Montag, 16. Juni 2025

Smart City AppStadt in der Hosentasche

[01.09.2022] Gemeinsam mit Dienstleister regio iT arbeiten derzeit zehn Städte an der Weiterentwicklung der Open SmartCity App. 14 Module stehen mittlerweile in einem Baukastensystem zur Verfügung. Nächstes Ziel ist die Anbindung des regio-iT-Serviceportals.
Open SmartCity App: Beispielmodule der Stadt Remscheid.

Open SmartCity App: Beispielmodule der Stadt Remscheid.

(Bildquelle: Stadt Remscheid)

Menschen vernetzen, informieren und verbinden – untereinander und mit ihrer Stadt: Das ist das Ziel der Open SmartCity App, die der IT-Dienstleister regio iT gemeinsam mit Partnern aus dem kommunalen Umfeld entwickelt.
Am „Digital-Hub für die Hosentasche“, so Nils Gerken, Leiter Team Solingen digital, wird in der Klingenstadt seit 2019 mit Hochdruck getüftelt: Allein sowie im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft mit derzeit neun weiteren Städten und dem Urban Innovation Team der regio iT. Offen und gemeinsam sind denn auch Stichworte, die im Gespräch über die Open SmartCity App bei allen Beteiligten immer wieder fallen. Konsequent setzt die interkommunale Entwicklungsgemeinschaft auf Open-Source-Produkte und Kooperation. Offene In­frastruktur für schnelle Übertragbarkeit, offene Daten für die Nutzung durch die Stadtgesellschaft, offene Schnittstellen für eine breite Nutzbarkeit – und schließlich eine einfache und lizenzfreie Übertragbarkeit der einzelnen Anwendungen auf andere Städte.
Der enge Austausch untereinander bewirkt nicht nur einen Kompetenzgewinn für alle Beteiligten, sondern auch eine höhere Entwicklungsgeschwindigkeit. Von Anfang an war das Ziel, die Vorteile durch gemeinsames Agieren auszuschöpfen, ohne dabei die Individualisierung der beteiligten Städte einzuschränken. Statt hinter verschlossenen Türen so lange zu verhandeln, bis endlich der kleinste gemeinsame Nenner gefunden würde „und weißer Rauch aufsteigt“, wie Gerken mit einem Augenzwinkern anmerkt, wird die Entwicklung wahlweise allein oder eben zusammen vorangetrieben.

Einbeziehung lokaler Partner

Explizit dazu gehören auch die lokalen Partner der beteiligten Kommunen, die bewusst nicht ausgeschlossen werden sollen. „Wir wollten auf jeden Fall mit der regio iT zusammenarbeiten, in anderen Städten sind aber aufgrund anderer Voraussetzungen auch andere Modelle möglich und willkommen“, betont Solingens IT-Chef. Er weiß den Betrieb der technischen Infrastruktur der App bei regio iT in sicheren Händen und schätzt das Know-how des kommunalen IT-Dienstleisters bei der Modulentwicklung. „Der offene Ansatz und das Produkt passen perfekt in unser Profil“, sieht auch Annika Latz, Produkt-Managerin bei regio iT, das gemeinsame Vorhaben auf dem richtigen Weg.
Der Startschuss für die App fiel vor drei Jahren. Schnell war eine erste Version der „Mensch, Solingen!“-App auf dem Markt. 30.000 Bürgerinnen und Bürger der 120.000-Einwohner-Stadt holten sich die App auf ihr Smartphone, „ohne Werbung unsererseits“, wie Solingens CIO Nils Gerken betont. Aus seiner Sicht war die Zeit damals auch noch nicht reif für breit gefächerte Werbemaßnahmen, denn: „Wir wollten langsam wachsen.“ Aus gutem Grund: Eine reine Sammlung aus Schnittstellen gespickt mit Informationen und Funktionen wäre zwar schnell umgesetzt gewesen, hätte die App aber komplett überfrachtet. Das wäre weder im Sinne der Entwickelnden noch der Nutzenden gewesen. „Entscheidend ist ausschließlich der Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger“, betont Gerken. Das Feedback der Anwender der ersten Stunde wird vom „Team Solingen digital“ weiterhin genutzt, um vorhandene Module zu verbessern und das Angebot gezielt zu erweitern.

