InterviewCDO für Düsseldorf

Peter Adelskamp
(Bildquelle: Peter Adelskamp)
Herr Adelskamp, seit Mai 2017 sind Sie Chief Digital Officer (CDO) der Stadt Düsseldorf. Mit welcher Motivation sind Sie in das Amt gestartet?
Die Digitalisierung hat in den vergangenen Jahren unser gesellschaftliches Leben und auch die Verwaltung immer stärker beeinflusst. Durch die exponentielle Entwicklung der IT bilden sich immer mehr digitale Alltagstechniken heraus. Die Erwartungshaltung an die öffentliche Verwaltung, hier Schritt zu halten, wächst. Dabei sprechen wir nicht mehr nur über PCs und Fachverfahren, sondern auch über künstliche Intelligenz, durchgängiges E-Government, Sensortechnik für Verkehrssteuerung und -entlastung, autonomes und vernetztes Fahren, Open Data, den Breitband-Ausbau, öffentliches WiFi, die smarte Stadtentwicklung, multimodale Mobilitätsstationen und viele andere Themen. Dieses breite und verwaltungsübergreifende Themenspektrum mitzugestalten und eine positive Entwicklung im Interesse unserer Stadt und ihrer Bürger sowie Unternehmen zu fördern, ist für mich die spannendste und interessanteste Herausforderung.
Vor Ihrer Zeit als CDO waren Sie überwiegend in den Bereichen Organisation, IT- und Kommunikationstechnik bei der Stadtverwaltung Düsseldorf tätig. Wie profitieren Sie von diesen Erfahrungen?
Durch meine bisherigen Tätigkeiten kenne ich den Verwaltungsaufbau und die handelnden Personen sehr gut. Es ist wichtig, nicht nur zu wissen, wie Prozesse in der Verwaltung funktionieren, sondern auch, warum sie so sind. Die bisherige Prägung muss berücksichtigt werden, wenn die digitale Transformation strukturiert als Aufgabe für die gesamte Verwaltung verstanden und entwickelt werden soll.
Düsseldorf hat die Stelle des CDO neu eingerichtet. Was gab den Anstoß?
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklung und von zunehmenden fachübergreifenden Anfragen von Unternehmen zum Beispiel aus dem Themenfeld Smart City fehlten in Düsseldorf eine Koordination und ein Ansprechpartner oder Lotse in der Verwaltung. Durch den Austausch mit Unternehmen, anderen Kommunen und Behörden oder Organisationen können wir schneller lernen, von Erfahrungen profitieren oder Kooperationen eingehen, durch die wir unseren eigenen Service schneller und günstiger erbringen können.
Warum hat man sich für einen Chief Digital Officer und nicht für einen Chief Information Officer (CIO) entschieden?
Für diese Funktionen gibt es keine verbindliche Definition. Ähnlich wie es die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) in dem Papier „Rollen in der kommunalen IT“ sieht, glaube ich, dass der CDO an der Schnittstelle zwischen der Verwaltung, dem „Konzern Stadt“, der örtlichen Gemeinschaft und der Region steht und sich hier im Austausch befindet. Hier gab es besonderen Handlungsbedarf. Der CIO ist im Schwerpunkt für die Entwicklung und die Vorgaben für den Betrieb der verwaltungseigenen IuK-Infrastruktur und der Steuerung der IuK-Dienstleister verantwortlich. Er spielt zusammen mit den zuständigen Fachbereichen und dem Organisationsmanagement eine herausragende Rolle bei der Digitalisierung der Verwaltungsprozesse. Dabei stehen CDO und CIO oder ähnliche Funktionen in einem engen Austausch zu den strategischen Fragestellungen der digitalen Entwicklung.
„Kommunen dürfen strategische Entscheidungen zur Digitalisierung nicht Dritten überlassen.“
Welche Eigenschaften bringt der ideale CDO mit?
