BerlinDie Verwaltung und ihr Double

Kiezlabor in Berlin: Offener Ort im Schiffscontainer.
(Bildquelle: Merschmann)
Zwischen Verwaltung und Bürgern herrscht oft große Distanz, die auch heimelige Pflanzenbegrünung in den Foyers von Bürgerämtern nicht überwinden kann. Die Hemmschwelle am Einlass bleibt bestehen. Mit dem „Kiezlabor“, einem umgebauten Schiffscontainer, soll in Berlin ein offener Ort für die Begegnung von Bürgerschaft und Verwaltung im öffentlichen Raum entstehen. Das so genannte „Tiny House für die digitale Transformation“ besteht aus einem Standard-Schiffscontainer, der zu einem Meeting-Space im Coworking-Look umgebaut wurde.
Auf dem Dach befinden sich Solarmodule für die energieautarke Stromversorgung für rund 18 Betriebsstunden. Die großen Fensterflügel an der Containerseite lassen sich weit und einladend öffnen. Drinnen sind die Stahlwände spanholzverkleidet und bieten Stauraum für Büro- und Medientechnik samt Mikrofonen, Soundanlage, drei Bildschirmen für Präsentationen sowie mehreren Tablets. Möbelmodule lassen sich zu Sitzgelegenheiten, Tischen und Ablagen aufbauen. Leuchtend rote Sonnensegel sorgen für Beschattung und selbst eine kleine Küchenzeile findet auf den 14 Quadratmetern Grundfläche Platz.
Digitale Transformation vorantreiben
Am Donnerstag dieser Woche (29. Juni 2023) ist das Kiezlabor, ein Projekt des Berliner Innovationslabors CityLAB, im Rahmen des jährlichen Sommerfestes gestartet. Das Labor will die Stadt- und Zivilgesellschaft mit der lokalen Verwaltung vernetzen und digitale Transformationsprozesse vorantreiben. Es sollen dabei Stadtvisionen diskutiert und Partizipationsprozesse erfahrbar gemacht werden. „Die Idee zum Kiezlabor kam aus vielen verschiedenen Richtungen, unter anderem aus dem Berliner Abgeordnetenhaus“, sagt Benjamin Seibel, Leiter des CityLAB. „Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass wir unsere Angebote in die lokalen Kieze hineintragen sollen. In den letzten zwei Jahren fand in Berlin ein Strategieprozess mit dem Titel Gemeinsam Digital: Berlin statt, wo immer wieder die Idee eines mobilen Begegnungsraums auftauchte. Wir wurden gefragt, könnt ihr nicht mobiler werden, um die weniger digital affinen Menschen zu erreichen?“ So entstand die Idee zum Kiezlabor und wurde innerhalb von sechs Monaten realisiert.
Richtig mobil ist das Kiezlabor allerdings nicht. Der Container wiegt mit Vollausstattung sechs Tonnen und kann nur mit Lastenkran und Sattelschlepper zu seinem Einsatzort verfrachtet werden. Deswegen soll er jeweils mindestens eine Woche an einem Ort verbleiben und dort Raum bieten zum Diskutieren, Experimentieren, für Beteiligungsprojekte und digitale Netzwerktreffen. Während der Testphase zog das Ausbildungsbürgeramt von Friedrichshain-Kreuzberg ein und bot, per VPN-Tunnel an das Verwaltungsnetz angeschlossen, reguläre Verwaltungsservices für die Besucher an – ganz ohne Terminreservierung. Im Bezirk Treptow lud die Bürgerinitiative Kungerkiez dazu ein, sich ein KI-gestütztes, virtuelles Bild von der geplanten Verlängerung der Stadtautobahn A100 zu machen und deren Auswirkungen auf den eigenen Kiez zu diskutieren. Weitere Einsatzorte mit jeweils eigenen Fragestellungen um Themenbereiche wie Klimaschutz, Mobilität und Platzverteilung sind auf dem Tempelhofer Feld, im Kreuzberger Gräfekiez und im Ostbezirk Marzahn-Hellersdorf noch für 2023 geplant.
Meinungsmobil in Köln
Auch in anderen Städten finden vergleichbare Aktivitäten statt. Schon 2019 hat das Innovationsbüro der Stadt Köln ein Gefährt für die mobile Öffentlichkeitsbeteiligung entwickelt: einen zum „Meinungsmobil“ umgebauten Fahrradanhänger. Damit sollte dem Wunsch nach mehr Mitsprache und Teilhabe entsprochen werden. Bürgerinnen und Bürger werden an verschiedenen Orten gezielt nach ihren Bedürfnissen, Erfahrungen und Ideen zu städtischen Themen befragt und in die Lösungen eingebunden. Ebenfalls in einem Frachtcontainer fand von Anfang April bis Ende Mai 2022 ein „PopUp Labor für Partizipation“ auf dem Kölner Ebertplatz statt, in dem erforscht wurde, wie mobile und temporäre Begegnungsstätten gestaltet werden müssen, um Menschen für Beteiligungsprozesse zu begeistern.
Tiny Rathaus in Kiel
In Kiel ist im Mai 2022 das erste deutsche Tiny Rathaus an den Start gegangen, die Mini-Version einer Bürgermeisterei. Es besteht aus einem umgebauten Autoanhänger mit stilisierten Rathaustürmen und stand wochenlang als Double vor dem richtigen Kieler Rathaus. „Im öffentlichen Bild gibt es keine Fehler- und Experimentierkultur in der Verwaltung“, sagt die Initiatorin Sophie Mirpourian, „wir müssen aber nur zuhören und wagen, Neues auszuprobieren.“ So wurde das Kieler Tiny Rathaus nicht nur zum partizipativen Begegnungsort, sondern auch zur volksnahen Amtsstube. Eine Zeit lang konnten dort Anträge auf Reduzierung von Kita-Gebühren für einkommensschwache Familie gestellt werden und wurden gleich vor Ort bearbeitet. Erfahrungsgemäß sind solche Anträge den Berechtigten oftmals zu kompliziert – hier erfuhren sie niedrigschwellige Unterstützung.
Die Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins sieht sich mit dem Projekt Tiny Rathaus als Teil einer internationalen Bewegung, die Stadtverwaltung neu zu denken. Auf der Projekt-Website heißt es: „Das Tiny Rathaus denkt neu, was ein Rathaus kann“. Vielleicht ist dieser Ansatz allein schon deshalb notwendig, um nach außen zu kommunizieren, dass die Verwaltung ihr größtes Problem – die Distanz zu den Bürgern – längst erkannt hat und zusammen mit den Bürgern nach Lösungen sucht.
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