Sonntag, 15. Juni 2025

InterviewVerwaltung 4.0

[16.04.2018] Saarland-CIO Professor Ulli Meyer geht im Kommune21-Interview auf die Bedeutung von vertikaler Kooperation und interkommunaler Zusammenarbeit ein und erläutert, wie der im Koalitionsvertrag verankerte Digitalisierungsschub ausgestaltet werden kann.
Saarland-CIO Professor Dr. Ulli Meyer

Saarland-CIO Professor Dr. Ulli Meyer

(Bildquelle: Saarländisches Ministerium für Finanzen und Europa)

Herr Professor Meyer, Ende vergangenen Jahres wurde die erste Phase des Projekts „Saarland Netz 2017“ abgeschlossen. Was sind die Kernelemente dieses Vorhabens?

Wir schaffen im Saarland ein gemeinsames Datennetz von Land und Kommunen und damit ein stabiles und sicheres digitales Rückgrat der saarländischen Verwaltung. Das Saarland-Netz 2017 werden wir ab Mitte 2018 gemeinsam in Betrieb nehmen. Es schafft die Grundlage für datenintensive, zentralisierte IT-Vorhaben und ermöglicht – durch die Nutzung einer gemeinsamen Infrastruktur von Land und Kommunen – auch vertikale Kooperation sowie interkommunale Zusammenarbeit gerade in Bezug auf das Thema Digitalisierung.

Welche Vorteile ergeben sich für die einzelnen Verwaltungsebenen durch ein gemeinsames Netz für Land und Kommunen?

Das Saarland-Netz 2017 ermöglicht einen leistungsfähigen und sicheren Fluss von Daten zwischen den Verwaltungsebenen. Zudem können die durch das Projekt erzielten Betriebskosteneinsparungen in vollem Umfang für künftige gemeinsame E-Government-Projekte von Land und Kommunen genutzt werden. Zusammen legen wir einen „Zukunftsfonds Kommune und Land“ auf, um gemeinsame und innovative IT-Projekte zu finanzieren.

Welche weiteren verwaltungsübergreifenden Kooperationsprojekte sind im Saarland geplant?

Wir planen Projekte im Bereich des Rechenzentrums, des Serviceportals und der IT-Sicherheit. Derzeit gibt es Überlegungen, IT-
Dienstleistungen von Land und Kommunen gemeinsam und gegebenenfalls an einem Standort zu erbringen, also die Daten in einem gemeinsamen Rechenzentrum zu verorten. Im Rahmen des „Zukunftsinvestitionspakets 2020“ sind Mittel für ein zukunftsfähiges und sicheres Rechenzentrum bereitgestellt. Wir gehen davon aus, dass wir mit einer gemeinsamen Rechenzentrumsinfrastruktur nicht nur mehr Sicherheit schaffen, sondern auch die Kosten für unsere technische Infrastruktur senken können. Ein wichtiger Meilenstein wird das von Land und Kommunen betriebene Bürgerserviceportal sein, das wir gemeinsam realisieren wollen. Hierüber soll ein einheitlicher Zugang zu sämtlichen Dienstleistungen der öffentlichen Hand aller Ebenen ermöglicht werden.

Warum sind ebenenübergreifende und interkommunale Kooperationen so wichtig?

Mit der Digitalisierung erleben wir derzeit eine Revolution in unserer Arbeits- und Lebenswelt. Es werden sukzessive Prozesse anhand intelligenter und digital vernetzter Systeme verzahnt und zusammengeführt. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Verbände erwarten, neben umfassenden Online-Informationen, weitergehende Möglichkeiten, um sowohl ihren Verpflichtungen gegenüber der Verwaltung elektronisch nachkommen als auch die Angebote digital nutzen zu können. Wir müssen unsere Aufgaben und deren Wahrnehmung künftig noch stärker an den Bedarfen der Bürger sowie der Unternehmen ausrichten und den Dienstleistungsgedanken noch stärker in den Fokus rücken. Dies geht jedoch nur unter Einbeziehung der Kommunen – denn die überwiegend nachgefragten Verwaltungsdienstleistungen werden von den Städten und Gemeinden beziehungsweise Gemeindeverbänden erbracht.

„Wir müssen den Dienstleistungsgedanken noch stärker in den Fokus rücken.“

Sie sprachen von ambitionierten Zielen bei der Digitalisierung der Verwaltung im Saarland. Können Sie dies konkretisieren?

