Formular-Management:
Drei Wege zum OZG


[24.6.2021] Mit hohem Zeitdruck arbeiten die Kommunalverwaltungen an der OZG-Umsetzung. Die Länder sind gefordert, sie zu unterstützen. Dabei zeichnen sich drei Ansätze ab: der Universalantrag, die Vereinfachung und eine Fertigungsstraße für Online-Anwendungen.

Auf Landesebene kristallisieren sich drei Wege zur Unterstützung der Kommunen heraus. Knapp 600 Verwaltungsleis­tungen sollen dank Onlinezugangsgesetz (OZG) bis Ende 2022 online zur Verfügung stehen. Allen Beteiligten ist klar, dass die Kommunen dieser Herausforderung nur mit Hilfe und mit möglichst vielen Synergien gerecht werden können. Auf Landesebene werden deshalb verschiedene Konzepte zur Unterstützung verfolgt. Drei tun sich besonders hervor.
Der erste dieser Ansätze ist die Bereitstellung eines Universal­antrags, der beliebige Anliegen formlos entgegennimmt. Auf den ersten Blick ein Geniestreich, denn es braucht dafür keine dedizierte Anwendung, sondern lediglich ein universelles Kontaktformular. Über den Zuständigkeits­finder können die Antragstellenden herausfinden, welche Unterlagen sie für ihr jeweiliges Anliegen bei der Behörde einreichen müssen und hängen diese Dokumente einfach an das Kontaktformular an.

Bekannte Erschwernis

Doch die Sache hat einen Haken. Denn diese vermeintliche Freiheit ist wenig bürgerfreundlich und ­enorm fehlerträchtig. Die Bürger erhalten weder Unterstützung dabei, im Dschungel aus Formularen das richtige zu finden, noch darin, das benötigte Dokument korrekt und vollständig auszufüllen. Eine bekannte Erschwernis, da der­artige PDF-Formulare im Allgemeinen eher unübersichtlich und unter Umständen auch sehr umfangreich sind.
Da beim Absenden des Universal­antrags keine Prüfung der eingereich­ten Unterlagen erfolgt – falls überhaupt Unterlagen angehängt werden – muss die Sachbearbeiterin oder der Sachbearbeiter dem Antragstellenden vor der Bearbeitung zunächst die korrekten Unterlagen zuweisen, Hinweise zum Ausfüllen geben oder Unterlagen anfordern. Der Universalantrag ist somit zwar auf den ersten Blick verlockend, bietet jedoch kaum Aufwandsersparnis für die Behörden. Auch für die Antragstellenden ist diese Vorgehensweise unbefriedigend. Weil sie bei der Suche nach den geforderten Antragsformularen und dem Ausfüllen nicht begleitet und unterstützt werden, führt der Vorgang eher zu Frust und Demotivation. Umso mehr noch, wenn wiederholt Austauschbedarf zwischen Bürger und Behörde entsteht, weil Unterlagen fehlen oder etwas nicht korrekt ausgefüllt wurde.

Pilotprojekt in Bremen

Im zweiten Ansatz werden die gesetzlichen Anforderungen für Antragsverfahren drastisch vereinfacht, um Anträge auch mit einfachen Online-Anwendungen entgegennehmen zu können.
Ein Beispiel ist die Anwendung ELFE (Einfach Leistungen für Eltern), die in der Freien Hansestadt Bremen als Pilotprojekt im Einsatz ist. Mit ELFE können Eltern in Zukunft gebündelt und online eine Geburtsurkunde sowie Kinder- und Elterngeld beantragen. Dazu werden die entsprechenden Formulare zu einem digitalen Kombi-Antrag zusammengefasst. Die Eltern müssen nur einmal ihre Daten eingeben und keine weiteren Unterlagen bei verschiedenen behördlichen Stellen vorlegen.

