Montag, 29. September 2025

Social MediaAmtfluencer als Megatrend

[14.08.2025] Amtfluencer machen Behörden und Kommunen in sozialen Medien sichtbar. Sie berichten persönlich, glaubwürdig und oftmals aus freien Stücken über ihren Berufsalltag – und vermitteln so höchst erfolgreich zwischen Verwaltung sowie Bürgerinnen und Bürgern.
Ein Mann bedient ein Smartphone, über dem unterschiedliche Emojis schweben.

Amtfluencer schaffen auf Social Media Begeisterung für die Verwaltung.

(Bildquelle: stock.adobe.com/Kiattisak)

Dass soziale Medien ein wichtiger Baustein in der Kommunikation der öffentlichen Verwaltung sein können, bestreitet inzwischen niemand mehr. So sind auch immer mehr Ämter, Behörden und Ministerien auf Instagram, TikTok, LinkedIn & Co. vertreten. Für ­viele der erfolgreichsten ­Accounts sind Menschen verantwortlich, die Behördenkommunikationsprofis als „Amtfluencer“ bezeichnen – Corporate Influencer, die über ihre Arbeit im öffentlichen Dienst berichten und dabei Werte wie Serviceorientierung, Bürgernähe, Vertrauen und Demokratie vertreten. Oft aus eigenem Antrieb, auf eigenen, mehr oder weniger privaten Kanälen und immer mit einem persönlichen Blickwinkel und viel Einfallsreichtum. Ganz ohne formelles Programm zeigen Mitarbeitende ihren Joballtag bei Social Media – weil sie mögen, was sie tun, und stolz auf ihren Job sind.

Der Ansatz unterscheidet sich deutlich von den Bürgermeister-Bulletins, einkopierten Pressetexten und altbackenen Fotos, die auf manchen offiziellen Auftritten zu erleben sind. Amtfluencer-Accounts wirken nahbar, glaubwürdig, lebendig. „Wir sind überzeugt, dass Amtfluencer und Politfluencer bereits jetzt, aber vor allem in Zukunft, das Erfolgsrezept für die Social-Media-Kommunikation von Behörden, Organisationen und politischen Institutionen sind“, meinen Wolfgang Ainetter und Christiane Germann, die Behörden und politische Institutionen beim Einsatz von Social Media unterstützen und zu diesem Thema auch ein Praxisbuch veröffentlicht haben.

Der Erfolg von Accounts, die auf persönliche Perspektiven statt CEO-Kommunikation setzen, ist auch mit Zahlen belegbar. So seien etwa die Instagram-Abrufe der Stadt Rosenheim vom vierstelligen Bereich auf über 190.000 gestiegen, nachdem eine junge Amtfluencerin an Bord kam, berichten Ainetter und Germann. Ähnlich erfolgreich sind die bayerische Landeshauptstadt München sowie die Städte Leipzig und Monheim am Rhein. Aber auch das Bundesamt für Strahlenschutz und das Finanzministerium Hessen setzen auf Amtfluencer-Kommunikation. Hier wurden Amtfluencer, die zunächst aus persönlicher Motivation starteten, ins offizielle Kommunikationsteam geholt.

Authentische Bürgerkommunikation

„Amtfluencer können den Unterschied zwischen einem langweiligen und einem spannenden Social-Media-Account ausmachen. Für den Arbeitgeber hat das, was Amtfluencer von sich aus und in ihrer Freizeit tun, ausschließlich Vorteile. Sie können die Behörde oder Kommune als Arbeitgeber interessant machen, diese nahbarer und glaubwürdiger erscheinen lassen, für Beliebtheit sorgen und jüngere Zielgruppen erreichen“, so die beiden Autoren. „Da sie Einblicke in ihren Arbeitsalltag geben und positiv über ihren Job sprechen, machen sie die beste Werbung für ihre Stadt oder für den öffentlichen Dienst.“ Trotz dieser deutlichen Vorteile steht die tradierte Verwaltungshierarchie engagierten Amtfluencern oft im Weg. Es gibt durchaus Arbeitgeber und Behörden, die solches Engagement kritisch sehen oder sogar verbieten wollen. „Wir wurden schon häufiger von Amtfluencern um Rat gebeten, weil Vorgesetzte ihren persönlichen Social-Media-Auftritt kritisiert oder ausdrücklich missbilligt hatten“, berichten Germann und Ainetter. Solange keine geheimen Informationen weitergegeben oder Rechte verletzt werden, kann eine Hausleitung jedoch nicht verbieten, dass Menschen über ihren Arbeitsalltag berichten. Doch mit ziemlicher Sicherheit erlischt die Freude eines jeden Amtfluencers, wenn es statt Lob einen Einlauf von oben gibt.

