BMI:
OZG bleibt größtes Digitalisierungsprojekt


[29.4.2022] Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat in der neuen Digitalakademie des Bundes in Berlin-Kreuzberg das digitalpolitische Programm der Bundesregierung bis 2025 vorgestellt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat das digitalpolitische Programm der Bundesregierung bis 2025 vorgestellt. Dass die internen Change-Prozesse in Behörden einen nicht zu unterschätzenden Pferdefuß bei der Digitalisierung darstellen, ist im Laufe der jüngsten Staatsmodernisierungsanstrengungen sehr klar geworden. So auch dem Bundesministerium des Innern und für Heimat. Beschäftigte lassen sich nur ungern, zumal wenn sie verbeamtet sind, auf unmoderierte Veränderungen ein, die ihre kompletten Arbeitsabläufe umkrempeln und das Gelernte obsolet erscheinen lassen. Dann wird Digitalisierung schnell als Zumutung empfunden, was lange Zeit eine nicht nur in Bundesbehörden schlecht kaschierte Haltung war.
Dem will nun die neu gegründete Digitalakademie entgegenwirken, Teil der neuen Digitalakademie der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung. Sie setzt mit der „Digitalen Kompetenzinitiative“ verstärkt auf Vermittlung von digitalen Fähigkeiten. Die Beschäftigten mitnehmen und ihnen neue Soft Skills vermitteln – Lernfähigkeit, Kommunikationsstärke und Netzwerkkompetenz – hierauf zielt die „neue Lernwelt für Beschäftigte der Bundesverwaltung“ in Berlin-Kreuzberg ab.

Digitalpolitisches Programm vorgestellt

Anlässlich ihres Besuchs dieser Institution hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser gestern (28. April 2022) gleichzeitig das „digitalpolitische Programm“ des Bundes bis 2025 vorgestellt. Es nennt sich „Digitales Deutschland – Souverän. Sicher. Bürgerzentriert.“, unterscheidet sich indes kaum von den Programmatiken der Vorgängerregierung. Faeser hob hervor, dass ihr Bürgernähe ein wichtiges Anliegen sei: „Wir wollen unser Land moderner, bürgernäher und digitaler machen“. Im Digitalprogramm seien, erklärte die Ministerin, „nach einer ausführlichen und auch ehrlichen Bestandsaufnahme“ die Kernvorhaben ausgearbeitet, die nun prioritär umgesetzt werden sollen und in fünf Themenfelder gebündelt sind.
Zunächst sollen staatliche Leistungen weiter digitalisiert werden, wobei der Fokus auf einer Nutzerzentrierung und auf den Bedürfnissen von Bürgerinnen, Bürgern und auch von Unternehmen liege. „Wir wollen den Alltag spürbar erleichtern und das heißt konkret, einheitliche Standards und schnellere Verfahren.“ Die Verwaltung soll stärker als bisher als Dienstleister für Bürger und Unternehmen auftreten. Gerade für mittelständische Unternehmen mit über 200 Verwaltungskontakten pro Jahr sei eine Entlastung durch digitale Services wichtig. Hierzu wolle man das Onlinezugangsgesetz, welches Ende dieses Jahres offiziell ausläuft, weiterentwickeln und die Digitalisierung der Verwaltung auch über 2022 hinaus weiterhin finanziell gut ausstatten. Vermutlich liegt man nicht falsch in der Annahme, dass hiermit nun das angekündigte OZG 2.0 ebenfalls bis 2025 fristverschoben wird.

