Freitag, 11. Juli 2025

VitakoEchte Alternative schaffen

[10.08.2023] Die Deutsche Verwaltungscloud kann erhebliche Mehrwerte bieten – aber nur, wenn sie als öffentlich-rechtliche Alternative zu den Angeboten der Hyperscaler mit höchster digitaler Souveränität aufwartet. Hierfür gilt es nun, die Rahmenbedingungen zu schaffen.
Die Deutsche Verwaltungscloud ist zwingend souverän aufzubauen.

Die Deutsche Verwaltungscloud ist zwingend souverän aufzubauen.

(Bildquelle: tete_escape/stock.adobe.com)

Clouds gehören zum Alltag. Millionen Menschen allein in Deutschland speichern ihre Fotos in der Microsoft- und der Apple-Cloud oder hinterlegen Daten bei Google, Amazon oder zunehmend auch bei chinesischen Anbietern wie der Alibaba Cloud. Und die Verwaltungen? Sollten nicht auch sie die Verheißungen der Cloud nutzen? Ja. Aber nur, wenn wir souveräne Angebote schaffen können – und einen echten Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltungen.
Allein die drei genannten US-Konzerne vereinen in Europa etwa drei Viertel des Cloud-Markts. Das ist zunächst kein Problem. Allerdings schärft es das Bewusstsein für mögliche Abhängigkeiten. Und davor müssen wir uns hüten: Die Deutsche Verwaltungscloud – aus der Bund, Länder und Kommunen künftig Programme und Fachverfahren abrufen sollen – ist zwingend souverän aufzubauen. Zumal mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen in den USA 2024 eine Renaissance der America-First-Politik nicht ausgeschlossen ist. Nur zur Erinnerung: Im Oktober 2019 musste Adobe auf Druck der US-Regierung Kunden in Venezuela den Zugang zu Produkten entziehen.

Drei Prämissen sollten erfüllt sein

Die kommenden Wochen und Monate sind von entscheidender Bedeutung. In seiner vergangenen Sitzung hat der IT-Planungsrat über die künftige Governance der Deutschen Verwaltungscloud entschieden. Die Föderale IT-Kooperation (FITKO) wurde mit dem Aufbau einer Koordinierungsstelle beauftragt und das Umsetzungsprojekt zur Deutschen Verwaltungscloud geht endlich an den Start. Anfang November dieses Jahres soll dann hoffentlich geklärt werden, wie Hyperscaler dabei eingebunden werden können. Aus Sicht der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako, sind drei Prämissen zwingend einzuhalten:

Multi-Cloud-Strategie umsetzen: Nur eine Multi-Cloud-Strategie lässt Verwaltungen und Behörden eine echte Wahl. Dazu gehört auch, dass Daten, Fachanwendungen und Infrastrukturkomponenten wie etwa Benutzerverzeichnisse, problemlos von einem Cloud-Anbieter zu einem anderen umziehen können. Auch hier stellen sich zahlreiche ernsthafte Fragen, in welcher Weise die Hyperscaler dem Gebot nachkommen wollen – zumal einige Geschäftsmodelle geradezu darauf ausgelegt sind, mit Zusatzservices Kunden in die Abhängigkeit zu locken.

Open Source nutzen: Quellcode wird dabei von den Urheberinnen und Urhebern öffentlich auf Plattformen zur Verfügung gestellt. Die Nutzenden zahlen in der Regel eine Gebühr für den Support und können mit frei gewählten Partnern eigene Software-Lösungen erstellen – mehr Unabhängigkeit geht nicht. Mit OpenCoDE als zentrales Repository für die öffentliche Verwaltung und nun bald der Deutschen Verwaltungscloud als Betriebsplattform stehen zentrale Bausteine bereit, um dem Grundsatz „Public Money Public Code“ in der Verwaltung zu verankern.

