Serie OZGDie Herkulesaufgabe

OZG: Umsetzung gestaltet sich schwierig.
(Bildquelle: MEV Verlag)
Am Anfang standen die Zweifel, dann kam die gute Laune und nun herrscht Torschlusspanik. Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) geht in die heiße Phase über. Noch gut zwei Jahre, dann soll das Gesetz, das die Digitalisierung aller Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen vorsieht, umgesetzt sein. Theoretisch. Dass das nicht mehr zu schaffen ist, daran zweifeln am allerwenigsten die Beteiligten. Von Beginn an war das Ziel zu hochgesteckt. 575 Verwaltungsleistungen in etwas mehr als fünf Jahren? Wer den föderalen Flickenteppich kennt, wusste dass das nicht gutgehen kann. Zumal die 575 Leistungsbündel de facto aus rund 6.000 Einzelleistungen der Verwaltungen bestehen.
Vorreiter Bayern
Hätte man sich von vornherein auf die von Unternehmen und Bürgern am häufigsten nachgefragten Verwaltungsleistungen – eine Top 50 oder 100 – konzentriert, wäre der Mehrwert immens gewesen und die Kommunikation viel einfacher. Bayern macht es schließlich vor. Dort wird eine Top 54 mit den wichtigsten Verwaltungsleistungen umgesetzt – so sieht es der OZG-Masterplan Roadmap 2020 vor (wir berichteten). Die großen Massenverfahren haben Vorrang: Gewerbe- und Einkommenssteuer, Baugenehmigung, Wohngeld, Unternehmensanmeldung oder die Sondernutzung von Straßen. Wie Carolin Stimmelmayr vom Bayerischen Staatsministerium für Digitales mitteilte, wird man schon Ende dieses Jahres damit fertig – und hat dann noch genügend Zeit, sich um den Portalverbund, die notwendigen Schnittstellen und die Integration der Fachverfahren zu kümmern.
Der Freistaat hatte allerdings auch einen guten Stand. Mit dem BayernPortal und der BayernID, die es seit 2015 gibt, lagen bereits Infrastrukturen vor, die andernorts erst noch errichtet werden müssen. Die rund 2.000 bayerischen Kommunen sind zudem an einen Binnen-Zentralismus gewöhnt, der ihnen viele digitale Services durch geringe Kosten schmackhaft macht. In vielen Ländern und Kommunen sieht die Situation dagegen anders aus: Laut einer aktuellen Studie von Sopra Steria sind 30 Prozent der Kommunen erst am Anfang ihrer OZG-Umsetzung, 60 Prozent stecken mittendrin und nur acht Prozent sind weitgehend fertig.
Gesetzesänderungen stehen noch an
Die Krux liegt in der Kooperation. Nicht, dass es an gutem Willen fehlte – allen ist klar, dass nicht jeder alles alleine machen kann. Aus diesem Grund wurden die 575 Leistungsbündel zunächst 14 Themenfeldern in Federführung einzelner Bundesländer zugeordnet, aus denen 38 Digitalisierungslabore hervorgegangen sind, die prototypisch Verwaltungsprozesse neu gestalten und Klick-Dummies entwerfen. Über dieses Stadium ist man bislang nicht wesentlich hinaus. Natürlich gibt es Vorzeigeprojekte, wie ELFE (Eltern- und Kindergeld), das nach Jahren der Ankündigung nun als ein vorbildliches Referenzbeispiel für moderne Verwaltungsabläufe an den Start geht. Für einen so komplizierten Prozess, der den automatisierten und legitimierten Zugriff auf verschiedenste Behördenregister und -datenbanken erfordert, waren allerlei Gesetzesänderungen notwendig. Das hat viel Zeit in Anspruch genommen und steht vielen OZG-Prozessen noch bevor.
