Sonntag, 19. Oktober 2025

DStGBMehr kommunaler Einfluss

[02.06.2025] Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) hat einen Ausschuss für Digitalisierung gegründet. Dieser will auf die Belange der Kommunen bei Digitalprojekten aufmerksam machen und frühzeitige Einbindung erwirken.
Mehrere Personen stehen vor einem Gebäude.

Der DStGB-Ausschuss für Digitalisierung hat 35 Mitglieder.

In der Bildmitte: Alexander Handschuh, Michael Dreier und André Berghegger

(Bildquelle: aconium GmbH)

Es kommt wohl auf die Perspektive an, ob man die Gründung eines Digitalisierungsausschusses bei einem kommunalen Spitzenverband zum jetzigen Zeitpunkt als verspätet, rechtzeitig oder zukunftsweisend erachtet. Das Gewicht, das der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) seinem neu gegründeten Ausschuss für Digitalisierung verleiht (wir berichteten), ist der Bedeutung des Themas zumindest angemessen: Das Gremium besteht aus 35 Mitgliedern aus 17 Mitgliedsverbänden – überwiegend Bürgermeisterinnen, Bürgermeister und Oberbürgermeister – und will sich „mit großer kommunaler Expertise den entscheidenden Digitalisierungsthemen in den Kommunen annehmen“, so DStGB-Hauptgeschäftsführer André Berghegger anlässlich der Gründungssitzung Anfang Mai. Zudem legt der DStGB auf die Feststellung wert, dass der Ausschuss die erste Neugründung seit 25 Jahren sei und in der gleichen Liga spiele wie etwa die Verbandsgremien Schule, Sport, Kultur oder Wirtschaft, Tourismus, Verkehr. 

Die Digitalisierung ist damit als Leitthema in den Kommunen und bei ihren Repräsentanten angekommen. „Digitalisierung spielt für Kommunen eine deutlich größere Rolle als noch vor ein paar Jahren“, sagt Alexander Handschuh, Sprecher des DStGB. „Das Thema ist facettenreicher geworden, zumal auch die technischen Werkzeuge immer vielfältiger werden. Wir haben im Verband festgestellt, dass es nicht mehr funktioniert, das gesamte digitale Themenspektrum von Cybersicherheit über Smart City bis zu Verwaltungsdigitalisierung und Künstlicher Intelligenz innerhalb anderer Ausschüsse abzubilden. Insofern ist das neu gegründete Gremium Ausdruck für die deutlich gestiegene Bedeutung der Digitalisierung für die Kommunen.“

Sprachrohr für die Kommunen

Einer der Impulsgeber und Gründer des Digitalisierungsausschusses, zudem nun dessen Vorsitzender, ist der Paderborner Bürgermeister Michael Dreier. Der gelernte Elektroingenieur hat eine ausgewiesene Affinität zum Digitalen und hat früh dessen Bedeutung für die moderne Verwaltung erkannt. Dreier sorgte dafür, dass Paderborn zur digitalen Musterstadt wurde. 2016 nahm die ostwestfälische Domstadt erfolgreich am Bitkom-Wettbewerb Digitale Stadt teil, war anschließend in die Digitalstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen involviert und hat seit 2019 im Rahmen des Modellwettbewerbs Smart City unter anderem eine Open-Data-Plattform entwickelt. „Die Digitalisierung ist ein absolut zentrales Thema für die Verwaltung, für Bürgerinnen und Bürger und die Smart City“, sagt Michael Dreier. „Vor dem Hintergrund dieser Transformation engagiere ich mich gerne im Digitalisierungsausschuss. Wir wollen Sprachrohr für die Kommunen in Deutschland sein.“

Als willkommene Koinzidenz muss die zeitgleiche Errichtung eines Digitalministeriums beim Bund erscheinen. Dessen Zuschnitt sieht vor, das jahrelang auf viele andere Ressorts verteilte digitale Themenspektrum in einem Haus zu bündeln, wo zudem auch IT-Planungsrat und Nationaler Normenkontrollrat untergebracht werden sollen. Davon verspricht sich auch der DStGB mehr Nähe und Unmittelbarkeit. „Für uns als Verband ist es gut, nicht mehr mit einem Bundesministerium für Verkehr und Digitales, einem für Wirtschaft und Energie, für Inneres oder für Wohnen und Stadtentwicklung, sondern mit einem einzigen Haus über das Thema Digitalisierung sprechen zu können“, so Alexander Handschuh. 