Rechtskonformität sicherstellen: Insbesondere das Schrems-II-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stellt bei der Nutzung von Cloud-Diensten der internationalen Hyperscaler hohe Hürden auf. Das ist gut so – ein unkontrollierter Datenabfluss in außereuropäische Länder ist unter allen Umständen vertraglich, organisatorisch und technisch auszuschließen. Stand heute können die Hyperscaler aber nicht einmal angeben, auf welchen Servern und in welchen Ländern etwaige Verwaltungsdaten genau liegen werden. Es wurde bereits angekündigt, dass auch der neuerliche Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission juristisch angefochten wird.

Forderungen von Vitako

Vitako hat hierzu mit seinem Positionspapier zur Deutschen Verwaltungscloud klar Stellung bezogen: Wir brauchen eine starke öffentlich-rechtliche Cloud-Alternative auf Basis von Open Source, um auch in Zukunft die digitale Souveränität der öffentlichen Verwaltung sicherzustellen. Dabei sollten wir als öffentliche Verwaltung aber keinesfalls beim Hyperscaler-Bashing mitmachen. Nein: Wir brauchen einen Mix aus öffentlich-rechtlichen Cloud-Anbietern sowie privatwirtschaftlichen Hyperscalern. Schnittstellen, Betriebssysteme und Architekturen müssen darauf ausgerichtet und offen gestaltet werden. Zudem braucht die bei der FITKO angesiedelte Koordinierungsstelle ein starkes Mandat aus Politik und Verwaltung, um nicht nur Angebot und Nachfrage beider Seiten zu bündeln, sondern auch auf die Einhaltung der Regeln gegenüber allen Marktteilnehmern zu bestehen.
Außerdem sollten wir das Thema unbedingt europäisch denken. Erstens sind Zertifizierungen und Regulierungen zwingend mit unseren europäischen Partnern zu diskutieren. Zweitens verfügen alle EU-Länder über öffentliche IT-Dienstleister, die in unterschiedlicher Art und Weise Cloud-Infrastrukturen für die öffentliche Verwaltung aufbauen – und die in ein grenzüberschreitendes Cloud-Netzwerk zu integrieren sind. Wir IT-Dienstleister müssen jetzt gemeinsame Standards für die Interoperabilität und Portabilität von Daten und Software definieren. Und die EU ist gefordert, dafür den richtigen Rahmen zu bieten und später dessen Einhaltung sicherzustellen.

Öffentlich-rechtliches Ergänzungsangebot schaffen

Stellen wir uns kurz die perfekte Cloud-Welt vor, in der die beschriebenen Prämissen gelten. Sollten die Verwaltungen mit ihren Anwendungen und Daten nun in großem Maße dorthin umziehen? Nicht zwingend. Laut einer aktuellen Umfrage von Vitako sagen 57 Prozent der kommunalen IT-Dienstleister, dass einzelne Fachverfahren nicht in die Cloud sollen. Dabei geht es auch um Kosteneffizienz, denn Cloud-Lösungen sind – entgegen der landläufigen Meinung – nicht zwangsweise günstiger. Je rund ein Drittel der Vitako-Mitglieder sagt, dass die Infrastrukturkosten für die Kommunen durch die Cloud steigen, sinken oder stabil bleiben. Klare Vorteile bringen sie, wo große Skalierungseffekte zu erwarten sind, beispielsweise bei Wahlen oder dem Führerschein­umtausch. Auch können sie betriebswirtschaftliche Vorteile mit sich bringen, wenn bundesweit einheitliche ­Online-Dienste und Fachverfahren wie das Standesamtswesen deutlich effizienter auf die knapp 11.000 Kommunen in Deutschland ausgerollt werden können.
Die Deutsche Verwaltungscloud bietet ein erhebliches Potenzial. Es kommt nicht von ungefähr, dass 92 Prozent der kommunalen IT-Dienstleister in den kommenden fünf Jahren eine deutliche Nutzungssteigerung durch die Verwaltungen erwarten. Umso wichtiger ist es, jetzt die richtigen Rahmenbedingungen für höchste Souveränität zu setzen, für die Cloud geeignete Verfahren zu identifizieren und ein öffentlich-rechtliches Ergänzungsangebot zu den Hyperscalern zu errichten.