Klärung des weiteren Wegs

Bei allem Enthusiasmus musste die Entwicklergemeinschaft auch noch einmal einen Schritt zurücktreten, um sich über den weiteren Weg klar zu werden. Die Schaffung einer breiten gemeinsamen Basis mit der Möglichkeit zur Individualisierung – bei der insbesondere das Thema Update-Sicherheit im Auge behalten wird, alles sprach für einen modularen Aufbau der App. Das ist zwar zunächst aufwendiger, wurde aber von der Gemeinschaft aufgrund der einfacheren Übertragbarkeit für sinnvoller befunden. „Ihre individuellen Anforderungen sollte jede Kommune in einem Workshop für sich erarbeiten“, empfiehlt Annika Latz. Vor der Debatte um Datenquellen und Schnittstellen geht es zunächst um die technische Infrastruktur und erst danach um die Inhalte, die den Nutzenden zur Verfügung gestellt werden sollen.
Dank modularem Aufbau verfügt die Stadt-App über eine Art Baukastensystem, aus der sich die Partnerstädte bedienen können. Aktuell stehen 14 Module zur Verfügung. Neben der Core-App sind das unter anderem ein Abfallkalender, ein Mängelmelder, ein Stellenportal, ein Modul für Pressemitteilungen und Veranstaltungen sowie für ÖPNV- und Corona-Informationen, Terminbuchungen, das Einbinden von Web-Seiten mit Informationen zu Co-Working-Spaces, zur Kontaktaufnahme nach Kategorien sowie eine Points-of-Interest-Darstellung mit Kartenfunktion und weiterführenden Informationen. Wer will, kann via App auch Fotos von wilden Müllkippen, defekten Straßenlaternen oder Schlaglöchern an die Stadt melden, den Busfahrplan checken oder nach Sehenswürdigkeiten in der Umgebung suchen.
Damit die „Stadtgesellschaft in der Hosentasche“ künftig auch zum mobilen Rathaus wird, liegt es nahe, die Stadt-App um die Leistungen des regio-iT-Serviceportals zu erweitern. „Wir arbeiten bereits intensiv an der Anbindung des Serviceportals an die Open SmartCity App“, sagt Annika Latz. „Teilfunktio­nen sollen bereits bis Ende dieses Jahres eingebunden werden.“

Optimistisch bezüglich der Umsetzung

Auch Solingens CIO ist optimistisch, was die Umsetzung der virtuellen Behördengänge für seine Stadt anbetrifft. Für ihn und sein Team steht momentan die Integration einer Krisen-Management-Funktion in die App im Vordergrund. Aufgrund ihrer topografischen Lage im Bergischen Land ist die Klingenstadt hochwassergefährdet und war im vergangenen Jahr in den Tallagen komplett überflutet. Derzeit werden Pegelstandssensoren und Wetterstationen in großer Zahl installiert, um der App die für unterschiedliche Warnmeldungen erforderlichen Daten liefern zu können. So sollen die Bürgerinnen und Bürger künftig via Push-Benachrichtigung rechtzeitig gewarnt und somit Leben gerettet werden. Vorgesehen ist auch die Aufhebung der Stummschaltung der Endgeräte.
Wer sich in die Gemeinschaft rund um die Open SmartCity App einbringen will, ist herzlich willkommen. „Motivation und den Willen zur Kooperation sollten Interessierte auf alle Fälle mitbringen“, so Gerken, der jüngst ein Kennenlerngespräch mit einer Kommune aus dem Ruhrgebiet geführt hat. „Wir sind eine echte Gemeinschaft und arbeiten auf Augenhöhe zusammen. Schließlich stehen alle vor den gleichen großen technischen Her­ausforderungen. Die Größe der Kommune spielt keine Rolle.“ „Der Austausch und die Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinschaft funktionieren sehr gut“, bestätigt Annika Latz, die mit ihrem Team bei regio iT einige Mitglieder der Entwicklungspartnerschaft bei der Umsetzung der App unterstützt.
Derzeit sind zehn Städte unterschiedlicher Größe Teil der Gemeinschaft und befinden sich auf dem Weg zur Umsetzung ihrer individuellen SmartCity App: Kalletal, Lemgo, Kassel, Dortmund, Mönchengladbach, Oberhausen, Remscheid, Solingen, Wolfsburg und Bochum. Jede Stadt verfügt über einen eigenen Entwicklungsaccount und ist und bleibt Eigentümerin „ihrer App“.

Carola Adenauer ist freie Journalistin im Auftrag von regio iT.




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