Samstag, 13. September 2025

AwarenessIm Visier der Hacker

[17.01.2022] Erfolgversprechende Cybersecurity-Strategien beruhen auf drei Säulen: Mensch, Technologie sowie Organisation und Prozesse. Allerdings wird die zentrale Säule – der Mensch – allzu oft sträflich vernachlässigt.
Die drei Säulen einer Cybersecurity-Strategie.

Die drei Säulen einer Cybersecurity-Strategie.

(Bildquelle: telent GmbH)

Um die mannigfaltigen Gefahren abzuwehren, die der IT-Infrastruktur aus den Tiefen des Internets drohen, wird kräftig in hochmoderne Security-Systeme investiert. Doch: Je besser Technik Gefahren von außen erkennt und abwehrt, umso attraktiver wird es, diese zu umgehen und die Menschen, die schon Zugang zu den Systemen haben, zu hacken. Um es mit dem amerikanischen Security-Experten Bruce Schneier zu sagen: „Nur Amateure greifen die Technologie an, Profis nehmen den Menschen ins Visier.“ Dabei ziehen sie alle Register des Social Engineering und nutzen Grundverhaltensmuster des Menschen aus. Sie appellieren an seine Hilfsbereitschaft, arbeiten mit (Zeit-)Druck, schüren Ängste oder versprechen befristete Belohnungen.
Manchmal kommen die Angriffe plump daher, etwa in Form von skurril anmutenden Anrufen oder Massen-Spammails, die, wenn man weiß, worauf man achten soll, ohne Weiteres als solche zu erkennen sind. Aber immer öfter sind Angriffe sehr viel zielgerichteter. In der Vorbereitung sammeln Cyber-Kriminelle alle Daten, an die sie herankommen können: über das Telefon, vor Ort getarnt als Servicemitarbeiter, in den sozialen Medien und dem Web. Diese Daten werden verknüpft, verarbeitet, ausgewertet und dienen als Grundlage eines ausgeklügelten Angriffsplans. Nicht selten ist dieser sogar mehrstufig aufgebaut. Etwa in Schritt 1 den Zugriff auf das Mail-Postfach eines Mitarbeiters in Behörde A zu bekommen, um dann in Schritt 2 als vermeintlich vertrauenswürdige Person einen Mitarbeiter bei Behörde B ins Visier zu nehmen.

Eingriff in erprobte Arbeitsabläufe

Ein Evergreen ist das Versenden einer Bewerbung, die im Hintergrund (meist über die Makrofunktio­nalität) unerwünschte Schad-Software mit sich bringt. Ein kurzer Anruf des vermeintlichen Bewerbers, mit der Bitte, einmal schnell nachzuschauen, ob der aktuelle Lebenslauf dabei sei, die Versicherung, das mit den Makros sei schon okay, und der Schaden ist geschehen. Fakt ist, Cyber-Kriminelle haben mittlerweile einen hohen Grad an Profes­sionalität erreicht. Da ist es fahrlässig, seine Mitarbeiter auf Amateur­niveau zu belassen.
Cyber-Security beruht auf drei Säulen: Mensch, Technologie sowie Organisation und Prozesse. In der Realität wird aber meistens die Technologie implementiert, passende Prozesse erarbeitet und dann den Mitarbeitern übergestülpt. Das führt zu Problemen, schließlich wird damit in jahrelang erprobte Abläufe des Arbeitsalltags eingegriffen. Die Folge: Widerstand. Viele Mitarbeiter versuchen alles, die praktizierten Vorgehensweisen weiterhin zu nutzen. Notfalls unter Umgehung der neuen Regeln. Das Problem liegt aber nicht nur beim Mitarbeiter, sondern daran, dass er bei der Erarbeitung des Konzepts nicht im Mittelpunkt stand. Sonst hätte man sich Gedanken darüber gemacht, inwiefern sein Arbeitsalltag betroffen ist, und bei gravierenden Änderungen deren Notwendigkeit erklärt.

Problematische Unternehmenskultur

Fehlende Erklärungen, mangelhafte Kommunikation, vernachlässigte Orientierung am Arbeitsalltag und schwach ausgebildetes Awareness-Bewusstsein – das sind die Zutaten, die ein auf dem Papier genial anmutendes Cybersecurity-Konzept in der Realität krachend scheitern lassen. Ebenso in den Bereich der Kommunikation gehört das Thema Ansprechpartner: An wen wenden sich die Mitarbeiter bei Verdachts- oder Schadensfällen? Allzu oft ist das nicht wirklich bekannt, muss in einer Notsituation erst einmal nach dem Ansprechpartner recherchiert werden.
Angriffsfläche für Cyber-Kriminalität bietet auch die hierzulande übliche Devise: Fehler kommen im Job nicht vor. Wer dennoch welche macht, steht am Pranger. Das führt zu einer Angstkultur, in der Fehler vertuscht und verschleppt werden. Im Fall eines Cybersecurity-Vorfalls ist dieses Verhaltensmuster ein Super-GAU, da Zeit ein entscheidender Faktor bei der Eindämmung ist. Dieses Phänomen betrifft zwar die Mitarbeiter, seine Ursache liegt aber in der Unternehmenskultur. Solange kein anderer Umgang mit Fehlern gelebt wird, ist das Problem kaum in den Griff zu bekommen. Aus Security-Sicht ist eine Kultur nötig, die das Vorkommen von Fehlern akzeptiert, diese schnell und offen kommuniziert und daraus die richtigen Lehren zieht. Ein zusätzlicher Vorteil einer solchen Unternehmenskultur: Die Mitarbeiter trauen sich mehr zu, agieren selbstständiger und kreativer und gleichzeitig aufmerksamer, wenn sie wissen, dass ihnen aus einem Fehler kein Strick gedreht wird.

