Sonntag, 15. Juni 2025

InterviewStrategie zur Digitalisierung

[21.04.2015] Der IT-Einzug prägt alle Bereiche – auch öffentliche Verwaltungen. Wie weit der digitale Wandel in den Kommunen vorangeschritten ist, erklärt Jörg Huesmann, neuer Geschäftsführer der Optimal Systems Vertriebsgesellschaft mbH Hannover.
Jörg Huesmann ist Geschäftsführer der Optimal Systems Vertriebsgesellschaft mbH Hannover.

Jörg Huesmann ist Geschäftsführer der Optimal Systems Vertriebsgesellschaft mbH Hannover.

(Bildquelle: Optimal Systems)

Herr Huesmann, wie weit sind die Behörden bei der Digitalisierung ihrer Verwaltungsdienstleistungen?

Öffentliche Verwaltungen sind offener für Innovationen als viele vermuten. Es mangelt nicht an interessanten Ansätzen. In Bonn wurde beispielsweise die Diskussion zum Haushalt 2015 über das Internet geführt; die Bürger konnten sich einbringen und Vorschläge kommentieren. Und die Stadt Braunschweig bietet im Internet Informationen über die Grundwasserverunreinigung im Stadtgebiet an. Ämter und Behörden haben in den vergangenen Jahren ihr Internet-Angebot ausgebaut. Die Bereitstellung von Informationen ist aber nicht alles. Es sind weitere Maßnahmen gefragt, denn Bürger und Unternehmen erwarten heute eine nutzerfreundliche und sichere elektronische Abwicklung von Behördengängen. 83 Prozent der Unternehmen nutzen hierzulande E-Government-Angebote. Damit liegt Deutschland trotz vieler guter Beispiele im EU-Vergleich noch deutlich hinten. Die Stadt Erlangen etwa forcierte bereits 2009 die Verwaltungsmodernisierung mit der Einführung unserer Software in den Fachbereichen Archiv, Umwelt und Organisation, durch die Umsetzung eines Einheitlichen Ansprechpartners sowie mit der Teilnahme am De-Mail-Behördenpilotprojekt.

Verfolgen Ämter und Behörden jeweils eine bestimmte Strategie, um ihre E-Government-Vorhaben umzusetzen?

Die Verwaltung ist selbst daran interessiert, effizienter und transparenter zu arbeiten und einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Wie weit eine Behörde ist, hängt oft davon ab, ob sie eine E-Government-Strategie konzipieren konnte. Die Digitale Agenda, das neue Programm „Digitale Verwaltung 2020“ der Bundesregierung, das E-Government-Gesetz sowie die De-Mail-Einführung rücken das Thema in den Vordergrund und treiben den Digitalisierungsprozess voran.

Wo liegen die Hindernisse bei der Umsetzung?

Die Umsetzung von E-Government-Vorhaben ist oft sehr aufwendig und personalintensiv. Neue Infrastrukturen müssen geschaffen und Prozesse optimiert werden. Meistens sind organisatorische und personelle Anpassungen erforderlich. Am erfolgreichsten sind deshalb Kommunen, die eine Stabsstelle oder einen E-Government-Beauftragten etablieren konnten. Wenn dann auch die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, werden Kommunen ihre Ziele bezüglich E-Government sicher erreichen.

„Ohne digitale Akten und Prozesse ist kein E-Government möglich.“
Wie kann das Unternehmen Optimal Systems diesen Wandel unterstützen?

Der Datenaustausch zwischen Behörden, Unternehmen und Bürgern ist noch ausbaufähig. Die Digitalisierung vieler Verwaltungsabläufe steht bei vielen Ämtern noch aus. Häufig erleben wir folgendes Szenario: Ein Online-Formular wird heruntergeladen und am Computer ausgefüllt. Dann wird es ausgedruckt, in einen Umschlag gesteckt und per Post verschickt. Im Amt wird der Umschlag geöffnet, das Dokument eingescannt und zentral gespeichert. Im schlimmsten Fall werden die Daten auch noch manuell übertragen und das Dokument irgendwo abgeheftet. Diese Papierflut bringt einen enormen Bearbeitungsaufwand mit sich: Sie bindet Platz, Zeit und Ressourcen – und verhindert so, dass medienbruchfreie Angebote erstellt werden. Ohne digitale Akten und Prozesse ist kein E-Government möglich. Hier kommt Optimal Systems mit seiner breiten Produktpalette für die öffentliche Verwaltung ins Spiel. Mit unserer Software bieten wir viel mehr als ein Dokumenten-Management-System (DMS), um eine einheitliche Informationsmanagement-Plattform für alle Verwaltungsprozesse – von der einzelnen Fachabteilung bis zur kommunalen Gesamtlösung – zu ermöglichen.

Welche Verwaltungsprozesse können am einfachsten digital abgebildet werden?

