Smart Country ConventionDigitalisierung als buntes Puzzle
Es wäre ja zu schön, um wahr zu sein, wenn auf einer Kongressmesse wie der Smart Country Convention (SCCON), die vergangene Woche (18. bis 20. Oktober 2022) in Berlin stattfand, ein richtungsweisender Impuls für den weiteren Verlauf der Digitalisierung zu vernehmen gewesen wäre. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) läuft bekanntlich Ende des Jahres aus, ein OZG 2.0 ist jedoch noch nicht in Sicht. Die Gelegenheit war jedenfalls günstig. Genügend Publikum ließ sich auf der SCCON durchaus blicken – laut Veranstalter waren es 12.000 Besucher. Viel politische Prominenz war ebenfalls zugegen: darunter vier Bundes- und einige Landesminister, jede Menge Chief Digital Officer und Führungspersonal vieler Ressorts und Unternehmen. Zudem präsentierten 215 Aussteller aus Privatwirtschaft und öffentlicher Hand ihre Produkte und Ergebnisse auf bunten Messeständen.
BSI als Zentralstelle für Cyber-Sicherheit
#bild2 Bundesinnenministerin Nancy Faeser forderte in ihrer Eröffnungs-Keynote, dass „alle Verwaltungsleistungen jederzeit und von jedem Ort aus digital genutzt werden können“, wie es schon im Digitalprogramm der Bundesregierung geschrieben steht. Weitere Stichworte ihrer Rede: mehr Wertschöpfung durch Nutzung von Daten, grenzüberschreitende digitale Identitäten und neue Formen der digitalen Zusammenarbeit, staatliche Resilienz und Souveränität. Faeser kündigte zudem an, mehr Anstrengungen in eine moderne und zentral gesteuerte Cyber-Sicherheitsarchitektur legen zu wollen und hierfür einen Chief Information Security Officer zu benennen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), dessen Chef, Arne Schönbohm, sich Faeser jüngst entledigt hatte, soll als Zentralstelle für Cyber-Sicherheit ausgebaut werden und die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in diesem Bereich institutionalisieren.
BIM-Portal des Bundes
Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, ist in ihrem Ressort ebenfalls mit Digitalisierung befasst und stellte auf der SCCON das kürzlich gestartete BIM-Portal des Bundes (wir berichteten) vor. BIM steht für Building Information Modeling und zielt auf vernetzte Planung, Bau und Bewirtschaftung von Gebäuden ab. Im BIM-Portal sollen Daten von digitalen Bauwerksmodellen gesammelt und den beteiligten Akteuren verfügbar gemacht werden. Auf diese Weise sollen sich Bauprozesse beschleunigen lassen. Geywitz wies darauf hin, dass schon die Antragsdauer bei Bauanträgen zu lang sei und inzwischen ein Investitionshemmnis darstelle. Auch beim Wohngeld machte sie ein Hemmnis bei der Umsetzung politischer Entscheidungen aus: Ab Januar 2023 sei mit einem Anstieg von 600.000 auf zwei Millionen Anträge zu rechnen, worauf viele Kommunen mangels Personals und digitaler Verfahren nicht vorbereitet seien.
Masterplan Lade-Infrastruktur II
Digitalisierungs- und Verkehrsminister Volker Wissing feierte das angekündigte papierlose Deutschland-Ticket als „größte Revolution im ÖPNV“ und freute sich darüber, damit die „unfassbar komplexe Tarifstruktur zu überwinden“. Ebenso stellte er ein flächendeckendes Ladenetz für die E-Mobilität in Aussicht und verwies auf den Masterplan Lade-Infrastruktur II, der die engere Verzahnung von Elektromobilität und Stromnetzen vorsieht. Auch Wissing ging in seiner Keynote auf das BIM-Portal des Bundes ein und erklärte, dass sich mithilfe vernetzter Modelle und digitaler Zwillinge 20 Prozent Planungszeiten beim Bauen einsparen ließen. Sein Ministerium ist mit mehr als 50 Leistungen auch bei der OZG-Umsetzung vertreten, darunter der digitale Erstantrag auf den Führerschein.
Priorisierung beim OZG
SPD-Jungpolitiker Robin Mesarosch plädierte dafür, die Reihenfolge bei der Verwaltungsdigitalisierung „vom Kopf auf die Füße zu stellen“. Angebracht erscheint ihm, mit der Identifizierung und den digitalen Identitäten zu beginnen, sich dann um die Registermodernisierung und das Once-Only-Prinzip zu kümmern, anschließend sollten der Datenaustausch und erst dann der Online-Zugang für Bürgerinnen und Bürger gemäß OZG folgen. Tags zuvor hatte Bundes-CIO Markus Richter darauf hingewiesen, dass mit dem Online-Ausweis längst ein geeignetes Identifizierungsinstrument vorliege, welches jedoch stärker noch beworben und in Umlauf gebracht werden müsse. „Wie leicht es heute schon ist, mit dem Online-Ausweis umzugehen, wissen viele gar nicht. Die Kommunikation dieser Stärken haben wir primär noch nicht so auf dem Schirm“, so Richter.