Wir müssen die Chancen der Digitalisierung nutzen. Sie ist ein riesiger Fortschritt, der aber auch Herausforderungen mit sich bringt, denen wir uns als Dienstleister stellen müssen. Mithilfe der Digitalisierung müssen die Behördengänge für die Bürger nutzerfreundlicher und effizienter werden. Dabei sind für uns die drei Aspekte Bürgernähe, Standardisieren und Kooperieren besonders wichtig. So ist es ein Ziel, dass Bürger zum Beispiel mit dem Tablet einfach, sicher und schnell das Auto zulassen, den Wohnsitz ummelden oder den Personalausweis beantragen können. Mit der Standardisierung wird die Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns über alle Ebenen hinweg gewährleistet. Das saarländische E-Government-Gesetz bildet den rechtlichen Rahmen für die geplante und im Koalitionsvertrag vereinbarte Digitalisierungsoffensive der Verwaltungen des Landes und der Kommunen. Sie sieht eine nachhaltige Förderung der Einführung elektronischer Verfahren und der elektronischen Abwicklung von Dienstleistungen vor. Es wird außerdem ein gesetzlicher Rahmen für die verbindliche Vereinbarung von Standards, Strukturen und Verfahrensweisen für die informationstechnische Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Land und kommunaler Ebene geschaffen. Danach wird der gemeinsame E-Government-Pakt weiterentwickelt. Hierzu wird ein von beiden Seiten paritätisch besetzter IT-Kooperationsrat eingerichtet. Des Weiteren ist aufgrund der besonderen geografischen Lage des Saarlandes als Grenzregion im Herzen Europas mit seinen vielfältigen Beziehungen zu Frankreich, Luxemburg und Belgien eine Öffnungsklausel für elektronische Identifikationsverfahren der Nachbarländer im E-Government-Gesetz enthalten. Zusätzlich können Vertreter der Region Grand Est sowie aus Luxemburg und Belgien zum IT-Kooperationsrat hinzugeladen werden.

Wie wird die im Koalitionsvertrag vereinbarte Digitalisierungsoffensive der Landesverwaltung und der Kommunen konkret ausgestaltet?

Den im Koalitionsvertrag verankerten Digitalisierungsschub hin zur Verwaltung 4.0 können wir beschleunigen, wenn wir unsere bisherigen guten Kooperationen weiter ausbauen, sei es zwischen Land und Kommunen oder innerhalb der jeweiligen föderalen Ebenen. Bürger und Unternehmen erwarten einen einfachen, schnellen und sicheren Zugang zu den elektronischen Verwaltungsleistungen und zwar unabhängig von Zuständigkeit, Zeit und Ort. Diese Herausforderungen können wir nur gemeinsam stemmen. Digitalisierung im Fokus einer umfassenden Kooperation bedeutet für uns und unser Land damit gleichzeitig den Einstieg in eine gute Zukunft. Daher werden wir die Digitalisierungsstrategie mit der kommunalen Seite und unserem Partner im E-Government-Pakt, dem Zweckverband für saarländische Kommunen, eGo-Saar, eng abstimmen.

Was zeichnet das E-Government-Gesetz des Saarlandes aus und welche Auswirkungen hat es auf die Kommunen?

Das E-Government-Gesetz für das Saarland wird für die kommunale Ebene im gleichen Umfang wie für die Landesebene verpflichtend sein. Die Kommunen werden aber, aufgrund der elektronischen und technischen Struktur der Verwaltungsabläufe, erst zwei Jahre später starten. Wesentliche Regelungen des Gesetzentwurfs sind die Schaffung eines elektronischen Zugangs zur Verwaltung mit der Verpflichtung, auch ein Verschlüsselungsverfahren sowie einen Zugang über De-Mail und die Nutzung des elektronischen Identitätsnachweises anzubieten. Zudem verpflichtet das E-Government-Gesetz Land und Kommunen – unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit – zur elektronischen Aktenführung und elektronischen Abwicklung interner Verwaltungsabläufe.

Interview: Alexandra Braun




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Blick von oben auf die Stadt Hannover.
bericht

Hannover: Taskforce und Fonds

[05.06.2025] KI und ein wachsendes Angebot an Onlinedienstleistungen verbessern den Service der Stadt Hannover. Die Verwaltung geht die Digitalisierung strategisch an: Sie hat Kompetenzteams installiert und Mittel in Höhe von knapp 50 Millionen Euro mobilisiert. mehr...

Mehrere Personen stehen vor einem Gebäude.
bericht

DStGB: Mehr kommunaler Einfluss

[02.06.2025] Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) hat einen Ausschuss für Digitalisierung gegründet. Dieser will auf die Belange der Kommunen bei Digitalprojekten aufmerksam machen und frühzeitige Einbindung erwirken. mehr...

Mehrere Personen stehen nebeneinander auf einer Bühne

Deutscher Städtetag: Burkhard Jung ist Präsident

[19.05.2025] Im Rahmen seiner Hauptversammlung hat der Deutsche Städtetag Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung erneut als Präsidenten gewählt. Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt und Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner werden Vizepräsident und -präsidentin. Münsters OB Markus Lewe ist neues Ehrenmitglied. mehr...