Cybersecurity vom Menschen aus denken

Im Rahmen einer Zertifizierung oder Rezertifizierung, beispielsweise auf Grundlage der ISO 2700x-Reihe, reicht es zwar aus, den Nachweis zu erbringen, dass die Mitarbeiter geschult wurden. Meistens passiert das aber als fast schon einschläfernder Frontalunterricht unter Zuhilfenahme überfrachteter Power-Point-Präsentationen. Nachweis erbracht – Ziel erreicht? Nicht wirklich! Das Ziel der Übung sollte ja eigentlich sein, die Mitarbeiter für das Thema Cyber-Risiken zu sensibilisieren, und nicht, ein Häkchen im Rahmen der Zertifizierung zu bekommen. Besser als einmalige Veranstaltungen ist es, das Thema Awareness in den Arbeitsalltag einzubauen.
Ebenso, wie Hacker sich beim Social Engineering die menschliche Psyche zunutze machen, kann man das auch auf der Gegenseite. Der Drang nach Lob ist tief im Menschen angelegt und lässt sich einfach ansprechen durch kleine virtuelle Belohnungen in Form von Trophäen, Badges und ähnlichem. Der Mensch muss mit der Technologie umgehen, die Prozesse in der täglichen Arbeit anwenden und leben. Daher ist es sinnvoll, Cybersecurity von ihm aus zu denken. Ohne das aktive Mitwirken durch den Menschen ist nämlich jede Cybersecurity-Strategie von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Daher ist es höchst sinnvoll, dem Thema Awareness einen entsprechenden Stellenwert einzuräumen.

Jakob Schmidt ist Coordinator Awareness KORAMIS im Kompetenzzentrum für Cybersecurity der telent GmbH.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: IT-Sicherheit
Ein Rettungsschwimmring liegt auf einer Computertastatur.

ITEBO: Cloudbasierter Notfallarbeitsplatz

[01.09.2025] Kommunen können nun einen Notfallarbeitsplatz bei IT-Dienstleister ITEBO einrichten. Sollte die Verwaltung einmal von einem Cyberangriff betroffen sein, kann sie über die cloudbasierte Lösung innerhalb kurzer Zeit ihre Erreichbarkeit wiederherstellen. mehr...

Datenschutz: Know-how für die KI-Planungsphase

[29.08.2025] Der Beauftragte für den Datenschutz des Landes Niedersachsen führt regelmäßig Schulungen zu aktuellen Datenschutzthemen durch. Neu im Programm ist eine Fortbildung über den KI-Einsatz in der öffentlichen Verwaltung. mehr...

Logo des 7. CyberSicherheitsForums

CyberSicherheitsForum 2025: Global denken, vor Ort handeln

[28.08.2025] Wie sicher sind wir in der Welt vernetzt? Was können wir global mitnehmen, um unsere digitale Welt hier vor Ort sicherer zu machen? Diese und weitere Fragen können mit Expertinnen und Experten im November beim siebten CyberSicherheitsForum in Stuttgart diskutiert werden. mehr...

Mehrere Personen stehen nebeneinander in einem Raum, zwei davon halten ein Dokument in den Händen.

Würzburg: Siegel bescheinigt IT-Sicherheit

[26.08.2025] Würzburg ist vom Bayerischen Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) mit dem Siegel Kommunale IT-Sicherheit ausgezeichnet worden. Es bescheinigt der Stadtverwaltung, dass sie angemessene Maßnahmen zur IT-Sicherheit umgesetzt hat. mehr...

Verschwommen im Hintergrund die Nahaufnahme eines Laptops, über dessen Tastatur eine leuchtende digitale Vorhängeschloss-Schnittstelle schwebt.

V-PKI-Zertifikate: Neues Antragsportal der SIT

[25.08.2025] Als nachgeordnete Zertifzierungsstelle des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gibt die Südwestfalen-IT Zertifikate zur Absicherung der digitalen Kommunikationswege und -Plattformen von öffentlichen Verwaltung aus. Das entsprechende Antragsportal hat die SIT nun einem Relaunch unterzogen. mehr...

