Bad Rappenau:
Türöffner ECM


[27.5.2019] In Bad Rappenau ebnet ein Enterprise-Content-Management-System den Weg in die digitale Vorgangsbearbeitung. Bislang wurden unter anderem das Einwohnerwesen, die Kasse, die Liegenschaftsverwaltung und das Vergabewesen um die E-Akte-Funktionalität ergänzt.

Bad Rappenau: Fachverfahren werden um die E-Akte ergänzt. Nach fast vier Jahren Einsatz eines Enterprise-Content-Management-Systems (ECM) ist in der baden-württembergischen Kurstadt Bad Rappenau bereits eine Vielzahl an Fachverfahren um die E-Akte ergänzt worden. Über die Fachverfahren nähert sich die Stadtverwaltung auch dem Thema allgemeine Schriftgutverwaltung mit elektronischem Aktenplan.
Rund 40 Fachverfahren zählt Michael Grubbe, Leiter der IuK-Abteilung in Bad Rappenau, in allen Abteilungen der Verwaltung. Deren eigene Inselarchivsysteme wurden in den vergangenen Jahren sukzessive durch die verfahrensübergreifende ECM-Lösung d.3ecm des Anbieters d.velop ersetzt.

Schlüsselverfahren der Zukunft

„Ein ECM-System ist für uns das Schlüsselverfahren der Zukunft und eines der neuen neu­ralgischen Systeme, gerade vor dem Hintergrund der bevorstehenden elektronischen Aktenführung nach E-Government-Gesetz“, erklärt Michael Grubbe. An allen 120 Arbeitsplätzen der Stadtverwaltung Bad Rappenau soll die Lösung bald im Einsatz sein, ein Großteil davon ist bereits angebunden.
Das Einwohnerfachverfahren MESO und das Finanz-Management-System Finanz+ gehörten zu den ersten Anwendungen, die Bad Rappenau mit der E-Akte-Funktionalität ausstattete. Für sie – wie für alle weiteren in der Kommune eingesetzten Fachverfahren – brachte der d.velop-Implementierungspartner codia bereits fertige Schnittstellen mit. So startete das ECM-Projekt in der Kämmerei mit der Belegarchivierung für das Kassensystem. In der Stadtkasse werden die Belege nach ihrer Freizeichnung digitalisiert, im Archiv abgelegt und dem Vorgang in Finanz+ zugeordnet. Anschließend kamen das Einwohnermeldewesen im Ordnungsamt sowie die Kämmerei mit Einrichtung einer elek­tronischen Steuerakte an die Reihe.

E-Akte für Liegenschaften und Vergabe

Intensiv arbeiten auch die Kollegen in der Liegenschaftsverwaltung mit einer Liegenschaftsakte auf Basis des ECM-Systems. Sie wurde vom Projektpartner eigens eingerichtet und umfasst Kauf und Pachtverträge, Nachweise über Nutzungsrechte auf Grundstücke sowie Dienstbarkeiten – also den gesamten Schriftverkehr zu einem Grundstück, allerdings keine Daten aus dem Geo-Informationssystem (GIS). Mit Einführung Ende 2017 wurden sämtliche vorliegenden Dokumente digitalisiert. Die abgeschlossenen Fälle sind in einer Art Altakte abgelegt; was zum Stichtag in Bearbeitung war, ist im ECM-System zu finden. Vorteil: Alles Wichtige befindet sich nun an zen­traler Stelle und erlaubt schnelle Recherchen. Im ECM-System arbeitet die Abteilung mit standardisierten Vorgaben und Aktenzeichen des baden-württembergischen Aktenplans, in den das System komplett eingebunden ist.
Bei der Vergabeakte war die Testphase bis Ende 2018 abgeschlossen, seitdem wird auch diese E-Akte in Bad Rappenau produktiv genutzt. Jede Fachabteilung legt ihre Vergabeunterlagen und das Leistungsverzeichnis seitdem in der digitalen Akte ab. Die Vergabestelle greift dort auf diese zu, lädt sie auf die elektronische Vergabeplattform der Kommune und speichert umgekehrt die auf der Plattform eingereichten Angebote in der Akte. Bei der Vergabeakte hilft ebenfalls der Aktenplan, denn ein Vergabeverfahren ist stets zweigeteilt: Die Vergabestelle führt das Verfahren organisatorisch und formal durch und muss hierfür mit den einzelnen Fachbereichen zusammenarbeiten, welche den fachlichen Teil, die Leistungsverzeichnisse, liefern. Die Vergabestelle muss alles einsehen können, die Abteilungen nur die sie betreffenden Dokumente. Dies lässt sich hervorragend über Aktenzeichen regeln. Bei der Liegenschafts- sowie der Vergabeakte ist das ECM-System das Front End, anders als in Bereichen wie Einwohnermeldewesen oder Ordnungswidrigkeiten, wo die Anwender mit dem Fachverfahren als führender Anwendung arbeiten.

Umstellung auf die E-Rechnung

Ebenfalls realisiert wurde in Bad Rappenau die Belegerfassung von Rechnungen. Mit der Archivierung der Rechnungseingänge will die Verwaltung allerdings erst starten, nachdem das Haushaltswesen im Jahr 2020 auf die Doppik umgestellt wurde. Dann wird sich die Kurstadt auch verstärkt dem Thema E-Rechnung zuwenden. Michael Grubbe ist sich darüber im Klaren, dass mit Einführung der E-Rechnung auch die Organisation komplett umgestellt werden muss. Die Herausforderung sei hier weniger technischer Natur als vielmehr die, dass der bisher fest definierte Papierweg mit Stempel, Prüfung der rechnerischen Richtigkeit per Handsignatur, Rechnungserfassung und Anordnung erst einmal elek­tronisch kanalisiert werden müsse. „Das Rathaus ist ja nicht der einzige Empfänger“, meint Grubbe. „Auch Schulen und Kindergärten erhalten Rechnungen, die dann an uns übermittelt werden müssen. Dies zu kommunizieren und die elektronischen Wege dafür zu bereiten, ist die Herausforderung.“

Einstieg über die Hintertür

Die Strategie in Bad Rappenau ist klar: In die digitale Vorgangsbearbeitung einsteigen, indem man das ECM-System „über die Hintertür“ einführt und bei den Fachanwendungen startet – dort, wo die Fallakte das Arbeiten erleichtert. Michael Grubbe: „Die Arbeit mit der E-Akte bedeutet für uns, dass jeder im Sinne einer bürgerfreundlichen und effizienten Verwaltung schnellen Zugriff auf Informationen hat.“ Später dann die Sachaktenbearbeitung mit Aktenplan anzuschließen, ist für den IT-Leiter der konsequente weitere Schritt, quasi die Krönung. Ihr nähern sich die Bad Rappenauer bei der ECM-Abdeckung von Monat zu Monat mehr.

Frank Zscheile ist freier Journalist in München.

https://www.badrappenau.de
https://www.codia.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Mai 2019 von Kommune21 im Schwerpunkt Dokumenten-Management erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.  (Deep Link)

Stichwörter: Dokumenten-Management, codia, E-Akte, Bad Rappenau, d.velop

Bildquelle: Uwe Grün

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