Registermodernisierung bis 2025

Denn bis zu diesem Datum, versprach Faeser, sollen auch deutschlandweit 10.000 Register modernisiert und miteinander vernetzt werden, die Anwendungsmöglichkeiten für den Online-Ausweis weiter ausgebaut und in den Alltag der Menschen integriert werden. Pragmatisches Handeln sei dabei „auch außerhalb von Krisen“ notwendig. So verlange die Digitalisierung, mithin „liebgewonnene Insellösungen aufzugeben“. Laut Faeser will der Bund „voll und ganz“ auf einheitliche Standards setzen, und es bleibt abzuwarten, wie er sie durchsetzt.
Bei dem zweiten Themenfeld, der Staatsmodernisierung, sprach die Bundesinnenministerin davon, dass neue Formen der Zusammenarbeit und Arbeitsteilung auch zwischen den föderalen Ebenen implementiert werden sollen. Was damit konkret gemeint ist, führte sie nicht aus, verwies aber auf die Digitalakademie und ihren Auftrag, die Digitalkompetenzen der Bundesbeschäftigten zu stärken. Weitere Vorhaben sind die Förderung der Nachhaltigkeit bei der öffentlichen IT-Beschaffung und die Dienstekonsolidierung für einheitliche IT-Lösungen. Auch in der Gesetzgebung will die Bundesregierung vermehrt auf Digitaltauglichkeit achten: „Wir wollen mit einem Digital Check künftig Gesetze daraufhin abklopfen, ob sie das Leben digitaler machen. Jeder Gesetzentwurf der Bundesregierung wird künftig auf seine digitale Ausführung geprüft“, sagte Faeser.

Größere Cyber-Fähigkeiten

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine will Nancy Faeser zudem Deutschlands Cyber-Fähigkeiten ausbauen: „Wir sehen, wie sehr die äußere und die innere Sicherheit miteinander zusammenhängen. Das gilt gerade für die Cyber-Sicherheit. Die Zeitenwende, die wir erleben, erfordert deutliche Investitionen in unsere Cyber- und Informationssicherheit.“ Zu diesem Zweck soll die nationale Cyber-Sicherheitsarchitektur modernisiert und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zur Zentralstelle ausgebaut werden. Auch die Cyber-Befugnisse der Sicherheitsbehörden sollen den Ausführungen von Faeser zufolge weiterentwickelt werden.
Als viertes Themenfeld figurieren die Datenpolitik und rechtssichere Erschließung und Nutzung von Daten. Offene Daten aus der Verwaltung sollen für alle zugänglich gemacht und damit Deutschland als Innovationsstandort gestärkt werden. „Mit dem Datengesetz schaffen wir einheitliche Standards und rechtliche Grundlagen, um Daten der Verwaltung für alle verfügbar und nutzbar zu machen. Ich möchte unser Land zum Vorreiter für das innovative und verantwortungsvolle Nutzen und Teilen von Daten in Europa machen“, erklärte Nancy Faeser. Zu guter Letzt kam die Ministerin auch auf digitale Souveränität zu sprechen, dem fünften Themenfeld auf ihrer Agenda, und kündigte an, gemeinsam mit den Ländern und Kommunen verstärkt auf Open-Source-Lösungen, offene Schnittstellen und offene Standards zu setzen. „Deshalb werden wir die föderale IT-Architektur stärken, die deutsche Verwaltungscloud sowie die Open-Source-Plattform open-co.de aufbauen und die Netzinfrastruktur und den Digitalfunk BOS modernisieren.“

Strenges Controlling

Elegant leitete Nancy Faeser zum Bundesbeauftragten für Informationstechnik Markus Richter über, indem sie diesen für die Einhaltung der Agenda bis 2025 in die Pflicht nahm. Richter kündigte seinerseits „Operationalisierungen“ an und erklärte, dass der Bund verstärkt mit Meilensteinen, Überprüfung und Controlling arbeiten werde. „Wir werden konkrete Projekte haben, deren Fortschritt wir überwachen“. Es werde eine „Ende-zu-Ende-Verantwortlichkeit“ geben, ein enges Controlling und Berichtswesen und mehr Transparenz durch Veröffentlichung. Der Bundes-CIO sprach diesbezüglich von einem „Barometer der Verwaltungsdigitalisierung“. Behilflich sein wird dabei die Digital Service GmbH, die aus dem Bundeskanzleramt ins Bundesinnenministerium überführt wird und auch mit dem Onlinezugangsgesetz und seinen Zielen eng verzahnt werden soll.
Im Großen und Ganzen entspricht das vorgestellte Digitalprogramm des Bundes dem, was man erwarten konnte. Es gibt einfach zu viele Projekte der Vorgängerregierung, die angestoßen wurden, am Laufen sind und weiter fortgeschrieben werden müssen. Das unvollendete OZG wird, daran ließen weder Nancy Faeser noch Markus Richter Zweifel erkennen, das größte Digitalvorhaben dieser Regierung bleiben, insbesondere die flächendeckende Skalierung der digitalen Verwaltungsservices bis in die kleinste Gemeinde.