Das Bundeskabinett an einem langgestreckten ovalen Holztisch während einer Sitzung.

Bundesregierung: NIS2-Richtlinie beschlossen

[31.07.2025] Das Kabinett hat den Gesetzentwurf zur Umsetzung der NIS2-Richtlinie beschlossen. Damit gelten künftig für deutlich mehr Unternehmen als bisher gesetzliche Pflichten zur Stärkung der Cybersicherheit, zudem erhält das BSI neue Befugnisse für Aufsicht und Unterstützung. mehr...

Drei Personen stehen in einem Raum nebeneinander und halten gemeinsam ein großes Dokument in die Kamera.

Monheim am Rhein: TÜV bestätigt IT-Sicherheit

[23.07.2025] Das Informationssicherheits-Managementsystem der Stadt Monheim und ihrer Bahnen ist erneut mit dem Prüfsiegel ISO/IEC 27001:2022 zertifiziert worden. Das von TÜV Rheinland ausgestellte Zertifikat bescheinigt, dass sicherheitsrelevante Prozesse dokumentiert, geprüft und kontinuierlich verbessert werden. mehr...

Eine Reihe von roten und blauen Bauklötzen oder Dominosteinen, die blauen Steine sind im Begriff, umzufallen.

Dataport: Red Team für Cybersicherheit

[10.07.2025] Dataport setzt künftig auf Red Teaming – umfassende Angriffssimulationen, welche die IT-Sicherheitsmechanismen realistisch auf die Probe stellen. Der IT-Dienstleister will damit das eigene Sicherheitsniveau und die Sicherheit der Kunden und Trägerländer erhöhen. mehr...

Blick ins Auditorium Fachveranstaltung "Cyberangriffe auf Kommunen"

Fachtagung: Auf Cyberangriffe vorbereitet

[30.06.2025] Über 160 Teilnehmende aus saarländischen Städten, Gemeinden und Landkreisen tauschten sich auf der Fachveranstaltung „Cyberangriffe auf Kommunen“ über die akute Bedrohung durch Cyberkriminalität und praxistaugliche Schutzmaßnahmen aus. mehr...

Symbolbild IT-Sicherheit: Leicht unscharfes, kontrastarmes Foto eines überladenen schreibtischs mit Brille, Tablet, Kaffeetasse und Papieren, darübergelegt Icon eines Vorhängeschlosses und Platinen-ähnliche Muster.

LSI Bayern: Neues Sicherheitssiegel für Kommunen

[11.06.2025] Das LSI Bayern hat Version 4.0 des IT-Sicherheits-Siegels für Kommunen veröffentlicht. Neu sind Vorgaben zu KI, mobiler Sicherheit und Online-Backups. Der ergänzende Baustein IT-Resilienz hilft Kommunen bei der systematischen Selbsteinschätzung. mehr...

Kreis Regensburg: 17 Kommunen erhalten Siegel für IT-Sicherheit

[10.06.2025] 17 Kommunen im Zweckverband Realsteuerstelle Regensburg sind jetzt vom bayerischen Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) mit dem Siegel „Kommunale IT-Sicherheit“ ausgezeichnet worden. mehr...

Print-Ausgabe des CSBW-Jahresberichts 2024, die schräg auf einer grauen Oberfläche liegt.

Baden-Württemberg: Jahresbericht zur Cybersicherheit 2024

[22.05.2025] Die CSBW hat 2024 rund 30 Prozent mehr IT-Sicherheitsvorfälle bearbeitet. Kommunen wurden ähnlich häufig unterstützt wie im Vorjahr, neue Präventionsangebote, Notfallübungen und ein Schwachstellenscan richten sich teils gezielt an sie. mehr...

Datenschutz: Hilfestellung für Behörden

[12.05.2025] In der kommunalen Praxis gibt es beim Thema Datenschutz noch immer Rechtsunsicherheiten. Die Konferenz der Datenschutzaufsichtsbehörden von Bund und Ländern hat eine Orientierungshilfe für Behörden erarbeitet, die (EfA-)Onlinedienste betreiben oder nutzen. mehr...

Marktgemeinde Röhrnbach mit LSI-Siegel ausgezeichnet

Röhrnbach: Siegel für IT-Sicherheit

[06.05.2025] Die niederbayerische Marktgemeinde Röhrnbach hat für nachhaltige IT-Sicherheit gesorgt und ist dafür vom Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) ausgezeichnet worden. mehr...

Die IT-Notfallausrüstung ausgepackt auf dem Transportkoffer.

CSBW: Schnell handlungsfähig im IT-Notfall

[22.04.2025] Ohne funktionierende IT-Ausstattung ist die Bewältigung eines Cyberangriffs kaum zu schaffen. Um die Handlungs- und technische Kommunikationsfähigkeit von Verwaltungen zu sichern, bietet die Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg (CSBW) nun eine mobile IT-Notfall-Ausrüstung an. mehr...