Smart City und E-GovernmentGanzheitlich denken

Dr. Christian Schachtner ist Professor an der Hochschule RheinMain und Autor der NEGZ-Kurzstudie über die „Modellprojekte Smart City als Synergieeffekt für das kommunale E-Government".
(Bildquelle: Karsten Thormaehlen)
Herr Professor Schachtner, Sie haben im Auftrag des NEGZ eine Studie zu den Modellprojekten Smart City durchgeführt. Was war der Anlass?
In Deutschland fehlt eine systematische Betrachtung der Bedarfe und Potenziale von E-Government und Smart-City-Initiativen. Die beiden Bereiche werden häufig isoliert betrachtet. Insofern wollten wir verstehen, ob und wie Kommunen die Wirkungen ihrer digitalen Transformationsprozesse ganzheitlich erfassen und organisational verankern. Eine weitere Forschungslücke ist die Frage nach einer Verstetigung von Förderbedingungen für die smarte Gestaltung des öffentlichen Raums.
Die Studie spricht von Synergien zwischen Smart-City- und Digitalstrategien. Was ist damit gemeint?
Die Synergien zwischen Smart-City- und Digitalstrategien beziehen sich auf die Verschmelzung von kommunalen Umsetzungskompetenzen und strategischen Visionen. Während die Digitalstrategie einer Kommune eine praktische Umsetzungsperspektive mitbringt, liefert die Smart-City-Strategie übergreifende Visionen für eine datenbasierte Stadtentwicklung. Diese Verschränkung ermöglicht es, Vorhaben wie digitale Plattformen für Datendienste aus Sensordaten zu nutzen, um damit etwa Prozessworkflows im E-Government oder KI-Applikationen einzuführen. Daten bieten eine langfristige Perspektive für die Quartiersentwicklung.
Als Referenz für eine wirklich smarte City wird häufig die spanische Stadt Barcelona genannt. Was geschieht dort besonders vorbildlich?
Die Stadt gilt als Vorbild, weil sie einen ganzheitlichen Ansatz der Bürgerzentrierung verfolgt. Barcelona hat eine globale Transformationsstrategie entwickelt, die neue Technologien zur Förderung des sozialen Zusammenlebens einsetzt. Der öffentliche Auftrag, wirtschaftliches Wachstum zu fördern und das Wohlergehen der Bürger zu stärken, wird damit erweitert. Besonders beeindruckend sind die offenen Datenplattformen wie das „City Operating System“ und „Smart Citizen“, welche Bürgerbeteiligung und Innovation fördern.
Gibt es nichts Vergleichbares in Deutschland?
In Deutschland werden 73 Modellprojekte vom Bund als Experimentierorte für integrierte Stadtentwicklung gefördert. München hat sich als führende Smart City in Deutschland etabliert und als erste Stadt einen Smart-City-Entwicklungsgrad von 50 Prozent erreicht. Zusammen mit Hamburg ist München Teil des Projekts Connected Urban Twins, bei dem ein Digitaler Zwilling entwickelt wird. Dieser 3D-Stadtplaner ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Stadtplanungsprojekte und unterstützt fundierte Entscheidungen. Die beiden Städte zeigen, dass erfolgreiche Smart-City-Konzepte auf strategischem Handeln, Bürgerbeteiligung und innovativen Technologielösungen basieren.
Welches Ergebnis Ihrer Studie hat Sie selbst am meisten überrascht?
Am meisten überrascht hat mich, dass für die Befragten neben technischen Aspekten vor allem der Bereich der Daten und deren Nutzung eine zentrale Rolle spielt. Viele Kommunen stehen vor großen Herausforderungen, was die Erfassung, die Analyse und den Schutz von Daten angeht. Gleichzeitig weisen sie dem datenbasierten Ansatz eine hohe Bedeutung zu. Daten tragen wesentlich dazu bei, die Informationen über Verwaltungshandlungen zu verbessern und die Arbeitsabläufe innerhalb der Verwaltung transparenter zu gestalten.
„Wir empfehlen, klare Ziele und messbare Indikatoren für Smart-City-Projekte zu definieren.“
Die Unterstützung durch die politische und die Führungsebene ist ausschlaggebend für Smart-City-Projekte. Ist diese Unterstützung nicht selbstverständlich bei Teilnehmern eines Wettbewerbs wie der Förderlinie Smart Cities made in Germany?
Das ist es tatsächlich nicht. Oft gibt es innerhalb der Verwaltungen unterschiedliche Prioritäten und Ressourcenengpässe, wodurch Förderprojekte besonders hohen Erwartungen unterliegen. Eine klare Positionierung der Führungsebene ist entscheidend, um Hindernisse zu überwinden und Projekte erfolgreich umzusetzen.
