[3.12.2020] Städte und Gemeinden erkennen Nachholbedarf, investieren in digitale Infrastruktur und Lösungen und planen mit steigenden Digital-Budgets für 2021. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Bitkom und des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) zur Digitalisierung der Kommunen in der Corona-Krise.
Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung in den Städten und Gemeinden hierzulande kräftig angeschoben. Die Mehrheit sieht in der Pandemie einen Digitalisierungstreiber, hat in Reaktion auf die Krise bereits neue Digitalisierungsprojekte verwirklicht und will das Digital-Budget für 2021 teilweise kräftig erhöhen. Das sind die zentralen Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von Bürgermeistern und Digitalisierungsverantwortlichen in mehr als 600 Kommunen, die der Digitalverband Bitkom und der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) in Auftrag gegeben haben. Demnach erwarten neun von zehn Kommunen (88 Prozent), dass die Corona-Krise die Digitalisierung in Städten und Gemeinden vorantreiben wird. Dass digitale Technologien und Anwendungen in Zeiten der Pandemie stark zur Aufrechterhaltung des Amtsbetriebs beitragen, sagen laut Bitkom drei Viertel (77 Prozent). Für die Digitalisierung wolle die Mehrheit künftig mehr Geld bereitstellen. Gut die Hälfte (54 Prozent) plane, das Digital-Budget für 2021 zu erhöhen. Ein Drittel (34 Prozent) rechne mit einem konstant bleibenden Budget, lediglich ein Prozent wolle das Budget kürzen.
Stark gefordert
Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds erklärt: „Während der Corona-Pandemie waren und sind die Städte und Gemeinden extrem stark gefordert. Besonders die Gesundheitsämter und die Ordnungsbehörden stehen unter Druck. Aber die Kommunen haben bewiesen, dass sie handlungsfähig sind. Die kommunale Selbstverwaltung hat sich bewährt. Während der ersten Phase der Pandemie haben digitale Technologien maßgeblich dazu beigetragen, dass die Kommunen ihren Betrieb aufrechterhalten konnten. Der Nutzen und die Vorteile von Digitalisierung sind in der Krise deutlich geworden. Nun muss es nach der Krise gelingen, die Digitalisierung in Deutschland weiter nach vorne zu bringen. Dafür brauchen wir auch die Unterstützung aus Bund und Ländern, um in die digitale Zukunft investieren zu können.“
Weder Spielerei noch Luxus
„Die Corona-Krise hat gezeigt, was plötzlich alles geht, wenn es nur muss“, berichtet Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Bitkom. „Was zuvor kaum möglich schien, wurde von heute auf morgen Wirklichkeit. Viele Städte und Gemeinden legten den Schalter auf Digitales Rathaus um. Das lief nicht immer reibungslos, aber die Erkenntnis war überall gleich: Die Digitalisierung ist weder Spielerei noch Luxus, sondern ein Pflichtprogramm für den gesamten öffentlichen Sektor. Während das öffentliche Leben in vielen Bereichen brachliegt, können Kommunen handlungsfähig bleiben – und das mit mehr Effizienz, Erfolg und zur größeren Zufriedenheit aller. Corona hat insofern auch die Versäumnisse der vergangenen Jahre offengelegt. Genau jetzt ist der Moment, den Schwung mitzunehmen, weiter Tempo zu machen und alle Städte und Gemeinden in die digitale Welt zu bringen.“
Investitionen im Zuge der Krise
Die Digitalisierung wird laut den Ergebnissen der Studie in den Städten und Gemeinden fast ausschließlich als Chance (96 Prozent) statt als Risiko (1 Prozent) gesehen. Zugleich zähle die Bewältigung der digitalen Transformation für jede dritte Kommune (31 Prozent) zu den aktuell größten Herausforderungen neben der Corona-Pandemie. Noch häufiger genannt würden allein die Finanzsituation (68 Prozent) und soziale Themen wie Wohnen (39 Prozent) und Kinderbetreuung (34 Prozent). Auf einer Ebene mit der Digitalisierung liege die Demografie (32 Prozent). Sechs von zehn Kommunen (61 Prozent) würden sich bei der Digitalisierung eher als Nachzügler sehen, während sich drei von zehn eine Vorreiterrolle zuschreiben (29 Prozent). Sieben Prozent geben an, den Anschluss an die Digitalisierung verpasst zu haben.
Strategie kein Thema
Im Zuge der Corona-Pandemie hat mehr als die Hälfte (53 Prozent) in Technologie wie Hardware oder Software investiert, setzt dies gerade um oder plant dies zumindest. Wie der Digitalverband Bitkom informiert, stehen in vielen Kommunen auch die Digitalisierung von Prozessen (44 Prozent) auf der Agenda, etwa die elektronische Aktenführung und digitale Ratsarbeit, sowie die Digitalisierung von Diensten für Bürger und Unternehmen (35 Prozent), wie zum Beispiel Online-Anträge. Eine zentrale Digitalstrategie würden derzeit allerdings lediglich 8 Prozent der Kommunen verfolgen, 13 Prozent zumindest in einzelnen Sektoren. Die Mehrheit (56 Prozent) habe keine Digitalstrategie, entwickle eine solche aber aktuell zentral (33 Prozent) oder sektoral (23 Prozent). Jede fünfte Kommune (20 Prozent) habe keine Digitalstrategie und erkenne darin auch kein Thema – das betreffe vor allem Kommunen mit weniger als 5.000 Einwohnern (24 Prozent).
