Interview:
Produktiv arbeiten im Homeoffice


[10.2.2022] Immer mehr Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung wünschen sich, teilweise im Homeoffice arbeiten zu dürfen. Welche Voraussetzungen Behörden schaffen müssen, um hybride Arbeitsmodelle anbieten zu können, erklärt Jürgen Pruss, Chief Technology Officer (CTO) Government bei Dell Technologies.

Jürgen Pruss Herr Pruss, ist Homeoffice aus Ihrer Sicht nach fast zwei Jahren Pandemie in der öffentlichen Verwaltung angekommen?

Was die Homeoffice-Möglichkeiten für Mitarbeiter in Städten, Gemeinden und Kreisen angeht, zeigt sich eine gemischte Situation. Einige ermöglichen ihren Verwaltungsmitarbeitern mittlerweile das Arbeiten von zu Hause aus. Wie viel dort dann aber tatsächlich erledigt werden kann, hängt stark von den individuellen Tätigkeitsbereichen und Aufgaben der Beschäftigten, den technischen Rahmenbedingungen und der Digital-Affinität der Verantwortlichen ab. Noch immer gibt es Kommunen, die sich mit dem Thema Homeoffice und hybriden Arbeitsmodellen schwertun. Nicht nur fehlt dafür die notwendige Ausrüstung, auch Prozesse und Fachverfahren sind noch nicht ausreichend digitalisiert. Dokumente gehen also noch immer klassisch von Hand zu Hand, vor Ort in der Behörde.

Dem Zeitgeist entspricht das aber nicht mehr, oder?

Es stimmt, die Frage, ob öffentliche Einrichtungen ihren Angestellten die Option zum flexiblen Arbeiten anbieten wollen, stellt sich so nicht mehr. Denn das Arbeiten von zu Hause aus wird von vielen Beschäftigten in den Ämtern auch nach der Pandemie viel mehr eingefordert. Eine PwC-Studie von März 2021 hat ergeben, dass sich 88 Prozent der Befragten häufiger eine Mischung aus Büro und Heimarbeit wünschen und offen für eine Veränderung des Behördenalltags sind. In der ganzen Diskussion darf man zudem diejenigen Mitarbeiter nicht vergessen, die Außendiensttätigkeiten wahrnehmen, etwa im Bauamt, Sozialamt, Ordnungsamt, Jugendamt oder Gesundheitsamt. Termine vereinbaren, Personal koordinieren, Dokumente bearbeiten, sich mit anderen Dezernaten austauschen – eine schnelle Kommunikation und flexibles Arbeiten können den Behördenalltag enorm erleichtern. Besonders im Außendienst ist es von Vorteil, wenn Ordnungsämter, Aufsichtsbehörden oder Stadtverwaltungen von unterwegs aus tätig sein können: Der jeweilige Mitarbeiter fotografiert eine vorgefundene Situation mit einem Tablet, macht vor Ort Notizen in der entsprechenden Applikation, greift auf weitere Fachanwendungen im Behörden-Netzwerk zu, hat direkte Akteneinsicht und kann Dateien zeitnah an seine Kollegen weiterleiten.

Was benötigen öffentliche Einrichtungen in puncto IT-Infrastruktur, um ein hybrides Arbeitsmodell umzusetzen?

Ein reibungsloser Umstieg auf den digitalen Alltag funktioniert in keiner Behörde über Nacht. Um hybride Arbeitsplatzmodelle zu ermöglichen, müssen zunächst entscheidende Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu zählen eine angemessene Hard- und Software sowie digitale Kommunikationswege und sichere Netzwerkstrukturen. Das fängt natürlich bei den mobilen Endgeräten an. Allerdings fehlt der Dienst-Laptop oft, wie die PwC-Studie ebenfalls gezeigt hat: Nur knapp die Hälfte der Befragten nutzt ein Notebook vom Arbeitgeber, jeder Dritte greift im Homeoffice sogar ganz oder teilweise auf private Technik zurück. Zudem reicht es nicht aus, Mitarbeitende lediglich mit einem Notebook auszustatten. Sie müssen im Umgang mit neuen Arbeitsgeräten, Software-Tools und Kommunikationsmedien wie Headset und Kamera auch entsprechend geschult werden.

„Für ein hybrides Arbeitsmodell brauchen Kommunen ein Rundum-sorglos-Paket“

Was braucht es noch für ein produktives Arbeiten von zu Hause aus?