An möglichen Nutzungsszenarien mangelt es nicht. Reisepass, Bauantrag, An- oder Abmeldung beim Umzug oder die Anmeldung von Fahrzeugen sind Prozesse, die sich relativ einfach mit vielen Vorteilen für Bürger und Verwaltung digitalisieren lassen. Die Stadt Erlangen ermöglicht darüber hinaus ihren Bibliotheksnutzern im Gesamtbestand zu recherchieren, Medien vorzumerken, Gebühren und Leihfristen zu überblicken und die Ausleihe online zu verlängern.

Ist mobiles Arbeiten und die mobile Verfügbarkeit von Informationen auch ein Thema in der Verwaltung?

Mobilität ist ein großes Thema. Einerseits entwickeln viele Kommunen eigene Apps, um Bürgern den Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Andererseits sind Apps wichtige Werkzeuge für die Mitarbeiter der Verwaltung und der Eigenbetriebe. So nutzt beispielsweise die Stadt Wetzlar unsere mobilen Lösungen im Ordnungsbereich. Bei den Eigenbetrieben der Stadt Witten wird die elektronische Hausanschlussakte auf Basis unserer ECM-Software ebenfalls mobil verwendet.

Welcher Ihrer Kunden ist sehr weit mit der Digitalisierung seiner Dienstleistungen und Prozesse?

Die Stadt Witten verfolgt seit dem Jahr 2006 eine konsequente Strategie, um Papierberge abzubauen und um Prozesse zu digitalisieren und zu beschleunigen. Ein wesentliches Anliegen war, eine Informationsmanagement-Plattform einzuführen, die verwaltungsweit eingesetzt werden kann. Das sollte verhindern, dass jeder Bereich eine eigene Insellösung einsetzt. Damit wurde in Witten aus meiner Sicht der Grundstein für den digitalen Wandel gelegt. Witten hat mit unserer Software enaio eine Basisinfrastruktur aufgebaut, welche die Stadt in die Lage versetzt, den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Das ist aber nur eines von vielen Beispielen.

Interview: Verena Barth




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Blick auf die PegelApp auf einem Smartphone. Man sieht zahlreiche blau markierte Messpunkte, aber wenig Details.

Kreis Soest: Moderner Hochwasserschutz

[13.06.2025] Der Kreis Soest hat seine PegelApp erweitert. Nicht nur wird jetzt das gesamte Kreisgebiet mit rund 30 Pegelmesspunkten abgedeckt, auch neue Funktionen sind hinzugekommen. So sind jetzt Warnschwellen individuell festlegbar, zudem gibt die App konkrete Handlungsempfehlungen. mehr...

Ein Mann sitzt an einem Schreibtisch mit Steuerformularen und füllt diese manuell aus.

Nordrhein-Westfalen: Gewerbesteuerbescheid erfolgreich pilotiert

[13.06.2025] Der digitale Gewerbesteuerbescheid kann Prozesse in Unternehmen, bei Steuerberatern, Kommunen und der Steuerverwaltung vereinfachen. In Nordrhein-Westfalen sind die Kommunen nach einer erfolgreichen Pilotphase aufgefordert, die Einführung des Verfahrens – mit Unterstützung des Landes – voranzutreiben. mehr...

Grün eingefärbte Nahaufnahme einer Computer-Platine.

Dataport/SHLB: Nachhaltige Planung von Digitalprojekten

[10.06.2025] Kohlendioxid ist ein Hauptfaktor für den Treibhauseffekt – und fällt auch bei Nutzung digitaler Anwendungen an. Um die CO₂-Emissionen digitaler Projekte schon im Voraus kalkulieren und optimieren zu können, haben Dataport und die SHLB einen browserbasierten CO₂-Rechner entwickelt. mehr...

Computerteil-Reparatur: Ein paar Hne arbeitet mit einem Lötkolben an einer demontierten Hauptplatine.

Berlin: KI hilft bei Abwicklung des ReparaturBONUS

[23.05.2025] Die Zukunft der Fördermittelverwaltung liegt in der Digitalisierung. Das hat das Unternehmen MACH mit der Entwicklung einer digitalen Antragsplattform für die Berliner Verwaltung unter Beweis gestellt. Die Lösung sorgt für eine effizientere Abwicklung des ReparaturBONUS und spürbare Entlastung der Mitarbeitenden. mehr...

Designstudie der LISA-Kabine mit einem großen Screen, davor ein Tisch und zwei Stühle.

Brandenburg: Bürgerservice per Videokabine

[19.05.2025] Der Landkreis Uckermark wurde im Rahmen der Bundesinitiative DigitalPakt Alter für seinen digitalen Bürgerservice für Seniorinnen und Senioren ausgezeichnet. Im Rahmen des Projekts LISA wurden an bisher sechs Standorten Videokabinen eingerichtet, die wohnortnah Kontakt zur Kreisverwaltung ermöglichen. mehr...

