Donnerstag, 8. Mai 2025

Smart City und E-GovernmentGanzheitlich denken

[08.05.2025] Eine NEGZ-Studie hat die Synergieeffekte zwischen Smart City und E-Government in den Blick genommen. Studienautor Christian Schachtner, Professor an der Hochschule RheinMain, erläutert die Ergebnisse.
Porträtaufnahme von Professor Dr. Schachtner.

Dr. Christian Schachtner ist Professor an der Hochschule RheinMain und Autor der NEGZ-Kurzstudie über die „Modellprojekte Smart City als Synergieeffekt für das kommunale E-Government".

(Bildquelle: Karsten Thormaehlen)

Herr Professor Schachtner, Sie haben im Auftrag des NEGZ eine Studie zu den Modellprojekten Smart City durchgeführt. Was war der Anlass?

In Deutschland fehlt eine systematische Betrachtung der Bedarfe und Potenziale von E-Government und Smart-City-Initiativen. Die beiden Bereiche werden häufig isoliert betrachtet. Insofern wollten wir verstehen, ob und wie Kommunen die Wirkungen ihrer digitalen Transformationsprozesse ganzheitlich erfassen und organisational verankern. Eine weitere Forschungslücke ist die Frage nach einer Verstetigung von Förderbedingungen für die smarte Gestaltung des öffentlichen Raums.

Die Studie spricht von Synergien zwischen Smart-City- und Digitalstrategien. Was ist damit gemeint?

Die Synergien zwischen Smart-City- und Digitalstrategien beziehen sich auf die Verschmelzung von kommunalen Umsetzungskompetenzen und strategischen Visionen. Während die Digitalstrategie einer Kommune eine praktische Umsetzungsperspektive mitbringt, liefert die Smart-City-Strategie übergreifende Visionen für eine datenbasierte Stadtentwicklung. Diese Verschränkung ermöglicht es, Vorhaben wie digitale Plattformen für Datendienste aus Sensordaten zu nutzen, um damit etwa Prozessworkflows im E-Government oder KI-Applikationen einzuführen. Daten bieten eine langfristige Perspektive für die Quartiersentwicklung.

Als Referenz für eine wirklich smarte City wird häufig die spanische Stadt Barcelona genannt. Was geschieht dort besonders vorbildlich?

Die Stadt gilt als Vorbild, weil sie einen ganzheitlichen Ansatz der Bürgerzentrierung verfolgt. Barcelona hat eine globale Transformationsstrategie entwickelt, die neue Technologien zur Förderung des sozialen Zusammenlebens einsetzt. Der öffentliche Auftrag, wirtschaftliches Wachstum zu fördern und das Wohlergehen der Bürger zu stärken, wird damit erweitert. Besonders beeindruckend sind die offenen Datenplattformen wie das „City Operating System“ und „Smart Citizen“, welche Bürgerbeteiligung und Innovation fördern.

Gibt es nichts Vergleichbares in Deutschland?

In Deutschland werden 73 Modellprojekte vom Bund als Experimentierorte für integrierte Stadtentwicklung gefördert. München hat sich als führende Smart City in Deutschland etabliert und als erste Stadt einen Smart-City-Entwicklungsgrad von 50 Prozent erreicht. Zusammen mit Hamburg ist München Teil des Projekts Connected Urban Twins, bei dem ein Digitaler Zwilling entwickelt wird. Dieser 3D-Stadtplaner ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Stadtplanungsprojekte und unterstützt fundierte Entscheidungen. Die beiden Städte zeigen, dass erfolgreiche Smart-City-Konzepte auf strategischem Handeln, Bürgerbeteiligung und innovativen Technologielösungen basieren.

Welches Ergebnis Ihrer Studie hat Sie selbst am meisten überrascht?

Am meisten überrascht hat mich, dass für die Befragten neben technischen Aspekten vor allem der Bereich der Daten und deren Nutzung eine zentrale Rolle spielt. Viele Kommunen stehen vor großen Herausforderungen, was die Erfassung, die Analyse und den Schutz von Daten angeht. Gleichzeitig weisen sie dem datenbasierten Ansatz eine hohe Bedeutung zu. Daten tragen wesentlich dazu bei, die Informationen über Verwaltungshandlungen zu verbessern und die Arbeitsabläufe innerhalb der Verwaltung transparenter zu gestalten.

