Smart CityDigitale Daseinsvorsorge

Stadtwerke sind auf dem Weg zur Smart City die idealen Partner.
(Bildquelle: zapp2photo/adobe.stock.com)
Beim Tag der Digitalen Daseinsvorsorge der Stadtwerke München und des Bayerischen Städtetags haben vor Kurzem über 100 Teilnehmende aus Rathäusern, kommunalen Gesellschaften und Wissenschaft ein Thesenpapier zum Stand und zur Zukunft kommunaler Plattformen und Dienstleistungen erarbeitet. Das Papier stellt heraus, dass Städte und Gemeinden zusammen mit ihren Stadtwerken für ihre Bürgerinnen und Bürger den allgemeinen und diskriminierungsfreien Zugang zu grundlegenden Gütern und Leistungen sichern. Kommunale Marktplätze sind seit jeher eine grundlegende Infrastruktur und Teil der Daseinsvorsorge. Das Gleiche muss für digitale Marktplätze, Plattformen, für lokale Angebote und insbesondere für Leistungen der Kommune gelten. Eine kommunale digitale Plattform darf nicht den globalen Tech-Konzernen überlassen werden.
Stadtwerke mit ihrer Stärke der lokalen Integration von Dienstleistungen sind dabei die idealen Partner für die Kommunen. Sie erbringen Leistungen schnell und bürgerfreundlich, sie gewährleisten Datensicherheit, Verlässlichkeit und Fairness und wahren demokratische Grundsätze. Digitale Technologien können kommunale Dienstleistungen bürgerfreundlicher und effizienter gestalten. Im Hintergrund werden Infrastrukturen digitalisiert und Städte wandeln sich zu Smart Cities. Das ist digitale Daseinsvorsorge.
Daten sind die Basis für neue Geschäftsfelder, in denen öffentliche Unternehmen meist mit privaten Unternehmen im Wettbewerb stehen. Die aktuelle Strategie der Bundesregierung sieht vor, die innovative und verantwortungsvolle Datenbereitstellung und -nutzung in Deutschland signifikant zu erhöhen, damit neue, zukunftsgerichtete Geschäftsmodelle und Rollenprofile entstehen sowie Wachstum aus neuen Arten der Wertschöpfung generiert werden kann.
Kommunale Unternehmen leisten digitale Daseinsvorsorge
Große Plattformunternehmen generieren und nutzen Daten, um Dienste und Inhalte auf Nutzerkreise zu optimieren und ihre Geschäftsmodelle darauf aufzubauen. Kommunale Unternehmen hingegen sind auf das Gemeinwohl ausgerichtet und demokratisch kontrolliert. Somit sind sie die logischen Erbringer der digitalen Daseinsvorsorge. Die kommenden Jahre werden entscheiden, ob kommunale Unternehmen die direkten Beziehungen zu den Bürgern halten können oder sie an private Global Player verlieren. Das wäre problematisch, da Europa bei den Plattformen den Anschluss an die globale Entwicklung verloren hat. Zudem gibt es für Kommunalunternehmen hohe Innovationshemmnisse vor allem bei der digitalen Daseinsvorsorge durch Vergaberecht, Kommunalrecht (eingeschränkte Skalierungsfähigkeit neuer Geschäftsmodelle) oder die PSI-Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors. Diese manifestieren sich gegenüber privaten Unternehmen zunehmend als Wettbewerbsnachteile.
