Interview:
München treibt die Digitalisierung voran


[12.5.2021] Die Stadt München hat im März ihren zweiten Digitalisierungsbericht vorgestellt. Chief Digital Officer Thomas Bönig gibt im Interview einen Überblick, welche Maßnahmen die bayerische Landeshauptstadt 2020 und 2021 vorrangig im Blick hat und welche Fortschritte bislang erzielt wurden.

Münchens CDO Thomas Bönig Herr Bönig, bereits im vergangenen Jahr gab es eine erste Standortbestimmung zur Digitalisierung Münchens. Nun wurde am 17. März 2021 der zweite Digitalisierungsbericht vorgelegt. Wo steht München aktuell bei der Umsetzung der Digitalisierungs­strategie?

Das Jahr 2020 war geprägt durch die Herausforderungen der Corona-Pandemie. Trotz oder gerade wegen dieser besonderen Situation wurde die Digitalisierung in unserer Stadt intensiv vorangetrieben. Und das auf allen Ebenen. So galt es, das Online-Angebot der Verwaltung schnell zu optimieren. Auch mussten unsere Beschäftigten die Möglichkeit bekommen, digital zu arbeiten. An vielen anderen Stellen wurde über Referatsgrenzen hinweg mit Hochdruck an verschiedenen Maßnahmen gearbeitet. Corona hat also in gewisser Weise die Digitalisierung Münchens beschleunigt. Der Digitalisierungsbericht München für 2020 und 2021 zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind.

Wie schätzen Sie den Digitalisierungs­grad Münchens als Behörde ein?

Für die Stadtverwaltung wurde pandemiebedingt kurzfristig das Arbeiten im Homeoffice möglich gemacht. Nun werden die Ad-hoc-Lösungen für Online-Besprechungen und Fernzugriffe auf städtische Daten und Anwendungen so ausgebaut, dass die Arbeit im Homeoffice auch auf Dauer eine echte Alternative darstellt. Dazu sind allerdings nicht nur Kommunikationswerkzeuge und Netzzugänge notwendig, sondern auch der digitale Zugriff auf Akten, Dokumente und die Arbeit in digitalen Prozessen. Die stadtweite Einführung der E-Akte stellt daher eine unverzichtbare Voraussetzung dar. Ihre Einführung für 2021 und Folgejahre wird nun vorbereitet. Insgesamt hat sich gezeigt, wie leistungsfähig die IT unserer Stadt ist und wie schnell reagiert werden kann. Klar gibt es noch viel zu tun, aber der Digitali­sierungsbericht München zeigt, dass wir auch im Vergleich zu anderen Kommunen auf den vorderen Plätzen stehen.

Was gibt es Neues aus den Kernbereichen Stadtgesellschaft und Infrastruktur zu berichten?

Die Pandemie hat nochmals deutlich gezeigt, wie wichtig die digitale Verwaltung ist. Wir haben daher die Anstrengungen für mehr und vor allem einfach zu bedienende sowie medienbruchfreie Online-Services verstärkt. Damit die Stadtgesellschaft online auf Informationen und Dienste der Verwaltung zugreifen kann, wird mit dem Projekt „München Portal der Zukunft“ an der nutzungsorientierten Weiter­entwicklung der Online-Präsenz gearbeitet. Es geht aber auch darum, gemeinsam innovative Lösungen zu entwickeln. Das Munich Urban Colab ist hier ein gutes Beispiel. Auch die Erarbeitung eines Konzepts für zielgruppenorientierte Schulungs- und Bildungsmaßnahmen im Bereich Digitalkompetenz ist wichtig. Auf unserem Blog www.muenchen.digital betreiben wir dazu seit Längerem die Serie #ExplainIT, die Begriffe rund um die Digitalisierung erklärt. Besonders freue ich mich auf die WerkSTADT, die in Kürze zu mehr Partizipation rund um die Digitalisierung einlädt. Voraussetzung für die Nutzung aktueller digitaler Informationen und Angebote ist Infrastruktur in Form von breitbandigen Internet-Zugängen. Wir arbeiten daher weiter an der Bereitstellung von öffentlichem (M-)WLAN. Außerdem stellen Daten eine zentrale Grundlage für die Digitalisierung von Arbeitsprozessen und Services dar. Auch in der Stadtverwaltung sollen Entscheidungen künftig auf möglichst hochwertige Daten gegründet werden. Bereits heute bietet der Digitale Zwilling München hier viele Möglichkeiten. Mit der Erarbeitung einer Datenstrategie für München wird der Rahmen dafür gesetzt, dass notwendige Daten in hoher Aktualität und Qualität vorliegen und sicher und bewusst mit offenen und geschlossenen Daten umgegangen wird.

