[11.12.2020] Die Diskussion um Open Source Software und digitale Souveränität nimmt auch im kommunalen Bereich Fahrt auf. KGSt und Vitako stellten in einem Webinar die Vorteile und Erfahrungen vor.
Digitale Souveränität, die Selbstbestimmung im Digitalen, ist ganz oben auf der politischen Agenda angelangt. Erst kürzlich beim Digital-Gipfel der Bundesregierung (
wir berichteten) ging es um die Frage, wie Digitalisierung mit Nachhaltigkeit und Souveränität einhergeht. In dieser Woche haben die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) und die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der kommunalen IT-Dienstleister, Vitako ein Webinar veranstaltet, das Open Source Software (OSS) unter dem Aspekt digitaler Souveränität beleuchtete. Strategisch geht es darum, die Abhängigkeiten in der IT von großen, meist US-amerikanischen Software-Anbietern zu reduzieren. Projekte wie das Cloud-Vorhaben Gaia-X, aber beispielsweise auch die Datenschutz-Grundverordnung stehen Pate für mehr Unabhängigkeit.
OSS sukzessive einführen
Auch Open-Source-Software gehört in diese Reihe. In einem Eckpunktepapier des IT-Planungsrats zählt der vermehrte OSS-Einsatz zu den wichtigen Bausteinen zur Stärkung der digitalen Souveränität. Eine Umfrage von KGSt, Deutschem Städtetag und Vitako zu Open Source in Kommunen (
wir berichteten) hatte hier bereits Anfang 2020 die Abhängigkeit von einzelnen Software-Anbietern augenfällig gemacht und als Lösung OSS vorgeschlagen. Verwaltungen sollen sukzessive in die Lage versetzt werden, mit OSS umgehen zu können. Die Vorteile: freie Benutzung, Einsicht in den Quellcode, Weiterverbreitung des Codes und seine beliebige Veränderung, was die meisten Open-Source-Lizenzen erlauben.
Vorreiter sammeln Erfahrungen
Erfahrungen gibt es einige. Vorreiter Schleswig-Holstein hatte schon im Jahr 2018 eine Open-Source-Strategie verkündet und will bis 2025 seine Software-Infrastruktur „weitestmöglich“ auf Open Source umstellen. IT-Dienstleister Dataport hat mit Phoenix (
wir berichteten) eine „Alternative zu marktbeherrschenden Anbietern“ im Angebot. Phoenix ist eine webbasierte Kollaborationsplattform, die prinzipiell alle Eigenschaften von Microsoft Teams bietet – nur eben quelloffen. Kontakte, E-Mail, Kalender, Datenablage und Sharing, eine komplette Dokumentenverarbeitung sowie Videoconferencing und Messaging umfasst das Phoenix-Paket. Auch die Stadt Bonn hat ihre Server mit Linux, Docker und Apache ausgestattet. Fachverfahren wie das Baumkataster, die Fördermitteldatenbank und die Schulbezirkszuweisung laufen ebenfalls auf OSS. Videokonferenzen werden in der rheinischen Metropole mit Jitsi und das Rats-TV mit Opencast durchgeführt.
In den Kommunen Kompetenzen aufbauen
Dass OSS kostenfrei oder von geringerer Qualität und Usability ist, gehört zu den Mythen. Nicht von der Hand zu weisen sind allerdings einige Herausforderungen, die mit Open Source Software einhergehen. Insbesondere der Support durch die Community wird oft als unverlässlich dargestellt. Hier gilt es laut Heiko Zeller von Dataport, eigene Kompetenzen aufzubauen, um Kommunen professionell zu beraten und eine Integration von Open-Source-Lösungen in bestehende Dienste zu gewährleisten. Ein gutes Beispiel für interkommunale Zusammenarbeit im Bereich Open Source ist der re@di-Verbund (regional-digital) der Städte Baden-Baden, Bruchsal, Bühl, Rastatt und weiterer Kommunen (
wir berichteten). In Bühl ist im Verlauf der Corona-Krise Palim-Palim entstanden, ein städtisches Videokonferenzsystem, das auf der Open Source Software Jitsi Meet basiert und für alle Bürger kostenfrei als Web-Angebot zur Verfügung steht. Per Browser lassen sich beliebig virtuelle Konferenzräume zur Videoübertragung eröffnen. Bruchsal ist diesem Beispiel gefolgt und bietet den gleichen Service an. IT-Leiter Alexander Gabriel sagte auf dem Webinar, Open Source sei „keine Raketenwissenschaft“, es bedürfe vor allem Engagement.
Helmut Merschmann
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