Dr. Rolf Beyer ist Vorstandsvorsitzender der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: IT-Infrastruktur
Mehrere Personen sitzen auf nebeneinander auf einem Sofa und schauen gemeinsam auf einen aufgeklappten Laptop auf dem Schoß einer der Personen.
bericht

Kreis Traunstein: Weblösung reduziert Arbeitslast

[08.07.2025] Eine speziell auf die Verwaltung von Asylbewerbern, Unternehmen und gemeinnützigen Trägern ausgerichtete Weblösung unterstützt Kommunen bei der Koordination gemeinnütziger Aufgaben. Sie setzt auf Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI) und wurde gemeinsam mit dem Kreis Traunstein entwickelt. mehr...

Blick auf das Cadolzburger Rathaus.

Cadolzburg: Signieren ohne Tinte

[03.07.2025] Seit über einem Jahr nutzt die Marktgemeinde Cadolzburg den Signaturservice der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB). Um Zertifikate selbstständig ausstellen und administrieren zu können, führte sie 2025 ergänzend das Zertifikatsportal des IT-Dienstleisters ein. mehr...

bericht

Digitale Souveränität: Ist die Schmerzgrenze erreicht?

[02.07.2025] Auf dem Zukunftskongress Staat & Verwaltung diskutierten Experten in der vergangenen Woche den aktuellen Stand bei der digitalen Souveränität. Diese ist durch geopolitische Verschiebungen wieder ins Blickfeld der Politik geraten. Ob die Marktdominanz von US-Konzernen bei Netzen und Software in der öffentlichen Verwaltung überwunden werden kann, erscheint indes weiter ungewiss. mehr...

KGSt: Kritik an Deutscher Verwaltungscloud

[01.07.2025] Die KGSt unterstützt die Deutsche Verwaltungscloud grundsätzlich – sieht aber Nachbesserungsbedarf bei Steuerung, Wirtschaftlichkeit und technischer Umsetzung. mehr...

Datentechnologiehologramm, im Hintergrund sind die Hände einer Frau zu sehen, die Notizen macht.

Nordrhein-Westfalen: Digital-Index für das Ruhrgebiet

[01.07.2025] Erstmals wurde für die 53 Kommunen im Ruhrgebiet ein Digital-Index erstellt. Er nimmt verschiedene Themenfelder in den Blick, darunter die Bereiche Forschung, Beschäftigung, Unternehmen und Infrastruktur. Auch wurde das Gebiet mit elf anderen Metropolregionen in Deutschland verglichen. mehr...

Luftbild der Nürnberger Altstadt: viele rote Ziegeldächer, im Bildzentrum der grüne Doppelturm von St. Sebaldus.

Nürnberg: AutiSta aus der AKDB Cloud

[23.06.2025] Auf AutiSta als Software-as-a-Service bei der AKDB setzt die Stadt Nürnberg. Im Rahmen des Projekts hat die Frankenmetropole eng mit dem Fachverfahrenshersteller und dem IT-Dienstleister zusammengearbeitet. mehr...

Spielplatz in einem Wohngebiet.

GIS Consult / RIB IMS: CAFM-System mit GIS-Anbindung

[19.06.2025] Die Unternehmen RIB IMS und GIS Consult haben die bidirektionale Systemintegration der CAFM-Software RIB FM und des Geo-Informationssystems Smallworld GIS ausgeweitet. Flurstücke lassen sich somit grafisch visualisieren und darüber Prozesse für Verwaltungsaufgaben aller Art managen. mehr...

