Aachen:
Kein Selbstläufer


[31.3.2017] Verschiedene Datensätze der Aachener Stadtverwaltung stehen seit einigen Jahren über ein Open-Data-Portal zur Verfügung. Das Thema offene Daten ist jedoch kein Selbstläufer, sondern muss stets neu in Schwung gebracht werden.

Stadt Aachen motiviert zu Open Government. Vorsätze wie Transparenz und Innovation sollen den tradierten Vorstellungen von Verwaltung entgegenwirken. Diesem Paradigmenwechsel wollte sich die Stadt Aachen im Oktober 2014 stellen, als das offizielle Open-Data-Portal feierlich online ging. Dabei folgte die Stadtverwaltung einem politischen Auftrag und konnte sich im Rahmen einer internen Arbeitsgruppe aus Vertretern verschiedener Fachbereiche und des Datenschutzes mit den Chancen und Hürden von Open Data befassen. Die Federführung übernahm das Informations- und Kommunikationsmanagement des Fachbereichs Personal und Organisation der Stadtverwaltung. Hier wurde auch ein Strategiepapier entwickelt, welches später für andere Kommunen als Vorlage dienen sollte.
Die Nutzungsmöglichkeiten von offenen Daten sind vielfältig. Eine Studie im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung mit dem Titel „Open Data. The benefits“ geht von einem wirtschaftlichen Wachstum zwischen knapp zwölf Milliarden Euro pro Jahr (konservative Annahme) und 131 Milliarden Euro pro Jahr aus (optimistische Annahme). Oftmals nicht bekannt oder bewusst ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die offenen Daten bereits vorhanden sind und lediglich nutzbar gemacht werden müssen. Doch was heißt das konkret und ist es wirklich so einfach „offen“ zu werden?

Motivation immer wieder neu wecken

Bei der Stadtverwaltung Aachen ist dies auch nach über zwei Jahren an Erfahrung kein Selbstläufer. Das Interesse und die Motivation an Open Data sind immer wieder neu zu wecken. Dezernent Markus Kremer hat dies kurz nach seinem Amtsantritt bei der Stadtverwaltung Aachen erkannt. Mit der Aufforderung an alle Fachbereiche, geeignete Datensätze zur Verfügung zu stellen, hat er dem Projekt Open Data in Aachen neuen Schwung verliehen.
Mittlerweile steht in Aachen ein breites Angebot an Datensätzen aus den unterschiedlichsten Bereichen zur Verfügung. Was mit diesen in der Weiterverwertung durch externe und interne Nutzergruppen geschieht, weiß die Verwaltung nicht. Gerade das bereitete vielen Mitarbeitern der Stadt am Anfang Bauchschmerzen – aber genau darin liegt einer der Hauptaspekte von Open Data. Die Daten aus öffentlicher Hand gehören nicht der Verwaltung. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und mit dem Erlass des E-Government-Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (EGovG NRW) in Paragraph 16 erste Grundlagen zur Offenlegung geschaffen. Darüber hinaus haben sich Bund und Länder im Oktober 2016 darauf geeinigt, verpflichtende Gesetze zu erlassen, die eine Bereitstellung von standardisierten Daten ermöglichen sollen.

Offene Daten schaffen Synergien

Denn neben neu geschaffenen Informationsmöglichkeiten für die Bürger kann Open Data auch Synergien zwischen Verwaltungen und innerhalb dieser schaffen. Durch die zentrale Ablage von Datenquellen, auf die mehrere Bereiche zugreifen, können personelle und finanzielle Ressourcen eingespart werden. Und auch die Wirtschaft profitiert: Innovationsgeist und ökonomische Impulse fördert Open Data quasi kostenlos. Allerdings muss in diesem Zusammenhang bedacht werden, dass die gewissenhafte Prüfung jedes Datensatzes, die Schaffung von automatisierten Schnittstellen und die konstante Bereitstellung der entsprechenden Portalumgebung Ressourcen kostet. Ganz umsonst ist Open Data also nicht. Und welchen direkt messbaren Nutzen eine Kommune aus offenen Daten ziehen kann, ist ungewiss und wird kontrovers diskutiert.
Open Data wird in diesem Zusammenhang auch als „Abfallprodukt“ deklariert. Jedoch basieren auf diesem Abfallprodukt bereits jetzt Geschäftslösungen wie zum Beispiel die intelligente Grundschuleinzugsplanung der Firma Idalab aus Berlin. Auf Basis von Daten wird hier ein interaktives Dashboard zur flexiblen Planung von Grundschulbezirken zur Verfügung gestellt. Die handschriftlichen Listen, Tabellen und Karten, die noch in vielen Verwaltungen genutzt werden, könnten damit entfallen.
Voraussetzung ist die Einhaltung festgelegter Standards, um die Datensätze verwendbar zu machen. Rein technologisch fiel in Aachen die Entscheidung auf CKAN, eine Open-Source-Lösung, die weltweit eingesetzt wird. Auch bezüglich der Metadatenstandards, der Beschreibungen der Daten, orientiert sich die Stadt an allgemein geltenden Vorgaben, die zum Start des Aachener Portals erst rudimentär vorhanden waren und im Laufe der Zeit durch den engagierten Einsatz der Mitstreiter im gesamten Bundesgebiet immer differenzierter ausgestaltet wurden.

