E-Rechnung:
Booster für digitale Prozesse


[10.5.2022] Seit dem Jahr 2018 müssen öffentliche Auftraggeber elektronische Rechnungen annehmen, wenn diese bestimmten Anforderungen entsprechen. Mit dieser Verpflichtung waren die öffentlichen Auftraggeber gezwungen, ihre Systeme zu erweitern, Prozesse zu etablieren oder neue Software einzuführen.

Mit der nationalen Umsetzung der europäischen Richtlinie 2014/55/EU zur elektronischen Rechnung müssen spätestens seit dem Jahr 2020 alle öffentlichen Auftraggeber und damit auch alle Kommunen in Deutschland elektronische Rechnungen annehmen. Dafür müssen diese Rechnungen in einem der europäischen Norm konformen Datenformat übermittelt werden und aus einer oberschwelligen Vergabe stammen. Der Bund und einige Bundesländer sind über diese Vorgaben der Europäischen Union hinausgegangen und verpflichten ihre öffentlichen Auftraggeber, alle elektronischen Rechnungen anzunehmen. Waren nach dem Steuervereinfachungsgesetz aus dem Jahr 2011 die elektronischen Rechnungen steuerrechtlich den Papierrechnungen bereits gleichgestellt – und zwar formatunabhängig –, so entstehen aus der Übermittlung der Rechnungen in einem strukturierten Format nunmehr weitreichende Vorteile. Die neuen Rechnungen sind zwar nicht mehr von Menschen lesbar, können nun aber einfach automatisch ausgelesen werden, sodass eine manuelle Korrektur oder eine Übertragung von Rechnungsdaten durch eine Bearbeiterin oder einen Bearbeiter nicht mehr notwendig sind.
Empfängt eine Kommune nur sehr wenige Rechnungen elektronisch, so lohnt es sich häufig nicht, dafür eigene Verfahren aufzubauen. In diesen Fällen kann der Empfang von elektronischen Rechnungen an einen Service-Provider ausgelagert werden, der die Rechnungen für den Auftraggeber empfängt und im gewünschten Format weiterreicht. Die Initialkosten sind gering und ein eigenes Verfahren wird in der Kommune erst aufgebaut, wenn eine bestimmte Anzahl an elektronischen Rechnungen eingeht, die eine wirtschaftliche Basis für eigene Systeme bildet. Oft bieten aber auch die kommunalen IT-Dienstleister in den Bundesländern hierfür vorkonfigurierte Lösungen, die beauftragt werden können. Dies, verbunden mit den Vorteilen für die Verwaltung, führt dazu, dass sich der Empfang von elektronischen Rechnungen nicht wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit ablehnen lässt. Wenn die Verfahren ohnehin eingeführt sind, dann werden diese umso wirtschaftlicher, je mehr Rechnungen eingehen und verarbeitet werden.

Wie lassen sich Effizienzgewinne erzielen?

Bislang stellen in der Praxis jedoch noch nicht allzu viele Lieferanten elektronische Rechnungen bereit und nur der Bund und wenige Bundesländer haben ihre Lieferanten zur Übersendung von elektronischen Rechnungen verpflichtet. Die neuen Systeme in den Verwaltungen funktionieren zwar, sind jedoch nicht ausgelastet und viele Rechnungen werden noch herkömmlich bearbeitet. Effizienzgewinne werden so nicht realisiert. Was können die öffentlichen Verwaltungen also tun, damit bei ihnen möglichst viele elektronische Rechnungen ankommen? Der einfachste Weg ist die einzelvertragliche Regelung mit dem Lieferanten oder dem Leistungserbringer. Dazu können in den bilateralen Verträgen Regelungen aufgenommen werden, wie die elektronischen Rechnungen zu übersenden sind und in welchem Format. Am weitesten verbreitet sind das Format XRechnung der öffentlichen Verwaltung und das Format ZugFeRD des Forums elektronische Rechnung Deutschland (FeRD), die sich aber nicht wesentlich unterscheiden. Als Übertragungsweg kann eine E-Mail-Nachricht dienen – ein Eingangskanal, der in den meisten Kommunen ohnehin zur Verfügung steht.
Einfacher ist es, die künftigen Lieferanten und Dienstleister schon mit den Ausschreibungsbestimmungen beziehungsweise mit der Vergabe zur Lieferung von elektronischen Rechnungen zu verpflichten. So wissen die Bieter in einem Vergabeverfahren bereits mit der Abgabe eines Angebots, auf was sie sich nach der Zuschlagserteilung einlassen. Dabei ist nicht davon auszugehen, dass im Vergabeverfahren gegebenenfalls weniger Bieter teilnehmen, weil sie in den Ausschreibungsbestimmungen auf die Lieferung von elektronischen Rechnungen verpflichtet wurden. Denn auch die zukünftigen Lieferanten können sich im Zweifel eines Service-Providers bedienen, wenn sie selbst noch nicht zur Lieferung von elektronischen Rechnungen in der Lage sind. Zudem sind die Kosten dafür überschaubar und die wegfallenden Kosten für Druck, Papier und Porto oftmals um ein Vielfaches höher.