Bekenntnis zur deutschen Verwaltungscloud
Für Bernd Schlömer, CIO von Sachsen-Anhalt, ist das OZG „zwar Treiber, aber nur ein Baustein bei der Verwaltungsdigitalisierung“. Die mit der Digitalisierung einhergehenden notwendigen Änderungen in der Organisation der Verwaltung und ihrer Arbeit nannte Schlömer „dramatisch“. Zugleich glaubt er, dass ein „Big Picture“ darüber fehle, „was wir mit der Digitalisierung erreichen wollen“. Als Zielbild nannte er, dass ein OZG-Nachfolgegesetz eine Verpflichtung zur digitalen Umsetzung vorsehen müsse, an die sich Kommunen halten. Darüber hinaus forderte Schlömer auf einem Podium mit weiteren Länder-CIOs unter dem Schlagwort „API first“ ein Verzeichnis über vorhandene standardisierte Schnittstellen sowie „ein Bekenntnis zur deutschen Verwaltungscloud“.
Ende-zu-Ende-Digitalisierung
Für den hessischen IT-Staatssekretär und CIO, Patrick Burghardt, steht nun, nachdem der Online-Zugang mit dem OZG geklärt sei, die Ende-zu-Ende-Digitalisierung an, womit er insbesondere die digitale Anbindung von Fachverfahren meinte. Hierfür müssten die Mittel aus dem Konjunkturpaket über die Jahresfrist weiter zur Verfügung stehen. Sein Kollege aus Thüringen, Finanzstaatssekretär Hartmut Schubert, wies darauf hin, dass sich einige Fachverfahrenshersteller gegen das vereinbarte Einer-für-Alle-Prinzip wehren und beispielweise Schnittstellen für die Integration des Führerscheinantragsprozesses nicht preisgeben wollen.
Was die Priorisierung beim OZG angeht, sprach sich Patrick Burghardt dafür aus, Verwaltungsleistungen, die weniger als 100 Mal pro Jahr nachgefragt werden, ganz beiseitezulegen. Eine weitere Priorisierung bei der Umsetzung von Verwaltungsverfahren läge bei den Kommunen. Bernd Schlömer forderte, dass zumindest Basiskomponenten wie Nutzerkonto, Nutzer-ID und Bezahlverfahren vom Bund entgeltfrei zur Verfügung gestellt werden sollten. Ernst Bürger, Abteilungsleiter im Bundesinnenministerium und Protagonist bei der OZG-Umsetzung, stellte klar, dass eben genau diese Dienste samt dem Portalverbund bereits fertiggestellt seien und insofern von einem Scheitern des OZG keine Rede sein könne. Der IT-Planungsrat schaue sich gerade die Defizite an, hier sei eine Nachjustierung zu erwarten. Eine Gesetzesnovelle, so Bürger, könne möglicherweise eine datenschutzrechtliche Generalklausel für die Registermodernisierung (und auch für EfA-Leistungen) beinhalten sowie einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen nach dem dänischen Modell, also „Digital first“.
Wie geht es weiter?
Einmal mehr erscheint der Stand der Verwaltungsdigitalisierung keineswegs als „Big Picture“, sondern als buntes Puzzle, dessen Bausteine zwar auf dem Tisch liegen, nur sind sich die Akteure noch uneins, wer sie wie zusammenfügen soll. Ob dann alles auch passt, sei einmal dahingestellt. Zu hoffen und zu erwarten ist, dass die November-Sitzung des IT-Planungsrates mehr Klarheit bringt, wie es im kommenden Jahr weitergeht. Genügend folgerichtige Vorstellungen gibt es.
GovTech Kommunal: Kommunen digital handlungsfähig machen
[18.12.2025] Die Initiative GovTech Deutschland hat ihr Angebot um den Verein GovTech Kommunal erweitert. Es soll damit eine bundesweite Einheit geschaffen werden, welche die kommunale Digitalisierung systematisch bündelt und konsequent an den Bedarfen der Städte, Gemeinden und Landkreise ausrichtet. Die Mitgliedschaft steht mit gestaffeltem Beitragsmodell allen Kommunen offen. mehr...
Hanau: Stadtweite IT neu ausgerichtet
[18.12.2025] Hanau hat sich das Ziel gesteckt, bis 2030 die Digitalisierung der gesamten „Unternehmung Stadt“ abzuschließen. Dazu werden Entscheidungs-, Verantwortungs- und Budgetstrukturen künftig an einer Stelle gebündelt, zudem soll die Stelle des CDO geschaffen werden. mehr...
Deutscher Landkreistag: Kommunen in Modernisierungsagenda einbinden
[11.12.2025] Die von Bund und Ländern vereinbarte föderale Modernisierungsagenda bewertet der Deutsche Landkreistag (DLT) als positiv. Damit Bürger, Unternehmen und Kommunen jedoch tatsächlich entlastet werden, ist ein enger Schulterschluss mit Landkreisen, Städten und Gemeinden bei der Umsetzung erforderlich. mehr...
