Die AusweisApp2 ist schnell, performant und vom Web-Browser-Typ unabhängig. Anhand der Rückmeldungen sehen wir, dass die verbesserte Nutzerfreundlichkeit gut ankommt.

Wie unterstützt der Bund die Kommunen bei der Einführung?

Viele Menschen kennen die Vorteile der eID-Funktion noch nicht oder können sie nicht bedienen. Das lässt sich mit Wissensvermittlung und überzeugenden Argumenten ändern. Für beides stellen wir Material bereit: Faltblätter, Broschüren, Plakate, Infokarten, Filme und Schulungsunterlagen erläutern die Funktionsweise sowie die Vorteile der eID-Funktion, geben Praxisbeispiele und vermitteln Fachwissen. Mit dem Material können Kommunen eigene Kommunikationsmittel – auch für die Beschäftigten – erstellen. Im Rahmen der E-Government-Initiative wurden zudem Kommunikationsstrategien, Akzeptanz- und Marketing-Konzepte erarbeitet, die viele einfach zu realisierende Ideen für die Informations- und Überzeugungsarbeit beinhalten. Auf dem Personalausweisportal werden zudem 80 Ergebnisdokumente rund um die Vorhaben der E-Government-Initiative bereitgestellt – unter anderem Machbarkeitsstudien, Fachkonzepte, Prozessbeschreibungen, Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen sowie Musteranwendungen. Dieses wertvolle Wissen steht kostenfrei zur Verfügung und kann beispielsweise Behörden dabei unterstützen, vergleichbare eID-Anwendungen bereitzustellen. Zudem wird in Kürze ein Leitfaden für die Integration der Online-Ausweisfunktion veröffentlicht, der die Erkenntnisse der Initiative berücksichtigt.

Wie könnten die Mitarbeiter der Bürgerbüros auf die Frage antworten, wie die eID-Funktion genutzt werden kann?

Ein Personalausweis wird für zehn Jahre ausgestellt. Wer heute meint, seinen Online-Ausweis nirgends einsetzen zu können, wird vielleicht in Kürze Anwendungen finden, die er nutzen möchte. Denn es gibt immer mehr eID-Dienste. Beispielsweise kann jetzt das Führungszeugnis online beim Bundesamt für Justiz (BfJ) bestellt werden. Bei der Deutschen Bahn kann die Bankverbindung für das Lastschriftverfahren im Online-Kundenkonto hinterlegt und eine Fahrkarte deutlich sicherer als ohne Nutzung der Online-Ausweisfunktion bezahlt werden.

„Wir sehen, dass die verbesserte Nutzerfreundlichkeit gut ankommt.“

Warum sollten die Kommunen die Einführung des Personalausweises vorantreiben?

Die Bürger möchten schnell und einfach mit ihrer Behörde kommunizieren und Verwaltungsdienste sicher, verbindlich sowie medienbruchfrei abwickeln. Diese Erwartungshaltung belegt etwa der E-Government-Monitor 2014. Die Online-Ausweisfunktion ist eine Schlüsseltechnologie für die bürgernahe Kommune und ermöglicht deutliche Effizienzsteigerungen. Bayern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen und Berlin stellen zentrale eID-Infrastrukturen bereit, weitere Länder bereiten diese vor. Dadurch sparen Kommunen die Investition in Aufbau und Betrieb eigener Infrastrukturen. Dank der zentralen eID-Strukturen ist die Zahl kommunaler eID-Dienste stark angestiegen.

Mehr Einsatzmöglichkeiten würden die Attraktivität des neuen Personalausweises steigern. Diese könnte die Wirtschaft schaffen. Die Wirtschaft aber greift lieber auf andere Authentifizierungsfunktionen, etwa die Kreditkarte zurück. Welche Vorteile bietet die Online-Ausweisfunktion im Vergleich?

Unternehmen mit eID-Diensten gehen vertrauenswürdig mit Kundendaten um, denn sie verhindern Datenmissbrauch. Die Kunden sehen, welche Daten ausgelesen werden und können sicher sein, dass die Anbieter staatlich geprüft sind. Diese wechselseitige Authentisierung kann das gegenseitige Vertrauen stärken. Zudem erhalten Unternehmen Personendaten in hoher Qualität, auf deren Basis sie ihre Geschäftsprozesse effizienter gestalten können. So werden online bestellte Waren ohne Fehlversuche zugestellt, wenn die Adresse fehlerfrei ausgelesen wird. Bei der Zahlung auf Rechnung kann das Risiko des Zahlungsausfalls verringert werden, wenn etwa die Rechnungsadresse aus der staatlichen eID-Infrastruktur stammt.

Inwiefern erleichtert das E-Government-Gesetz des Bundes den Einsatz der eID-Funktion des Personalausweises?

Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erforderten digitale Verwaltungsdienste in vielen Fällen eine persönliche Unterschrift. Sie konnte zwar durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden, doch waren nur wenige mit deren Verwendung vertraut. Durch das Gesetz können sich die Bürgerinnen und Bürger mit dem Online-Ausweis auch für Verwaltungsleistungen im Internet ausweisen, die bislang ihre persönliche Unterschrift erforderten.

Eine Beobachtung im Rahmen der Ausgabe von Personalausweisen ist ein mangelndes Vertrauen in die Sicherheit der eID-Funktion. Inwiefern wirkt sich die NSA-Affäre auf diese Bedenken aus?

Durch die Geschehnisse rund um das Thema NSA haben wir gelernt, dass uns ein globalisiertes Internet verwundbarer macht. Jetzt gilt es, Vertrauen in die Sicherheit des Internets wieder aufzubauen. Es ist wichtig, den Bürgern zu vermitteln, wie der Online-Ausweis funktioniert und wie gut sie die eID-Funktion im Internet schützt.

Frau Staatssekretärin, wann haben Sie selbst zuletzt die Online-Ausweisfunktion genutzt?

Die neue AusweisApp2 enthält eine Ausweis-Auskunft. Nutzer können sich damit die auf dem Chip gespeicherten Daten ansehen. Das ging zwar auch mit der bisherigen AusweisApp, aber ich wollte die neue Software ausprobieren. Dass die AusweisApp2 besonders nutzerfreundlich ist, kann ich nur bestätigen: Das Online-Ausweisen ist jetzt einfacher und schneller geht es auch.

Interview: Verena Barth

http://www.personalausweisportal.de
http://www.ausweisapp.bund.de
http://www.bmi.bund.de
Dieser Beitrag ist in der Februar-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Digitale Identität, Cornelia Rogall-Grothe, AusweisApp2, BMI

Bildquelle: BPA/Jesco Denzel

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