„Wir empfehlen, klare Ziele und messbare Indikatoren für Smart-City-Projekte zu definieren.“

Die Unterstützung durch die politische und die Führungsebene ist ausschlaggebend für Smart-City-Projekte. Ist diese Unterstützung nicht selbstverständlich bei Teilnehmern eines Wettbewerbs wie der Förderlinie Smart Cities made in Germany?

Das ist es tatsächlich nicht. Oft gibt es innerhalb der Verwaltungen unterschiedliche Prioritäten und Ressourcenengpässe, wodurch Förderprojekte besonders hohen Erwartungen unterliegen. Eine klare Positionierung der Führungsebene ist entscheidend, um Hindernisse zu überwinden und Projekte erfolgreich umzusetzen.

Inwiefern ist ein Chief Digital Officer (CDO) von besonderer Bedeutung?

Ein Chief Digital Officer spielt eine Schlüsselrolle bei der Koordination und strategischen Ausrichtung einer Smart City. Er ermöglicht die Umsetzung von Projekten im Spannungsfeld verschiedener Akteure auf unterschiedlichen Hierarchieebenen. Ein CDO kann als Brücke zwischen verschiedenen Abteilungen fungieren, Synergien identifizieren und sicherstellen, dass die digitale Transformation ganzheitlich verfolgt wird.

Wie wichtig ist Bürgerbeteiligung für Smart-City-Initiativen?

Bürgerbeteiligung ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg einer Smart City. Projekte wie die „Social Innovation for Communities“ in Barcelona zeigen, dass Bürger aktiv in die Gestaltung und Umsetzung von Lösungen einbezogen und lokale Erfahrungen vor Ort in den Quartieren stets berücksichtig werden sollten. In der gesamten Themenbreite vom Parkraummanagement bis zur Bauleitplanung muss Bürgerbeteiligung allerdings nicht immer priorisiert werden.

Was empfehlen Sie Kommunen?

Wir empfehlen, klare Ziele und messbare Indikatoren für Smart-City-Projekte zu definieren. Wichtig ist, die Wirkungsmessung von Anfang an transparent und verständlich auch für Nicht-Experten mitzudenken und in den Projektverlauf zu integrieren. Zudem sollten Kommunen den Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen Städten intensivieren, um von bewährten Praktiken und Erfahrungen aus Pilotierungen zu lernen.

An den Smart-City-Modellwettbewerben wird oft die Nachhaltigkeit bemängelt. Die Ergebnisse werden kaum nach außen getragen und liegen nicht zur Nachnutzung vor. Hat sich daran etwas geändert?

Hier hat sich tatsächlich Einiges getan. Seit Herbst 2024 veröffentlicht die Koordinierungs- und Transferstelle Smart City eine Auswahl kuratierter, praxiserprobter Lösungen, die von anderen Kommunen übernommen werden können. Zudem wurde eine Roadmap zur Verstetigung und Skalierung erarbeitet, damit die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) zur Grundlage für Weiterentwicklungsstrategien werden können.

2026 läuft die Förderung des Modellwettbewerbs aus. Eine Fortführung von Smart-City-Aktivitäten ist unter den Teilnehmerkommunen nicht überall ausgemacht. Warum?

Die Unsicherheit bezüglich der Fortführung von Smart-City-Aktivitäten nach 2026 liegt oft an finanziellen Herausforderungen. Auch wenn die Teilnehmerstädte der dritten Staffel bis 2028 eine kostenneutrale Verlängerung der KfW-Mittel beantragen konnten. Viele Kommunen haben Schwierigkeiten, die Projekte ohne Förderung weiterzuführen. Zudem fehlt es teils an langfristigen Strategien zur Integration der Smart-City-Ansätze in die regulären Verwaltungsstrukturen. Es ist wichtig, dass Städte frühzeitig Betreibermodelle mit Partnern zur Verstetigung entwickeln.

Interview: Helmut Merschmann




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