Dienstag, 30. September 2025

Public-Data-KonferenzDas Gold der Zukunft

[30.09.2025] Hochwertige Daten bilden für die erfolgreiche Modernisierung der öffentlichen Verwaltung eine wesentliche Grundlage. Mit der Public-Data-Konferenz lenkt das Berliner Fraunhofer-Institut FOKUS den Blick auf die Wertschöpfungspotenziale, die in öffentlichen Daten liegen.

Diskutierten auf der Public-Data-Konferenz darüber, wie der öffentliche Datenschatz wertschöpfend weiterverwendet werden kann:

v.l.: Prof. Dr. Peter Parycek, Leiter Kompetenzzentrum Öffentliche IT; Juliane Schmeling, Fraunhofer FOKUS; Bernd Schlömer, Staatssekretär im Ministerium für Infrastruktur und Digitales sowie CIO des Landes Sachsen-Anhalt; Prof. Dr. Manfred Hauswirth, Institutsleiter Fraunhofer FOKUS; Olaf Neumann, Bereichsleiter, Digitalagentur des Landes Brandenburg; Josephine Bernickel, Open-Data-Koordinatorin im BMI; Dr. Jens Klessmann, Leiter Geschäftsbereich Digital Public Services am Fraunhofer FOKUS.

(Bildquelle: Marc Beckmann / Fraunhofer FOKUS)

Verwaltungen und Behörden sitzen auf riesigen Datenbergen, oft das Gold des 21. Jahrhunderts genannt. In der Öffentlichkeit ist die Bedeutung von Daten insbesondere mit der Open-Data-Bewegung verknüpft. Dabei sind offene Daten nur ein Bruchteil dessen, was in den Rechenzentren der Behörden schlummert. Einwohner- und Sozialdaten, Daten der öffentlichen Betriebe, Sensordaten, Geodaten, Registerdaten und unzählige mehr. Die meisten Kommunen wissen gar nicht, über welche Datenschätze sie verfügen und wo sie gehortet werden. Auch wenn nicht alle Daten als Open Data veröffentlicht werden können, liegt in deren internem Gebrauch ein großer Mehrwert, dessen Bedeutung in der Verwaltung gerade erst erkannt wird.

Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich die Konferenz „Public Data – besser mit Behördendaten umgehen“, die am vergangenen Donnerstag (25. September 2025) am Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS in Berlin stattfand, mit dem Thema Data Governance – Wie gelangt man zu einer strategischen und wertschöpfenden Weiterverwendung von Daten im öffentlichen Sektor? Josephine Bernickel, Open-Data-Koordinatorin im Bundesinnenministerium, verwies auf den Koalitionsvertrag der Bundesregierung, in dem (mit wenigen Zeilen) eine „Kultur der Datennutzung und des Datenverteilens“ proklamiert wird. Hierfür seien gut aufbereitete Daten erforderlich. „Je besser die Datenqualität, desto leichter der Nutzen“, sagte Bernickel. Insofern sind Standardisierungen bei Datenformaten und in der Dateninfrastruktur ausschlaggebend für den Erfolg und werden beispielsweise im Rahmen der Registermodernisierung angegangen.

Fachkräftemangel mit Daten kompensieren

Bernd Schlömer, Staatssekretär für Digitalisierung im Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt, machte in seinem Impulsvortrag auf einen weiteren Aspekt aufmerksam: den Fachkräftemangel. Sachsen-Anhalt hat seit der Wiedervereinigung einen Bevölkerungsschwund von 25 Prozent zu verzeichnen und dadurch eine Überalterung der Gesellschaft. „Daten können dies kompensieren“, so Schlömer, wenn sie etwa bei Beteiligungsprozessen für mehr Transparenz sorgen und durch standardisierte und automatisierte Prozesse Entscheidungen erleichtern. Hierzu hat Sachsen-Anhalt ein Pilotprojekt beim Wohngeld durchgeführt, da eine große Varianz bei den Entscheiden aufgefallen war. Verschiedene kommunale Behörden hatten mit fiktiven Dummy-Daten Wohngeldanträge bearbeitet und waren zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Schlömer sprach von „25 Prozent Verfahrensvorteilen“, wenn man allein die Vollständigkeitsprüfung automatisiert: „Man kommt so zu besseren Ergebnissen und gerechteren Entscheidungen.“ 

Den Aspekt der datengetriebenen Transformation beleuchtete auch Peter Parycek, Leiter des Kompetenzzentrums Öffentliche IT am Fraunhofer FOKUS, hinsichtlich der Künstlichen Intelligenz. Im EU-Vergleich steht Deutschland nicht sehr gut da. Bei der Förderung von KI-Projekten liegen Frankreich und Spanien vorne, bei der Wissensvermittlung in der Bevölkerung hat Finnland die Nase vorn und bei Public-Private-Partnerschaften und Start-up-Förderung sind es die Niederlande. Deutschland zeichnet sich hingegen durch viele Leuchtturmprojekte ohne Nachfolge und Skalierung aus. Bis 2030 sollen nun ein einheitlicher Rechtsrahmen für Daten und KI festgelegt, föderale KI-Schwerpunkte bestimmt und Reallabore ins Leben gerufen werden.