„Eine der größten Herausforderungen der Digitalisierung ist der damit verbundene Kulturwandel in der gesamten Organisation.“

Neben den stadtweiten Maß­nahmen der Digitalisierungs­strategie wird auch in den Fachbereichen der Referate und Eigenbetriebe intensiv an der digitalen Transformation gearbeitet. Wie ging es hier voran?

In der Tat wurden und werden auch in den Fachbereichen viele Digitalisierungs­maßnahmen angegangen. Ich kann hier nur einige Beispiele nennen: Im Bildungs­bereich mussten mit geeigneter Hard- und Software in kurzer Zeit die Voraus­setzungen für digitalen Unterricht geschaffen werden. Zudem wurden und werden die städtischen Schulen und Kinder­tageseinrichtungen aktuell mit schnellen Netzzugängen ausgestattet. Auch der Kulturbereich hat viele Maßnahmen umgesetzt, etwa um Kulturgüter online zugänglich zu machen. Außerdem können verschiedene Förderangebote für die Wirtschaft oder im Bildungsbereich nun online beantragt werden. In vielen weiteren Fachbereichen, etwa im Baubereich, beim digitalen Facility Management, im Infektionsschutz oder im Sozialbereich wurden zahlreiche Digitalisierungslösungen entwickelt und in Betrieb genommen. Zwei Themen möchte ich herausgreifen: Die digitalen Finanzprozesse im Projekt digital/4finance und die Digitalisierung des Personal-Managements im Programm neoHR. Beide werden die Stadtverwaltung massiv verändern und Auswirkungen auf Bürgerinnen und Bürger sowie die Stadtgesellschaft haben – spätestens im Finanzverkehr mit der Landeshauptstadt München.

Welche Themen und He­rausforderungen stehen in diesem Jahr an?

Die Bereitstellung von nutzungsorientierten Online-Diensten, die Einführung der elektronischen Aktenführung und die Modernisierung der Online-Präsenz unserer Stadt wird uns auch 2021 gut beschäftigen. Darüber hinaus hat der Stadtrat die Fortschreibung der Digitalisierungsstrategie beschlossen und uns beauftragt, auch zu den neuen und erweiterten strategischen Prinzipien Nachhaltigkeit, digitale Souveränität und Gleichstellung, Inklusion, Diskriminierungs- und Barrierefreiheit geeignete Maßnahmen umzusetzen. Eine der größten Herausforderungen der Digitalisierung ist aber der damit verbundene, erhebliche Kulturwandel in der gesamten Organisation. Die Digitalisierung ist keine einmalige Angelegenheit, die umgesetzt und damit abgeschlossen werden kann. Sie wird München kontinuierlich mit technischen Neuerungen und in der Folge mit Änderungen unserer Arbeitsumgebung begleiten. Selbst Arbeitsbereiche, die bislang durch eine hohe Kontinuität und Stabilität gekennzeichnet waren, werden durch neue digitale Arbeitsmittel und -prozesse verändert. Das stellt die Mitarbeitenden der Landeshauptstadt München vor Herausforderungen und kann Grund für Ängste und Widerstände sein. Wir sind gefordert, unsere Kolleginnen und Kollegen sowie Beschäftigten in dieser Situation zu unterstützen, sie bei der Gestaltung des Wandels einzubinden, Risiken früh zu erkennen und gemeinsam zu bewältigen.

Abschließend ein persönliches Statement: Was ist für Sie das Highlight des Digitalisierungsberichts München 2020 / 2021?

Mir geht es gar nicht so sehr darum, hier eine konkrete Maßnahme herauszustellen. Viel wichtiger ist es, das Motto unserer Digitalisierungsstrategie #MuenchenDigitalErleben ernst zu nehmen: Digitalisierung für die Menschen betreiben und nicht zum Selbstzweck. Neben dem Digitalisierungsradar, der unsere Strategie „lesbar“ macht, ist der Digitalisierungsbericht München wichtig, um die dafür erforderliche Transparenz herzustellen und auf dieser Basis miteinander ins Gespräch zu kommen. Daher freue ich mich, dass der Bericht vielen Menschen einen transparenten Einblick in unsere Arbeit gibt und möchte Beschäftigte und die Stadtgesellschaft einladen, uns ihre Gedanken, Wünsche und Erwartungen zur Digitalisierung in München mitzuteilen. Deshalb die Bitte: Kommen Sie mit dem Hashtag #MuenchenDigitalErleben mit uns auf Twitter, LinkedIn oder Instagram ins Gespräch.