Inwiefern ist ein Chief Digital Officer (CDO) von besonderer Bedeutung?
Ein Chief Digital Officer spielt eine Schlüsselrolle bei der Koordination und strategischen Ausrichtung einer Smart City. Er ermöglicht die Umsetzung von Projekten im Spannungsfeld verschiedener Akteure auf unterschiedlichen Hierarchieebenen. Ein CDO kann als Brücke zwischen verschiedenen Abteilungen fungieren, Synergien identifizieren und sicherstellen, dass die digitale Transformation ganzheitlich verfolgt wird.
Wie wichtig ist Bürgerbeteiligung für Smart-City-Initiativen?
Bürgerbeteiligung ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg einer Smart City. Projekte wie die „Social Innovation for Communities“ in Barcelona zeigen, dass Bürger aktiv in die Gestaltung und Umsetzung von Lösungen einbezogen und lokale Erfahrungen vor Ort in den Quartieren stets berücksichtig werden sollten. In der gesamten Themenbreite vom Parkraummanagement bis zur Bauleitplanung muss Bürgerbeteiligung allerdings nicht immer priorisiert werden.
Was empfehlen Sie Kommunen?
Wir empfehlen, klare Ziele und messbare Indikatoren für Smart-City-Projekte zu definieren. Wichtig ist, die Wirkungsmessung von Anfang an transparent und verständlich auch für Nicht-Experten mitzudenken und in den Projektverlauf zu integrieren. Zudem sollten Kommunen den Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen Städten intensivieren, um von bewährten Praktiken und Erfahrungen aus Pilotierungen zu lernen.
An den Smart-City-Modellwettbewerben wird oft die Nachhaltigkeit bemängelt. Die Ergebnisse werden kaum nach außen getragen und liegen nicht zur Nachnutzung vor. Hat sich daran etwas geändert?
Hier hat sich tatsächlich Einiges getan. Seit Herbst 2024 veröffentlicht die Koordinierungs- und Transferstelle Smart City eine Auswahl kuratierter, praxiserprobter Lösungen, die von anderen Kommunen übernommen werden können. Zudem wurde eine Roadmap zur Verstetigung und Skalierung erarbeitet, damit die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) zur Grundlage für Weiterentwicklungsstrategien werden können.
2026 läuft die Förderung des Modellwettbewerbs aus. Eine Fortführung von Smart-City-Aktivitäten ist unter den Teilnehmerkommunen nicht überall ausgemacht. Warum?
Die Unsicherheit bezüglich der Fortführung von Smart-City-Aktivitäten nach 2026 liegt oft an finanziellen Herausforderungen. Auch wenn die Teilnehmerstädte der dritten Staffel bis 2028 eine kostenneutrale Verlängerung der KfW-Mittel beantragen konnten. Viele Kommunen haben Schwierigkeiten, die Projekte ohne Förderung weiterzuführen. Zudem fehlt es teils an langfristigen Strategien zur Integration der Smart-City-Ansätze in die regulären Verwaltungsstrukturen. Es ist wichtig, dass Städte frühzeitig Betreibermodelle mit Partnern zur Verstetigung entwickeln.
Innovation trifft Praxis: Innovation trifft Praxis
[24.06.2025] Mit praxisnahen Vorträgen, Good Practices, Technik-Demonstrationen und Diskussionsrunden soll am 25. Juni in Schimberg ersichtlich werden, wie die Digitalisierung abseits der großen Städte gelingt. Die Veranstaltung kann kostenlos und online im Livestream oder vor Ort besucht werden. mehr...
Bad Nauheim: Hessens dritter Smart Region Hub
[24.06.2025] Ende Juni eröffnet mit Digital.im.Puls der dritte Smart Region Hub in Hessen. Mit smarten Technologien macht er digitale Anwendungsbeispiele im Stadtleben ersichtlich und soll als Ort der Ideen, des Austauschs und der Zusammenarbeit fungieren. mehr...
Digitales Duisburg: Ergebnisse der Bürgerbeteiligung
[20.06.2025] Duisburg arbeitet derzeit an der Version 2.0 des Smart-City-Masterplans der Stadt. Bis Ende Mai fand dazu eine hybride Bürgerbeteiligung statt, für die nun erste Ergebnisse vorliegen. Positiv bewertet wurden beispielsweise die DuisburgApp und der Mängelmelder. mehr...