Foto des Praxishandbuchs zu Social Media in Bürgerkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit.
Das Praxishandbuch steht auch als E-Book zur Verfügung. (Bildquelle: Rheinwerk Verlag GmbH)

Um eine solche Chance auf authentische, überzeugende Bürgerkommunikation nicht zu verschenken, sollten Chefinnen und Chefs in Politik, Organisationen und Behörden dringend umdenken: „Sehen Sie das Engagement Ihrer Mitarbeitenden in sozialen Netzwerken positiv, und signalisieren Sie den Kollegen Wertschätzung“, raten die Buchautoren und geben auch konkrete Tipps, wie das geht. Neben einer Anerkennung des zusätzlichen Engagements – auch in Personalgesprächen und Beurteilungsrunden – geht es darum, den motivierten Selfmade-Amtfluencern Zeit für ihre Tätigkeit einzuräumen. So sollten Auftritte in anderen Kanälen, der Besuch von Networking-Veranstaltungen und das Posten während der Arbeitszeit aktiv angeboten werden. Die Expertise der Self-Made-Amtfluencer kann auch gezielt angezapft werden, um offizielle Accounts neu aufzustellen (Was könnten wir verbessern?). Erarbeiten sich Personen eigene Vorteile – etwa ein weit gespanntes Netzwerk –, sollten Dienstherren entspannt bleiben. „Je umtriebiger Ihre Amtfluencer sind, desto mehr Menschen erfahren von Ihrer Behörde oder Kommune! Solange die Personen in ihren Teams keine Starallüren entwickeln oder die eigentliche Arbeit vernachlässigen, sollten Sie sich mit ihnen gemeinsam über das Erreichte freuen“, betonen Germann und Ainetter.

Die passenden Amtfluencer finden

Die Alternative zur Unterstützung freiwilliger Amtfluencer ist der gezielte Aufbau eines Amtfluencer-Programms innerhalb der eigenen Organisation. Es sei „keine Raketenwissenschaft“, als Teil der öffentlichen Verwaltung ein eigenes Corporate-Influencer-Programm anzuschieben und Amtfluencer aus den eigenen Reihen zu finden, die das bestehende Kommunikationsteam erweitern. Zunächst sollte man sich über die verfolgten Ziele im Klaren sein. Geht es um ein bis zwei Gesichter für den Instagram-Kanal oder sollen etwa Dutzende Amtfluencer aus verschiedensten Bereichen selbstständig Beiträge posten, wie es etwa München auf LinkedIn macht? Ein nächster Schritt ist dann in jedem Fall ein interner Aufruf an mögliche Interessierte. Dazu gehört es, geeignet erscheinende Personen gezielt anzusprechen, aber auch einen allgemeinen Aufruf zu starten, etwa per Intranet oder durch eine Infoveranstaltung.

Amtfluencer sollten neben der Begeisterung für den Job und Social-Media-Kompetenz auch fachliche Expertise, Kreativität und eine starke Persönlichkeit mitbringen. Nachvollziehbare Richtlinien und feste Ansprechpartner für offene Fragen unterstützen Mitarbeitende darin, auch als offizielle Influencer souverän und offen zu agieren. Und auch wenn das Motto unbedingt „Authentizität statt Hochglanz“ lauten sollte, ist es wichtig, regelmäßige Möglichkeiten zur Fortbildung – von Videoschulung bis zu rechtlichen Aspekten – zu schaffen. Es sollte aber auch ausdrücklich erlaubt sein, Fehler zu machen und daraus zu lernen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Ein ordentliches Monitoring macht Erfolge sichtbar und motiviert, ebenso wie Incentives für die Mehrarbeit. Mit dem Auftreten von Amtfluencern haben die klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und die CEO-Kommunikation – auch in sozialen Medien – nicht ausgedient. Sie erfahren aber eine zeitgemäße Ergänzung, ohne die Behörden und Kommunen langfristig nicht auskommen.

Sibylle Mühlke




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Social Media
Instagram-Kanal der Stadt Oldenburg auf Handy in der Hand angezeigt

Oldenburg: Feedback zu Instagram

[19.09.2025] Die Stadt Oldenburg fragt ihre Nutzer nach Feedback zum städtischen Instagram-Auftritt. Die Teilnahme an der Online-Umfrage ist bis Ende September möglich. mehr...

Eine Hand hält ein Smartphone, auf dessen Bildschirm der neue WhatsApp-Kanal der Wissenschaftsstadt Darmstadt mit Informationen zu Veranstaltungen, Freizeitangeboten und Verkehrshinweisen angezeigt wird.

Darmstadt: Erfolgreiche Kommunikationsstrategie

[15.09.2025] 
Sozialen Medien kommt im Kommunikationsmix der Stadt Darmstadt eine wichtige Rolle zu. Um die Social-Media-Präsenz auszubauen, ist zum Beispiel die Einführung weiterer Kanäle wie LinkedIn oder TikTok geplant. Zudem will die Stadt einen Newsroom etablieren. mehr...

Mannheim: Feuerwehr startet auf Social Media

[12.09.2025] Auf Instagram und Facebook ist jetzt die Feuerwehr Mannheim vertreten. Darüber werden Sofortmeldungen bei Gefahrensituationen sowie Einsatzberichte und Einblicke in den Alltag der Feuerwehr geteilt. Informationen zu Einstellungsverfahren und Ausbildungsmöglichkeiten runden das Angebot ab. mehr...

