Sonntag, 10. August 2025

Smart Country ConventionDigitalisierung hoch zwei

[29.10.2021] Am zweiten Kongresstag der Smart Country Convention standen die klugen Städte und Regionen im Mittelpunkt. Nach der Verwaltung geht nun die Digitalisierung in die zweite Potenz.
Am zweiten Tag der digitalen Special Edition der Smart Country Convention standen smarte Städte und Regionen im Fokus.

Am zweiten Tag der digitalen Special Edition der Smart Country Convention standen smarte Städte und Regionen im Fokus.

(Bildquelle: © Messe Berlin)

Es geht um Klimaschutz und Daseinsvorsorge, Wettbewerbsfähigkeit und Partizipation, Lebensqualität und Effizienz. Die Zuschreibungen für das Label Smart City können gar nicht groß genug ausfallen. Die Städte, Gemeinden und Kreise sollen und wollen digital werden beziehungsweise digitale Technologien nutzen, um vorausschauender planen und besser funktionieren zu können und damit attraktiver für ihre Einwohner zu werden. Grundlegende Voraussetzung dafür ist der breitbandige Netzausbau. Dass dieser durchaus noch immer nicht allerorten weit fortgeschritten ist, belegt schon die Tatsache, dass Henriette Reker und Thomas Eiskirch, die Oberbürgermeister von Köln und Bochum, den eigenen Netzausbau in ihren Statements so deutlich hervorheben. Köln kann auf eine eigene Netzgesellschaft verweisen, in Bochum sind 90 Prozent Glasfaserleitungen für Bürger und Unternehmen verlegt. Beide Städte rangieren im aktuellen Smart-City-Index des Branchenverbands Bitkom (wir berichteten) übrigens in der Top 10 – Köln auf Platz 2 und Bochum auf Platz 7.
Zweite wichtige Voraussetzung für smarte Städte ist eine digitale Verwaltung. Insofern macht es Sinn, wenn die Smart Country Convention beides an getrennten Tagen in den Blick nimmt. Wie beim Netzausbau herrschen in Sachen Verwaltungsdigitalisierung große Unterschiede zwischen Städten und kleinen Gemeinden und den Bundesländern vor. Eine vom Onlinezugangsgesetz (OZG) – das nach 2022 in ein Verwaltungszukunftsgesetz überführt werden soll – verbürgte Angleichung der digitalen Verwaltungsleistungen landauf und landab wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Große Vielfalt an Projekten

Derweil gehen die Planungen für das Zusammenspiel von intelligenter Verwaltung und smarter Stadt eifrig voran – in durchaus unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Während in Hamburg (in Kooperation mit München und Leipzig) an einem so genannten digitalen Zwilling gearbeitet wird, einem 3D-Abbild der Stadt, das für die Modellierung aller möglichen Sektoren wie Wohnraum, Verkehr oder Schulen eingesetzt werden und wichtige Steuerungsergebnisse liefern kann, ist man in der schleswig-holsteinischen Gemeinde Stockelsdorf froh, die rechtlichen Hürden für die Virtualisierung der Ratssitzungen zur Corona-Zeit erfolgreich überwunden zu haben.
Ulm hat eine Stadtbibliothek für digitale Bildung eingerichtet und bietet Co-Learning für seine Bürgerinnen und Bürger an, die sich dort von Robotern und Chatbos beraten lassen können. Zürich experimentiert mit einem Personenbeförderungssystem auf Zuruf in den späten Stunden. Linz will zur klimaneutralen Industriestadt werden und schickt Wasserstoffbusse auf die Straßen. Wadgassen im Saarland hat sich im Zuge der Pandemie von einer reinen Wohngemeinde zu einem Ort entwickelt, wo die Möglichkeiten für mobiles Arbeiten relevant geworden sind. Immer mehr Menschen wollen und können von zu Hause aus oder vor Ort arbeiten. Die Stadtverwaltung trägt dem nun durch einen Co-Living-Space in unmittelbarer Nähe von Schule und Kita Rechnung, wo die Menschen mobil arbeiten können, wenn es die eigenen vier Wände nicht ideal zulassen.

Konkurrierende Wettbewerbe

Auf der Smart Country Convention sind unzählige und sehr unterschiedliche Beispiele für mehr Smartness in Städten präsentiert worden. Angespornt durch zwei konkurrierende Modellprojektförderungen seitens des Bundesinnen- und des Bundeswirtschaftsministeriums ist für die klugen Städte und ihre sicher sehr guten Ideen einiges an Geld vorhanden. Zusätzlich schüttet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft innerhalb seines Bundesprogramms Ländliche Entwicklung (BULE) Gelder für die Stärkung des ländlichen Raums und für gleiche Lebensverhältnisse aus, die ebenfalls für Digitalprojekte verwendet werden können. Das reicht vom Car-Sharing über die Nahversorgung bis hin zu Projekten für das Ehrenamt. In Bremke bei Göttingen ist beispielsweise die „sorgende Dorfgemeinschaft“ ausgerufen worden, andernorts entstehen Marktplätze für Landkreise mit den entwickelten Lösungen, die von anderen Kommunen nachgenutzt werden können.

