GIS 3.0Smarte Stadtplanung

Stadtpark Kaiserslautern: Lärm wurde von den Bürgern via Smartphone erfasst.
(Bildquelle: Technische Universität Kaiserslautern)
Durch Smartphones erfahren auch die Methoden der städtebaulichen Planung einen Wandel: Die Datenerfassung mittels mobiler Endgeräte sowie neue Mapping-Technologien helfen bei der Erstellung von interaktiven und dynamischen Karten. Dadurch wird die Wissensvermittlung verbessert, gleichzeitig macht die planerische Arbeit mit allseits verfügbaren ortsbezogenen Informationen eine neue Planungskultur mit den dazugehörigen Software-Konzepten erforderlich. Die Frage ist nun, wie ein solches GIS-3.0-Tool aussieht und welche Potenziale es für die planenden Disziplinen birgt. Welche Möglichkeiten der webbasierten, partizipativen Karten oder der Sensorik sind innerhalb der Stadtplanung möglich?
Stadtplanung aus dem Baukasten
Eines sei vorausgeschickt: Die Lösung GIS 3.0 ist (noch) nicht zu kaufen. Vielmehr steht der Begriff für eine Weiterentwicklung und den fundamentalen Wandel von kartenbasierten Diensten hin zu immer neu kombinierbaren, mashupfähigen Kartendiensten. Mit diesem Baukastensystem verändern sich das Sammeln von Geodaten und deren Analyse. Mithilfe von einfach bedienbaren, smarten Technologien wird es zudem für jedermann möglich, das Methodenrepertoire für die Stadtplanung zu erweitern. Dies führt zu einer Art individualisierten Do-it-yourself-Stadtplanung, die sich innerhalb sozialer Gruppen abspielt. Exemplarisch für diese neuen methodisch-technischen Ansätze sind die so genannten Urban-Sensing-Systeme. Ein Hauptbestandteil sind Nutzer mobiler Smartphones, die als intelligente Sensoren fungieren und dabei neues Wissen über lokale Besonderheiten ausfindig machen und zur allgemeinen Verfügung stellen. Mithilfe von Crowdsourcing-Methoden werden Daten aus verschiedenen Gruppen gesammelt und zu einem Gesamtbild aggregiert. Smartphones können dabei Bilder, Geräusche, Sprache, Aufenthaltsort und andere Daten entweder bewusst aufnehmen oder diese kontinuierlich über einen längeren Zeitraum sammeln.
Kaiserslautern: Bürger kartieren Lärm
Ein Beispiel für diesen Ansatz ist das Projekt „Sensing in Green Areas“, das am Fachgebiet für computergestützte Planungs- und Entwurfsmethoden der Technischen Universität Kaiserslautern im Rahmen des Projekts „Städtebauliche Methodenentwicklung mit GeoWeb und Mobile Computing” der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) durchgeführt wurde. Dabei wurde eine Methode gewählt, bei der die Probanden mithilfe einer Stressmessung sowohl unbewusste Reaktionen lieferten, als auch bewusste Eindrücke sammelten. Für letzteres kam eine vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz Kaiserslautern programmierte Smartphone-App zum Einsatz.
Hintergrund für das Experiment ist die EU-Umgebungslärmrichtlinie, welche städtische Gebiete vor Lärm schützen soll. Wie dieser Schutz gewährleistet werden soll, ist jedoch noch nicht einheitlich geregelt. Erste Wahl könnten natürlich Dezibel-Grenzwerte für die betroffenen Bereiche sein. Die Bürger empfinden ruhige Orte als positiv. Andererseits können in diesen Bereichen auch andere Faktoren für das Wohlbefinden eine sehr hohe Aufenthaltsqualität erzeugen, obwohl vordergründig die Dezibel-Grenzwerte überschritten werden. Diese Diskrepanz galt es im Rahmen des Experiments zu untersuchen. Neben einer Befragung zum persönlichen Lärmempfinden vor Ort sollten die Testpersonen mithilfe der App verschiedene Bereiche in der Stadt identifizieren und einschätzen. Neben der negativen oder positiven Bewertung des Lärmpegels erfassten die Teilnehmer der Studie weitere Attribute, wie zum Beispiel Gestaltung, Barrierefreiheit oder Sauberkeit. Diese geolokalisierten Attribute wurden in Echtzeit aggregiert und als so genannte Heatmap direkt im Browser ausgegeben.
Verblüffende Ergebnisse
Anhand einer Test-Location, dem Stadtpark in Kaiserslautern, zeigte sich zum Beispiel, dass die Bürger den Lärm nicht an der gesamten Straße entlang des Parks als störend empfinden, sondern lediglich im Randbereich – obwohl die durchschnittliche Lärmbelastung an der betreffenden Straße überall identisch war. Positiver Nebeneffekt der Untersuchung: Es wurden auch Bereiche innerhalb des Stadtraums identifiziert, die einen Hinweis auf eine eingeschränkte Barrierefreiheit lieferten. Nach der kartenbasierten Identifikation dieser Bereiche wurde bei einer anschließenden Ortsbegehung deutlich, dass die Bürger ein großes Hindernis für mobilitätseingeschränkte Personen identifiziert hatten: Der Bereich der Stadtplatane, die trotz der Nähe zu einer stark befahrenen Bundesstraße eine hohe Aufenthaltsqualität aufweist, ist nur über Treppen zugänglich.
Neben dieser expliziten Aufnahme von Eindrücken wurden innerhalb des Experiments auch die Vitalwerte der Probanden aufgenommen, um Stresssituationen innerhalb des Untersuchungsraums zu erkennen. Die Messung wurde an verschiedenen, vorher festgelegten Punkten in Kaiserslautern mit potenziellem Aufenthaltscharakter durchgeführt. Die Ergebnisse verblüffen: Im Stadtpark, der eine kontinuierlich höhere Lärmbelastung in einem jedoch sehr ansprechenden, städtebaulichen Umfeld aufweist, wurden sehr wenige Stressreaktionen bei den Testpersonen ermittelt. Dem stand eine Messung im Kaiserslautener Volkspark gegenüber, der eine geringere Verkehrslärmbelastung aufweist, in dem die Teilnehmer der Studie aber durch eine große Anzahl an Nebengeräuschen, wie etwa Rasenmäher oder spielende Kinder, stärker gestört wurden als an der viel befahrenen Straße.
Die GIS-Zukunft wird spannend
Das Experiment zeigt deutlich die Potenziale des mobilen Web und des GeoWeb – des GIS 3.0 – auf. Gleichzeitig wird klar, dass es dabei nicht um eine Software im ursprünglichen Sinne geht, sondern um die bausteinartige Verknüpfung von Methoden zu einer neuen Form der Geodaten-Aufbereitung, deren Visualisierung und vor allem dem damit einhergehenden Erkenntnisgewinn für eine neuartige Form der räumlichen Planung. Gerade die Verknüpfung von Sensordaten und die freiwillige Einbeziehung des Menschen in diesen Planungsprozess versprechen eine spannende GIS-Zukunft.
Der Beitrag ist in der September-Ausgabe von Kommune21 im Spezial Geodaten-Management erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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