Screenshot TikTok-Kanal Hannover

Hannover: Kanal für die junge Community

[04.09.2025] Über einen eigenen Kanal auf TikTok verfügt jetzt Niedersachsens Landeshauptstadt. Hannover hat sich für einen offiziellen Kanal auf der Plattform entschieden, um in den Austausch mit jungen Menschen zu kommen. mehr...

Ein Mann filmt eine junge Frau vor dem Kasseler Rathaus.
bericht

Kassel: Vom Experiment zur Strategie

[27.08.2025] Soziale Medien sind in Kassel längst ein zentraler Bestandteil der Stadtkommunikation. Dabei liked und shared die Stadt auf verschiedenen Kanälen – und erreicht mit kreativen und unterhaltsamen Videos über TikTok auch eine jüngere Zielgruppe. mehr...

Mönchengladbach: Stadt-News bei WhatsApp

[11.08.2025] Die Stadt Mönchengladbach startet einen WhatsApp-Kanal, über den wichtige Ankündigungen, Verkehrshinweise und Service-Angebote direkt aufs Smartphone gesendet werden. Der Kanal ist aktuell im Verifizierungsverfahren, kann aber schon abonniert werden. mehr...

Junge Menschen stehen vor dem Stuttgarter Rathaus. In der Hand halten sie ein Smartphone mit dem TikTok Logo und dem Account-Namen @stadt.stuttgart darauf.

Stuttgart: TikTok‐Kanal gestartet

[07.08.2025] Die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart erweitert ihre Social‐Media‐Kommunikation und ist ab sofort auch auf TikTok vertreten. Die Beiträge für die Plattform werden von der Onlineredaktion gemeinsam mit jungen Mitarbeitenden aus verschiedenen Ämtern erstellt. mehr...

Screenshot des Instagram-Kanals visitpforzheim.de

Pforzheim: Goldstadt per Instagram erleben

[01.08.2025] Mit einem eigens dafür eingerichteten Instagram-Kanal will Pforzheim auf die touristischen Highlights der Stadt aufmerksam machen. Unter dem Motto Goldstadt erleben bietet visitpforzheim.de Interessierten unter anderem Veranstaltungshinweise, Tourenvorschläge oder hochwertige Bilder an. mehr...

Screenshot der Social-Media-Wall auf der Website des Kreises Heilbronn

Kreis Heilbronn: Social-Media-Wall eingerichtet

[29.07.2025] Eine Social-Media-Wall hat der Kreis Heilbronn auf seiner Website eingerichtet. Damit können alle Interessierten die Aktivitäten der Kommune in den sozialen Medien verfolgen – auch ohne eigenen Facebook- oder Instagram-Account. mehr...

Heidelberg: Mit WhatsApp mehr erreichen

[13.05.2025] Die Stadt Heidelberg ergänzt ihr Social-Media-Angebot um den Messenger-Dienst WhatsApp. Im Kanal erhalten die Bürgerinnen und Bürger tagesaktuelle Nachrichten ebenso wie Eilmeldungen oder einen Themenüberblick zur aktuellen Stadtblattausgabe. mehr...

Screenshot des WhatsApp-Kanals des Ennepe-Ruhr-Kreises.

Ennepe-Ruhr-Kreis: WhatsApp-Kanal gestartet

[08.05.2025] Seine App ergänzend bietet der Ennepe-Ruhr-Kreis nun auch einen WhatsApp-Kanal an. Er informiert hier über Neuigkeiten, Warnmeldungen und Veranstaltungshinweise. Auch soll der Kanal eine wichtige Rolle in Krisensituationen spielen. mehr...

Screenshot der Social Wall der Stadt Minden

Minden: Social Wall bündelt städtische Kanäle

[17.04.2025] Was die Stadt Minden in den sozialen Medien veröffentlicht, lässt sich jetzt auch ohne eigenes Konto auf den jeweiligen Plattformen erfahren. Möglich macht das die neue Social Wall auf der städtischen Homepage. mehr...

raufsicht auf einen Sitzungssaal mit runer Sitzanordnung, überlagert vom YouTube-Play-Button.

Mannheim: Stadtgremien streamen

[04.04.2025] Mannheim streamt Gemeinderatssitzungen jetzt live auf YouTube – mit Untertiteln und Übersetzung in Gebärdensprache. Die Stadt will so Barrieren abbauen und politische Teilhabe sowie Bürgernähe stärken. mehr...

Bremerhaven: X-Kanal stillgelegt

[24.03.2025] Die Stadt Bremerhaven legt ihren Kommunikationskanal auf der zunehmend umstrittenen Social-Media-Plattform X still. Einer der Gründe ist die dort schrumpfende Follower-Zahl. Die Stadt kritisiert aber auch die ungefilterte Verbreitung von Desinformation auf X. mehr...