Standardisierung stärken
Angesichts der drängenden Zeit hat der neue Bundes-CIO Markus Richter nun das Einer-für-alle-Prinzip ausgegeben. Es soll die Nachnutzung der Services regeln: Die in den Digitalisierungslaboren entwickelten Lösungen dienen als Blaupausen für die schnelle Umsetzung weiterer, ähnlicher Produkte. Ein einheitlicher Servicestandard (wir berichteten) soll Qualitätsprinzipien sicherstellen, die gleichermaßen für OZG-Umsetzungen bei Bund, Ländern und Kommunen gelten. Man will mehr Standardisierung erreichen und gleich hohe Qualität. Auf der letzten Sitzung des IT-Planungsrats ist zudem ein so genannter FIT-Store angekündigt worden (wir berichteten), eine zentrale Anlaufstelle zum Herunterladen von Online-Leistungen, vergleichbar einem App-Store für die Verwaltung.
Kleinstaaterei im Digitalen
Ob das gelingt, ist fraglich. Die Notwendigkeit stärkerer Standardisierung weckt zugleich Befürchtungen vor einem ungewollten Zentralismus, welche stärker erscheinen als alle Appelle, doch über den eigenen Schatten zu springen. Vor allem die Kommunen pochen auf ihre getätigten Investitionen im Bereich E-Government. In einigen Verwaltungen liegen bereits OZG-taugliche Online-Services vor, die gut funktionieren und nun an anderer Stelle erneut entstehen. Da aber niemand einen wirklichen Überblick hat, was wo schon existiert, ist nicht sichergestellt, dass die gewohnte Kleinstaaterei im Digitalen überwunden werden kann. Und so muss der weitaus schwierigere Weg beschritten werden, die vorhandenen Infrastrukturen irgendwie zu verbinden.
Kommt ein OZG 2.0?
In dieser Hinsicht spricht sich Markus Richter für ein Ökosystem der Plattformen aus: Vorhandene Infrastrukturen wie die OSI-Plattform von Dataport, civento von ekom21 oder das Bürgerserviceportal der AKDB sollen interagieren. Dafür sind Schnittstellen und entsprechende Definitionen notwendig, für die der IT-Planungsrat und die Föderale IT-Kooperation (FITKO) zuständig sind. Eile ist offensichtlich nicht geboten. Oder wie ist es zu verstehen, dass in der heißen Phase die Geschäftsstelle des IT-Planungsrates von Berlin nach Frankfurt zur FITKO umgesiedelt wird? Würde nicht längst hinter vorgehaltener Hand von einem OZG 2.0 gesprochen, einem Folgegesetz, das die nicht erledigten Meilensteine in Angriff nimmt, müsste man sich um die Innovationsfähigkeit dieses Landes ernsthafte Sorgen machen.
Nun ist es vielleicht nicht so wichtig, jetzt noch am Unmöglichen festzuhalten. Die Corona-Krise hat die Dringlichkeit der Digitalisierung vor Augen geführt, und der momentane Schwung bei der Umsetzung ist allemal besser als Verzagtheit in der Planung. Außerdem bleibt so noch genügend Zeit, sich Gedanken über die Verwendung der drei Milliarden Euro aus dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung zu machen.
Teil 1 der OZG-Serie
Teil 2 der OZG-Serie
Teil 3 der OZG-Serie
Initiative Ehrenbehörde: Michelin-Stern für Behörden
[28.10.2025] Zwölf Behörden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden jetzt für neue Standards in Kommunikation, Digitalisierung und Führung als „Ehrenbehörden 2026“ ausgezeichnet. mehr...
dbb akademie: Digitalisierung im öffentlichen Dienst bleibt große Baustelle
[24.10.2025] Die dbb akademie hat jetzt das Fach- und Führungskräfte-Barometer 2025 vorgelegt. Demnach fühlen sich jüngere Generationen digital fitter, aber unzureichend vorbereitet. mehr...
Augsburg: Dom in 4D erkunden
[17.10.2025] Der Augsburger Dom kann künftig auch in 4D erkundet werden. Der virtuelle Rundgang führt durch verschiedene Epochen und macht Geschichte auf besondere Art greifbar. mehr...
Katastrophenschutz: 5G-Drohne hilft Rettungskräften
[14.10.2025] Inwiefern Drohnen durch Live-Luftaufnahmen bei Rettungseinsätzen unterstützen können, testet aktuell die Berufsfeuerwehr Rostock. Koordiniert wird das Projekt ADELE vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). mehr...
