[28.9.2020] Die Berliner Bezirksämter nutzen ein neues Modul der VOIS-Plattform. Es führt Daten aus dem Ausländerfachverfahren und Meldewesen zusammen und erleichtert so die Datenübertragung, etwa auf die Karte zum elektronischen Aufenthaltstitel (eAT).
Seit Jahren übertragen die Berliner Bürgerämter die Daten zum Aufenthalt von in Berlin lebenden Ausländern in neue Dokumente – ein Prozess, der in einem völlig unabhängig vom Meldewesen agierenden Verfahren abgewickelt wird. Jetzt wollten und sollten die Stadt und die Berliner Bezirke den bestehenden Aufenthalt – wie in der Ausländerbehörde selbst – auch auf die Karte zum elektronischen Aufenthaltstitel (eAT) übertragen. Dazu wird in den Bürgerämtern seit März 2020 mit VOIS|ADVIS ein weiteres Modul der VOIS-Plattform eingesetzt.
VOIS|ADVIS realisiert die Übertragung eines in Berlin erteilten Aufenthaltstitels. Ein vergleichbarer Prozess findet im Bürgeramt bei der Ausstellung von Personalausweisen statt. Die Idee dahinter ist also erprobt und erweist sich als wirkungsvoll. Insofern war es naheliegend, auch die Sachbearbeitung für die Übertragung auf die eAT-Karte per VOIS-Prozess zu erleichtern. Um die ausländerrechtlichen Daten abzufragen und zu prüfen, wird eine Schnittstelle zum Ausländerfachverfahren der Stadt genutzt. Die Personendaten, insbesondere die, welche die Identität der Person betreffen, kommen direkt aus dem Meldewesen.
Adäquat handeln
Das Ausländerfachverfahren der Stadt Berlin führt die Sachfahndung beim Ausländerzentralregister (AZR) durch. Ergibt die Sachfahndung einen Treffer in den europäischen Prüfbeständen, wird der Prozess abgebrochen. Die Sachbearbeitung wird über das Ergebnis informiert und kann in Absprache mit der Ausländerbehörde adäquat handeln. Damit wird garantiert, dass kein Dokument unrechtmäßig oder ungeprüft bestellt oder ausgehändigt wird. Auch stellt diese Verbindung sicher, dass ein Dokument die in den Registern befindlichen korrekten aktuellen Daten beinhaltet. Auf der anderen Seite ist für den Bürger das Once-only-Prinzip erfüllt.
Bei der Bearbeitung des Aufenthalts handelt es sich um die zentrale Funktion im Ausländerfachverfahren. Insofern ist in und mit Berlin ein sehr guter und effektiver Start von VOIS|ADVIS gelungen. Bevor das neue Modul aber in allen Bezirksämtern der deutschen Hauptstadt – der größten Ausländerbehörde hierzulande – an den Start ging, ist ihr Einsatz ein halbes Jahr lang mit den beteiligten Berliner Stellen abgestimmt, zielgenau entwickelt und umfangreich getestet worden. Insbesondere die vertrieblichen Versprechen stellten eine Herausforderung dar. Behördenmitarbeiter sollten demnach schnell vor Ort eingearbeitet werden, die Anwendung mit einer einheitlichen Oberfläche und identischer intuitiver Bedienung innerhalb des Verfahrens ausgestattet sein. Es musste dafür der Spagat gelingen, sowohl Altbewährtes als auch Innovatives stets zu bedenken und wenn möglich zu verknüpfen. Hier kamen dem Unternehmen HSH, Entwickler der VOIS-Plattform, und dem VOIS-Entwicklungspartner Kommunix ihre langjährigen Erfahrungen rund um maßgeschneiderte Fachverfahren zugute. Hilfreich war auch, dass Meldewesen und Ausländerwesen verfahrenstechnisch ähnlich sind. Zudem arbeiten die beiden Unternehmen schon seit vielen Jahren bei den notwendigen Schnittstellen für ihre Kunden erfolgreich zusammen. Bereits mit dem Kommunix-Verfahren zu Terminverwaltung und Besucher-Management VOIS|TEVIS konnten sie wertvolle Erkenntnisse für die VOIS-Entwicklung sammeln. Dieses vielfach nachgefragte Verfahren wurde mit seinem Online-Modul gerade rechtzeitig für die unerwarteten Herausforderungen der Corona-Krise bereitgestellt.
Bewährte Aspekte
In den kommenden zwei Jahren wollen HSH und Kommunix ihre fast 30-jährige Erfahrung im Ausländerwesen erneut bündeln und ein neues Ausländerfachverfahren in Anbindung an die VOIS-Plattform entwickeln. Bewährte Aspekte aus den bestehenden Verfahren sollen übernommen und um innovative Funktionalitäten ergänzt werden. Die neue Software ist mit dem VOIS-Partnerkonzept im weitesten Sinne eine Open-Source-Lösung. Von der Neuentwicklung erhoffen sich auch die Nutzer der Classic-Verfahren eine bessere Wartbarkeit sowie höhere Flexibilität beim Einsatz neuer Technologien. Nicht zuletzt sind Barrierefreiheit und eine deutlich komfortablere und intuitivere Bedienbarkeit der Software gewünscht.
Sowohl im Meldewesen als auch im Ausländerwesen sind die standardisierten Schnittstellen über XMeld und XAusländer seit Jahren erfolgreich erprobt und umgesetzt. Kommunix und HSH haben in den entsprechenden X-Gremien mit hoher Kompetenz mitgewirkt und so einen transparenten, schnellen und sicheren Datenaustausch zwischen zahlreichen Behörden und unterschiedlichsten Fachverfahren ermöglicht. Auf das Ausländerwesen warten aber auch in Zukunft Herausforderungen. Die Flüchtlingssituation 2015/2016 hat auf allen Ebenen Defizite und Schwierigkeiten insbesondere in Abstimmungsfragen zutage gebracht. Die dezentralen Register hätten vielfach schneller und unbürokratischer Statistikdaten zur Verfügung stellen können. Diesbezüglich sind konstruktive Vorschläge zur Optimierung vorhanden und werden gerne in die Entwicklung eingebracht.
Die Anforderungsvielfalt in den Ausländerbehörden stellt einen besonderen Anspruch an die Software dar und ist gleichzeitig eine große Inspiration. Dass mithilfe entsprechender IT-Lösungen die spezifischen Belange einer Behörde berücksichtigt und die unterschiedlichen politischen Sichtweisen der jeweiligen Verwaltungen und Verwaltungshierarchien flexibel umgesetzt werden können, hat sich gerade in der Corona-Krise als hilfreiches Instrument bewährt.
Renate Bunten ist Geschäftsführerin der Kommunix GmbH.
https://www.berlin.deDieser Beitrag ist in der Ausgabe September 2020 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder abonnieren. (Deep Link)
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