Freitag, 24. Oktober 2025

MittelvergabeInvestitionen in die Zukunft

[21.01.2021] Das Konjunkturpaket der Bundesregierung sieht drei Milliarden Euro für die Entwicklung von OZG-Diensten vor. Die umstrittene Verteilung der Gelder ist nun erfolgt und basiert auf dem Einer-für-Alle-Prinzip.
Mittel für die OZG-Umsetzung sind verteilt.

Mittel für die OZG-Umsetzung sind verteilt.

(Bildquelle: creativ collection Verlag)

Zur Bewältigung der ökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise hat die Bundesregierung am 3. Juni 2020 ein Konjunkturpaket in Höhe von 130 Milliarden Euro beschlossen. Ein Teil davon, das so genannte Zukunftspaket, ist für Investitionen in die digitale Infrastruktur vorgesehen. Daraus entfallen drei Milliarden Euro auf die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG), zusätzliche 300 Millionen sind für Registermodernisierung und die Verwirklichung des Once-Only-Prinzips vorgesehen und weiteres Geld für die Smart-City-Förderung, den mobilen Breitband-Standard 5G sowie digitale Schulen. Über den Geldsegen haben sich alle gefreut – wie aber werden die Mittel verteilt?

Einer-für-Alle-Prinzip

Über allem steht das Einer-für-Alle-Prinzip. Diese Devise haben der IT-Rat und der neue Bundes-CIO geprägt und sie ist vom IT-Planungsrat abgesegnet worden. Dahinter steht die Vorstellung eines gemeinsamen Architekturprinzips und einer ressourcenschonenden, flächendeckenden OZG-Umsetzung. Die Bundesländer sollen zusammen mit einem Bundesressort als Tandem die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden OZG-Lösungen entwickeln. Diese Lösungen müssen dann von den anderen Ländern (und Kommunen) übernommen werden. Die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, Dorothee Bär, erklärte: „Durch unser jetzt beschlossenes Vorgehen werden wir erreichen, dass einmal entwickelte Online-Anwendungen von möglichst vielen genutzt werden können, statt dass jeder das Rad wieder neu erfindet.“
Ein Bericht des Haushaltsausschusses im Bundesfinanzministerium (BMF) schlüsselt die OZG-Gelder genau auf: Im Jahr 2020 sind 300 Millionen Euro auf die Verwaltungsdigitalisierung entfallen, 2021 sollen 1,4 Milliarden fließen und 2022 die verbleibenden 1,3 Milliarden Euro. 80 Prozent der Gelder entfallen auf die Länder und Kommunen, 20 Prozent verbleiben beim Bund. Die Kommunen werden allerdings nicht direkt begünstigt und somit auch nicht ihre IT-Dienstleister. Im IT-Planungsrat haben sich die Länder erfolgreich dagegen verwahrt, dass der Bund die Kommunen direkt unterstützt. Gleichwohl profitieren Kommunen von den durch die Länder entwickelten OZG-Lösungen, die sie übernehmen sollen, erhalten also indirekt eine Finanzspritze. Wohlgemerkt: die Gelder beziehen sich allein auf die Entwicklung von OZG-Diensten, nicht auf deren späteren Betrieb.

Unterteilte Kooperation

Die programmatische Aufteilung der Gelder sieht 1,5 Milliarden Euro für das „Digitalisierungsprogramm Föderal“ vor, das heißt, für die in 14 Themenfeldern unterteilte Kooperation zwischen einzelnen Ländern und Bundesressorts. So erhält beispielsweise das Themenfeld Unternehmensführung und -entwicklung, für das die Freie und Hansestadt Hamburg zusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium die Federführung übernommen hat, 251,8 Millionen Euro für die Umsetzung von insgesamt 47 OZG-Leistungen, darunter Anträge auf Unternehmensgründung, Veranstaltungserlaubnisse oder Ausnahmegenehmigungen von Sperrzeit und Nachtruhe. Das Themenfeld Arbeit und Ruhestand, wofür Nordrhein-Westfalen und das Bundesarbeitsministerium verantwortlich zeichnen, erhält 163,7 Millionen Euro für insgesamt 19 Umsetzungsprojekte, beispielsweise Wohngeld, Arbeitslosengeld II oder die Geringverdienerbescheinigung.