Ein produktives Arbeiten ist nur dann möglich, wenn auch der Arbeitsplatz zu Hause ergonomischen Anforderungen entspricht und für die veränderte Arbeitsweise mit häufigen virtuellen Meetings ausgelegt ist. Dazu zählen Monitore, Docking-Stations, Headsets und Webcams. Damit der eigene IT-Service durch Homeoffice-Szenarien nicht zusätzlich belastet wird, sollten Geräte „fully deployed“ ausgeliefert werden. Zudem sollte ein Konzept für Fernwartung und Management in Betracht gezogen werden, auch die Integration von Prozessen für den Austausch oder die Reparatur ist empfehlenswert. Grundsätzlich gilt: Die technische Ausstattung erfordert ein gewisses Know-how, damit es bei Schwierigkeiten nicht zu Ausfällen kommt. Für die Verwaltung ist es wichtig zu wissen, wer bei Problemen der richtige Ansprechpartner ist. Gerade Gemeinden mit überschaubaren Ressourcen benötigen eine Extraportion an Unterstützung von ihrem IT-Partner oder kommunalen Dienstleister – quasi ein Rundum-sorglos-Paket.

Cyber-Angriffe sind für die öffentliche Hand zu einer enormen Herausforderung geworden. Was müssen Kommunen bei der Cyber-Abwehr beachten?

Immer mehr kriminelle Akteure nutzen die unterschiedlichsten Angriffspunkte für ihre Zwecke. Offene Ports an Routern im Homeoffice, ungeschützte Zugänge zum Behörden-Intranet, hastig eingerichtete Ersatz-Server oder frei zugängliche Videokonferenztools, die zu Beginn der Corona-Pandemie beim schnellen Umzug ins Homeoffice den Hackern Tür und Tor geöffnet haben, sind nicht das einzige Problem. Jetzt geht es darum, die IT-Sicherheit auf allen Ebenen den neuen Anforderungen anzupassen – von der Mitarbeitersensibilisierung bis hin zu infrastrukturellen Anpassungen. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Endpoint Security: Laptops, Tablets, aber auch Drucker für das mobile Arbeiten müssen ausreichend abgesichert werden. Viele Systeme zur Endpoint Protection agieren allerdings lediglich statisch und erkennen nur bereits bekannte Angriffsmethoden oder Schad-Codes, weshalb ihr Schutzniveau entsprechend begrenzt ist. Fortschrittliche Lösungen binden künstliche Intelligenz ein und reagieren so auch auf neue, hochentwickelte Angriffsmethoden. Der andere wichtige Punkt ist das Thema Cyber Recovery.

Was ist darunter zu verstehen?

Um nach einer Ransomware-Attacke weiterhin arbeitsfähig zu bleiben, braucht es eine virtuelle Datenfestung für alle kritischen Informationen und Fachverfahren. Eine solche Tresor-Lösung isoliert Daten physisch in einem geschützten Teil des Rechenzentrums. Bei einem Cyber-Angriff können öffentliche Verwaltungen schnell eine unbeschädigte Kopie der Daten identifizieren, die kritischen Systeme wiederherstellen und den Betrieb zeitnah wieder aufnehmen. Dabei beschleunigen automatisierte Wiederherstellungsverfahren die Reaktivierung. Dieses Konzept hilft natürlich nicht nur bei einem Cyber-Vorfall, sondern stellt auch nach Naturkatastrophen oder einem Stromausfall sicher, dass die Verwaltung weiterhin für ihre Bürger erreichbar ist. Je nach Konzept werden sogar Remote-Geräte für den Notfall bereitgestellt.

Was empfehlen Sie öffentlichen Verwaltungen, die auf ein hybrides Arbeitsplatzmodell umsteigen wollen? Wie sehen die ersten Schritte aus?

Zunächst einmal gilt es, den Arbeitsalltag einer Stadt zu durchleuchten. Wo besteht Bedarf? Welche Tätigkeiten können auf hybrid umgestellt werden? Welche Mitarbeitenden möchten überhaupt im Homeoffice arbeiten? Was muss geschützt werden? Wie sieht es mit Cyber Recovery aus? Ist mein IT-Team dazu in der Lage oder bietet mein Dienstleister die notwendigen Services an? Und: Wie komme ich an Fördergelder? Mit dieser Bestandsaufnahme an der Hand sollte sich die öffentliche Verwaltung dann an den IT-Partner oder den kommunalen Dienstleister wenden – gerade kleinere Städte und Gemeinden verfügen nicht über die notwendigen Ressourcen für eine sichere Umstellung auf einen digitalen Arbeitsalltag.

Interview: Bettina Weidemann

https://www.dell.com/de

Stichwörter: IT-Infrastruktur, Dell Technologies, Homeoffice, IT-Sicherheit

Bildquelle: Dell Technologies

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