Öffnung in alle Richtungen

Neben dem sukzessiven Ausbau des Aachener Portals um weitere Datensätze – hier wurden Anregungen der Fachbereiche ebenso genutzt wie Impulse aus nationalen Open-Data-Initiativen – wurden die Versprechungen des Strategiepapiers gehalten und kleinere Kommunen im Umkreis zur Teilnahme motiviert. Die Stadt Aachen bietet diesen Starthilfe an und lässt sie an ihren Erfahrungen und dem technischen Know-how teilhaben. Die Stadt Stolberg, die Gemeinde Roetgen und bald auch die Städteregion Aachen machen mit. Damit gelingt es Open Data, einen Zusammenschluss zu schaffen, der ein Ziel vor Augen hat: Die Nutzungsbedingungen so niedrig wie nötig und die Nutzbarkeit durch Standards so hoch wie möglich auszugestalten.
Der Kerngedanke dieser Öffnung in alle Richtungen ist folglich, dass die Daten des regionalen Portals auch im Landesportal und im Bundesportal zu finden sind. Ein großes Netzwerk und ein hoher Verbreitungsgrad der Daten ist wichtig. Offen für die Region heißt auch, die Datenbestände, die geeignet sind, unabhängig von Strukturen und Hierarchien als Informationsschätze zu heben.
Zudem arbeitet die Stadt Aachen an einer Möglichkeit, Visualisierungswerkzeuge zu implementieren, um weitere Nutzergruppen zu erschließen. Diese Darstellungen könnten dem Datenvergleich dienen und den Zugang für eine breite Bevölkerungsschicht öffnen. Geplant ist, zunächst die auf der städtischen Website veröffentlichte Tabelle der Geschwindigkeitskontrollen des städtischen Ordnungsamts optisch darzubieten. Visualisierungen, auch mit geografischem Bezug, und die parallele Bereitstellung von Rohdatensätzen sollen damit künftig eine breitere Verfügungsbasis darstellen.

Open Data auch über Grenzen

Ein weiterer Schritt steht mit der Kontaktaufnahme in die benachbarte Grenzregion an. Ziel ist es, Open Data global zu denken und Datenbestände auch über Landesgrenzen hinweg anzubieten. Daneben wird aktuell der Gedanke des Community Building vorangetrieben: Um direkt den Bedarf der möglichen Entwickler zu erfahren, sehen es die Verantwortlichen als erforderlich an, bei Initiativen mitzuwirken, die Datenbereitsteller und -nutzer zusammenbringen. So hat die Stadt Aachen beispielsweise an einem App-Wettbewerb der RWTH Aachen teilgenommen. Hier wurden den verschiedenen Teams Daten unterschiedlicher Partner wie etwa den Aachener Verkehrsunternehmen auf einer Plattform zur Verfügung gestellt. Die Idee einer smarten Parklösung, die den Wettbewerb gewonnen hat, wird nun durch die Stadt Aachen genutzt und unterstützt.

Andra Mainz ist Mitarbeiterin, Norbert Dödtmann ist Leiter der Abteilung Informations- und Kommunikationsmanagement im Fachbereich Personal und Organisation der Stadt Aachen.

http://offenedaten.aachen.de
Dieser Beitrag ist in der April-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt Open Data erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.  (Deep Link)

Stichwörter: Open Government, Open Data, Aachen

Bildquelle: Susanne Pauqué/Presseamt der Stadt Aachen

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