InterviewDer Themenmix macht´s

Ingo Happel-Emrich und Carina Mihr: Social Media wird in der Stadt Kassel intensiv genutzt.
(Bildquelle: Stadt Kassel)
Herr Happel-Emrich, Kassel hat im Sommer vergangenen Jahres eigens ein Social-Media-Team installiert. Warum setzt die Stadt verstärkt auf soziale Netzwerke?
Happel-Emrich: Die sozialen Medien erschließen uns als Stadtverwaltung neue Informations- und Interaktionsmöglichkeiten sowie neue Zielgruppen. Gerade junge Menschen lassen sich heute nicht mehr unbedingt über die Tageszeitung erreichen. Es tut unserem Image als moderne Stadt und Verwaltung gut. Viele erwarten nicht, dass eine Stadtverwaltung die sozialen Medien so nutzt, wie wir es tun.
Welche Bedeutung haben Facebook, Twitter und Co. aus Ihrer Sicht für eine Stadtverwaltung?
Happel-Emrich: Die sozialen Medien sind ein zusätzlicher Kanal unserer Öffentlichkeitsarbeit. Wir können darüber sehr direkt mit unseren Nutzern kommunizieren, schnell auf ihre Fragen reagieren und Anregungen aufnehmen. Auch in der Notfall-Kommunikation werden soziale Medien immer wichtiger. Mit unserer Feuerwehr haben wir ein Verfahren entwickelt, wie wir die Menschen in Kassel etwa bei einem Großbrand oder der Entschärfung einer Weltkriegsbombe über soziale Medien schnell informieren und warnen können.
Frau Mihr, welche Erfahrungen hat Kassel mit diesen Kommunikationskanälen gemacht und wie wirken sich die verstärkten Aktivitäten aus?
Mihr: Seit einem Jahr sind wir verstärkt in den sozialen Medien aktiv und unsere Bilanz fällt sehr positiv aus: Unsere Nutzerzahlen steigen stetig, obwohl wir keine Werbung schalten. Bei Facebook haben wir mit rund 37.000 Fans das größte Portal in Nordhessen und erzielen schon mit einem einzelnen Post gute Reichweiten. Neben den Einwohnern Kassels nutzen auch viele potenzielle Touristen und Ex-Kasseler unser Angebot.
In einem wöchentlichen Video-Podcast äußern sich der Oberbürgermeister oder ein Dezernent, aber auch Verwaltungsmitarbeiter zu wichtigen Stadtthemen. Wie kommt das Angebot an?
Mihr: Die Rückmeldungen sind durchweg positiv. Egal ob sie aus der Verwaltung selbst oder von außen kommen. Anfangs waren die Dezernenten und Mitarbeiter mit dem Format noch nicht vertraut, inzwischen gehen die Podcasts leicht von der Hand. Unser Social-Media-Team produziert einen Podcast mittlerweile von der Aufnahme über den Schnitt bis zum fertigen Produkt in 30 bis 45 Minuten. Wir haben eine feste Vorlage, sodass die Podcasts gleich der Stadt Kassel zuzuordnen sind und unserem Corporate Design gerecht werden. Wir stellen die Podcasts zunächst bei YouTube ein und erreichen darüber – je nach Thema – 100 bis 300 Nutzer. Über die anderen Plattformen und die städtische Website verlinken wir auf unser Angebot und machen so bis zu mehrere tausend Nutzer auf unsere Themen aufmerksam.
Welche Themenbereiche werden von der Netzgemeinde besonders beachtet?
Mihr: Unser Geheimnis ist wohl der interessante Themenmix. Die Netzgemeinde reagiert besonders gut auf emotionale Posts wie zum Beispiel ein schönes Kassel-Bild. Auch Servicemeldungen und Veranstaltungshinweise werden häufig angeklickt, zum Beispiel Öffnungszeiten der städtischen Ämter an Feiertagen, Informationen über Straßensperrungen oder Stellenanzeigen. Schon oft hat die Presseabteilung über einen Facebook-Aufruf Praktikanten gefunden. Zudem kündigen wir Veranstaltungen unserer Einrichtungen – insbesondere der Museen – an. Als feste Kategorie haben wir den Sonntagstipp eingeführt, den wir immer am Donnerstag oder Freitag für das Wochenende veröffentlichen.