Kommunale Unternehmen im Energie- und Verkehrsbereich sind Vorreiter im Klima- und Umweltschutz. Sie verbessern jedes Jahr ihre ökologische Bilanz. Sie investieren in digitale Transformation und Innovation, um kundenorientierte, zukunftsfähige, flexible sowie preisgünstige Services und Produkte anzubieten und zu verbessern. Daten zu erheben stellt für sie keinen Selbstzweck dar – dies gewährleistet vielmehr die Qualität von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, deren Weiterentwicklung und den Ausbau des Angebots für die Bürger. Sollten globale Plattformunternehmen hier die Kundenschnittstellen übernehmen, würden kommunale Unternehmen aus margenträchtigen Geschäftsfeldern verdrängt werden. Viele der heutigen Leistungen wären dann nicht mehr finanzierbar, sie entfielen oder würden deutlich teurer. Ein Beispiel: Wachsende Ballungsräume müssen weiterhin kostengünstige und emissionsarme Mobilität gewährleisten. Ein nachhaltiger Verkehr im Sinne der Daseinsvorsorge bedeutet, auch unwirtschaftliche Gebiete mit öffentlichem Nahverkehr zu erschließen und sich nicht die Rosinen herauszupicken – private Anbieter könnten auf Basis von Streckenauslastungsdaten beispielsweise ausschließlich wirtschaftlich besonders rentable Strecken bedienen.
Gut, aber nicht gut genug aufgestellt
Kommunale Unternehmen sind für die mit der Digitalisierung einhergehenden Herausforderungen gut, aber noch nicht gut genug aufgestellt. Sie können die digitale Daseinsvorsorge aus eigener Kraft erbringen, müssen aber besser vor unfairer privatwirtschaftlicher Konkurrenz geschützt werden. Entscheidend ist, dass die Politik ein „Level Playing Field“ von kommunalen und privaten Unternehmen sicherstellt. Sollen Kommunale im Wettbewerb gegen globale Wettbewerber erfolgreich sein, müssen sie Skalenvorteile durch interkommunale Kooperationen erzielen und föderale Strukturen schaffen, um Kompetenzen zu bündeln. Sie müssen verstärkt Kooperationen vor Ort eingehen und vor allem schnell sein. Interoperabilität und gemeinsame Standards sind anzustreben.
Zudem braucht es eine rasche europäische Anstrengung, um den Rückstand bei Software, Plattformen und Digitalunternehmen aufzuholen. Das erfordert mehr als Regulierung. Die Digitalaktivitäten kommunaler Unternehmen können zu einer europäischen Initiative beitragen. Durch den Vormarsch privater globaler Plattformen wird der Staat in originären Aufgaben unterlaufen, insbesondere bei der Sicherstellung der digitalen Identität seiner Bürgerinnen und Bürger. Das erfordert schon allein aus übergeordnetem Interesse einen gesetzlichen Schutz kommunaler und anderer staatlicher Leistungen.
Datensicherheit hat hohe Priorität
Digitalisierung macht Infrastrukturen verletzlicher, daher hat die Datensicherheit hohe Priorität. Die Hoheit über personenbezogene Daten, die bei der Erbringung von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge entstehen, muss bei den einzelnen Bürgern liegen. Die Hoheit über sonstige Daten aus Daseinsvorsorge und öffentlichem Raum bei den Kommunen. Open-Data-Regulierungen dürfen kommunale Unternehmen gegenüber privaten nicht benachteiligen. Wenn Kommunale ihre Daten öffentlich machen müssen, gilt das auch für Private.
Die Bürger erwarten von kommunalen Unternehmen eine hohe Sensibilität im Umgang mit personenbezogenen Daten, sie bringen ihnen einen großen Vertrauensvorschuss entgegen. Daher müssen diese Unternehmen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auch sehr genau nehmen. Die Intentionen der DSGVO sind richtig. Dass sie in der praktischen Anwendung insbesondere für kleinere Kommunale aktuell kaum handhabbar ist, spielt den Internet-Konzernen massiv in die Hände.
Der Mehrheit der Bürger ist der Schutz personenbezogener Daten wichtig. Gleichwohl sind sie bereit, ihre Daten zur Verfügung zu stellen, sofern ihnen im Gegenzug ein angemessener Nutzen entsteht. Das gestattet datengetriebene Geschäftsmodelle auf Basis personenbezogener Daten grundsätzlich auch für kommunale Unternehmen. Bei Regulierungen zu Datenschutz und Open Data sollten Deutschland und die EU eigene Maßstäbe und strenge Regeln setzen. Dabei muss die öffentliche Hand ihre Marktmacht nutzen, um Standards durchzusetzen.
https://www.bay-staedtetag.de
Dieser Beitrag ist im Titel der Ausgabe August 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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