Gespräche im Digitalministerium

Über den IT-Planungsrat, an dem sie beratend teilnehmen, konnten die kommunalen Spitzenverbände zwar schon zuvor auf kommunale Belange aufmerksam machen. Doch nun herrscht die Erwartung vor, dass der neue Digitalisierungsausschuss die kommunalen Wünsche noch besser einbringt. Künftig soll es nicht mehr möglich sein, ein Gesetz wie das Onlinezugangsgesetz zu verfassen und dann darauf zu hoffen, dass die kommunale Ebene es schon irgendwie umsetzt. Folgerichtig hat sich der Digitalisierungsausschuss die frühzeitige Einbindung der kommunalen Belange auf die Fahnen geschrieben. „Wir sind ein bundesweiter Fachausschuss eines der größten kommunalen Gremien in Deutschland“, sagt Bürgermeister Dreier. „Wir wollen in absehbarer Zeit direkte Gespräche im Digitalministerium führen und die Situation in Kommunen darlegen. Kommunen müssen bei künftigen Digitalvorhaben viel stärker berücksichtigt werden.“

Die auf der Gründungssitzung verabschiedeten Beschlüsse spiegeln das neue Selbstverständnis der Kommunen und zugleich auch einen Lernprozess wider. Der Ausschuss fordert nämlich Bund und Länder auf, die Kommunen bei der digitalen Transformation dauerhaft und umfassend zu unterstützen. Interessanterweise wird dabei die Bereitstellung von Basiskomponenten und die Etablierung von verbindlichen Schnittstellen und Standards verlangt, wogegen sich Kommunen jahrelang im Namen der kommunalen Selbstverwaltung gewehrt hatten. Auch mit der BundID als zentralem Einstieg in die digitale Verwaltungswelt hatte man sich zunächst schwergetan – inzwischen wird ihre „rasche und verbindliche Umsetzung und technische Weiterentwicklung“ gefordert. 

Eines der wichtigsten Werkzeuge

Beim Thema Smart City macht Michael Dreier darauf aufmerksam, dass der Begriff im Koalitionsvertrag gar nicht auftaucht, jedoch für den Digitalisierungsausschuss ein zentrales Anliegen ist. Die auf Datenbasis intelligent vernetzten Smart Cities könnten dazu beitragen, die Lebensqualität der Bürger sowie die Standortqualität für Unternehmen und die Wirtschaft zu steigern. Insofern fordert der Ausschuss Unterstützungsangebote von Bund und Ländern und einen vereinfachten Zugang zu digitalen Lösungen. Hierfür ist ein „kuratierter Marktplatz“ im Gespräch, der öffentlichen und privaten Anbietern offenstehen soll. Um den geplanten „Stufenplan Smarte Städte und Regionen“ zu verwirklichen, werden entsprechende Finanzmittel gefordert. 

Ein weiterer Beschluss betrifft die Cybersicherheit in Kommunen vor dem Hintergrund einer steigenden hybriden Bedrohungslage. Der DStGB steht auf dem Standpunkt, dass jede Kette nur so stark sei wie ihr schwächstes Glied, und fordert eine verzahnte IT-Sicherheitsarchitektur für alle föderalen Ebenen. Hierfür solle das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) so ausgestattet werden, dass es „in Kooperation mit den Länderstrukturen auch Städte und Gemeinden aktiv unterstützen kann.“ Die Lockerung der Schuldenbremse für sicherheitspolitische Ausgaben müsse daher auch den Bereich Cybersicherheit umfassen. 

Mit der Digitalisierung sind anhaltende Kosten verbunden – Geld das vielerorts fehlt. Darauf hinzuweisen und entsprechende Forderungen zu erheben, ist gewiss auch eine Aufgabe eines Gremiums wie dem Digitalisierungsausschuss beim DStGB. Michael Dreiers Plädoyer ist allerdings in beide Richtungen zu verstehen – nach innen wie nach außen: „Alle Kommunen in Deutschland stehen sehenden Auges vor der Wand, was die finanziellen Rahmenbedingungen angeht. Darum ist es umso wichtiger, dass wir auch weiterhin in die Digitalisierung investieren. Sie ist eines der wichtigsten Werkzeuge.“

Helmut Merschmann




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