Registermodernisierung:
Steuer-ID ins Register


[17.6.2021] Die Modernisierung der öffentlichen Register ist eine elementare Voraussetzung für die gesamte zukünftige, digital basierte Verwaltung. Doch wie können die mit dem Gesetz angepeilten Ziele praktisch und vor allem technisch umgesetzt werden?

Die Steuer-ID in die Register zu heben, wird mitunter zum Kraftakt. Kaum ein Gesetz, das im Laufe der vergangenen zwölf Monate Bundestag und Bundesrat passierte, hat so viele Diskussionen hervorgerufen wie das Registermodernisierungsgesetz (ReMoG). Das betrifft sowohl die Öffentlichkeit als auch das parlamentarische Vorspiel zu diesem Gesetz. Im Kern der Diskus­sion stand dabei die Vereinbarkeit des Gesetzes mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus den frühen 1980er-Jahren. Nahezu 40 Jahre später ist klar, dass sich die Welt stark verändert hat und es sicher angesagt ist, die neue Welt und die Grundgedanken des damaligen Urteils in Einklang zu bringen. Das ist aber die Aufgabe der Juristen. Von nicht minderer Bedeutung ist, wie die mit dem Gesetz angepeilten Ziele praktisch, vor allem technisch, umgesetzt werden können. Mit dem RegMoG soll es möglich werden, Verwaltungsdaten sicher und datenschutzkonform der richtigen Person zuzuordnen. Als veränderungsfestes Ordnungsmerkmal dient die Steueridentifikationsnummer (Steuer-ID). Der Grundgedanke des Gesetzes ist es, ein verwaltungsinternes, registerübergreifendes Identitätsmanagement mit maximaler Transparenz (Datencockpit) zu schaffen.

Gemeinsamer Hintergrund

Verschiedentlich wird die Regis­termodernisierung als Folge oder als Parallelprozess des Onlinezugangsgesetzes (OZG) gesehen. Das ist zu kurz gegriffen. Der gemeinsame Hintergrund, sowohl für die Registermodernisierung als auch für das OZG, muss eine moderne Verwaltung mit effektiven Strukturen und effizienten Abläufen sein. Die dafür notwendige Verwaltungsmodernisierung ist leider nicht mit dem gleichen Engagement vorangetrieben worden, wie das OZG. Deshalb ist es auch nicht zielführend, die Registermodernisierung nur als Unterstützung für das OZG zu sehen. Vielmehr ist sie eine elementare Voraussetzung für die gesamte zukünftige Verwaltung, die Online-Lösung eingeschlossen.
Wenn in diesem Zusammenhang von einem registerübergreifenden Identitätsmanagement gesprochen wird, muss klar sein, dass dieses Identitätsmanagement und die notwendige digitale Identität des Bürgers zwei grundlegend verschiedene Dinge sind. Das Identitätsmanagement verbindet die einzelnen Verwaltungssegmente miteinander, die digitale Identität verbindet den Online-Bürger mit der Verwaltung. Für eine einfache und geradlinige Umsetzung des Once-Only-Prinzips sind beide Themen zwingend erforderlich. Die digitale Identität, um dem Bürger quasi Einlass in die Verwaltung zu gewähren und das Identitätsmanagement, um den durch den Bürger ausgelösten Vorgang umfassend und verwaltungs­übergreifend bearbeiten zu können.

Einen Schritt weiter gehen

Für den Bürger sieht das Gesetz das Datencockpit vor, denn es soll für ihn verifizierbar sein, in welchen Fällen mit der Identifikationsnummer Daten übermittelt wurden. Vielleicht müsste man im Interesse des Bürgers sogar noch einen Schritt weitergehen. Zukünftig sollte automatisch jede Nutzung der Steuer-ID protokolliert werden. Dies muss nicht Bestandteil des Datencockpits sein, eine solche Protokollierung wäre ausreichend für verwaltungsinterne Prüfzwecke.
Doch bevor über irgendeine Nutzung der Steuer-ID nachgedacht werden kann, muss die Nummer in alle Register aufgenommen werden. Dieser Schritt ist viel aufwendiger als derzeit prognostiziert. So hat etwa das Personenstandsregis­ter nicht zur Aufgabe, aktuelle Daten zu führen. Ein Abgleich der Basisdaten wird somit nur schwer oder mit hohem Aufwand möglich sein. Es gibt auch Register, die nicht zwingend (rechtlich definiert) eine permanente Aktualisierung der gespeicherten Registerdaten vornehmen. Dies dürfte im Adressbereich und im Bereich der Namensänderung zu unmittelbaren Problemen führen.

Nicht genau genug

All diese Schwierigkeiten sind sofort behoben, wenn die Identifikationsnummer in den Registern eingetragen ist. Dann können die Basisdaten über die Steuer-ID und das Geburtsdatum der Person bei der Registermodernisierungsbehörde gemäß RegMoG §6, Absatz 3.2 abgerufen werden. Aber Voraussetzung ist eben, dass die Identifikationsnummer in den verschiedenen Registern enthalten ist. Dazu soll die Abfrage nach §6, Absatz 3.1 genutzt werden, wonach Familienname, Wohnort, Postleitzahl und Geburtsdatum für eine Abfrage erforderlich sind. Alle Erfahrungen zeigen jedoch, dass diese Abfrage nicht genau genug ist.
Somit lautet die zentrale Frage, wie die Identifikationsnummer in die einzelnen Register gelangt. Dazu ist zunächst deren jeweilige Datenqualität zu prüfen. Sind die notwendigen Daten für eine Abfrage bei der Regis­termodernisierungsbehörde oder bei der Meldebehörde überhaupt vorhanden? Was passiert, wenn dem nicht der Fall ist? Sind die Daten innerhalb des Registers in sich schlüssig?