Interview: Dr. Stefan Döring, Autor und verantwortlicher Admin für das Digitalportal München

https://muenchen.digital/rit-blog
Der Digitalisierungsbericht 2020/2021 zum Download (Deep Link)

Stichwörter: Politik, München, Thomas Bönig

Bildquelle: Landeshauptstadt München

Druckversion    PDF     Link mailen




 Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Politik
Sachsen: Strategie zur Verwaltungsdigitalisierung
[1.12.2023] In Sachsen hat das Kabinett eine umfassende Strategie für die digitale Transformation der Verwaltung verabschiedet. Diese nimmt die künftige Ausgestaltung der digitalen Leistungen, aber auch die Mitarbeitenden und übergeordnete Themen wie digitale Souveränität in den Blick. mehr...
In Sachsen hat das Kabinett eine umfassende Strategie für die digitale Transformation der Verwaltung verabschiedet.
Hessen: Verwaltungsdigitalisierung muss in den Fokus
[29.11.2023] Digitalisierungsverantwortliche aus Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt fordern, das Thema Digitalisierung zu einem Arbeitsschwerpunkt der kommenden hessischen Regierung zu machen. Um Kommunen stärker zu unterstützen, seien Kollaborationsplattformen und für die Digitalisierung gebundene Mittel notwendig. mehr...
Serie Barrierefreie IT: Digitale Teilhabe sichern Bericht
[27.11.2023] Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass die uneingeschränkte Verfügbarkeit und Zugänglichkeit zur Informationstechnik für alle Menschen gewährleistet wird. In einer neuen Kommune21-Serie wird gezeigt, wie das gelingen kann. mehr...
Barrierefreie IT schließt niemanden aus.
Digital-Gipfel 2023: BMI beleuchtet Digitalisierung der Verwaltung
[24.11.2023] Der Digital-Gipfel der Bundesregierung gilt als zentrale Austauschplattform zu Themen und Herausforderungen der digitalen Transformation. Das BMI war – gemeinsam mit der Initiative D21 – bei vielen Sessions beteiligt und nahm besonders die Verwaltungsdigitalisierung in den Fokus. mehr...
Das BMI war mit Sessions rund um Themen der digitalen Verwaltung und digitalen Gesellschaft auf dem Digital-Gipfel 2023 vertreten.
Digital-Gipfel 2023: KI als Schlüsseltechnologie
[23.11.2023] Anfang dieser Woche fand der von BMWK und BMDV ausgerichtete 16. Digital-Gipfel der Bundesregierung in Jena statt. Ein wichtiger Schwerpunkt lag auf Künstlicher Intelligenz und deren Rolle bei der Bewältigung gegenwärtiger Herausforderungen. mehr...
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz war beim 16. Digital-Gipfel der Bundesregierung in Jena präsent.
Weitere FirmennewsAnzeige

EU-Richtlinie 2016/2102: So funktioniert barrierearme Rechnungsverarbeitung
[22.8.2023] Einen barrierearmen Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen zu gewährleisten, dazu sind öffentliche Stellen in Deutschland und der EU seit 2019 verpflichtet. Was bedeutet dies für die Verarbeitung eingehender Rechnungen in SAP? Sind Dokumentenprozesse überhaupt betroffen? mehr...

Stadt Essen nutzt Eingangsrechnungsworkflow der xSuite im großen Stil: Sichere Planung durch Rechnungsworkflow
[23.3.2023] Essen ist eine moderne Wirtschafts-, Handels- und Dienstleistungsmetropole im Herzen des Ruhrgebiets. Sie ist Konzernzentrale, zum Beispiel für RWE AG, Evonik Industries AG, E.ON Ruhrgas AG, GALERIA Karstadt Kaufhof GmbH und Hochtief AG. Die Messe Essen ist etabliert unter den Top-Ten der deutschen Messeplätze. Was viele Besucher angesichts der modernen Essener Skyline verblüfft: Die Geschichte der Stadt ist älter als die Berlins, Dresdens oder Münchens. Essen feierte im Jahr 2002 das 1150-jährige Jubiläum von Stift und Stadt Essen. mehr...
Suchen...

 Anzeige



Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
IT-Guide PlusCC e-gov GmbH
20097 Hamburg
CC e-gov GmbH
PDV GmbH
99097 Erfurt
PDV GmbH
ITEBO GmbH
49074 Osnabrück
ITEBO GmbH
DATEV eG
90429 Nürnberg
DATEV eG
GISA GmbH
06112 Halle (Saale)
GISA GmbH
Aktuelle Meldungen