Sachsen-Anhalt: Zentrale Serviceagentur für Kommunen
[08.12.2025] Eine Machbarkeitsstudie aus Sachsen-Anhalt zeigt, dass eine zentrale Serviceagentur für Kommunen Verwaltungsabläufe beschleunigen und verbessern kann. Digitalministerin Lydia Hüskens kündigte an, dass ab 2026 sukzessive eine Unterstützungseinheit für Kommunen umgesetzt werden soll. mehr...
IT-Planungsrat: Kommunalbeirat NOOTS
[08.12.2025] Das Kommunalgremium des IT-Planungsrats übernimmt im Zuge der Neuaufstellung des Nationalen Once-Only-Technical-Systems (NOOTS) zusätzlich die Rolle des Kommunalbeirats NOOTS. Es hat dabei keine Entscheidungsbefugnis, sondern erfüllt eine Resonanz- und Feedbackfunktion. mehr...
4. Digitalministerkonferenz: Bessere Zusammenarbeit aller Ebenen
[27.11.2025] Bei der 4. Digitalministerkonferenz in Berlin setzte Niedersachsens Digitalministerin Daniela Behrens den Schwerpunkt auf föderale Zusammenarbeit: Sie forderte eine engere, effektivere Zusammenarbeit aller föderaler Ebenen und den Zugang zu Services des ITZBund auch für Länder und Kommunen. mehr...
Oldenburg: Mit neuem Amt in die digitale Zukunft
[27.11.2025] Alle Aufgaben rund um digitale Verwaltungsprozesse und die IT-Infrastruktur bündelt die Stadt Oldenburg ab Anfang kommenden Jahres in einem eigenen Amt für digitale Transformation. Das soll Abstimmungsaufwände reduzieren, Prozesse beschleunigen und dauerhaft zu innovativen, bürgernahen Angeboten beitragen. mehr...
Föderale Modernisierungsagenda: Jetzt muss gehandelt werden
[27.11.2025] Der Nationale Normenkontrollrat mahnt die in der Föderalen Modernisierungsagenda vorgesehene bessere Aufgabenbündelung mit Nachdruck an. Die Ministerien müssten dieses Projekt konsequent weiterverfolgen, um Effizienz und Entlastung der Kommunen zu sichern. mehr...
Vitako: 20 Jahre Austausch und Innovation
[11.11.2025] Seit zwei Jahrzehnten vertritt Vitako die Interessen der kommunalen IT-Dienstleister. Bei der Jubiläumsfeier würdigte Digitalminister Karsten Wildberger in klaren Worten die Rolle der Kommunen als Ausgangspunkt digitaler Verwaltung und rief zu enger Zusammenarbeit mit Bund und Ländern auf. mehr...
Hamburg: Annika Busse ist die neue CIO
[11.11.2025] Annika Busse ist die neue CIO der Freien und Hansestadt Hamburg. Die bisherige stellvertretende Hamburg-CIO hat zum 1. November die Nachfolge von Jörn Riedel angetreten, der nach langjährigem Wirken in den Ruhestand verabschiedet wurde. mehr...
IT-Planungsrat: Kommunaler Input zu digitalstrategischen Themen
[23.10.2025] Der IT-Planungsrat stellt die strategischen Weichen für die Verwaltungsdigitalisierung – und bindet dabei auch Kommunen ein. Beim letzten Treffen des Kommunalgremiums ging es um die zentralen Bereitstellung von EfA-Leistungen und eine Aufgabenneuordnung zur Entlastung von Kommunen. mehr...
Bitkom-Dataverse: Datenbank zum digitalen Deutschland
[21.10.2025] Mit dem Bitkom-Dataverse soll das größte kostenlose Onlineportal mit Zahlen und Statistiken zum Digitalen Deutschland entstehen. Es umfasst Daten unter anderem aus den Bereichen Bildung, Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Verwaltung sowie Mobilität. Auch die Bitkom-Indizes wie der Länderindex oder Smart-City-Index sind enthalten. mehr...
Baden-Württemberg: Kommunen als Treiber der Entbürokratisierung
[20.10.2025] In Baden-Württemberg wurde das Kommunale Regelungsbefreiungsgesetz beschlossen. Damit erhalten Kommunen und Zweckverbände mehr Flexibilität bei der Neugestaltung und Vereinfachung von Verwaltungsverfahren. Sich bewährende Neuerungen sollen landesweit umgesetzt werden. mehr...
Digitalisierung: Zehn-Punkte-Plan von Vitako
[10.10.2025] Im Rahmen eines Zehn-Punkte-Plans hat die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako, Vorschläge für eine gezielte Förderung der Digitalisierung erarbeitet. Als wichtiger Aspekt wird dabei die ebenenübergreifende Zusammenarbeit betont. mehr...
Bayern: Täglich Vollgas geben
[09.10.2025] Bayerns Digitalminister Fabian Mehring spricht über die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz, eine proaktive Verwaltung und erläutert, warum der Freistaat bei der Verwaltungstransformation so erfolgreich ist. mehr...


