Staatssekretär Dr. Markus Richter, Bundesdigitalminister Karsten Wildberger, der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Jarzombek

BMDS: Digitalministerium hat Arbeit aufgenommen

[15.05.2025] Mit Karsten Wildberger als Digitalminister nimmt das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung die Arbeit auf. Es bündelt die Zuständigkeiten aus bisher sechs Ressorts. Markus Richter, zuvor IT-Beauftragter der Bundesregierung, arbeitet als Staatssekretär in dem neuen Ministerium. mehr...

Screenshot des Deckblatts der NEGZ-Kurzstudie.

NEGZ: Smart City und E-Government zusammen denken

[15.05.2025] Eine Kurzstudie des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums (NEGZ) untersucht die Wechselwirkungen und möglichen Synergieeffekte zwischen Smart-City- und Smart-Government-Initiativen. Befragt wurden 25 der Modellprojekte Smart Cities. mehr...

Gruppenfoto Digitalausschuss DStGB

DStGB: Digitalausschuss konstituiert sich

[15.05.2025] Klare Forderungen an die neue Bundesregierung hat der Digitalausschuss des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) im Rahmen seiner konstituierenden Sitzung in Berlin formuliert. mehr...

Porträtaufnahme von Dirk Schrödter.
interview

Schleswig-Holstein: Norddeutscher Pionier

[05.05.2025] Schleswig-Holsteins Digitalisierungsminister Dirk Schrödter spricht über die Verwaltungstransformation in dem norddeutschen Bundesland und nimmt Bezug auf Open Data, Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Breitband und die Rolle der Kommunen. mehr...

Berliner Rathaus, daneben der Fernsehturm

Berlin: Ernüchternde Bilanz zum Open-Source-Kompetenzzentrum

[30.04.2025] Bei einer Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus zur Entwicklung des Open-Source-Kompetenzzentrums kritisierte die OSBA die bislang schleppende Umsetzung. Ein klares politisches Bekenntnis für Open Source fehle bis heute – ebenso wie die entsprechende Strategie. mehr...

Porträtaufnahme von Melitta Kühnlein.
interview

Potsdam: Sehr guter Job

[25.04.2025] Melitta Kühnlein, Leiterin des Fachbereichs Informations- und Kommunikationstechnologie bei der Stadt Potsdam, spricht im Interview über ihre Verantwortlichkeiten und Ziele sowie Frauen in der IT und in Führungspositionen. mehr...

Screenshot des Deckblatts der Ahauser Digitalisierungsstrategie.

Ahaus: Digitalisierungsstrategie verabschiedet

[15.04.2025] Ahaus soll zu einer modernen, digitalen Stadt werden, in der neue Technologien und digitale Verwaltungsservices das Leben der Menschen einfacher machen. Als Leitfaden dient der Kommune ihre neue Digitalisierungsstrategie. mehr...

Porträt er Ministerin für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung des Landes Rheinland-Pfalz, Dörte Schall.

Rheinland-Pfalz: Digitale Transformation geht nur gemeinsam

[15.04.2025] Die zweite landesweite Digitalisierungsveranstaltung in Koblenz zeigt, dass Rheinland-Pfalz beim OZG-Umsetzungsstand deutliche Fortschritte macht. Rund die Hälfte der zentralen OZG-Leistungen ist angebunden. Ziel bleibt die vollständige Ende-zu-Ende-Digitalisierung. mehr...

Screenshot des Deckblatts des gemeinsamen Jahresberichts der FITKO und des IT-Planungsrats für 2024.

IT-Planungsrat / FITKO: Gemeinsamer Jahresbericht für 2024

[14.04.2025] Im gemeinsamen Jahresbericht für 2024 berichten der IT-Planungsrat und die Föderale IT-Kooperation (FITKO) über ihre Tätigkeiten und Erfolge. Erstmals kommen auch die Gremien, Arbeits- und Projektgruppen zu Wort. mehr...

Vektorgrafik. Mehrere Personen fügen Puzzleteile zusammen.
bericht

Kooperationen: Die Renaissance einläuten

[11.04.2025] Neben einer konsequenten Digitalisierung kann die Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit das Fundament bieten, um die kommunale Aufgabenerfüllung auch in Zeiten des Fachkräftemangels zu sichern. Das leistet auch einen Beitrag gegen Staatsverdrossenheit. mehr...

Blick vom Spreeufer auf das Reichstagsgebäude.

Koalitionsvertrag: Digitalministerium soll kommen

[10.04.2025] Union und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag verständigt. Kommunen und Verbände begrüßen das geplante Digitalministerium, sehen Fortschritte beim Bürokratieabbau und fordern eine zügige Umsetzung zentraler Vorhaben. mehr...

Cover Zukunftsradar 2024

DStGB/iit: Zukunftsradar Digitale Kommune 2024

[10.04.2025] Der neue DStGB-Zukunftsradar liegt vor. Die Studie belegt: Kommunen sehen eine besser abgestimmte föderale IT-Infrastruktur und eine gemeinsame Cybersicherheitsstrategie als zentrale Voraussetzungen für die weitere Verwaltungsdigitalisierung. mehr...