Mittwoch, 25. Juni 2025

Künstliche IntelligenzGesucht: Positives Narrativ

[07.01.2020] Eine Initiative will Kommunen die künstliche Intelligenz näherbringen und gründet das neue Co:lab KI. Ziel ist es auch, Vorurteile und Ängste durch Wissen und Verständnis zu beseitigen.
Eine Initiative will Kommunen die künstliche Intelligenz näherbringen und den Schrecken nehmen.

Eine Initiative will Kommunen die künstliche Intelligenz näherbringen und den Schrecken nehmen.

(Bildquelle: Kittipong Jirasukhanont/123rf.com)

Vielleicht ist es typisch für Deutschland, erst den Acker einzuzäunen und dann Pflanzen zu säen, anstatt eine blühende Wiese im Nachhinein einzugrenzen. Angst vor zu viel Wildwuchs mag der Grund dafür sein – oder Freude an Regeln und Regulierung. Im Falle der künstlichen Intelligenz (KI) wurden Ethikkommissionen eingerichtet, Datenschützer und Arbeitsmarktforscher hinzugezogen und allerlei weitere Stakeholder befragt, bevor über erste Anwendungen nachgedacht wurde. Da ist die Forderung von Marco-Alexander Breit, Leiter der Stabsstelle KI im Bundeswirtschaftsministerium, nach weniger Regulierung schon verständlich. „Lasst die Innovation erstmal beginnen, und wenn sie falsch läuft, kann man sie regulieren“, sagte Breit beim Kick-off-Treffen der Initiative „Künstliche Intelligenz in Kommunen“ (KoKI). Ins Leben gerufen vom Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE, dem Innovators Club des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und der KGSt (wir berichteten) will die Initiative Einsatzmöglichkeiten von KI im kommunalen Raum erkunden.

KI den Schrecken nehmen

Von Dezember 2019 bis Mai 2020 wollen Experten aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft sowie Verwaltung und Politik zusammenkommen, um „in einer klassischen Think-Tank-Art auf Grundlage ihrer Expertise die aktuellen Chancen und Herausforderungen von KI im kommunalen Bereich interdisziplinär und multiperspektivisch zu beleuchten.“ Ziel der Initiative Co:lab KI ist es vor allem, der KI den Schrecken zu nehmen, denn hierzulande verbinden sich damit vor allem Ängste vor Arbeitsplatz- und Kontrollverlust. Da fallen die Chancen der Technologie vor dem Hintergrund des demografischen Wandels fast gar nicht mehr ins Gewicht. KI könnte immerhin Routinetätigkeiten in Verwaltungen übernehmen, wo schon heute viele Stellen unbesetzt bleiben und die große Pensionswelle erst noch bevorsteht.

KI steuert Ampelschaltung

Ob künstliche Intelligenz indes tatsächlich nur „angewandte Statistik und sehr gutes Marketing“ ist, wie Thomas Langkabel von Microsoft behauptete, kann dahingestellt bleiben. Langkabel zeigte einige interessante Anwendungsbeispiele aus dem kommunalen Kontext auf. In Bad Hersfeld wird mittels KI eine smarte Ampelsteuerung realisiert, Stadtplaner nutzen KI für Mixed-Reality-Visualisierungen und auch Beteiligungsverfahren können mittels solcher Visualisierungen anschaulicher nachvollzogen werden. In einigen Kommunen kommt die Technologie bei der automatischen Mängelerkennung zum Tragen, indem städtische Fahrzeuge den Straßenbelag filmen und eine KI automatisch Schlaglöcher erkennt. Andernorts fliegen Drohnen Stromtrassen und Brücken ab und überprüfen sie auf Risse und größere Schäden.
Zunehmend wir KI auch für kognitive Fähigkeiten wie Spracherkennung, Übersetzungsdienste oder die Indizierung von Bildern im Zuge des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes verwendet. Am Berliner Bahnhof Südstern sind probeweise Überwachungskameras im Einsatz, die mittels KI Passanten mit Gefährderdatenbanken abgleichen. Mit „Seeing AI“ hat Microsoft eine App für das iPhone entwickelt, die Menschen mit Seheinschränkungen bei der Wahrnehmung ihrer Umwelt behilflich ist und Farben, Szenen, Texte, Währungen und dergleichen erkennt und per Sprachausgabe erklärt. Auch für Microsoft gelten bei KI-Anwendungen die sechs Ethikprinzipien Fairness, Zuverlässigkeit, Datenschutz, Inklusion, Transparenz und Verantwortlichkeit.

Wissen und Verständnis

Auf Verantwortung und Gemeinwohlorientierung hob auch Heike Zirden ab, Leiterin der Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, wenn sie in einem Impulsvortrag forderte, dass KI allen Teilen der Gesellschaft die Möglichkeit der Teilhabe eröffnen muss. Vorurteile und Ängste ließen sich nur über Wissen und Verständnis beseitigen. Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21, erläuterte, dass fünfzig Prozent der Menschen kein großes Verständnis für KI hätten, doch gerade sie müsse man mitnehmen. Als Beispiel nannte sie kostenlose KI-Kurse, die in Finnland angeboten werden. Für Dieter Janecek, digitalpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, müssen KI und Digitalisierung mit Nachhaltigkeitszielen verknüpft werden: „Innovation ist nicht die Technologie, sondern der Rahmen ihrer Gestaltung.“ Damit nahm er die Gegenposition zu Marco-Alexander Breit ein – und zeigte abermals das hiesige Diskursspektrum auf, das von der Apriori-Regulierung bis zum Laissez faire reicht.

Einfache KI-Anwendungen

Ob auf diese Weise ein „positives Narrativ“ der KI entstehen kann, wie es von verschiedenen Teilnehmern gefordert wurde, darf bezweifelt werden. Dafür sind vielleicht wirklich zunächst erste praktische Umsetzungen notwendig, die überzeugen. Jörg Müller-Lietzkow, Professor an der Hafencity Universität Hamburg, regte einfache KI-Anwendungen an, die im Rahmen des Machbaren und Finanzierbaren bleiben und warnte vor zu hochgehängten Erwartungen: „Dafür gibt es bei uns gar nicht das Expertentum.“

Helmut Merschmann




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