[18.7.2022] Der Bitkom äußert sich kritisch zur verabschiedeten Gigabitstrategie des Bundes. Eine enge Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen sei notwendig. Damit das angestrebte Ausbautempo erreicht werde, müssten bürokratische Hürden fallen und Förderung zielgerichteter erfolgen.
Bereits im Vorfeld zur Entscheidung des Bundeskabinetts über die Gigabitstrategie (
wir berichteten) hat der Bitkom eine Erklärung veröffentlicht, wonach diese ihre Ziele zu verfehlen drohe. Die Gigabitstrategie des Bundes könne ihre ambitionierten Ziele nur erfüllen, wenn Bund und Länder gemeinsam mit den Netzbetreibern an einem Strang zögen, so Bitkom-Präsident Achim Berg. Bei der Digitalisierung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren müsse sich etwas ändern; zudem müsse sich die Förderpolitik auf echte Bedarfsbereiche konzentrieren; darüber hinaus sei es notwendig, bürokratische Hürden abzubauen. Die Gigabitstrategie müsse in diesen Punkten noch enger an ihren Zielen ausgerichtet werden, forderte Berg.
Notwendig sei dafür ein Ausbau- und Beschleunigungspakt von Bund, Ländern und Kommunen für Gigabitnetze. Schwerfällige Verfahren und der Verzicht auf neue Ausbaumethoden bremsten den Glasfaserausbau derzeit aus. Das Bau- und Verwaltungsrecht müsse umfassend und bundesweit vereinfacht werden. Nur so könne eine wirkliche Ausbaubeschleunigung gelingen.
An etwa 1.000 Standorten komme der Mobilfunkausbau nicht voran, führte Berg an. Viele Verfahren zögen sich zwei Jahre und länger, weil die Standortsuche langwierig sei, die Genehmigungsverfahren nicht vorangehen und es an Akzeptanz in der Bevölkerung fehle. Beim Glasfaserausbau gebe es zudem Widerstände vor Ort gegen neue Verlegetechniken, mit denen die Ausbauarbeiten jedoch massiv beschleunigt werden könnten. Konkrete Vorschläge zur Vereinfachung der Genehmigungsverfahren liegen lange vor – nun müssten sie endlich auf allen föderalen Ebenen umgesetzt werden.
Nachträgliche Richtungskorrekturen beim Förderkurs zu wenig
Gleichzeitig müsse die Förderpolitik auf das wirklich Notwendige reduziert werden. Fördermaßnahmen sollten sich auf den Ausbau in jenen Gebieten begrenzen, in denen ein rein privatwirtschaftlich finanzierter Ausbau nicht möglich ist, forderte der Bitkom. Eine überzogene Förderung würde die bereits knappen Baukapazitäten blockieren und damit Steuergeld binden, statt private Investitionen zu aktivieren. Die angedachten, erst nachträglichen Überprüfungen von Fehlentwicklungen seien völlig unzureichend, betonte Berg. Zudem seien die entsprechenden Vorgaben in der Strategie unklar. Es müsse jetzt um verlässliche Ausbaubedingungen nach dem Grundsatz „Privat vor Staat“ gehen.
Kein echter Bürokratieabbau
Berg stellt in seiner Kritik auch in Frage, ob der Abbau bremsender Bürokratiehürden wirklich gelingt. So werde etwa beim geplanten Gigabit-Grundbuch (
wir berichteten) die Chance, eine für den beschleunigten Ausbau hilfreiche Liegenschaftsdatenbank aufzubauen, viel zu spät genutzt. Sie soll erst Ende 2023 realisiert werden. Stattdessen komme mit neuen Informationsabfragen – und das ohne erkennbaren Mehrwert – ein erheblicher bürokratischer Zusatzaufwand auf die Unternehmen zu.
Derzeit seien die Voraussetzungen für einen beschleunigten Gigabitausbau gut. Schon heute haben nahezu zwei Drittel aller Haushalte Zugang zu Gigabit-Internet und 7,5 Millionen Haushalte können auf Glasfaser zugreifen. Auch die Investitionsbereitschaft bei den Netzbetreibern sei groß: Bis 2025 stünden zehn bis zwölf Milliarden Euro pro Jahr für den Ausbau der Gigabitinfrastruktur bereit. Dieses Potenzial müsse genutzt und die hohe Ausbaudynamik unterstützt werden, forderte Berg. Mit der jetzt vorgestellten Gigabitstrategie bestehe jedoch die Gefahr, dass der privatwirtschaftliche Ausbau abgewürgt werde.
(sib)
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