Dokumente für passgenauen Onboarding-Prozess

Haben sich beide Vertragsparteien auf den Versand und die Annahme von elektronischen Rechnungen verständigt, so gilt es, die für die korrekte Erstellung der Rechnung notwendigen Informationen auszutauschen. Das FeRD hat zwei Dokumente für einen möglichst passgenauen Onboarding-Prozess von Lieferanten in Bezug auf die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Auftraggebern erarbeitet. Die Hinweise zur elektronischen Rechnungsstellung können öffentliche Verwaltungen nutzen, um ihren Lieferanten Hilfestellungen zur standardkonformen Erstellung und Befüllung von elektronischen Rechnungen mitzugeben. Im Gegenzug haben auch Lieferanten öffentlicher Auftraggeber die Möglichkeit, Detailinformationen zur elektronischen Rechnungsstellung bei ihren öffentlichen Auftraggebern mithilfe dieser Unterlage abzufragen. Ergänzend dazu liefert ein zweites Dokument Ausfüllhinweise zum ersten. Die Dokumente können wechselseitig von der öffentlichen Verwaltung und von den Lieferanten genutzt werden.
Insgesamt betrachtet stellt sich die Frage, ob es in Zukunft weiterhin auf die Initiative der Auftraggeber oder der Lieferanten ankommt. Oder sind Entwicklungen absehbar, die zu einer flächendeckenden Einführung der elektronischen Rechnung führen werden? Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung ist die Einführung einer zentralen Meldestelle für Rechnungen zu finden, die dazu dienen soll, den Umsatzsteuerbetrug zu reduzieren. Eine solche Meldestelle ist zum Beispiel aus Italien bekannt und dort schon seit einigen Jahren in Betrieb. Auch Frankreich hat eine Meldestelle bereits angekündigt. Letztlich sind diese Meldestellen nichts anderes als die flächendeckende Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung. Es ist also absehbar, dass auch in Deutschland die elektronische Rechnungsstellung in nächster Zeit zur Pflicht wird. Parallel dazu hat die Europäische Union angekündigt, zur Standardisierung solcher Meldestellen einen Legislativvorschlag zu machen. Denn eine einheitliche Regelung in Europa würde helfen, im grenzüberschreitenden Lieferverkehr Barrieren abzubauen.
Auch wenn es gilt, die Ausgestaltung der angekündigten Regelungen abzuwarten, so ist eines schon jetzt klar: Die Verwaltung und die Wirtschaft werden sich auch in Deutschland weiter auf die elektronische Rechnungsstellung einstellen müssen, denn Papierrechnungen und die damit einhergehenden Prozesse wird es in absehbarere Zeit nicht mehr geben. Auch aus Gründen der Nachhaltigkeit eine gute Entwicklung und ein Booster für ganzheitliche, digitale Prozesse.

E-Rechnungs-Gipfel 2022

Der Pflicht zur E-Rechnung widmet sich auch der 8. E-Rechnungs-Gipfel, der am 20. und 21. Juni 2022 in Berlin stattfindet. Unter dem Motto „Die Pflicht zur E-Rechnung kommt!“ verfolgt die Veranstaltung die aktuellen Entwicklungen zum Thema E-Rechnung in hochkarätig besetzten Podiumsdiskussionen und Vorträgen. Das ansprechende Vortragsprogramm wird von einer großen Fachausstellung führender Lösungsanbieter flankiert. Der VeR, das FeRD und die User Group TaxVoice unterstreichen durch ihre langjährige Partnerschaft auch in diesem Jahr die zentrale Rolle dieser Leitveranstaltung.

Andreas Michalewicz ist im Bereich IT und Digitalisierung des Hessischen Ministeriums der Finanzen tätig.

Die von FeRD erarbeiteten Dokumente für einen möglichst passgenauen Onboarding-Prozess von Lieferanten zum Download. (Deep Link)
https://www.e-rechnungsgipfel.de

Stichwörter: Finanzwesen, Vereon, E-Rechnung, XRechnung, ZugFeRD



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