Donnerstag, 25. September 2025

InitiativeDresdner Forderungen 2.0

[25.09.2025] Die Initiative (Neu)Start KfZ soll der Umsetzung der Dresdner Forderungen zum Durchbruch verhelfen. Konkret gefordert wird, Leistungen wie die KfZ-Zulassung künftig in Vollzugszentren zu bündeln. Die Kommunen würde das spürbar entlasten.
ie Akteure stellen auf einer Pressekonferenz die Initiative (Neu)Start KfZ vor.

Die Akteure stellen die Initiative (Neu)Start KfZ vor. *

*v.l.: Jonas Goos, Büroleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter von MdB Markus Reichel; Anja Soisson, Stadt Leipzig; Bert Wendsche, OB Radebeul und Präsident des SSG; MdB Markus Reichel; Michael Breidung, Landeshauptstadt Dresden

(Bildquelle: Oliver Kunze / Büro Dr. Markus Reichel, MdB)

Klare Strukturen und Prozesse würden helfen, die Chancen der digitalen Transformation erfolgreich und effizienter zu nutzen. Die föderale Zuständigkeitsverteilung und die Vielzahl an Akteuren machen die Digitalisierung der Verwaltung jedoch komplex, langwierig und vor allem teuer. Die Dresdner Forderungen, Ergebnis einer gemeinsamen Initiative von fünf kreisfreien Städten (Essen, Köln, Leipzig, München, Freiburg) und dem Deutschen Städtetag, die erstmals im März 2021 in Dresden dem Fachkongress des IT-Planungsrats präsentiert wurden, sind eine klare Antwort auf die bestehenden multiplen Problemlagen der Verwaltungsdigitalisierung (wir berichteten).

Der Denkanstoß zu den Dresdner Forderungen entstand durch eine kollegiale Anfrage im Arbeitskreis Moderne Verwaltung des Deutschen Städtetags, den die Stadt Leipzig um Hilfe bei der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen für eine KfZ-Zulassungssoftware bat. Als Pflichtaufgabe für Kommunen auf Weisung des Bundes ist der Prozess der KfZ-Zulassung in allen Zulassungsstellen einheitlich und die zu beschaffenden IT-Lösungen müssen die gleichen Anforderungen erfüllen. Aus der Anfrage entspann sich eine Diskussion, warum eigentlich jede Kommune ihre Leistungen selbst organisieren und digitalisieren muss. Das Onlinezugangsgesetz hat hierfür keine Konzepte geliefert und die parallele dezentrale Digitalisierung sogar noch unterstützt.

Die Dresdner Forderungen haben seit ihrer Veröffentlichung in verschieden Publikationen Widerhall gefunden, unter anderem hat der Normenkontrollrat die Ideen in der Zwischenzeit wiederholt aufgegriffen (Jahresberichte 2022, 2023 und 2023).

Ziel ist eine Aufgabenneuordnung

Die im Sommer 2024 gegründete Initiative für einen handlungsfähigen Staat (wir berichteten) mit den Protagonisten Julia Jäkel, den ehemaligen Bundesministern Peer Steinbrück und Thomas de Maizière sowie dem ehemaligen Präsident des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle arbeitete gemeinsam mit Expertinnen und Experten an konkreten Reformansätzen, wie der Staat besser, moderner und digitaler organisiert werden kann. Parallel veröffentlichte im Oktober 2024 die Gesellschaft für Informatik die Dresdner Forderungen 2.0 (wir berichteten). In 20 Thesen werden hier die weiterhin bestehenden Probleme reflektiert und neue Impulse für die notwendige Staatsmodernisierung aufgezeigt.

Im Februar 2025 übergab eine Gruppe um den Arbeitskreis Moderne Verwaltung des Deutschen Städtetags der Initiative für einen handlungsfähigen Staat praktische Vorschläge zur Umsetzung der Dresdner Forderungen – inklusive einer Liste von Leistungen, die sich für eine sofortige Bündelung gut eignen. Darunter neben Wohn- und Elterngeld auch das Führerscheinwesen und die KfZ-Zulassung. Der Abschlussbericht der Initiative greift diesen Impuls als ein zentrales Anliegen auf und zielt auf eine grundlegende Aufgabenneuordnung im föderalen System. Er betont auch die Stärkung der Umsetzungsperspektive bei der Regelsetzung, sodass Gesetze bereits bei deren Entwurf die Prozesse und IT-Lösungen vor Ort mitdenken. Die Dresdner Forderungen sind zudem Bestandteil des Koalitionsvertrags der aktuellen Bundesregierung, die sich mit dem Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) endlich auch eine eigene Struktur für die Digitalisierung gegeben und die Voraussetzungen für eine Neuorganisation und Kompetenzverteilung im Bund geschaffen hat.