Helmut Merschmann

Digitalprogramm des Bundes (PDF, 344 KB) (Deep Link)

Stichwörter: Politik

Bildquelle: Peter Jülich

Druckversion    PDF     Link mailen




 Anzeige


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Politik
Brandenburg: Umsetzung von Digitalvorhaben kommt voran
[25.9.2023] Das Digitalkabinett Brandenburg ist ein Sonderformat, in dem gebündelt Beschlüsse zu digitalpolitischen Themen gefasst werden. Bei seinem jüngsten Treffen zog das Kabinett eine positive Bilanz und stellte Weichen für die Zukunft. mehr...
Bundestag: OZG-Änderungsgesetz in erster Lesung
[22.9.2023] Am 20. September 2023 fand die erste Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes sowie weiterer Vorschriften zur Digitalisierung der Verwaltung im Deutschen Bundestag statt. mehr...
Bayern: Endspurt fürs Digitale Rathaus
[22.9.2023] Über 80 Prozent der bayerischen Kommunen nehmen bereits am Programm „Digitales Rathaus“ teil. Der Rest muss sich beeilen: Fördergelder können nur noch bis Ende dieses Monats beantragt werden. mehr...
IT-Planungsrat: Finanzierung für EfA-Dienste
[19.9.2023] Der IT-Planungsrat hat die gemeinsame Finanzierung von Online-Diensten, die nach dem EfA-Prinzip entwickelt werden, vereinbart. Zudem wurde ein gemeinsamer Strategieprozess angestoßen, der die bisherige Arbeit in einzelnen Handlungsfeldern unterstützen soll. mehr...
Mit dem Leitsatz „Wirksamkeit gestalten, Wirksamkeit entfalten“ traten die Mitglieder des IT-Planungsrats zu ihrer Jahresklausur zusammen.
Sachsen-Anhalt: Neue Digitalstrategie
[13.9.2023] Konkret zur Digitalisierung – das hat sich Sachsen-Anhalt mit seiner neuen Digitalstrategie vorgenommen, die jetzt publiziert wurde. Für die Umsetzung von „Sachsen-Anhalt Digital 2030“ hat sich die Landesregierung auf eine neue ressortübergreifende Zusammenarbeit verständigt. mehr...
Weitere FirmennewsAnzeige

EU-Richtlinie 2016/2102: So funktioniert barrierearme Rechnungsverarbeitung
[22.8.2023] Einen barrierearmen Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen zu gewährleisten, dazu sind öffentliche Stellen in Deutschland und der EU seit 2019 verpflichtet. Was bedeutet dies für die Verarbeitung eingehender Rechnungen in SAP? Sind Dokumentenprozesse überhaupt betroffen? mehr...

Stadt Essen nutzt Eingangsrechnungsworkflow der xSuite im großen Stil: Sichere Planung durch Rechnungsworkflow
[23.3.2023] Essen ist eine moderne Wirtschafts-, Handels- und Dienstleistungsmetropole im Herzen des Ruhrgebiets. Sie ist Konzernzentrale, zum Beispiel für RWE AG, Evonik Industries AG, E.ON Ruhrgas AG, GALERIA Karstadt Kaufhof GmbH und Hochtief AG. Die Messe Essen ist etabliert unter den Top-Ten der deutschen Messeplätze. Was viele Besucher angesichts der modernen Essener Skyline verblüfft: Die Geschichte der Stadt ist älter als die Berlins, Dresdens oder Münchens. Essen feierte im Jahr 2002 das 1150-jährige Jubiläum von Stift und Stadt Essen. mehr...
Suchen...

 Anzeige



 Anzeige

Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Aktuelle Meldungen