DigitalisierungNot macht erfinderisch

Marktplatz in Ladenburg: Digitaler Wandel fordert kleine Kommunen heraus.
(Bildquelle: 123rf.com)
Die Digitalisierung der Verwaltung ist in vollem Gange, so die aktuellen Schlagzeilen. Aber ist das wirklich so und was bedeutet der Trend Digitalisierung eigentlich für die vielen kleinen Kommunen im Land? Welche Probleme sind damit verbunden und welche Lösungsansätze gibt es?
Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) von 2017 sollte alles besser werden. Bis Ende 2022 hatten Städte und Gemeinden Zeit, sich und ihre Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger zu digitalisieren. Nach der reinen Lehre wäre dieses Ziel also heute erreicht. Doch die Praxis sieht anders aus. Dass die Digitalisierung in vielen Bereichen gerade in kleinen Kommunen bislang nur in Ansätzen umgesetzt wird oder überhaupt realisiert werden kann, hat verschiedene Gründe.
Personal: Wer Digitalisierung nicht nur oberflächlich, sondern umfassend umsetzen will, braucht dafür Ressourcen, Zeit und Personal. Sind in Großstädten ganze Stabsstellen, Abteilungen oder gar Ämter auf die Digitalisierung der Verwaltung spezialisiert, ist dies auf Ebene kleinerer Städte und Gemeinden völlig undenkbar. Digitalisierung ist hier ein Thema unter vielen und wird nicht selten als lästiges on top empfunden. Im schlimmsten Fall ist ein Einzelkämpfer mit erweitertem Stellenprofil für die Digitalisierung zuständig. Hinzu kommt: Kolleginnen und Kollegen von den Vorteilen digitaler Prozesse zu überzeugen, ist viel Arbeit. Die Erfahrung, dass ein kurzfristiger Mehraufwand mittel- und langfristig zu einer deutlichen Vereinfachung und Entlastung von Verwaltungsprozessen führen kann – wenn man es richtig angeht – haben viele noch nicht gemacht.
Mit Fingerspitzengefühl vorantasten
Unterstützung aus der Linie: Unmittelbar damit verbunden ist ein neues Verständnis von vernetztem Arbeiten, denn kein digitaler Prozess funktioniert alleine, sondern erfordert den Austausch und die Zusammenarbeit unterschiedlicher Ebenen und Verwaltungsbereiche. Hierfür die notwendige Akzeptanz und Begeisterung zu schaffen, kann verständlicherweise bei steigenden Herausforderungen und Belastungen mühsam sein. Es kann auch nicht die Lösung sein, einfach mehr Personal zu fordern und einzustellen. Der Kern vieler Probleme liegt in den Prozessen selbst, die von Grund auf analysiert, hinterfragt und optimiert werden müssen. Das wiederum ist viel Arbeit und erfordert die Kompetenz und Bereitschaft, jahrelang eingefahrene Prozesse kritisch zu hinterfragen. Diese Bereitschaft muss erst aufgebaut werden; sie ist nicht von heute auf morgen plötzlich da, sondern erfordert geradezu Fingerspitzengefühl im Zusammenspiel aller Beteiligten.
Externes Know-how: Gerade kleine Kommunen mit begrenztem Stellenplan können hochqualifiziertes Personal oft nicht für sich gewinnen. Kommunale Arbeitgeber, insbesondere kleine Gemeinden, sind dem War for Talents in besonderer Weise ausgeliefert, da sie tarifbedingt wenig Gestaltungsmöglichkeiten und Karriereperspektiven bieten. In der Konsequenz wird häufig versucht, das benötigte Know-how extern in Form von Kooperationen mit Dienstleistern einzukaufen. Allerdings ist es auch hier schwierig, verlässliche Partner zu finden, da die Kommunen auch in diesem Bereich im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft stehen. Bürokratie und Vergabeverfahren behindern diese Entwicklung zusätzlich.
Ungenutzte Synergien
Fehlende Unterstützung: Erschwerend kommt hinzu, dass zentrale Dienstleister wie Rechenzentren die gewünschten digitalen Schnittstellen nicht immer in akzeptabler Umsetzungszeit liefern – weshalb sich immer mehr Kommunen gegen eine Zusammenarbeit mit zentralen Einrichtungen entscheiden (müssen). Dies ist besonders fatal, da Synergien ungenutzt bleiben. Ziel muss es sein, voneinander zu profitieren. Das ist leider in den meisten Fällen noch nicht gegeben. Gründe für die Abkehr von zentralen Angeboten sind lange und komplizierte Abstimmungsverfahren sowie lange Wartezeiten, die eine zeitnahe Digitalisierung ebenfalls hemmen.
Einheitlichkeit oder Individualität: Leider gibt es vonseiten des Bundes und der Länder bisher keine klaren Vorgaben und keinen Willen zur Vereinheitlichung der digitalen Dienste. So ist jede Kommune gezwungen, ihren eigenen Weg zu gehen. Dadurch gehen viel Energie, Zeit und Geld verloren, die an anderen Stellen sinnvoller investiert werden könnten. Insbesondere kleinere Kommunen haben oft nicht die finanziellen Mittel, um eigene Lösungen von Grund auf zu entwickeln – sie hätten sie aber, wenn es einmal (und gut) im Verbund entwickelte Lösungen gäbe, die dann allen Kommunen kostenlos oder gegen ein geringes Entgelt zur Verfügung gestellt würden. Die derzeitige Ausgangssituation und Verantwortungsdiffusion der staatlichen Ebenen verhindert eine rasche und nachhaltige Lösung, überfordert kleine Gemeinden und stößt in der Öffentlichkeit auf Unverständnis.
An einem Strang ziehen
Die Stoßrichtung des OZG ist gut und richtig – der entscheidende Faktor verbirgt sich hinter der Frage: Wie kann es gelingen, die beteiligten Akteure und dabei vor allem die Kommunen als umsetzende Kraft so einzubinden, dass die Digitalisierung tatsächlich dort ankommt, wo sie dringend gebraucht wird? Eine Konsequenz daraus: Not macht erfinderisch. Durch interkommunale Zusammenschlüsse entstehen Synergien ganz konkret vor Ort. Hier wird im wahrsten Sinne des Wortes an einem Strang gezogen. Man lernt voneinander und miteinander, wie die Digitalisierung wirklich an der Basis ankommt. Im direkten Austausch über Prozesse, Programme und Werkzeuge gelingt, was sonst viel länger dauern würde.
Es bleibt zu hoffen, dass die Digitalisierung im kommunalen Bereich weiter an Fahrt gewinnt. So gesehen kann man sagen: Die Kommunen sind da und wollen auch – gemeinsam kann aus der Digitalisierung eine richtig gute Sache werden, wenn alle mitmachen und nicht zuletzt Bund und Land mitfinanzieren.
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