Bauwesen:
Essen baut online


[29.1.2019] Ein elektronisches Baugenehmigungsverfahren beschleunigt in Essen die Kommunikation zwischen Bauherren, Anliegern, Planern und Verwaltung. In Zukunft wird der gesamte Genehmigungsprozess medienbruchfrei und damit deutlich effizienter umgesetzt.

Stadt Essen setzt auf den neuen Standard XBau 2.0. Für die Bearbeitung von Baugenehmigungsverfahren nutzt die Stadt Essen im Amt für Stadtplanung und Bauordnung die Software ProBAUG von Anbieter Prosoz Herten. Das Verfahren wird derzeit um die erforderlichen E-Government-Funktionalitäten erweitert, die für eine Online-Beantragung notwendig sind. Zu diesem Zweck arbeitet die Stadtverwaltung im Projekt Baugenehmigung Online (BG-Online) mit dem Essener Systemhaus (ESH) und dem Unternehmen cit an der Digitalisierung des Verfahrens. Als eines der ersten Projekte bundesweit setzt die Stadt Essen dabei auf den neuen Standard XBau 2.0 für den Austausch von Informationen zwischen den verschiedenen Systemen. Das soll die Zukunftsfähigkeit der Lösung sicherstellen und dafür sorgen, dass Synergien schneller genutzt werden können.
Der aktuelle Bearbeitungsprozess der eingehenden Bauanträge ist zum größten Teil noch analog. Sowohl die Anträge und Plan­unterlagen als auch die Dokumente für die verfahrensbegleitenden Abstimmungsprozesse werden zu Stellungnahmen und Mitzeichnungen klassisch in Papierform in der Verwaltung weitergereicht. Nach Abschluss des Bearbeitungsprozesses werden die Papierunterlagen dauerhaft in den Hausakten archiviert. Ziel des Projekts BG-Online ist es, den kompletten Antragsprozess – vom Eingang der Antrags- und Planunterlagen bis zur Dauerarchivierung – medienbruchfrei auf eine rein elektronische Vorgangsbearbeitung mit ausschließlich digitalen Unterlagen umzustellen.

Zukunftsweisende Entscheidung

Zukunftsweisend hat die Stadt Essen entschieden, das Vorhaben unter Berücksichtigung des XÖV-Standards XBau 2.0 umzusetzen. Dabei handelt es sich um einen XML-basierten Standard für den Datenaustausch der Bauaufsichtsbehörden mit ihren Kommunikationspartnern. Dazu gehören aufseiten des Bauherrn beispielsweise Architekten, Prüfsachverständige und Fachplaner, in der Verwaltung verschiedene Ämter und als dritte Gruppe Fachbehörden. Der Standard wurde im Herbst 2017 vom IT-Planungsrat verbindlich verabschiedet. Daher war klar, dass jede Lösung für die Baugenehmigung-Online, die den XBau-2.0-Standard nicht vollumfänglich nutzen würde, unweigerlich in eine Sackgasse mit Mehrkosten und mangelnder Effizienz führen würde.
Unter Verwendung von XBau als Kommunikationsstandard können alle beteiligten Fachverfahren und Software-Systeme einfach gekoppelt werden. Die entsprechenden Fachbehörden in der Stadt Essen werden damit in die Lage versetzt, ihre Prozesse ämterübergreifend und medienbruchfrei auszuführen. Das hat erhebliche Effizienzgewinne zur Folge und beschleunigt den Entscheidungsprozess: Vom Antragsteller eingehende XBau-konforme Daten und Unterlagen können bei Prüfungen der Bauaufsicht sofort einbezogen werden. An Dritte im Prozess können Daten maßgeschneidert geliefert werden. Fachbehörden, die von der Bauaufsicht zur Stellungnahme beteiligt werden, profitieren ihrerseits, weil sie effizienter mit der Bauaufsicht zusammenarbeiten können. Auch wenn das Projekt-Team auf die Verabschiedung und Ausgestaltung des Standards warten musste, zahlt sich die Verzögerung nun aus. Die neue Lösung konnte so von Beginn an auf den neuen Standard des IT-Planungsrats und der Bauministerkonferenz hin konzipiert werden.