Digitalisierungsprogramm Bund

Für das Digitalisierungsprogramm Bund, in dessen Rahmen 115 der insgesamt 575 OZG-Leistungen entwickelt werden, darunter BAföG, Kindergeld und die berühmte Fischetikettierung, sind 600 Millionen Euro vorgesehen. Zusätzlich entfallen 900 Millionen Euro auf die digitale Infrastruktur, hier vor allem auf Verwaltungsportale, Nutzerkonten und weitere Basisdienste. 194 Millionen sind für die digitale Souveränität vorgesehen, worunter insbesondere Open-Source-Projekte zu verstehen sind. 80 Millionen Euro stehen für elek­tronische Identitäten zur Verfügung und 30 Millionen Euro für die Aus- und Weiterbildung von digitalkompetentem Verwaltungspersonal.
Mit dieser Aufteilung waren und sind nicht alle einverstanden. Die kommunalen Spitzenverbände hatten im August 2020 noch mehr Einflussnahme auf die Verwendung der Mittel gefordert und eine „finanzielle und organisatorische Unterstützung der Kommunen bei Implementierung und Betrieb der (neuen) Software-Lösungen zur OZG-Umsetzung unter Einbindung der kommunalen IT-Dienstleister“ vorgeschlagen. Die kommunalen IT-Dienstleister haben vielfach auf bereits vorhandene Online-Services aufmerksam gemacht, die im Rahmen des OZG nun doppelt entwickelt würden.

Schneller zu Lösungen kommen

Der Vorstandsvorsitzende der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB), Rudolf Schleyer, erklärte im Oktober 2020: „Wir sind der Meinung, dass wir schneller wären, wenn vorhandene Lösungen besser berücksichtigt würden. Diese könnte man mit den Konjunkturgeldern ja durchaus noch weiter ertüchtigen, was zum Beispiel die Nutzerfreundlichkeit betrifft. Dabei könnte man auch Mittelständler und Private einbinden und damit womöglich schneller und reibungsloser zu Lösungen kommen.“ Der auch unter öffentlichen IT-Dienstleistern herrschende Wettbewerb um gute Lösungen wird nach Ansicht von Rudolf Schleyer durch das Einer-für-Alle-Prinzip unterbunden. Zudem meldet der AKDB-Chef Zweifel an der technischen Infrastruktur an, die notwendig ist, wenn ein Bundesland aus seinem Rechenzentrum Online-Dienste bundesweit anbieten muss und dafür zusätzliche Informationen möglichst automatisiert aus anderen Ländern notwendig werden.

Rein rechtliches Konstrukt

Detlef Sander, Geschäftsführer des DATABUND, sieht gerade die privaten IT-Dienstleister außen vor. Den geplanten FIT-Store, über den Länder und Kommunen die OZG-Lösungen der anderen beziehen sollen, hält Sander für ein rein rechtliches Konstrukt, das die Inhouse-Vergabe der Verwaltungen untereinander ohne Ausschreibung ermöglicht. „Vor dem Hintergrund, dass es sich um Mittel aus dem Corona-Konjunkturpaket handelt, ist es sehr fragwürdig, diese Mittel ausschließlich staatlichen Unternehmen zur Verfügung zu stellen“, erklärt Sander gegenüber Kommune21. „Aus Sicht des DATABUND hätte auch ein großes Förderprogramm aufgelegt werden können, über das sich sowohl Kommunen mit ihren Dienstleistern jeder Couleur bewerben können, als auch die Dienstleister selbst.“ Vor allem bei den Fachverfahren gebe es bereits integrierte Lösungen privater Anbieter, die hätten berücksichtigt werden müssen.

Verbindliche Vorgabe

Derweil lässt der Bund schon mal die Muskeln spielen. Im Bericht des Haushaltsausschusses wird für die Mittelverteilung der Konjunkturgelder in aller Ausführlichkeit auf Paragraf 4 OZG hingewiesen. Darin heißt es, dass die Bundesregierung „im Benehmen mit dem IT-Planungsrat durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats die Verwendung bestimmter IT-Komponenten“ verbindlich vorgeben kann. Von der Verordnungsermächtigung will der Bund nur dann abweichen, wenn eine einvernehmliche Lösung mit den Bundesländern gefunden wird: Ein Staatsvertrag oder eine Verwaltungsvereinbarung oder die Verbindlichkeit über einen IT-Planungsratsbeschluss. „Mit einer solchen Selbstbindung aller Länder dürfte eine Verordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 OZG entbehrlich werden können“, so der Bund. Das ist auf der 33. Sitzung des IT-Planungsrats im Oktober 2020 geschehen, in der sich das Bund-Länder-Gremium geschlossen hinter das Einer-für-Alle-Prinzip gestellt hat.

Helmut Merschmann


Stichwörter: Politik, OZG, Bund


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