Bürstadt / Lampertheim: Smart City interkommunal umsetzen
[20.06.2025] Den Weg zur Smart City gehen die Städte Bürstadt und Lampertheim gemeinsam. Das Projekt umfasst unter anderem Lösungen zur smarten, bedarfsgerechten Bewässerung, zur Verkehrszählung oder zur Waldbranddetektion. mehr...
Mönchengladbach: Neues Stadtlabor startet
[17.06.2025] Mönchengladbach eröffnet jetzt das stadtlabor.mg, ein Citizen Lab, das als zentraler Ort für digitale Bildung, das gemeinsame Forschen und die digitale Teilhabe dienen soll. In Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern sollen hier digitale Lösungen für die Stadt entwickelt und getestet werden. mehr...
Frankfurt am Main: Bäume werden smart bewässert
[16.06.2025] Das Grünflächenamt der Stadt Frankfurt am Main, der Palmengarten und das Fraunhofer-Institut FIT arbeiten aktuell an einer smarten Lösung für eine bedarfsgerechte Bewässerung von Bäumen. Das Projekt soll als Blaupause für andere Kommunen bundesweit dienen. mehr...
Emmerich: Digitales Baumkataster
[13.06.2025] Wie alt ist der Baum vor der eigenen Haustür? Die Stadt Emmerich am Rhein hat die Daten zu rund 8.500 Straßenbäumen jetzt in einem digitalen Baumkataster online verfügbar gemacht – mitsamt Angaben zu Standort, Baumart, Alter oder Kronendurchmesser. mehr...
Studie: Datenplattformen im Vergleich
[11.06.2025] Eine neue Veröffentlichung aus der Begleitforschung der Modellprojekte Smart Cities (MPSC) nimmt Urbane Datenplattformen (UDP) in den Blick. Ein Marktüberblick und ein Kriterienkatalog sollen Kommunen helfen, die für sie passende Lösung zu finden. mehr...
dataMatters: 25 Städte an urbanOS angeschlossen
[11.06.2025] Das Kölner Start-up dataMatters hat ein Pilotprogramm gestartet, in dessen Rahmen Kommunen die Smart-City-Lösung umfassend in einem frühen Testbetrieb erproben können. Städte, Landkreise und Gemeinden erhalten dabei bis zu 50 Sensoren, Zugriff auf KI-gestützte Datenanalyse und das Dashboard. mehr...
Aachen: SchwarmMessRad sammelt Umweltdaten
[10.06.2025] Die von der Stadt Aachen verliehenen Lastenräder sammeln ab sofort in Echtzeit verschiedene Umweltdaten. Die im Rahmen des Projekts SchwarmMessRad gewonnenen Erkenntnisse will die Stadt unter anderem nutzen, um die Stadtplanung zu optimieren und Klimaanpassungsmaßnahmen voranzutreiben. mehr...
Dortmund: Sensoren für die Stadtbaumpflege
[03.06.2025] Ob smarte Technik das Dortmunder Grünflächenamt bei der Baumpflege unterstützen kann, soll ein Modellprojekt zeigen. Mehrere Stadtbäume sind dafür mit Sensoren ausgestattet worden, welche die Feuchtigkeit in den Baumkronen messen. mehr...
Katastrophenschutz: Mit FloReST fit für Starkregen
[02.06.2025] Im Rahmen des Projeks FloReST wurde eine neue Lösung für die digitale Starkregenvorsorge entwickelt. Diese basiert auf der Software disy Cadenza und verknüpft Bürgerbeteiligung, Datenanalyse und 3D-Visualisierung. mehr...
Aachen: Smart City Hackathon
[30.05.2025] In Aachen wurde erstmals ein Smart City Hackathon Premiere durchgeführt. In multidisziplinären Teams wurden konkrete Lösungsansätze für zentrale Herausforderungen der smarten Stadtentwicklung erarbeitet. mehr...
BSI: Sicherheit für urbane Datenplattformen
[20.05.2025] Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat eine Richtlinie rund um die Sicherheit urbaner Datenplattformen veröffentlicht. Kommunen werden unterstützt, Sicherheitsaspekte frühzeitig mitzudenken und Risiken systematisch zu adressieren – für eine sichere, smarte Stadtentwicklung. mehr...
urbanOS: Betriebssystem für smarte Städte
[20.05.2025] Das Betriebssystem urbanOS des Kölner Start-ups dataMatters soll Städte beim digitalen Infrastrukturmanagement unterstützen – mit föderierter KI, hohem Datenschutz und flexibler Anbindung. Erste Pilotprojekte laufen in über 20 Kommunen. mehr...