Sie berichten auch von Terminen, die Oberbürgermeister Bertram Hilgen wahrnimmt – oft mit einem Bild. Wie machen Sie das?
Mihr: Wir wollen über die sozialen Medien natürlich auch Aufmerksamkeit für unsere harten Themen erreichen. Das geht zum Beispiel, indem wir den Text einer Pressemitteilung mit einem aktuellen Foto des Oberbürgermeisters bei dem entsprechenden Termin verlinken. Da wir bei vielen dieser Termine nicht dabei sein können, haben wir eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet. Unser Oberbürgermeister drückt jemandem sein Handy in die Hand und sendet das Bild dann an unser Team. So können wir unsere Nutzer in Echtzeit informieren. Auch die anderen Dezernenten werden uns künftig so Bilder und Informationen liefern.
„Bei Facebook haben wir mit rund 37.000 Fans das größte Portal in Nordhessen.“
Fließen Rückmeldungen auch in die Stadtplanungen ein?
Mihr: Für Bürgerbeteiligungsprozesse bei Planungsvorhaben nutzen wir Social Media bisher nicht explizit. Wir begleiten aber städtische Planungs- und Bauvorhaben mit unseren bestehenden Social-Media-Angeboten – etwa die Aufstellung des neuen Verkehrsentwicklungsplanes oder die Modernisierung unserer Einkaufsmeile, der Königsstraße. Wir fordern unsere Nutzer häufig auf, uns ihre Meinung mitzuteilen. Als wir begonnen haben, mit dem Altmarkt eine große Kreuzung und wichtige Verkehrsader in Kassel umzubauen, haben wir zum Beispiel einen Live-Chat mit unserem Stadtbaurat angeboten. Dabei konnten Nutzer Fragen und Anregungen loswerden. Einige der dort gestellt Fragen haben wir in unsere FAQs zum Altmarkt-Umbau auf unserer Website aufgenommen.
Immer wieder werden Bedenken gegen die Nutzung etwa von Facebook in Behörden geäußert: Wie ist die Auffassung der Stadt Kassel, was den Datenschutz betrifft?
Happel-Emrich: Wichtig ist zunächst: Alle relevanten städtischen Informationen finden die Kasseler auch außerhalb der sozialen Medien auf unserer Website. Auf dieser gilt die so genannte Zwei-Klick-Lösung für den Datenschutz. Das bedeutet, dass man aktiv zustimmen muss, bevor man von der städtischen Seite in ein soziales Netzwerk weitergeleitet wird. Außerdem haben wir in all unseren Auftritten auf unser Impressum verlinkt. Der Datenschutz ist sicher ein wichtiges Thema. Wir beobachten die Entwicklung dort sehr genau.
Welche weiteren Pläne im Bereich Social Media haben Sie in Kassel?
Happel-Emrich: Aus mehreren Ämtern gibt es den Wunsch, eigene Social-Media-Angebote machen zu dürfen. Wir haben uns für ein Mischmodell aus dezentraler redaktioneller Verantwortung in den Fachämtern und zentraler Steuerung entschieden. Eine Arbeitsgruppe Social Media hat hierzu die Voraussetzungen geschaffen: Social Media Guidelines, eine verbindliche Richtlinie, Handlungsanleitungen für Social-Media-Beauftragte in den Fachämtern und ein umfangreiches Informations- und Schulungspaket. Der AG Social Media gehören die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Personalabteilung und der IT-Sicherheitsbeauftragte an. Der Personalrat wird ebenfalls beteiligt. Die Fachämter müssen einen Antrag stellen, über den dann die Arbeitsgruppe entscheidet. Ganz wichtig ist uns, dass Social Media kein Selbstzweck ist, sondern dazu dient, dass das Fachamt seine fachlichen Ziele erreichen, beziehungsweise unterstützen kann.
Dieser Beitrag ist im Spezial der Juli-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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