Eine Wolke schwebt über einem Stapel Münzgeld.
bericht

E-Rechnungspflicht: So gelingt die Umstellung

[17.06.2025] Mit der Einführung der E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich erwartet Kommunen ein deutlicher Anstieg eingehender E-Rechnungen. Angesichts dessen hat der Softwarehersteller ­xSuite sein Angebot in diesem Bereich ausgebaut und setzt dabei auch auf eine Cloudplattform. mehr...

Amt Föhr-Amrum Gebäude
bericht

Föhr-Amrum: Mit vereinten Kräften

[28.05.2025] Das Amt Föhr-Amrum hat vor rund einem Jahr eine Verwaltungskooperation mit dem Land Schleswig-Holstein getroffen. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. mehr...

Hardware, die mit darüber schwebenden Wolken verbunden ist.
bericht

IT.NRW: Basis der Modernisierung

[26.05.2025] Mit einer föderal anschlussfähigen Multi-Cloud-Architektur unterstützt IT.NRW den Aufbau interoperabler IT-Strukturen, entwickelt standardisierte Verwaltungsdienste und trägt zur sicheren Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus bei. mehr...

Mehrere Personen stehen nebeneinander, im Hintergrund ist unter anderem ein Monitor zu sehen.

Freudenberg: Bürgerbüro arbeitet effizienter

[26.05.2025] Ein neues Terminvereinbarungs- und Besucherleitsystem optimiert in der Stadt Freudenberg die Arbeitsabläufe im Bürgerbüro. Das kommt nicht nur den Verwaltungsmitarbeitenden, sondern auch den Bürgerinnen und Bürgern zugute. mehr...

Neben dem Eingang zum Amt Hüttener Berge ist das Bürgerinfoterminal installiert.
bericht

Hüttener Berge: Digitale Überzeugungstäter

[15.05.2025] Als eine der ersten Kommunen in Schleswig-Holstein hatte das Amt Hüttener Berge eine Digitalisierungsstrategie und hat inzwischen zahlreiche Maßnahmen seiner Digitalen Agenda umgesetzt. Die gewonnenen Erkenntnisse kommen auch anderen Kommunen zugute. mehr...

Gruppenfoto der Prozessmanagement@ERK-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer.

Ennepe-Ruhr-Kreis: Interkommunales Prozessmanagement

[14.05.2025] In einem interkommunalen Projekt widmen sich der Ennepe-Ruhr-Kreis und die Städte Witten, Hattingen, Gevelsberg, Wetter und Sprockhövel dem Prozessmanagement. Unter anderem wollen sie ein gemeinsames Prozessregister aufbauen. Der Austausch zwischen den Teilnehmenden ist ein zentraler Aspekt des Vorhabens. mehr...

Nextcloud-Geschäftsführer Frank Karlitschek und Thomas Bönig, CIO und CDO der Landeshauptstadt Stuttgart und Leiter des Amts für Digitalisierung, Organisation und IT (DO.IT) reichen einander die Hand.

Stuttgart: Plattform erleichtert Zusammenarbeit

[12.05.2025] Einfach, effizient und dennoch sicher soll die digitale Zusammenarbeit in der Stadtverwaltung Stuttgart vonstatten gehen. Gleiches gilt für den Datenaustausch mit externen Partnern. Dafür setzt die baden-württembergische Landeshauptstadt nun eine Kollaborationsplattform ein. mehr...

Gruppenfoto von Henning Kohlmeyer, Lara Kremeyer, Massih Khoshbeen und Martial Koyou-Schiffer, die in Hannover mit der E-Government-Plattform cit intelliForm arbeiten.
bericht

Hannover: Schritt für Schritt zum Ziel

[30.04.2025] Die Verwaltungsdigitalisierung ist eine zentrale Herausforderung für Kommunen. Die Stadt Hannover zeigt, wie es mit einem Low-Code-Ansatz gelingen kann, Verwaltungsleistungen effizient zu digitalisieren und gleichzeitig interne Prozesse zu optimieren. mehr...