Daten liegen bereits vor

Die Idee dahinter ist, dass fast alle Daten, die für eine Geburtsurkunde, für den Kinder- oder Elterngeldantrag benötigt werden, den Behörden bereits vorliegen und einfach zusammengeführt werden können. Es braucht lediglich das Einverständnis der Eltern zum Datenaustausch zwischen den Behörden und die Anträge werden automatisiert ausgefüllt und bearbeitet, alle Dokumente auf dem Postweg verschickt und Leistungen automatisch angewiesen. ELFE ist stark auf die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer ausgerichtet. Die Verwaltungsprozesse und Gesetze wurden dafür angepasst, auch Datenschutzbestimmungen müssen berücksichtigt werden.
Der Ansatz, Gesetze zu vereinfachen, um einfache Anwendungen auf die Strecke zu bringen, ist durchaus lohnenswert. Gerade im Verwaltungsumfeld ist Vereinfachung grundsätzlich eine gute Idee – allerdings nur dort, wo sie auch tatsächlich möglich ist. Außerdem steht die Idee dazu bereits seit Jahren auf der Agenda und ist sicher nicht in großem Umfang „mal eben“ umsetzbar – zumindest nicht bis Ende 2022.

Standards und Schnittstellen

Der dritte Ansatz bildet die bestehenden gesetzlichen Anforderungen mittels einer Fertigungsstraße für Online-Anwendungen ab. Er basiert wesentlich auf der Verwendung von Standards und Schnittstellen und verfolgt das Ziel, der Verwaltung vollständige und damit weitgehend entscheidungsreife Anträge zuzuführen. Die Formular-Management-Lösung cit intelliForm ist ein Beispiel für dieses Vorgehen. Dabei werden die Antragstellenden von benutzerfreundlichen Formular-Assistenten durch den Antragsprozess begleitet und müssen nur die Felder ausfüllen, die sie tatsächlich betreffen. Validitäts- und Plausibilitätsprüfungen sorgen dafür, dass die Datenqualität der eingereich­ten Anträge besonders hoch ist. Eventuell notwendige Unterlagen werden direkt abgefragt und können zum Antrag hinzugefügt werden. Auf diese Weise kreieren die Antragstellenden eine entscheidungsreife Akte, die bei Bedarf über Standardschnittstellen wie XTA zur weiteren Bearbeitung direkt an die jeweiligen Fachverfahren übertragen werden kann.

Sehr bürgerfreundlich

Die Sachbearbeiterinnen und -bearbeiter in der Behörde erhalten somit einen vollständigen, qualitativ hochwertigen Antrag, dem sie sich unmittelbar zur fachlichen Bearbeitung widmen können. Langwierige Nachfragen und Wartezeiten, bis alle benötigten Informationen und Dokumente vorliegen, entfallen. Der Aufwand zur Umsetzung des OZG nach diesem Ansatz ist zwar recht hoch, dafür bietet er den höchsten Automatisierungsgrad. Die Verwaltung profitiert von maximalen Effizienzgewinnen, da sie schnell fallabschließende Entscheidungen treffen kann. Auch ist dieses Vorgehen sehr bürgerfreundlich, da die Antragstellenden klar durch den Antragsprozess geführt werden. Durch eine fabrikmäßige Umsetzung – steht das Grundgerüst einmal, können in rascher Folge von den Verwaltungen selbstständig immer neue Prozesse digitalisiert werden – ist dieser Ansatz kos­teneffizient. Zudem wird durch den Import von FIM-Modellen bereits geleistete Vorarbeit genutzt und das Rad nicht x-fach neu erfunden. Darüber hinaus funktioniert dieser Ansatz im Einklang mit dem Einer-für-Alle-Prinzip: Einmal entwickelte Anwendungen können von anderen Verwaltungen genutzt werden.

Schnellste Lösung

Der Vergleich der drei unterschiedlichen Ansätze zeigt, dass die schnellste Lösung, nämlich der unkomplizierte Universalantrag, nicht unbedingt die beste sein muss. Die zweite Idee der Vereinfachung ist zwar gut und vielversprechend, wird aber vermutlich zunächst ein Wunschtraum bleiben und in der Fläche nicht umsetzbar sein. Das Vorgehen, die bestehenden gesetzlichen Vorgaben nach dem Prinzip der Fertigungsstraße abzubilden, scheint am erfolgversprechendsten – zumal durch die Nutzung von Synergien viele Verwaltungen von den Entwicklungen einzelner profitieren können. In Anbetracht des nahenden Fristendes kann bei diesem Ansatz auch schnell Tempo aufgenommen werden. In der Praxis sind Kommunen wie Berlin, Hamburg und Nürnberg damit bereits auf einem guten Weg.

Bernd Hoeck ist freier Journalist in ­Villingen-Schwenningen und IT-Experte.

https://www.cit.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juni 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Dokumenten-Management, cit, OZG, Formular-Management

Bildquelle: Winai Kitcharoen/123rf.com

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