Tiefenprüfung erforderlich

Im VOIS-Projekt des Software-Unternehmens HSH wurden solche Verfahrensweisen bereits vorgedacht. Denn die Erfahrung zeigt, dass es durch Schreibfehler in der Vergangenheit, durch nicht aktualisierte Daten oder andere Missverständnisse (etwa Parallel- oder Mehrfacherfassung) immer wieder erforderlich ist, eine Tiefenprüfung von Einzelfällen vorzunehmen. Aufgrund dieser Erfahrungen ist klar, dass ein rein automatisierter Prozess zur Eintragung der Identifikationsnummer nicht möglich ist. In jeder registerführenden Stelle wird es zu einem manuellen Aufwand kommen, der nur schwer einzuschätzen ist, jedoch in jedem Fall höher liegt als vom Gesetz erwartet.

Komplexe Abfrage

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Registermodernisierung ist das bereits erwähnte Datencockpit. Die dafür notwendigen Protokolle müssen an den einzelnen Registern erstellt werden. Dies macht eine Abfrage durch das Cockpit sehr komplex. Es ist gegebenenfalls zu prüfen, ob nicht ein Protokollregister auf jeder Verwaltungsebene zweckmäßig sein könnte, sodass es in einer Kommunalverwaltung nur eine relevante Datenquelle für Abfragen gibt. Das sollte die Geschwindigkeit und die Komplexität einer Cockpit­abfrage wesentlich verbessern.
Es ist unstrittig, dass in einer modernen Verwaltung die Ämter und Behörden untereinander vernetzt sein müssen. Das erwartet der Bürger als Kunde der Verwaltung und als Steuerzahler – eine effiziente, an den Bedürfnissen des Bürgers orientierte Verwaltung. Nicht zuletzt verlangen dies auch die Mitarbeiter der Verwaltung, denn auch sie wollen moderne Arbeitsmittel und -prozesse für ihre Tätigkeit nutzen. Es gilt: Alles in allem ist das Regis­termodernisierungsgesetz ein wichtiger praktischer Schritt hin zu einer modernen Verwaltung.

Stephan Hauber ist Geschäftsführer der HSH Soft- und Hardware Vertriebs GmbH, Ahrensfelde.

https://www.hsh-berlin.com
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juni 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Politik, HSH, ReMoG, Steuer-ID

Bildquelle: Pavlo Syvak / 123rf.com

Druckversion    PDF     Link mailen


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Politik
OZG 2.0: Zentralisierung als Hemmnis oder Chance?
[28.3.2024] Wie wird das Scheitern des OZG-Änderungsgesetzes im Bundesrat eingeordnet? Während Schleswig-Holstein die Novelle aufgrund der entstandenen Belastungen für Länder und Kommunen klar ablehnt, sprachen Thüringen und der Bitkom von der Bedeutung der dort verankerten zentralen Lösungen und Standards für die Verwaltungsdigitalisierung. mehr...
Wie geht es jetzt weiter mit OZG 2.0 und der Digitalisierung der Verwaltung?
Baden-Württemberg: Koordiniertes E-Government
[28.3.2024] Baden-Württemberg fördert seine E-Government-Koordinatorinnen und -Koordinatoren weiter – zunächst bis Ende Juni 2025. Die ingesamt 38 Koordinatorinnen und Koordinatoren unterstützen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden bei der Verwaltungsdigitalisierung und fördern die Vernetzung zwischen den Kommunen. mehr...
GovTech Start-ups: Wo ein Markt, da ein Start-up Bericht
[6.3.2024] Start-up-Unternehmen mischen bei der Digitalisierung von Staat und Verwaltung kräftig mit – innovativ und zunehmend erfolgreich. Eine neue Kommune21-Serie stellt GovTechs vor, die in verschiedenen Bereichen für den öffentlichen Sektor aktiv sind. mehr...
GovTech-Firmen starten durch.
Onlinezugangsgesetz: Bundestag beschließt OZG 2.0
[26.2.2024] Der Deutsche Bundestag hat das neue Onlinezugangsgesetz verabschiedet. Es ermöglicht eine nutzerfreundliche und vollständig digitale Abwicklung von Verwaltungsverfahren, die Einführung eines zentralen Bürgerkontos und die Abschaffung der Papierform bei Anträgen. mehr...
Bundesinnenministeriun Nancy Faeser: OZG 2.0 ist ein wichtiger Schritt für ein digitales Deutschland.
Märkischer Kreis: Digital mit Strategie
[22.2.2024] Der Märkische Kreis hat eine Digitalisierungsstrategie beschlossen. Hilfe gab es vom Beratungsunternehmen PD, das dem Digitalisierungsvorhaben im Kreis ein gutes Zeugnis ausstellte. Der Angriff auf den Dienstleister SIT wirkt nach. mehr...
Suchen...

 Anzeige



Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
brain-SCC GmbH
06217 Merseburg
brain-SCC GmbH
Telecomputer GmbH
10829 Berlin
Telecomputer GmbH
cit GmbH
73265 Dettingen/Teck
cit GmbH
comundus regisafe GmbH
71332 Waiblingen
comundus regisafe GmbH
Aktuelle Meldungen