Nachnutzung organisieren

Apropos Nachnutzung. Vorausgeschickt sei, dass Modellprojekte und Erprobungsräume, Versuche und Irrtümer sicherlich notwendig sind, um die Modernisierung und Digitalisierung in Städten und auf dem Land voranzutreiben. Allzu bekannte Fehler sollten aber doch möglichst nicht wiederholt werden. Hierzu zählt die Heterogenität genannte Vielfalt an Lösungen, die bereits die Verwaltungsdigitalisierung auszeichnet: die vielen Parallelentwicklungen an unterschiedlichen Orten, deren Akteure offenbar nichts voneinander wissen. Beispielsweise ist es völlig unverständlich, wieso etwa in der Stadt Wolfsburg innerhalb einer Open-Smart-City-App ein Parkticket-System samt Payment, Mängelmelder und Ladesäulenfinder selbst entwickelt werden, wenn es dies längst anderswo gibt. Auch Smart-Parking-Lösungen, wie sie etwa in Lemgo durch das Fraunhofer-Institut IOSB vorangetrieben werden, gibt es bereits am Markt.
Nichts gegen den Wettbewerb um gute Lösungen. Doch sollte unbedingt vermieden werden – vor allem, wenn es sich um öffentliche Gelder handelt –, dass nun Insellösungen entstehen, die an anderer Stelle mangels Standardisierung gar nicht eingebunden werden können. Die Fördermittelgeber in den Ministerien sollten sich rechtzeitig Gedanken über eine professionelle Nachnutzung von Smart-City-Lösungen machen, so wie es in denselben Häusern derzeit bei den Verwaltungslösungen nach dem Einer-für-Alle-Prinzip geschieht.

Helmut Merschmann




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Smart City
Ein mit Kamera und Laserscanner ausgestattetes Fahrzug von Cyclomedia steht vor einem historischen Gebäude.

Dresden: Aufnahmen für Starkregenmodell

[08.08.2025] Anhand eines detaillierten Oberflächenmodells will Dresden künftig die Auswirkungen von Starkregenereignissen simulieren. Mit Kamera und Laserscanner ausgestattete Fahrzeuge erstellen nun die dafür erforderlichen Bilddaten. mehr...

Zu sehen ist ein Laptop mit einem Übersichtsbild von einem Teil des Schulhofes der Kreuzbergschule.

Bonn: Ordnungsdienst effizient steuern

[04.08.2025] Ein Pilotprojekt zur Radarüberwachung von Beschwerde-Schwerpunkten hat die Stadt Bonn gestartet. Sie erhofft sich davon eine effizientere Steuerung des Kommunalen Ordnungsdienstes. mehr...

Halteverbotsschild auf dem Boden

Mannheim: Pilot für Scan-Fahrzeuge

[31.07.2025] Für eine automatisierte Parkraumüberwachung testet die Stadt Mannheim voraussichtlich ab Herbst Scan-Fahrzeuge. Als Pilotkommune ist sie Teil eines Projekts des baden-württembergischen Verkehrsministeriums. mehr...

Symbolischer Startschuss: In Holsthum aktivieren Klimaschutzministerin Katrin Eder und Landrat Andreas Kruppert das neue Pegelmesssystem im Eifelkreis Bitburg-Prüm

Eifelkreis Bitburg-Prüm: Neues Pegelmesssystem aktiv

[31.07.2025] Smarter Bevölkerungsschutz im ländlichen Raum: Im Eifelkreis Bitburg-Prüm soll ein engmaschiges Netz von digitalen Pegelsensoren die Bevölkerung ab sofort rechtzeitig vor Hochwassergefahren warnen. mehr...

Blick auf einen Strand in der Dämmerung mit Strandkörben, davor das Meer.
bericht

Wangerland: Smarter Gastgeber

[30.07.2025] Auch Urlaubsgäste hinterlassen zahlreiche Daten. Das Wangerland, eine Gemeinde an der Nordseeküste, nutzt diese Informationen, um noch attraktiver zu werden. Möglich machen dies ein zentrales Dashboard und KI-basierte Auswertungen. mehr...

Symbolbild Wander Augmented Reality

Kreis Wunsiedel: Smarte Pilotprojekte im Praxistest

[30.07.2025] Im Kreis Wunsiedel werden demnächst fünf digitale Pilotprojekte in der Praxis getestet. Das Besondere: Die Lösungen kommen mit einem kleinen Budget aus, und sollen helfen, unkompliziert Neues zu erproben. mehr...

