BürgerbeteiligungFrankfurt fragt

Im Interview: Eileen O’Sullivan
(Bildquelle: Phong Le)
Frau O’Sullivan, was sind die Aufgaben Ihrer Stabsstelle?
Die Stabsstelle Bürger:innenbeteiligung wurde auf Grundlage des Koalitionsvertrags eingerichtet und hat Ende 2022 ihre Arbeit aufgenommen. Unser Ziel ist es, Bürgerbeteiligung systematisch innerhalb der Stadtverwaltung mitzudenken – nicht nur projektweise, sondern als festen Bestandteil kommunalen Handelns. Dabei definiert die Stabsstelle Qualitätsstandards durch die frisch verabschiedete Richtlinie zur Bürgerbeteiligung in Frankfurt, berät Fachämter bei Beteiligungsprozessen, kümmert sich um Fortbildungen und entwickelt Formate weiter – digital wie analog. Viele Ämter arbeiten bereits mit Beteiligungen, aber es fehlte eine zentrale Einheit, die Fachwissen anbietet und das bereits vorhandene Wissen in der Verwaltung bündelt, Vernetzung fördert und verlässliche Strukturen schafft. Diese Lücke schließen wir nun. Zudem entwickeln wir die Beteiligungsplattform „Frankfurt fragt mich“ (ffm.de) stetig weiter (wir berichteten), die als digitales Zentrum für Partizipation fungieren soll. Die Stabsstelle ist auch für die Pflege der Vorhabenliste und die Beratung zur Evaluation von Beteiligungsverfahren zuständig.
Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Ich will, dass Beteiligung in Frankfurt nicht als freiwilliges Extra, sondern als selbstverständlicher Teil von Verwaltung verstanden wird. Menschen sollen erleben, dass ihre Perspektiven ernst genommen und sichtbar berücksichtigt werden. Beteiligung ist für mich kein Nice to have, sondern elementar, um das Vertrauen in unseren Staat zu stärken. Wir müssen unsere Institutionen öffnen, Entscheidungen partizipativ gestalten und damit dem Begriff Demokratie ganz konkrete Bedeutung geben. Zu Recht wird derzeit häufig betont, wie groß die Sorge um den Erhalt unserer demokratischen, offenen Gesellschaft ist. Aber diese Appelle müssen auch mit konkreten Handlungen verbunden werden. Wie Staat und Politik arbeiten, muss sich öffnen – das bedeutet auch, dass wir neue Wege gehen müssen: Mehr Menschen, die allzu häufig in den politischen Strukturen durch das Raster fallen, einbinden und damit eine bessere Umsetzung auf der Grundlage von vielfältigeren Perspektiven ermöglichen. Deshalb ist es mir besonders wichtig, neue Gruppen zu erreichen: Menschen, die sonst selten gehört werden, Menschen ohne Wahlrecht, junge Menschen. Beteiligung darf kein Privileg sein. Sie soll Vertrauen schaffen, Dialog ermöglichen und sichtbar machen, dass Verwaltung und Politik zuhören. Beteiligung muss inklusiv sein. Das bedeutet auch, Barrieren abzubauen – sei es sprachlich, digital oder sozial. Beteiligung lebt davon, dass sie alle einlädt. Nur so wird dem Konzept Demokratie auch Leben eingehaucht.
Welche Bedeutung misst die Stadtverwaltung Frankfurt der Bürgerbeteiligung bei und was soll damit erreicht werden?
Bürgerbeteiligung schafft Transparenz, stärkt Vertrauen, verbessert die Qualität von Entscheidungen und sorgt dafür, dass wichtige Themen früher erkannt und bearbeitet werden können. Sie stärkt auch die Akzeptanz von Vorhaben. In einer diversen Stadt wie Frankfurt ist Beteiligung besonders wichtig. Sie bringt Expertise aus der Zivilgesellschaft in die Verwaltung und eröffnet Perspektiven, die im klassischen Verwaltungsprozess oft untergehen. Beteiligung bedeutet auch, Entscheidungen auf eine breitere Basis zu stellen und dadurch langfristig tragfähiger zu machen.
„Unser Ziel ist es, Bürgerbeteiligung systematisch innerhalb der Stadtverwaltung mitzudenken.“
Wie setzt Frankfurt Bürgerbeteiligung aktuell um und was ist für die Zukunft geplant?