Rechtliche, organisatorische und technische Grundlagen

Um die vielfältigen Anforderungen an BG-Online vor der Umsetzung gründlich zu analysieren, wurden drei Arbeitsgruppen – für Organisation, Recht und Technik – mit der Erarbeitung der Grundlagen beauftragt. Die AG Recht beleuchtete zum Beispiel die Rechtsgrundlagen für Anforderungen hinsichtlich der Form, der technischen Ausführung sowie der Funktionalität und konnte so etwa Maßnahmen zur Erfüllung von Schriftformerfordernissen für die zu realisierende Lösung und das Projekt ableiten. Die AG Organisation musste als erste Aufgabe den Kreis der Akteure (Rollen) auf der neuen Plattform definieren, die Anwendungsfälle verfeinern, Prozesse identifizieren sowie Artefakte wie Formulare und Bescheide mit Blick auf die Ergebnisse der AG Recht bewerten. In der AG Technik wiederum wurde die gesamte technische Planung vorgenommen. Dazu gehörte die Konzeption der Komponenten, Schnittstellen und Kommunikationsbeziehungen des Gesamtsystems unter Berücksichtigung der Anforderungen an einen effizienten IT-Betrieb und die Sicherheit der Konzeption. Dabei wurde XBau 2.0 als technische Schnittstelle genutzt.

Datenschutz per Design

Das Baugenehmigungsverfahren zeichnet sich durch besonders viele verwaltungsinterne sowie externe Beteiligte aus und erfordert somit eine intensive Kommunikation und einen umfassenden Datenaustausch zwischen den Akteuren. Durch die Verwendung von XBau 2.0 konnte das Projekt-Team auf vordefinierte Strukturen – so genannte Nachrichten – zurückgreifen, die den Umfang der zu liefernden Daten bestimmen. Zudem konnte das Team durch eine übergreifende Dokumentation der Sollprozesse die Abläufe und Systemübergänge im Vorfeld analysieren und effektiv mit den beteiligten Umsetzungspartnern abstimmen.
Wie in der AG Recht erarbeitet, stellen Schriftformerfordernisse, die durch die jeweiligen Rechtsgrundlagen festgelegt werden, eine erhebliche Herausforderung dar und erfordern umfangreiche Überlegungen, um die Praktikabilität und Benutzbarkeit und somit auch die spätere Akzeptanz des elektronischen Verfahrens zu erhalten. Das neue BG-Online wird eine direkte Registrierung am Verfahren mit eigenhändiger Unterschrift oder über das Servicekonto.NRW mit der eID-Funktion des Personalausweises erlauben. Der Erfüllung der Schriftform wird durch die Eröffnung eines geschlossenen Verfahrens (§3a Verwaltungsverfahrensgesetz NRW) unter Verwendung einer hochauthentifizierten Registrierung und der erneuten Personenverifizierung bei Antragsabgabe (§18 Personalausweisgesetz), welche die Unmittelbarkeit zur Abgabe der Willenserklärung gewährleistet, Rechnung getragen. Ebenso empfiehlt es sich, dem Ansatz Datenschutz per Design zu folgen: Von Anfang an wurden Belange des Datenschutzes adressiert und klar formuliert. Insbesondere wurden das Impressum, die Datenschutzerklärung sowie die Nutzungsbedingungen im Vorfeld mit den zuständigen Stellen geklärt. So konnte sich die technische Umsetzung bereits im Design an den Ergebnissen der Abstimmung orientieren.

Start in die Pilotphase

Aktuell arbeitet das Projekt-Team an der Integration von BG-Online in das städtische Netzwerk und an der Entwicklung der Prozesse im Fachverfahren. Für das Jahr 2019 ist zunächst eine interne Testphase angesetzt, die dann in eine Pilotphase mit Anträgen ausgewählter Antragsteller übergeht. Als wichtiges Fazit aus diesem Leuchtturmprojekt für XBau 2.0 kann bereits jetzt allen Kommunen die umfassende Nutzung des Standards empfohlen werden, da dieser nicht nur die Zukunftsfähigkeit der Lösung sichert. Er erhöht auch die Flexibilität in der Nutzung verschiedener Systeme bei den unterschiedlichen Akteuren und steigert darüber hinaus die Effizienz in der Projektumsetzung.

Thilo Schuster ist geschäftsführender Gesellschafter der cit GmbH, Dettingen unter Teck; Ralf Zientkowski ist Leiter des Projekts Baugenehmigung Online im Amt für Stadtplanung und Bauordnung der Stadt Essen.

Weitere Informationen zum Standard XBau (Deep Link)
http://www.essen.de
http://www.cit.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar 2019 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Fachverfahren, Prosoz Herten, cit, Bauwesen, Essen, XBau 2.0

Bildquelle: Peter Prengel/Stadt Essen

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