Ein CDO muss erforderliche Veränderungen nicht nur erkennen, sondern dabei auch disruptiv denken können. Sie oder er muss einen belastbaren und akzeptierten Weg finden, die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse umzusetzen. Offenheit für neue Techniken und verwaltungsübergreifendes Denken sind hierbei wichtig. Eine Vernetzung mit anderen Kommunen, dem Land, dem Bund, den Unternehmen und anderen Organisationen ist erforderlich, um einen gewinnbringenden Informationsaustausch und Kooperationen sicherzustellen. Ein CDO berät, entwickelt strategische Ansätze, initiiert Projekte zur Umsetzung in der Verwaltung, stimmt sich ab und bündelt viele Themen, die zum Teil in der Zuständigkeit der kommunalen Fachbereiche liegen und dort auch bleiben sollen. Hier ist er immer auf die gute, offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit und frühzeitige Informationen angewiesen. Diese müssen in beide Richtungen erfolgen.
Welche Vorhaben konnten während Ihrer Amtszeit bereits gestartet werden?
Die wichtigsten digitalen Leitlinien und Handlungsfelder wurden in dem Papier „Digital, Smart, Transparent – Digitale Strategie 2017-2021“ hinterlegt. Für den Glasfaserausbau in Düsseldorf konnten im Auftrag des Oberbürgermeisters erfolgreich Kooperationsverträge ausgehandelt und zur Schließung verbleibender Lücken Fördergelder beantragt werden. E-Payment, intelligente Formulare, Servicekonten, Print@Home, Antragstracking und Sachbearbeitungsworkflow bilden die Grundlage für ein Serviceportal, das derzeit bereitgestellt wird. Auf dieser Basis wird in den kommenden Jahren eine Vielzahl von Verwaltungsprozessen durchgängig digitalisiert werden können. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Projekten, in die ich beratend eingebunden bin und hier mit vielen sehr engagierten Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten darf. So wurde beispielsweise Ende 2017 das Open-Data-Portal der Stadt Düsseldorf freigeschaltet. Für die Teststrecke zum autonomen Fahren wurden Flottenfahrzeuge aus der Verwaltung und Düsseldorfer Unternehmen identifiziert, die für Sensoriktests eingesetzt werden.
Wie werden Bürger und Verwaltungsmitarbeiter in die Digitalisierung Düsseldorfs einbezogen?
Es gibt nicht „das Digitalisierungsprojekt“ in der Verwaltung. Die Umsetzung der digitalen Strategie geschieht in vielen kleineren und größeren Projekten durch eine Vielzahl von Akteuren. Hier gibt es verschiedene Umfragen, Beteiligungsplattformen, Hackathons, politische Vorlagen und Konzepte. Die Verwaltungsmitarbeiter der Stadt Düsseldorf wurden in den vergangenen zwei Jahren in einen breiten Prozess „Verwaltung 2020“ eingebunden, aus dem über 600 Verbesserungsvorschläge zu Technik, Prozessen und Rahmenbedingungen entstanden. Unter anderem erstellt das städtische Hauptamt hieraus einen Digitalisierungsfahrplan, der unter Berücksichtigung der digitalen Strategie Düsseldorfs die konkreten Meilensteine der nächsten Jahre setzen wird.
Würden Sie anderen Kommunen empfehlen, einen CDO zu etablieren?
Die Funktionsbezeichnung ist nicht so wichtig wie die Frage, ob man jemanden hat, der sich um die Themen kümmert und von deren Notwendigkeit überzeugt ist. Diesen Bedarf sehe ich in allen Kommunen, insbesondere wenn es darum geht, Entwicklungen über die Verwaltung hinaus zu erkennen und unter Einbeziehung vieler so genannter Stakeholder in die Stadt hineinzutragen. Die Kommunen müssen strategische Entscheidungen zur Digitalisierung kompetent selbst treffen und dürfen diese nicht Dritten wie zum Beispiel Dienstleistern oder Beratern überlassen.
http://www.duesseldorf.de
Dieser Beitrag ist in der März-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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