Vier Personen stehen hinter einem Legomodell.
bericht

Mönchengladbach: Mit LEGO lernen

[29.07.2025] Ein interaktives LEGO-Modell dient in Mönchengladbach dazu, die komplexen Prozesse beim Einsatz einer urbanen Datenplattform zu veranschaulichen. Am Modell konnte die Stadt bereits zahlreiche Erkenntnisse für die Realisierung von Sensorprojekten gewinnen. mehr...

Menschen vor einem Gebäudekomplex halten das neue Logo der Smart Region Warendorf auf einem Tuchhoch

Kreis Warendorf: Einheitliche Smart-Region-Strategie

[29.07.2025] Im Kreis Warendorf ist die Smart-Region-Strategie jetzt einheitlich in allen Städten, Gemeinden und im Kreistag beschlossen worden. In diesem Zuge wurde auch das Logo der Smart Region Kreis Warendorf vorgestellt. mehr...

Eine Ampel mit Pfeil nach rechts zeigt grün.

Interkommunale Zusammenarbeit: Verkehrsflüsse gemeinsam steuern

[28.07.2025] Kelsterbach, Raunheim und Rüsselsheim wollen gemeinsame Smart-City-Strukturen etablieren – unter anderem, um Verkehrsflüsse und Parkraumnutzung gemeinsam digital zu steuern. Grundlage ist die Nachnutzung bereits bestehender Systeme wie Datenplattform, Verkehrssensorik und 3D-Stadtmodell. mehr...

Key Visual Smart City Academy

Smart City Akademie: Neues Wissen für smarte Städte

[25.07.2025] Ab September stehen kommunalen Beschäftigten in der Smart City Akademie neun neue Lernmodule zur Verfügung. Im Fokus stehen Themen wie Künstliche Intelligenz, Kommunikation, Vergaberecht oder Standards für die Stadt der Zukunft. mehr...

Schwalm-Eder-Kreis: KI senkt Energieverbrauch

[24.07.2025] Fünf Kommunen im Schwalm-Eder-Kreis setzen auf Künstliche Intelligenz, um den Energieverbrauch ihrer öffentlichen Gebäude deutlich zu senken. Das Land fördert das Projekt mit über einer Million Euro aus dem Programm „Starke Heimat Hessen“. mehr...

v.l.: Sandro Zehner, Landrat und Verkehrsdezernent des Rheingau-Taunus-Kreises; Hessens Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus; Arno Brandscheid, Geschäftsführer der Rheingau-Taunus-Verkehrsgesellschaft; André Stolz, Vorsitzender des Kreistags vor einem Bus

Rheingau-Taunus-Kreis: Förderung für smarteren ÖPNV

[23.07.2025] Mit Sensortechnik Fahrgastzahlen in Echtzeit erheben und die Informationen per App oder Anzeigetafeln den Passagieren sofort zur Verfügung stellen – diese Idee will die Rheingau-Taunus-Verkehrsgesellschaft verwirklichen. Das soll unter anderem eine nutzerorientierte Einsatzplanung ermöglichen. mehr...

Panoramaansicht der Stadt Potsdam vom Wasser aus, über der Stadt ist ein Netzwerk angedeutet.
bericht

Potsdam: Zusammenhänge erkennen

[22.07.2025] In Potsdam haben Stadt und Stadtwerke eine urbane Datenplattform eingerichtet, die auch von Laien einfach genutzt werden kann. Die agile Lösung wird kontinuierlich weiterentwickelt und an aktuelle Anforderungen angepasst. mehr...

Tortendiagramm zur Implementierung von Fortschritts- und Erfolgsmessung in Kommunen.

Haselhorst Associates: Smart Cities brauchen Monitoring

[22.07.2025] Viele Kommunen arbeiten daran, digitaler und nachhaltiger zu werden. Eine Evaluation der Fortschritte kommt in vielen Smart Cities aber zu kurz – trotz vielfältiger Potenziale. Das Beratungsunternehmen Haselhorst Associates legt nun ein Praxisdossier vor, das Kommunen beim Aufbau von Monitoring-Strukturen unterstützt. mehr...

Nahaufnahme eines Gartenschlauchs, mit dem eine Grünanlage bewässert wird

Hannover: Mit KI zur nachhaltigen Grünpflege

[16.07.2025] Ein innovatives Projekt zur nachhaltigen Stadtbegrünung mit Künstlicher Intelligenz ist jetzt in Hannover gestartet. Im Rahmen von BlueGreenCity-KI sollen unter anderem Methoden zur intelligenten Speicherplanung und Bewässerung entwickelt sowie automatisierte Prognosen für den individuellen Bewässerungsbedarf erstellt werden. mehr...