Frankfurt setzt Bürgerbeteiligung aktuell je nach Zuständigkeit der Ämter unterschiedlich um. Eine gemeinsame Grundlage für diese Formate fehlte bislang. Die Richtlinie für Öffentlichkeitsbeteiligung, beschlossen im Mai 2025, setzt einen neuen Standard. Wir führen damit verbindliche Regeln für freiwillige Beteiligung ein. Ein zentrales Element ist die Vorhabenliste auf ffm.de: Alle Projekte mit Beteiligungspotenzial sind dort gebündelt zu finden – transparent und öffentlich zugänglich. Bürgerinnen und Bürger können dort künftig auch Beteiligung anstoßen oder erweitern. Sobald 400 Unterstützerinnen und Unterstützer zusammenkommen, ist die Stadt verpflichtet, zu prüfen und öffentlich Stellung zu beziehen. Zusätzlich arbeiten wir mit Beteiligungssteckbriefen, die transparent machen, worum es im Beteiligungsprozess geht, welche Spielräume bestehen und wie die Rückmeldungen gesichert werden. Der neue Beirat, zur Hälfte aus gelosten Bürgerinnen und Bürgern bestehend, begleitet die Umsetzung der Richtlinie kritisch. Diese ist bewusst als lernendes System angelegt.
Welche Rolle spielt die E-Partizipation?
E-Partizipation ist für uns zentral. Beteiligung muss heute auch digital funktionieren – zeitlich flexibel, barrierearm und für alle erreichbar. Das Beteiligungsportal „Frankfurt fragt mich“ ist dabei unser Dreh- und Angelpunkt. Über die Plattform können Menschen mit wenigen Klicks Vorschläge einreichen, sich über Vorhaben informieren oder über Beteiligungen abstimmen. Langfristig wird die Vorhabenliste automatisiert aus dem Parlamentsinformationssystem gespeist. Damit machen wir Beteiligung transparenter, strukturierter und aktueller. Gleichzeitig ist klar: Digital ersetzt nicht den persönlichen Austausch, aber erweitert ihn. Wir denken analog und digital zusammen.
Wie wollen Sie die Bevölkerung motivieren, sich zu beteiligen?
Indem wir Beteiligung sichtbar und sinnvoll machen. Menschen beteiligen sich, wenn sie verstehen, worum es geht und wenn sie merken, dass ihre Beiträge zählen. Rückmeldungen sind daher essenziell. Die Stadt verpflichtet sich, Teilnehmenden verständlich zu erklären, was mit ihren Ideen passiert, wie weit die Beteiligung reicht und auch im Nachgang über den Stand der Umsetzung der Ideen zu berichten. Zudem arbeiten wir eng mit Multiplikatoren, Stadtteilakteuren und zivilgesellschaftlichen Gruppen zusammen. Beteiligung braucht Zugänge und manchmal auch Übersetzung. Sie muss niedrigschwellig, respektvoll und wertschätzend sein. Veranstaltungen vor Ort, persönliche Ansprache, aber auch das konsequente Offenlegen von Beteiligungsergebnissen schaffen Vertrauen.
Kürzlich hat die Stadtverordnetenversammlung eine neue Richtlinie für Öffentlichkeitsbeteiligung verabschiedet (wir berichteten). Welche Schwerpunkte werden darin gesetzt?
Die Richtlinie legt verbindliche Qualitätsstandards fest: transparente Verfahren, frühzeitige Einbindung, verständliche Kommunikation, klare Beteiligungsgegenstände, Rückmeldeschleifen. Sie verpflichtet die Verwaltung dazu, Beteiligung professionell zu planen und die Öffentlichkeit aktiv einzubinden. Mit der Vorhabenliste machen wir Beteiligung auffindbar. Mit dem Beteiligungsquorum können Bürgerinnen und Bürger die Erweiterung von Beteiligung anstoßen. Der neue Beirat begleitet Umsetzung und Weiterentwicklung kritisch. Und: Die Richtlinie wird nicht einmalig beschlossen und dann abgeheftet. Sie ist dynamisch angelegt – wir lernen, wir evaluieren, wir verbessern. Das ist Ausdruck einer Verwaltung, die bereit ist, sich zu öffnen und zu verändern.
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