Mecklenburg-Vorpommern:
Kritik an Digitalisierungsbestrebungen


[16.5.2019] Die Digitalisierungsbestrebungen treffen in Mecklenburg-Vorpommern auf Kritik: Dem Land fehle eine Gesamtstrategie, rechtliche Voraussetzungen seien nicht erfüllt, und die Regierung beschaffe anfällige Software für die Ministerien.

In Mecklenburg-Vorpommern stehen die Digitalisierungsbestrebungen der Landesregierung in der Kritik. Wie die Ostsee-Zeitung in ihrer Online-Ausgabe berichtet, hat die Landesregierung 440 Lizenzen des Betriebssystems Windows 10 angeschafft. Der Landesrechnungshof habe „erhebliche Zweifel, ob Datenschutz und Informationssicherheit gewährleistet werden können“, sagt Präsidentin Martina Johannsen. Selbst dann, wenn „erhebliche Kosten“ für Sicherheit aufgewendet werden. Denn Hersteller Microsoft lasse Nutzerdaten in die USA übertragen, was „im Betriebssystem nicht vollständig abgeschaltet werden“ könne.
Diese Bedenken teilt Digitalisierungsminister Christian Pegel laut der Ostsee-Zeitung nicht: Der IT-Dienstleister der Regierung, das Datenverarbeitungszentrum Mecklenburg-Vorpommern (DVZ), sichere ab, „dass eine Übermittlung von Daten an Microsoft und Server außerhalb der EU nicht stattfindet“, so seine Sprecherin. Das Landesnetz sei sicher. Johannsen kontert: „Die von der DVZ angebotenen Lösungen werden den Anforderungen an Datenschutz und IT-Sicherheit nicht gerecht.“
Kritik erntet Pegel laut dem Bericht der Ostsee-Zeitung auch, weil ein Masterplan für die Digitalisierung fehle. „Wir müssen 20 Jahre Rückstand aufholen“, sagt David Wulff, Generalsekretär der Landes-FDP und Inhaber einer Software-Firma. Er fordert ein eigenes Ministerium und „eine ernsthafte Strategie“ rund um das Thema Digitalisierung. Das Sicherheitssystem des Landes sei „offen wie ein Scheunentor“. Auch der Rechnungshof erkenne „keine konsistente IT-Strategie“, beklagt Johannsen in der Ostsee-Zeitung. „Es hapert an vielen Stellen.“ Als Beispiele werden die Umsetzung von Onlinezugangsgesetz und elektronischer Rechnungslegung genannt, für die es an gesetzlichen Regeln fehle. Das MV-Serviceportal, über das Bürger ab Juni Verwaltungsleistungen online erledigen können, sei „eine Mogelpackung“. Nur neun von fast 600 Anwendungen sollen zunächst verfügbar sein. Johannsen moniert auch, dass die Regierung ihrem Dienstleister DVZ faktisch ausgeliefert sei. Steuerung gebe es nicht.
Pegel lässt die Kritik als „ungerechtfertigt“ zurückweisen. Er hat gerade eine Zwischenbilanz der „Digitalen Agenda“ gezogen (wir berichteten). Der Glasfaserausbau laufe landesweit, das MV-Serviceportal und das erste von sechs geplanten Innovationszentren zur Unterstützung von Firmen sollen im Juni starten.
Viel zu wenig, heißt es vonseiten der Opposition. Wie in der Ostsee-Zeitung weiter zu lesen ist, fürchtet der Städte- und Gemeindetag gar, dass Mecklenburg-Vorpommern bei der Digitalisierung der Verwaltung Schlusslicht wird. Es fehle an Koordination, so Geschäftsführer Andreas Wellmann. Kritiker unterstellen, dass jedes Ministerium vor sich hin digitalisiere. Wie viele Lizenzen von Windows 10 gekauft wurden, musste Pegel erst überall erfragen lassen, heißt es in der Ostsee-Zeitung abschließend. (ba)

Zum Bericht in der Ostsee-Zeitung vom 13. Mai 2019 (Deep Link)

Stichwörter: Politik, Mecklenburg-Vorpommern, Datenverarbeitungszentrum Mecklenburg-Vorpommern (DVZ), Christian Pegel, Martina Johannsen, Rechnungshof



Druckversion    PDF     Link mailen


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Politik
Thüringen: E-Government-Gesetz wird novelliert
[18.4.2024] Das Landeskabinett Thüringen hat die Novellierung des E-Government-Gesetzes beschlossen. Die interkommunale Zusammenarbeit soll gestärkt und die Abkehr von dem Schriftformerfordernis erleichtert werden – wichtige Schritte, um digitale Verwaltungsleistungen künftig flächendeckend anbieten zu können. mehr...
Eine Novelle des Thüringer E-Government-Gesetzes soll dazu beitragen, dass digitale Verwaltungsleistungen schneller in die Fläche kommen.
Chief Digital Officer: Mädchen für alles Bericht
[9.4.2024] Immer mehr Kommunen richten die Stelle eines Chief Digital Officer (CDO) ein, um für die digitale Transformation gerüstet zu sein und sie voranzutreiben. Angesiedelt zwischen Leitungs- und Umsetzungsebene, verlangt der Posten unterschiedliche Geschicke. mehr...
CDOs sind oft mit einer Fülle an Aufgaben konfrontiert.
NKR: One-Stop-Shop für Sozialleistungen
[3.4.2024] Um im Bereich der Sozialleistungen den Aufwand für Behörden und Leistungsberechtigte deutlich zu reduzieren, ist mehr Mut zur Digitalisierung nötig, so der Nationale Normenkontrollrat. Gefordert sei etwa ein One-Stop-Shop für alle Sozialleistungen. mehr...
OZG 2.0: Zentralisierung als Hemmnis oder Chance?
[28.3.2024] Wie wird das Scheitern des OZG-Änderungsgesetzes im Bundesrat eingeordnet? Während Schleswig-Holstein die Novelle aufgrund der entstandenen Belastungen für Länder und Kommunen klar ablehnt, sprachen Thüringen und der Bitkom von der Bedeutung der dort verankerten zentralen Lösungen und Standards für die Verwaltungsdigitalisierung. mehr...
Wie geht es jetzt weiter mit OZG 2.0 und der Digitalisierung der Verwaltung?
Baden-Württemberg: Koordiniertes E-Government
[28.3.2024] Baden-Württemberg fördert seine E-Government-Koordinatorinnen und -Koordinatoren weiter – zunächst bis Ende Juni 2025. Die ingesamt 38 Koordinatorinnen und Koordinatoren unterstützen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden bei der Verwaltungsdigitalisierung und fördern die Vernetzung zwischen den Kommunen. mehr...
Suchen...

 Anzeige

 Anzeige

 Anzeige



Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Aktuelle Meldungen