Dresden: Bezahlkarte für Asylsuchende gestartet

[09.05.2025] Seit dieser Woche bekommen neu zugewiesene Geflüchtete in Dresden erstmals die neue Bezahlkarte. Damit ist die Einführung in Sachsen einen Schritt weiter. Ziel ist es, Bargeldauszahlungen zu reduzieren und Behörden zu entlasten. mehr...

In Nordrhein-Westfalen soll der digitale Gang aufs Rathaus künftig zur Regel werden.

Baden-Württemberg: Leitfaden für bessere Bürgerkommunikation

[07.05.2025] Ein Projekt der Dualen Hochschule Stuttgart soll Verwaltungen in ländlichen Regionen helfen, besser mit Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Der nun veröffentlichte Leitfaden enthält konkrete Empfehlungen und zeigt, welche Kanäle Bürgerinnen und Bürger nutzen wollen. mehr...

Ein junger Mann erklärt einem älteren Mann etwas auf einem Desktopbildschirm.

Nürnberg: Konzept Bürger-PC gestartet

[25.04.2025] Um noch mehr Menschen die digitale Teilhabe zu ermöglichen, erprobt Nürnberg jetzt den so genannten Bürger-PC. Die Selbstbedienungsrechner sind mit Druckern und Scannern ausgestattet und für Mehrgenerationenhäuser oder Stadtteiltreffs vorgesehen. Ehrenamtliche unterstützen die Bürgerinnen und Bürger bei der Nutzung. mehr...

Wehende Flagge des Landes Schleswig-Holstein vor schwach bewölktem Himmel.

Schleswig-Holstein: Kooperation verlängert

[16.04.2025] Nach fünf erfolgreichen Jahren haben Schleswig-Holstein und der ITV.SH ihre Kooperation zur Verwaltungsdigitalisierung bis Ende 2029 verlängert. Geplant sind unter anderem der Roll-out weiterer digitaler Anträge und Unterstützung für Kommunen bei Informationssicherheits- und IT-Notfällen. mehr...

Darmstadt: Resiliente Krisenkommunikation

[11.04.2025] Großflächige, lang andauernde Stromausfälle sind selten – stellen die Krisenkommunikation jedoch vor Schwierigkeiten, weil Mobilfunk, Internet und Rundfunk ausfallen. In Darmstadt wird nun eine energieautarke digitale Litfaßsäule erprobt, die auch bei Blackouts als Warnmultiplikator funktioniert. mehr...

Gruppenfoto mit Vertreterinnen und Vertretern der Verbandsgemeinden Diez, Kaisersesch, Montabaur und Weißenthurm, die im Prozessmanagement kooperieren.

Diez/Kaisersesch/Montabaur/Weißenthurm: Kooperation im Prozessmanagement

[08.04.2025] Gemeinsam wollen die Verbandsgemeinden Diez, Kaisersesch, Montabaur und Weißenthurm ihre Verwaltungsprozesse effizienter gestalten. Im Fokus steht die Wissensdokumentation ihrer Prozesse. Auch sollen eine Datenbank für Notfallszenarien und ein interkommunales Prozessregister aufgebaut werden. mehr...

Drei ältere Personen sitzen auf einem Sofa und beschäftigen sich mit verschiedenen digitalen Endgeräten.

Hessen: Projekt Di@-Lotsen wächst weiter

[07.04.2025] Das hessische Digitallotsen-Projekt, das älteren Menschen den Zugang zur digitalen Welt erleichtern soll, wird fortgeführt und ausgeweitet. Kommunen, Vereine und andere Einrichtungen können sich bis zum 11. Mai 2025 als digitale Stützpunkte bewerben. mehr...

Logo der Berliner Beihilfe-App auf blauem Hintergrund.

Berlin: Beihilfe ohne Medienbrüche

[04.04.2025] In Berlin haben Beamtinnen und Beamte nicht nur die Möglichkeit, Anträge auf Beihilfe digital zu stellen – mit einer neuen App ist es ab jetzt auch möglich, den Bearbeitungsstand einzusehen und die Bescheide digital zu empfangen. mehr...

Interkommunale Zusammenarbeit: Dritte Förderphase für Digitale Dörfer RLP

[01.04.2025] Das Netzwerk Digitale Dörfer RLP erhält bis 2026 weitere 730.000 Euro Landesförderung. Erfolgreiche Digitalprojekte sollen landesweit ausgerollt und die interkommunale Zusammenarbeit gestärkt werden. Ein Schwerpunkt liegt auf wissenschaftlich unterfütterten Pilotprojekten zum Bürokratieabbau. mehr...

In Bayern soll nach dem Willen von Digitalminister Fabian Mehring der „Digitalisierungsturbo“ gezündet werden.

Bayern: Ein Jahr Zukunftskommission

[31.03.2025] Die Zukunftskommission #Digitales Bayern 5.0 hat ihren aktuellen Bericht vorgelegt. Unter Leitung des Finanz- und Heimatministeriums erarbeiten Ministerien, Kommunalverbände und Experten Lösungen für eine einheitlichere, effizientere und sicherere IT in Bayerns Kommunen. mehr...