Zukunftskongress Staat & VerwaltungDer Schuss muss sitzen

In einer hochkarätig besetzten Runde wurde beim Zukunftskongress über den Digitalisierungs- und Modernisierungsstau diskutiert.
(Bildquelle: Wegweiser Media & Conferences GmbH / Simone M. Neumann)
Es trug sich anno 2016 im brandenburgischen Meeseberg zu, als der estländische Ministerpräsident bei der Klausurtagung der Bundesregierung die funktionierende digitale Vielfalt in seinem Land präsentierte. Auf Peter Altmaier (CDU), damals Chef des Bundeskanzleramts, und auf seine Chefin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, machte das sehr großen Eindruck, und es entwickelte sich daraus, so Altmaier beim „Besonderen Gespräch“ auf dem Zukunftskongress, die Idee des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Der Reformbedarf in der öffentlichen Verwaltung war zu offensichtlich geworden, und schon im Folgejahr trat das OZG in Kraft.
Seitdem ist viel im Bereich Digitalisierung passiert – und auch wieder nicht. Für Peer Steinbrück (SPD), von 2005 bis 2009 Bundesfinanzminister, hat Deutschland hier die „Kreisklasse“ nie verlassen, weswegen das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates stark gesunken sei. In einem demnächst erscheinenden Papier will er zusammen mit einigen Mitstreitern 30 Thesen (er nennt es „Gelingensbedingungen“) vorstellen, wie Vertrauen und Handlungsfähigkeit zurückzuerlangen seien. Dazu zählt auch die „Entwirrung von Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen“.
Ideen zur Skalierung der Digitalisierung
An dieser Entwirrung wird derzeit auf vielen Ebenen gearbeitet, vor allem beim Bund. Das neu geschaffene Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) steht stellvertretend für diesen Angang – es bündelt die digitalen Ressourcen aus fünf Ministerien plus Bundeskanzleramt. Während sich der neue Digitalminister Karsten Wildberger auf dem Zukunftskongress nicht blicken ließ, obwohl sein Haus die Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernommen hat, trat beim „Besonderen Gespräch“ zumindest sein parlamentarischer Staatssekretär Philipp Amthor (CDU) an und stellte einige Modernisierungsideen vor.
Personal und IT-Beschaffung sollen stärker gebündelt und dadurch konsolidiert werden. Man will mit acht Prozent weniger Personal in der Ministerialverwaltung und zehn Prozent weniger Sachkosten auskommen. Vorschläge zum Bürokratieabbau sollen noch bis zur Sommerpause erfolgen. Eine gemeinsame föderale Modernisierungsagenda soll das Zusammenspiel von Bund und Ländern reformieren. Die Bürokratiekosten von derzeit 64 Milliarden Euro sollen um 25 Prozent gesenkt werden. Amthor scheute sich auch nicht, eine Deadline für ein Lieblingsprojekt seines Ministers, die Einführung des EU-Wallet, zu nennen – nämlich Ende 2026 bis Anfang 2027. „Der Schuss muss dann sitzen“, so Philipp Amthor, „die Bürger müssen das Wallet wollen.“
Kommt der Deutschland-Stack?
Was Amthor trotz aller vollmundigen Ankündigungen nicht über die Lippen ging, war der Begriff Deutschland-Stack. Auf gefühlt jedem zweiten Panel beim Zukunftskongress war davon die Rede und beflügelte die Fantasie der dort traditionell stark vertretenen Beratungsunternehmen. Im Koalitionsvertrag heißt es, „ein interoperabler und europäisch anschlussfähiger souveräner Deutschland-Stack integriert KI, Clouddienste sowie Basiskomponenten“ und soll Ländern und Kommunen zur Nutzung zur Verfügung stehen. Offenbar wird im Digitalministerium bereits daran gearbeitet und besonders gut Informierte wollen bereits die Deadline 2028 in Erfahrung gebracht haben.
Laut Corinna Krezer von Beratungsunternehmen Accenture, dem Hauptsponsor des Zukunftskongresses, ist unter dem Deutschland-Stack eine zentrale Plattform zur Skalierung der Digitalisierung zu verstehen, indem verstärkt auf Standards, Basisdienste und gemeinsame Schnittstellen gesetzt wird. Das allerdings war bereits die Ursprungsidee des alten Onlinezugangsgesetzes gewesen, das an der mangelnden Durchsetzungskraft des Bundes und an der kommunalen Realität gescheitert ist.
Jetzt nicht verzetteln
Dementsprechend gelassen reagierten Digitalminister und Digitalisierungsbeauftragte der Bundesländer auf die mit Begriffen wie Deutschland-Stack, Deutschlandarchitektur oder Deutschland-App geweckten hohen Erwartungen. Benjamin Grimm, Minister für Justiz und für Digitalisierung des Landes Brandenburg, schlägt vor, die Plattform aus dem Sondervermögen zu finanzieren und Kommunen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
Der niedersächsische Chief Information Officer (CIO) Horst Baier hofft, dass der Deutschland-Stack „keine Kopfgeburt“ wird. Vor dem Hintergrund „gemischter Erfahrungen“ mit zentralen Diensten des Bundes, wären zentrale Standards der „Königsweg“. Baier will auf die deutsche Verwaltungscloud setzen, gibt aber zu bedenken, dass 80 Prozent der Fachverfahren nicht cloudfähig seien und erst noch angepasst oder entwickelt werden müssten: „Wir werden noch viel Zeit brauchen, um uns zu modernisieren.“
Bernd Schlömer, CIO von Sachsen-Anhalt, fordert vom Bund eine „Zusage über die Pflege und Weiterentwicklung von 10 bis 15 Basisdiensten“, die den Kommunen unentgeltlich zur Verfügung stehen sollen. Und auch er zeigt sich skeptisch darüber, was ein Deutschland-Stack zur Verwaltungsarbeit beitragen könne und stellt fest: „Wir dürfen uns jetzt nicht verzetteln.“
Immer mehr digitale Baustellen
Solche Diskussionen zeigen exemplarisch, mit welch unterschiedlichen Geschwindigkeiten die Digitalisierung in Deutschland vonstatten geht. Während auf der einen Seite Bundesländer Haushaltssperren verhängen und jede dritte Stelle in der Verwaltung nicht neu besetzen oder sogar vereinzelt Digitaldienste vom Netz nehmen, weil die analoge Verwaltungsarbeit schneller von der Hand geht, entstehen auf der anderen Seite unentwegt neue digitale Konzepte und Programmatiken, die mit den raschen technologischen Entwicklungen Schritt zu halten versuchen.
Künstliche Intelligenz, Registermodernisierung, Deutschlandarchitektur und Deutschland-App, digitale Souveränität und Cyberresilienz – es scheint, als ob die digitalen Baustellen eher mehr als weniger werden. Auf das neue Digitalministerium kommen schon in dieser Hinsicht gewaltige Aufgaben zu. Dort ist man bislang äußerst guter Dinge und preist sich selbst – mit den Worten von Staatssekretärin Luise Hölscher – als „Ministerium für Staatsfitness“ an. Richtig daran ist sicherlich die Geschwindigkeit, die jetzt an den Tag gelegt werden muss, damit Erfolge sichtbar werden.
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