SindelfingenDer Weg zu 3D

Sindelfingen setzt 3D-Stadtmodell flächendeckend um.
(Bildquelle: Stadt Sindelfingen)
Digitale 3D-Stadtmodelle sind heute in zahlreichen Verwaltungen etabliert. Sie werden als Visualisierungswerkzeug für raumbezogene Aufgabenstellungen in den Bereichen Stadtplanung und -entwicklung sowie in zahlreichen weiteren Bereichen wie Umwelt und Infrastruktur eingesetzt. Planungen werden durch die Visualisierung von Varianten und Szenarien greifbarer. Und Entscheidungsträger sowie Betroffene und Bürger haben die Möglichkeit, von Beginn an noch stärker am Prozess zu partizipieren. Technisch unflexibel und veraltet – zwei Eigenschaften, die bis vor wenigen Jahren zahlreiche Produkte für 3D-Modelle auszeichneten. Denn die technisch isolierten und statischen Lösungen waren häufig nur für einzelne Projekte bestimmt, eine laufende Datenaktualisierung daher nur selten vorgesehen. Kein Wunder also, dass sich die Anschaffung oft nicht als nachhaltig erwies und 3D-Modelle bedauerlicherweise häufig kaum genutzt auf dem Datenfriedhof endeten. Heute erwartet man von 3D-Stadtmodellen breite und flexible Anwendungsmöglichkeiten und permanente Aktualität. Entscheidung für Eigenentwicklung Die größte Herausforderung besteht zu Beginn des Projekts: Um das geplante 3D-Stadtmodell möglichst breit einsetzen zu können, gilt es vor der Beschaffung der Geodatenkomponenten, die Anwendungspotenziale im Haus möglichst konkret zu identifizieren und zu benennen. Die 3D-Daten müssen verschiedenen Ansprüchen genügen und projektabhängig erweitert und aufbereitet werden können. Datenformat und -struktur müssen also offen, flexibel und kompatibel sein. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Aktualität der Informationen. Statische Daten bieten nur sporadisch Aktualität, die anlassbezogene Neuerfassung ist häufig mit hohen Kosten verbunden. Es ist somit günstiger und effizienter, aber auch komplexer, eine permanente Aktualisierung weitgehend aus verwaltungsinternen Daten und alltäglichen Fachabläufen zu organisieren. Auch in der Sindelfinger Verwaltung kam vor einiger Zeit der Wunsch auf, ein 3D-Stadtmodell aufzubauen. Anfangs bestand in der baden-württembergischen Kommune die Überlegung, den Auftrag extern zu vergeben, rasch wurde jedoch deutlich, dass ein so entstehendes Modell in der Praxis schnell veralten würde, da es nicht eigenständig und praktikabel fortgeführt werden könnte. Somit fiel die Entscheidung, mit Unterstützung der Firma con terra eigenständig ein 3D-Stadtmodell zu entwickeln. Im ersten Schritt wurden aus den vorgenannten Überlegungen drei Anforderungen an die Daten formuliert: Aktualität, Detailtreue und Flexibilität. So muss die permanente Fortführung der 3D-Daten gesichert sein. Der Wunsch war, dass sich die 3D-Daten nach ihrer ersten Einführung ohne relevanten Mehraufwand fast von selbst aktualisieren – durch die Nutzung von Synergieeffekten mit im Haus befindlichen Fachdaten. Je nach Anwendungsfall werden Modelle mit unterschiedlicher Detailtreue benötigt. Die 3D-Daten sollen also so geführt werden, dass der Nutzer stets die gewünschte Detailtreue wählen kann. Das Datenformat des 3D-Modells muss für verschiedene Anwendungen geeignet sein. Für Planungszwecke benötigen die technischen Stellen die 3D-Daten im CAD-Format, gleichzeitig fordert das kommunale WebGIS im Intranet ein Format, das für Visualisierungen optimiert ist. Die Haltung der 3D-Daten muss also die benötigten Formate bedienen. Und alle Gebrauchsformate müssen wiederum dieselbe Information führen. Daten des Tiefbauamts als Grundlage Als Grundlage für das 3D-Stadtmodell wurden Daten des Tiefbauamts der baden-württembergischen Kommune herangezogen. Für die Abrechnung der gesplitteten