Dresdner Forderungen werden konkret

Was also mit einer Arbeitsanfrage für eine Ausschreibungsvereinfachung im Jahr 2021 begann, wird im Jahr 2025 mit dem Start der Initiative „(Neu)Start KfZ: Die Dresdner Forderungen für moderne Zulassung“ konkret. Handlungsleitender Gedanke ist es, anstelle unterschiedlicher lokaler Lösungen eine einheitliche Software zu etablieren, diese zentral zu betreiben und mit deren Hilfe das Verfahren vollständig Ende-zu-Ende digital zu bearbeiten. Eine Integration in die EUDI-Wallet kann bereits auf absehbare Zeit das analoge Mitführen von Belegen überflüssig machen.

Die KfZ-Zulassung erfordert keine ortsbezogenen Entscheidungen und bietet keinen Ermessensspielraum für die Kommunen. Zudem handelt es sich dabei um eine Bundesaufgabe, deren Vollzug der Bund nach Einschätzung der Initiative (Neu)Start Kfz beispielsweise mittels eines Erlasses neu regeln kann. In seinem Gutachten „Bündelung im Föderalstaat“ vom Januar 2025 leitet der Normenkontrollrat am Beispiel des Erstantrags und der Erteilung der Fahrerlaubnisklasse B her, dass der Bund durch einfache rechtliche Änderungen, in diesem Fall auf Basis eines Erlasses des Straßenverkehrsgesetzes, die Vollzugshoheit an sich ziehen und die Leistung durch ein Vollzugszen­trum erbracht werden kann. Diese Einschätzung teilt die Initiative auch bei der KfZ-Zulassung.

Bei der KfZ-Zulassung kommt ein Großteil der Menschen und Unternehmen im Land mit der Verwaltung in Berührung. Die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger trifft hier bislang auf lange Wartezeiten, analoge Prozesse und komplizierte Ausnahmen. Hier zeigt sich, ob der Staat als leistungsfähig wahrgenommen wird – oder eben nicht. Durch die vorgeschlagene Einführung einer bundesweit einheitlichen Lösung kann der Staat diese Erwartungen erfüllen.

Kommunen entlasten 

Auch ganz praktische Erwägungen sprechen für den Zeitpunkt: Bis zum Jahr 2027 müssen circa 100 Zulassungsstellen in Deutschland ihr Fachverfahren aufgrund der Einstellung des aktuellen Produkts ablösen. Mit einem klaren Bündelungsversprechen des Bundes könnten sofort viele Arbeitsstunden und Umstellungskosten gespart werden. Konkret könnten die Kommunen in Deutschland bei einer Umsetzung der Bündelung bis zum Jahr 2027 um bis zu 700 Millionen Euro entlastet werden.

Zugleich ist kein Verlust der Bürgernähe zu erwarten. Den bisherigen Zulassungsstellen in den Landkreisen und kreisfreien Städten kann eine neue, ergänzende Beratungs- und Unterstützungsfunktion genau für die Personen, die den rein digitalen Weg nicht gehen können oder wollen, zugeordnet werden. Im Ergebnis wird prognostiziert, dass bereits in Kürze bis zu 80 Prozent der Vorgänge voll digital zentral über die Bundeslösung abgewickelt werden können. Für alle anderen Fälle sollten vor Ort Beratungsstellen erreichbar bleiben – aber unter Nutzung der zentralen Software und Prozesse.

Die Initiative möchte zukünftig auch Leistungen wie das Wohn- oder Elterngeld in den Fokus nehmen, denn auch hier ist einiges mehr an Entlastungen möglich. Es braucht nur einen klaren politischen Willen und mutige Entscheidungen.

Dr. Markus Reichel ist Bundestagsabgeordneter der CDU/CSU-Fraktion und Mitglied im Ausschuss Digitales und Staatsmodernisierung; Anja Soisson ist Amtsleiterin für Digitalisierung und Organisation der Stadt Leipzig; Michael Breidung ist Professor für E-Government und IT-Betriebsleiter der Landeshauptstadt Dresden; Bert Wendsche ist Oberbürgermeister der Stadt Radebeul sowie Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetags (SSG).




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