Leitfaden: Wegweiser für Digitalisierungsbeauftragte
[07.10.2025] Studierende der Hochschule Ludwigsburg haben unter fachlicher Beratung von Axians-Infoma-Consultants einen Leitfaden entwickelt, der Digitalisierungsverantwortliche in Kommunen auf ihre vielfältigen Aufgaben vorbereiten soll. mehr...
Hannover: Podcast mit dem OB
[25.09.2025] Ein neues Kommunikationsformat startet Niedersachsens Landeshauptstadt: „Hannover macht das!“ lautet der Podcast mit dem Oberbürgermeister, der einen Beitrag zum demokratischen Diskurs leisten möchte. mehr...
eGovernment-Wettbewerb 2025: Die Gewinner stehen fest
[22.09.2025] Die Preisträgerinnen und Preisträger des 24. eGovernment-Wettbewerbs stehen fest. Die ausgezeichneten Projekte wollen konkrete Antworten auf Herausforderungen des Verwaltungsumbaus geben – mit KI, der Digitalisierung von Prozessen und durch bessere Bürgerservices. mehr...
Dresden: Verständliche Behördenschreiben
[18.09.2025] Behördliche Schreiben sollen für rechtliche Eindeutigkeit sorgen – sind für Bürgerinnen und Bürger aber oft nur schwer verständlich. Die Stadt Dresden möchte das ändern: Eine Umfrage soll helfen, Verwaltungstexte klarer, verständlicher und bürgernäher zu gestalten. mehr...
Podcast: Deutschland-Index 2025 zum Hören
[05.09.2025] Welche Entwicklungen lassen sich bei digitaler Infrastruktur, Nutzungsverhalten und Verwaltungsdigitalisierung in den bundesdeutschen Ländern beobachten? Der ÖFIT-Podcast bereitet aktuelle Zahlen zu diesen und anderen Fragen ohrenfreundlich auf. mehr...
Kreis Kassel: Digitaler Service für Jäger
[15.08.2025] Die sogenannte Digitale Wildmarke erleichtert Jägern im Kreis Kassel jetzt die vorgeschriebene Abgabe von Trichinenproben. Gekühlte Briefkästen und ein App-gestütztes Verfahren verbessern nicht nur den Service für die Jäger, sondern stärken auch die Früherkennung von Tierseuchen. mehr...
Bonn: Modellkommune für Verwaltungsmodernisierung
[14.08.2025] Die Bundesstadt Bonn will sich als Modellkommune der Initiative „Für einen handlungsfähigen Staat“ bewerben. Ziel ist es, innovative Verwaltungsansätze zu erproben, Verfahren zu beschleunigen und Bürokratie abzubauen – im Rahmen demokratischer Prozesse. mehr...
München/Schleswig-Holstein: Gemeinsam für gute Nutzererlebnisse
[04.08.2025] Im Projekt KERN setzen München und Verwaltungscloud.SH künftig gemeinsam Impulse: Sie übernehmen die Federführung für eine neue Technologieanbindung und stärken so die Entwicklung eines länderübergreifenden UX-Standards für die Verwaltung. mehr...
KGSt: Kooperation mit der DUV vereinbart
[24.07.2025] Um das kommunale Management weiter zu stärken, haben die KGSt und die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften (DUV) Speyer eine Kooperation geschlossen. mehr...
Fraunhofer IESE: Digitale Dörfer werden Smartes Land
[16.07.2025] Das Fraunhofer-Institut IESE, die Deutsche Assistance und die Versicherungskammer Bayern haben die Smartes Land GmbH gegründet. Damit werden die Plattformlösungen DorfFunk und BayernFunk aus dem Forschungsprojekt „Digitale Dörfer“ in den dauerhaften Betrieb überführt und unter einem gemeinsamen Dach weiterentwickelt und betrieben. mehr...
Studie: Viele fühlen sich digital abgehängt
[03.07.2025] Eine repräsentative Studie anlässlich des Digitaltags zeigt, dass in Deutschland zwar eine große Offenheit gegenüber digitalen Angeboten besteht, viele Menschen sich aber digital abgehängt fühlen und ihre eigenen Digitalkompetenzen eher schlecht bewerten. mehr...



