Abwassergebühr führte das Amt detaillierte flächenhafte Gebäudeinformationen in der zentralen Oracle-Datenbank der GIS-Infrastruktur. Da sich die Abwassergebühr nach dem Grad der versiegelten Fläche eines Grundstücks richtet, wies das System für jedes Grundstück seine verschiedenen Nutzungen mit deren Grad an Versiegelungen nach. Unter diesen vielfältigen Nutzungskategorien fanden sich auch Gebäudeflächen, die aus den Luftbildern digitalisiert wurden und somit durch die Dachüberdeckung repräsentiert werden. Da diese Daten laufend digitalisiert werden, bieten sie die ideale Grundlage für die 3D-Gebäudedaten. Zuallererst wurden anhand eines Luftbilds alle Gebäudeumrisse mit den Dachkanten digitalisiert und dabei jeweils die Dachformen wie Sattel-, Flach- oder Walmdach erfasst. In diesem Ausgangszustand sind die Gebäudeformen zwar schon flächenhaft definiert und begrenzt durch die Ausdehnung der Dachflächen, aber noch ohne Höhen und strukturierte Informationen über die Dachform. Im nächsten Arbeitsschritt wurden die Dachhöhen erfasst. Jeweils eigene Datenverarbeitungsabläufe für Flach- und Satteldächer unterstützten die automatische Höhenermittlung. Für die Ermittlung von Flachdachhöhen wurden die Flachdachflächen mit den Höhen aus der Laserscan-Befliegung verschnitten. Für die Satteldachflächen wurden anhand von Topologieregeln die gegenseitigen Kantenverhältnisse geprüft. So bilden beispielsweise zwei aneinanderliegende Dachkanten mit langen Seiten einen gemeinsamen Giebel. Damit konnten den Dachkanten die Kantenarten Giebel, Trauf und Ortgang automatisch zugewiesen werden. Die Giebel- und Traufhöhen wurden anschließend ebenfalls automatisch durch Verschnitt mit den Laserscan-Daten gewonnen. Diese Vorgehensweise erlaubte es, etwa 85 Prozent der Dächer richtig zu identifizieren und die Höhe korrekt zuzuordnen. Der Rest wurde händisch nacherfasst. Eine Datenstruktur aus Knoten und Kanten ist für das beschriebene Konzept zur Erfassung und Haltung von 3D-Gebäudedaten von Vorteil. Sie erlaubt eine unkomplizierte Datenfortführung und schützt weitgehend vor topologischen Fehlern, da sich Flächen nicht überlappen können. Durch die getrennte Modellierung der Gebäude und ihrer Dächer lassen sich problemlos je nach Anwendung Klötzchenmodelle (LOD1) oder die Gebäude mit ihren Dächern (LOD2) bereitstellen. Für den Innenstadtbereich wurden zusätzlich Gauben modelliert. Pflegeaufwand minimiert Letztlich stellte sich die Frage, wie die 3D-Daten fortgeführt werden. Hierzu werden die Aktualisierungen aus der gesplitteten Abwassergebühr herangezogen. Auf Basis der Luftbilder aus zweijährigen Befliegungen wird der Gebäudebestand überprüft. Die Gebäudehöhen werden anlässlich der amtlichen Gebäudeaufnahme für das Kataster routinemäßig als First- und Traufhöhe in dm-Genauigkeit reflektorlos mitgemessen. Der zusätzliche Zeitaufwand hierfür ist minimal. Die Stadt Sindelfingen hat 2016 begonnen, das 3D-Konzept umzusetzen, zunächst nur projektbezogen. Seit Anfang dieses Jahres wird es flächendeckend bereitgestellt. Im Bereich der historischen Altstadt sind zusätzlich Gauben und komplexere Dachformen modelliert. Die großen Vorteile sind, dass die Fortführung weitgehend anhand der vorhandenen Fachdaten im Haus erfolgt und nur einen geringen Personal- und Budgetaufwand erfordert. Die Informationen werden in der gemeinsamen Geodatenbank vorgehalten, sodass die 3D-Daten flexibel für verschiedene Anwendungen zur Verfügung stehen und für Weiterentwicklungen offen sind.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe September 2019 von Kommune21 im Schwerpunkt Geodaten-Management erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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