Überblick ist schwierig

Wie viel bei der Erschließung und Nutzung öffentlicher Daten noch zu tun ist, machte der Vortrag von Norbert Kuhn aus der Hamburger Senatskanzlei deutlich. Die Hansestadt ist im IT-Planungsrat für Data Governance, Datenschutz, Registermodernisierung und KI federführend und damit befasst, eine „Datenlandkarte föderal“ zu erstellen, eine visuelle Darstellung von Datenressourcen auf den verschiedenen Ebenen der föderalen Verwaltung. Dabei hapert es insbesondere an der Qualität der Metadaten. „Wir kennen unsere Daten nicht abschließend, aber wir müssen sie kennen, um sie zu nutzen“, so Kuhn. Ähnliches war aus Berlin zu erfahren, wo die Open-Data-Landesbeauftragte Betül Özdemir ebenfalls nur feststellen konnte, dass man im Detail nicht wisse, welche Daten vorhanden seien. Schon die Übersicht über die in der Hauptstadt betriebenen Fachverfahren sei veraltet.

Vorgestellt wurde auch das Datenmanagement-Tool Piveau von Fraunhofer FOKUS, mit dem sich ein Überblick über verteilte Datensätze gewinnen lässt. (Foto: Marc Beckmann / Fraunhofer FOKUS)
Vorgestellt wurde auch das Datenmanagement-Tool Piveau von Fraunhofer FOKUS, mit dem sich ein Überblick über verteilte Datensätze gewinnen lässt. (Bildquelle: Marc Beckmann / Fraunhofer FOKUS)

Hier hätte Fraunhofer FOKUS eine Lösung parat. Mit dem Datenmanagement-Tool Piveau lässt sich ein Überblick über verteilte Datensätze gewinnen und in einem Bibliothekskatalog ordnen, ohne die Daten zentral bereitzustellen. Beim Datenportal der Europäischen Kommission und beim Landesdatenportal Bayern ist das Open-Source-Produkt bereits im Einsatz. Jens Klessmann, Leiter des Bereichs Digital Public Services bei Fraunhofer FOKUS, weist im Gespräch auf die Datenqualität hin: „Die Crux besteht darin, wie die Datenbeschreibungen in das Tool gelangen. Es gibt Automatisierungsprozesse, um vorhandene Metadaten in das notwendige Format zu transferieren. Wenn das nicht möglich ist, muss man die Daten aber manuell erfassen.“ 

In die Zukunft schauen

Auf einem ganz anderen Gebiet der Datennutzung bewegt sich die Trendforschung – die Frage, mit welchen Daten sich technische, gesellschaftliche oder politische Prognosen herleiten lassen. Am Fraunhofer FOKUS ist hierzu das Tool wiki4trends entwickelt worden, das immerhin 30.000 der insgesamt sieben Millionen englischen und drei Millionen deutschen Lemmata in der Online-Enzyklopädie Wikipedia zu Rate zieht, um aus der Häufigkeit der Abrufe ein Bild der Interessenslagen abzuleiten. Tauchte im September 2023 beispielsweise die kommunale Wärmeplanung noch in der Top Ten auf, liegen im August 2024 die KI-Begriffe Anthropic und Grok an vorderster Stelle. Hier erscheint der Rückblick ebenso interessant wie das aktuelle Interesse.

Einen vergleichbaren Ansatz verfolgt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), indem aus der Verifizierung von wissenschaftlichen Forschungsthemen Trends für die IT-Sicherheit erspürt werden sollen. Das BSI-Tool nutzt Newsartikel, Blogs, wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie Datenbanken für die Forschungsförderung, um neue Forschungsthemen für sich selbst zu erkennen und gegebenenfalls nationale Stärken oder blinde Flecken zu identifizieren. Die Ergebnisse der Trendumfrage 2025 ergaben vier große Interessenscluster in der wissenschaftlichen Forschung, die allerdings wenig erstaunen: Künstliche Intelligenz, Digitale Souveränität, Cloud Computing sowie Digitalisierung und Automatisierung. Eine Expertenbefragung wäre indes vermutlich zu ähnlichen Ergebnissen gelangt.

In dieser Hinsicht sind sicherlich noch weitere Public-Data-Konferenzen in den kommenden Jahren angebracht, um die dringend notwendigen Fortschritte in der Data Governance und bei der datengetriebenen Verwaltung vorzustellen.

Helmut Merschmann




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