Fehlende Finanzmittel
Hemmnisse bei der digitalen Transformation sehen die Kommunen laut der Studie vor allem in fehlenden Finanzmitteln (75 Prozent) und fehlendem Know-how (58 Prozent). In der Verwaltung mangle es häufig an digitalen Kompetenzen. Knapp die Hälfte der Kommunen (47 Prozent) gebe an, dass nur wenige Mitarbeiter über gute Kenntnisse im Umgang mit digitalen Werkzeugen wie Videokonferenzen und Dokumenten-Management-System verfügen. 4 Prozent würden sogar sagen, dass das auf nahezu keinen Mitarbeiter zutrifft. In 20 Prozent der Kommunen habe etwa die Hälfte gute Kenntnisse, in weiteren 21 Prozent treffe das auf die meisten zu und in 6 Prozent verfügen nahezu alle Mitarbeiter über hohe Digitalkompetenz. Um die Digitalisierung voranzubringen, erhoffen sich die Kommunen von der Politik vor allem Unterstützung bei der finanziellen Ausstattung (85 Prozent) und durch einheitliche Vorgaben und Standards (76 Prozent). Vier von zehn (43 Prozent) wünschen sich eine fachliche Beratung. Eher weniger gefragt seien gute Praxisbeispiele (30 Prozent) und die Vernetzung von Akteuren (22 Prozent).
Wenige führen elektronische Akten
Nachholbedarf gebe es in allen Bereichen – ob bei der Digitalisierung von Infrastruktur, Prozessen, Transparenz oder Dienstleistungen. Verwaltung (75 Prozent), IT-Infrastruktur und Datensicherheit (71 Prozent) sowie Datenplattformen oder Daten-Management (48 Prozent) würden am häufigsten genannt, wenn es um notwendige Digital-Investitionen geht. Bislang kaum digitalisiert seien vor allem Verwaltungsprozesse, wie E-Rechnung (20 Prozent), E-Akte (16 Prozent) und E-Payment (16 Prozent). Ein Einsatz dieser Technologien werde bei der Mehrheit der Kommunen geplant oder zumindest diskutiert (E-Rechnung: 64 Prozent; E-Akte: 61 Prozent; E-Payment: 51 Prozent). Auch die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen sei bislang kaum vorangeschritten, etwa die Möglichkeit von Online-Anträgen (19 Prozent), die Einrichtung eines Online-Verwaltungsportals (16 Prozent) oder einer Bürger-App (12 Prozent). Solche digitalen Services würden allerdings mehrheitlich geplant oder diskutiert (Online-Anträge: 62 Prozent; Online-Verwaltungsportal: 59 Prozent; Bürger-App: 56 Prozent).
Homeoffice ausgeschlossen
Beim Thema Homeoffice sind die Kommunen hingegen gespalten, teilt Bitkom mit. Während die eine Hälfte (50 Prozent) für zumindest einen Teil der kommunal Beschäftigten, deren Tätigkeit dafür geeignet sei, Homeoffice anbiete, schließe das die andere Hälfte (50 Prozent) kategorisch aus. Daran werde sich nach Angaben der Kommunen auch in Zukunft wenig ändern. Zwar würden vier von zehn (41 Prozent) in der Zeit nach der Pandemie mehr Homeoffice anbieten wollen, beziehungsweise die Regelung flexibler gestalten. Dem stehen aber 37 Prozent gegenüber, die grundsätzlich kein Homeoffice anbieten wollen. Jede zehnte Kommune beabsichtige an der bisherigen Regelung festhalten. Gegen Homeoffice spreche aus Sicht der Städte und Gemeinden vor allem die fehlende technische Ausstattung (40 Prozent).
Bedenken bei Datenschutz
Bei den am häufigsten genannten Gründen folgen dahinter nahezu gleichauf fehlende Finanzmittel für notwendige Investitionen (24 Prozent), die Befürchtung schlechterer Arbeitsabläufe und ‑ergebnisse (21 Prozent), Bedenken bei Datenschutz und Datensicherheit (21 Prozent) sowie Mangel an technischem Know-how (20 Prozent).
Die Angaben basieren laut dem Digitalverband Bitkom auf einer Online-Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom und des Deutschen Städte- und Gemeindebunds von Ende August bis Anfang November 2020 durchgeführt hat. Befragt worden seien Bürgermeister und Digitalisierungsverantwortliche von 623 Städten und Gemeinden. Die Umfrage sei repräsentativ für die Kommunen in Deutschland.
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